Dorfmark: Von deutschen Zuständen

Lt. Aldo Raine 02.04.2010 20:17 Themen: Antifa Antirassismus
Ein kritischer Bericht zu den heutigen Ereignissen im „idyllischen“ Dorfmark. Hier trafen sich, wie schon in den vergangenen 30 Jahren, die heidnisch-völkischen „Ludendorffer“, die offen Rassismus und Antisemitismus verherrlichen.
Vorweg noch kurz ein paar einleitende Worte zu den „Ludendorffern“: Eigentlich nennen diese sich „Bund für deutsche Gotteserkenntnis“, propagieren ein höchst rassistisches Weltbild und sehen die deutsche Jugend gefährdet durch „jüdisch-christliche Erziehung“. Sie treffen sich seit nun ca. 30 Jahren im niedersächsischen Dorfmark, bisher nahezu ungestört. Erst in den vergangenen Jahren hatte es Protest gegeben, u.a. auch von einem internationalen Jugendworkshop Bergen-Belsen. Bei den vergangenen Protestaktionen war es zu schweren Beleidigungen seitens der Dorfbewohner gekommen, die Jugendlichen aus z.B. Südafrika und Israel (also Jugendliche die aus schmerzlichster Erfahrung wissen, was aus Antisemitismus und Rassismus geschehen kann) wurden schlimmstens beleidigt.

Dieses Jahr gab es wieder eine Protestkundgebung, zu der überregional mobilisiert wurde. Regional ist in dem Ort auch sicher einfach nichts mehr zu machen, die Gegendemonstranten waren zum größten Teil angereist, vielleicht ein Dutzend Dorfbewohner gesellte sich dazu. Die anderen Dorfbewohner und die schikanierende Polizei machten jedem klar: Protest ist hier nicht erwünscht. Vorhänge wurden zugezogen, Köpfe geschüttelt, verächtliche Kommentare über die Antifaschisten abgelassen. Statt das sich mal jemand kurz die Mühe macht und aus dem Haus geht, um den Protest zu unterstützen, glotzten die Anwohner nur aus ihren Fenstern. Zu offenen Beleidigungen kam es dieses Jahr allerdings nur vereinzelt, aber sicher nicht weil die Dorfbewohner sich geändert haben, sondern weil 50 schwarz gekleidete „Randalierer“ vermutlich abschreckend auf den durchschnittlichen pöbelnden Dorfmarkler wirkten. Insgesamt beteiligten sich etwa 100 Leute an der Kundgebung, neben Antifaschisten waren DGB, Jusos und Kirche da. Zwischendrin tummelte sich munter der Staatsschutz und versuchte Infos zu erhaschen, während die Polizei mit sinnfreien Auflagen ankam, die der DGB-Anmelder aber mit Humor nahm. Anders kann man Dorfmark und die dortigen Zustände auch nicht ertragen.

Die Polizei fuhr im ganzen Dorf Streife, vorm „Deutschen Haus“, dem Treffpunkt der Ludendorffer, standen ca. 20 Polizisten, alle blutjung und offenbar völlig nervös und überfordert, wie es sich dann bei einer Spontandemonstration zeigte. Als nämlich plötzlich die Antifas losliefen, um eine Sponti zum Gasthof „Zur Post“ zu machen, in dem ebenfalls Ludendorffer tagten, wurden die ersten Reihen mit den Transparenten mit Gewalt aufgehalten und zurückgedrängt, was auf Grund der zahlenmäßigen Unterlegenheit nicht wirklich gelang, und was auch absolut sinnlos war, als ob man irgendwen in dem Ort hätte stören können. Die Demo durfte dann nach 10 Metern aber doch noch weiterlaufen, es wurden fleißig Parolen gerufen und die Klischees der Dorfbewohner vermutlich alle erfüllt. Auf dem Rückweg zeigte sich die Unfähigkeit der Polizei dann endgültig: Plötzlich (na ja, mit Countdown) rannten die vorderen 5 Reihen der Demo los und stürmten auf das Hotel „Deutsche Haus“ zu, vor dem nur 6 oder 7 Cops standen. Die restlichen Polizisten, die die Demo am Rand begleiteten, reagierten erst überhaupt nicht und liefen ganz normal neben den verbliebenen Demonstranten her und guckten verdattert. Als dann deutlich wurde, dass die rennenden Antifas ins Hotel wollten und nicht nur spontan Lust auf Sport hatten, drehten die unerfahrenen Cops völlig durch, prügelten die Leute vom Eingang zurück, zückten Pfefferspray und hetzten Hunde los. Das war dann auch das traurige Highlight des Tages, danach löste sich die Gegenkundgebung langsam auf.

Mensch könnte nun sagen, der Tag war sinnfrei und es wurde nichts erreicht, bis auf viele verärgerte und in ihrer Idylle gestörten Dorfmarkler und ein paar provozierte Ludendorffer, die von Transparenten und einem Spottlied gereizt wurden. Aber das stimmt so nicht. Es ist unheimlich wichtig, dass sich in Dorfmark was tut und der Protest nicht nächstes Jahr abreißt. Auf Lokalpolitiker braucht man wohl nicht bauen, auf Hilfe der Einheimischen darf man nicht hoffen. Dort herrschen deutsche Zustände, eine Atmosphäre von Ignoranz, Faulheit und Xenophobie ist der Nährboden für die Akzeptanz, die den Ludendorffern entgegengebracht wird. Es ist wirklich ekelhaft, wie dumm Menschen sein können: Rassisten, Antisemiten und religiöse Fanatiker werden geduldet oder sind sogar erwünscht, während der Gegenprotest ignoriert oder denunziert wird. Solange in Dorfmark selber keine Gegenöffentlichkeit geschaffen wird und es zum größten Teil zugereisten Jugendlichen überlassen wird, das Maul aufzumachen, wird sich dort vermutlich nichts ändern. Hier zeigt sich, welcher Geist noch häufig auf dem Land herrscht. Was die NPD propagiert und gerne auch mal von Leuten wie Sarrazin aufgegriffen wird, das wird von weiten Teilen der Bevölkerung mitgetragen.

Für die Entbarbarisierung des platten Landes!
Für eine weltoffene Gesellschaft!
Gegen Antisemitismus, Rassismus und religiöse Freaks!
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Hintergrundartikel zum Ludendorffer-Treffen

Salza 03.04.2010 - 03:08

Bisschen übertrieben

war der Artikel schon 03.04.2010 - 07:05
Es ist schon nervig, zu beobachten, wenn eigentlich gute Berichte durch unnötige Übertreiben ins Unwahrscheinliche gezogen werden , Und noch dazu völlig unnötig! Alle, die sich seit 3 Jahren in Dorfmark an den Protesten gegen die Ludendorffer beteiligen, wissen, dass das grottenlangweilig ist und nur mit Humor und stoischer Geduld zu ertragen ist, aber nichtsdestotrotz NOTWENDIG ist. Das sind eben eingefahrene 3ojährige Strukturen, in einer Gegend, die nicht umsonst "Die Heide ist braun" heißt. Da geht nix mit Riots und ähnlichem. Auch wenn das manchem Stadtantifa schwer zu vermitteln ist. Aber jetzt gleich eine Schlachtszenerie mit riot und Polizeihunden daraus zu machen- voll daneben! Ich war auch da, und ich habe die Sponti miterlebt. Wenn es irgendeinen Polizeihund in Dorfmark gegeben hat, muss er sich gut getarnt haben und absolut stumm gewesen sein. Schade!!!

Hund? Klar, den der Bulle "aus Versehen" ...

1312 03.04.2010 - 14:34
Der Hund war da, ich habe ihn nicht nur gesehen, sondern gehört und gespürt (zum Glück mit Maulkorb)! Ich weiß nicht, wo du warst, als der Hund von dem Bullen "aus Versehen" (wie der Hundestaffelführer selber sagte) losgelassen wurde, aber bestimmt nicht in der Nähe der Sponti!
Nach überzogenem Polizeieinsatz vor dem Start der Spontandemonstration lief alles ziemlich gut ab, oder eben so gut, wie es in dem christlich-fundamentalistisch geprägtem Dorfmark eben so sein kann. Es kam zu einem direktem Kontakt zwischen Polizeieinsatzkräften und Demonstranten am Ende der Demonstration. Die Polizisten prügelten die Demonstranten zur gegenüberliegenden Straßenseite. Während dies ihnen mit Mühe gelang, ließen sie einen der zwei vor Ort gewesenen Hunde los -> die Menge spaltete sich auf. Zufällig wollen die Cops genau das! Komisch, wie kommt es, dass genau dann der Hund losgelassen wurde.

NDR-Bericht

Entdinglichung 04.04.2010 - 11:31
Quelle:  http://www1.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/dorfmark108.html

Altnazi zu Gast in der Heide
Proteste in Dorfmark gegen "Ludendorffer"-Spuk
Von Stefan Schölermann, NDR Info

In der Ortschaft Dorfmark haben am Karfreitag rund 120 junge Leute aus ganz Norddeutschland gegen die "Ludendorffer" protestiert, eine rassistische Gruppierung, deren Mitglieder seit mehr als dreißig Jahren zu Ostern in den Hotels und Pensionen des Heideortes willkommen sind. Auch Bürger aus dem Landkreis Soltau-Fallingbostel und aus Faßberg in der Südheide beteiligten sich an einer Mahnwache vor dem Tagungshotel. Sie machten deutlich, dass zumindest bei ihnen die rechten "Ludendorffer" unerwünscht sind. Für Hotels und Pensionen der Region gilt das offenbar nicht: Die alljährlich aus ganz Deutschland anreisenden rund 100 "Ludendorffer" gelten bei vielen Gastronomen als willkommener Umsatzgarant.

Mahnwache: Aus Dorfmark ließen sich wenige sehen

Zwar kommen die "Ludendorffer" schon lange nach Dorfmark - doch erst nach intensiven Presseberichten der vergangenen Jahre regt sich in der Ortschaft Widerstand gegen diese braunen Treffen. So wurde unter anderem ein örtliches Bündnis gegen "Extremismus und für Demokratie und Toleranz" gegründet . Aus Dorfmark selbst ließen sich bei der Mahnwache am Karfreitag aber nur wenige Bürger blicken. Für einen endete der Nachmittag in der Arrestzelle der Polizei: Er hatte die Demonstranten bepöbelt und den dagegen einschreitenden Beamten den Hitlergruß gezeigt.

Altnazi trifft auf Gleichgesinnte

Das "Deutsche Haus", das betagte Tageshotel, bot am Karfreitag dem prominentesten noch lebenden Altnazi, Hajo Herrmann, ein Forum. Hermann, enger Freund des "NS-Reichsmarschalls" Hermann Göring, war Ehrengast der "Ludendorffer". Herrmann, der in Hitlers Luftwaffe als "Held der Jagdflieger" verehrt wurde und sich bis heute als prominenter Redner bei Treffen der rechtsextremen Parteien NPD und DVU betätigt, traf bei den "Ludendorffern" auf Gleichgesinnte. Denn diese selbsternannte "Glaubensgemeinschaft" unterscheidet Menschen in höherwertige "Licht-" und minderwertige "Schachtrassen". Zu den "Schachtrassen" zählen sie unter anderem Menschen jüdischen Glaubens.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 3 Kommentare an

Dabeigewesen ??? — Trainer63

nee, alles ausgedacht — Lt. Aldo Raine

Tja — fizzibubbele