[Neuruppin] Und wieder ein Naziaufmarsch ermöglicht

Initiative_Neuruppiner_Antifas 27.03.2010 23:26 Themen: Antifa
Obwohl im Vorfeld Kritik am massiven Polizeieinsatz zum letzten Naziaufmarsch am 05.09.2009 laut wurde, setzte die Polizei heute noch eins drauf. 2 Helikopter, 2 Wasserwerfer, 2 Räumpanzer, etwa 20 Motorräder, ne Hundestaffel, hunderte Meter Hamburger Gitter und etwa 500 Bullen (teilweise BFE). Wir sind gespannt wie dieses Aufgebot gerechtfertigt werden soll. Erste Schätzungen sprechen von 250.000 Euro, um den Naziaufmarsch zu ermöglichen. Dieser Staat lässt es sich also wirklich einiges kosten, den Nazis die Straße frei zu boxen.
Es kamen dann etwa 270 Nazis aus allen Teilen Brandenburgs. Die veröffentlichte Zahl der Bullen von 400 Nazis ist lächerlich hoch und Teil der Strategie, den überzogenen Polizeiapperat zu rechtfertigen (Fotos belegen unsere Schätzung). Regionale Nazikameradschaften und NPD-Fahnen prägten das Bild des Aufmarsches (eine Analyse der genauen Nazistruktur wird sicherlich von der Antifa Westhavelland folgen).

Mit einer einstündigen Verspätung liefen die Nazis los. Zeitgleich entstand eine Sitzblockade von etwa 70 Antifas in der Nähe des Bürgerfestes beim Büro der lokalen Partei "Die LINKE". Durch Gitter abgetrennt konnte das Bürgerfest die Blockade "nur" verbal unterstützen. Die Bullen zogen einige Leute unter massiver Gewaltanwendung aus der Blockade, welche allerdings vollkommen friedlich war. Das merkten auch die Bürgis und unterstützten die Parolen der Antifas. Durch die steigende Anzahl von Beobachter_Innen und lokaler Presse hielt sich die Polizei dann auch erst einmal zurück. Die Nazis mussten dadurch über eine Stunde lang in einer Seitenstraße warten und wurden zunehmend aggressiver. Zwei Stunden nach dem angekündigten Start der Nazidemo begann dann eine BFE-Einheit die Blockade von hinten her zu räumen. Dabei wurden vorallem sogenannte Schmerz- und Schockgriffe angewendet, Hände verdreht und Nasen blutig geschlagen. Die blockierenden Antifas wurden dann aus einem Kessel heraus einzeln fotografiert und abgeführt. Laut Bullenangaben müssen sie jetzt mit Bußgeldbescheiden rechnen. Es gab 2 Ingewahrsamnahmen, wobei die Leute bis 20:00 Uhr noch nicht wieder freigelassen wurden. Laut unbestätigten Informationen wurde ein Nazi erkennungsdienstlich behandelt - keine Festnahmen bei den Nazis. Weitere erfolgreiche Blockadeversuche gab es im Anschluss nicht mehr.

Ein weiterer Skandal vom letzten Naziaufmarsch wurde in der Tendenz nochmals verstärkt: Fast sämtliche Polizeikräfte wurden gegen Antifaschist_Innen eingesetzt. Der Nazi-Mob hatte teilweise keine Polizeibegleitung, selten liefen mal 50 Bullen mit. Auf die Gefahrenprognose, die einen solchen Apparat rechtfertigen soll, sind wir wirklich gespannt. Keine Materialblockaden, keine militanten Aktionen, nichts dergleichen und die Bullen räumten trotzdem massiv ab! Wahrscheinlich konnten sie aber unzählige schwere Straftaten verhindern... Vermummung bei den Nazis wurde allerdings nicht unterbunden. Naja, damit die Bullen überhaupt irgendetwas zum Rechtfertigen haben, sprechen sie von 2 verletzten Polizist_Innen (wahrscheinlich zu schwer gehoben...), sowie von Flaschen und Steinen aus dem Bürgerblock in die Nazidemo. Wäre natürlich toll gewesen, haben wir aber leider nicht beobachten können... Die überregionale Presse hats trotzdem gefressen, auch wenn Kritik am Polizeieinsatz anklingt. Schließlich wurden auch Journalist_Innen an der Arbeit gehindert und abgedrängt. Das Ganze errinnert schon sehr an einen Naziaufmarsch 2007 in Neuruppin, bei dem Pfefferspray gegen unbeteiligte Bürger_Innen eingesetzt wurde, darunter eine Bundestagsabgeordnete der LINKEN. Damals verebbte die Kritik am Polizeieinsatz recht schnell. Diesmal dürfen die Berufsschläger in Grün damit nicht so einfach davon kommen.

Wir sind der festen Überzeugung, dass eine Verhinderung des Naziaufmarsches möglich gewesen wäre. Dazu wären nur einige Dutzend mehr entschlossene Blockierer_Innen nötig gewesen. Die Polizei war sichtlich bemüht, keine Bilder von Polizeigewalt zu produzieren, was ihnen aber irgendwie nicht gelang. Als mehrere Bullen mit gezogenem Schlagstock auf die Blockade zurannten, rief ein verantwortlicher Bulle: "Steckt die Knübbel weg" (Einheit aus Sachsen, Fehler im Orginal).

Auch das Bürgerfest sorgte hauptsächlich für eine "Zerfaserung" antifaschistischer Kräfte und hatte kaum Verhinderungspotential. Aber die komplette Umzäunung des Festes mit Hamburger Gittern und einigen bewachten Zugängen wird auch den Verantwortlichen des Festes nicht gefallen haben. Schließlich blieb das Demokratie-Quadrat auch mit geschätzten 800 Teilnehmer_Innen hinter den Erwartungen zurück.

Unser Fazit: Wir werden auch in Zukunft Naziaufmärsche in Neuruppin blockieren. Mit unser langen Sitzblockade konnte ein Teilerfolg errungen werden und aus dem Umfeld der Blockade gab es viel Zuspruch für die "jungen Antifaschist_Innen". Für das nächste Mal muss in Antifa-Kreisen das Bewusstsein reifen, welcher Prozess gerade in der Provinz vor sich geht und dass die Nazis hier mobil machen bzw. auf eine starke Struktur zurückgreifen können. Im bürgerlichen Aktionsbündnis wird hoffentlich die Einsicht reifen, dass eine offensiv und selbstbewusst getragene Blockadestrategie erfolgreicher sein wird, als ein 15.000 Euro teures Fest, welches ohne praktischen Wert für andere Kleinstädte ist, weil dort eben kein so gut organisiertes "Aktionsbündnis" existiert. Außerdem waren Nazikleingruppen auf dem Fest unterwegs und wurden daran auch nicht gehindert. Auch konnten sich Nazifotografen durchs Bürgerfest bis zur Blockade bewegen und diese abfotografieren.

Abschließend nochmal eine Ergänzung einer Stellungnahme der INA: Wir solidarisieren uns grundsätzlich mit Aktionen, die Naziaufmärsche stören, blockieren und verhindern. Mit unserem Beitrag, der teilweise als Distanzierung davon gesehen wurde, wollten wir nur auf die lokalen Gegebenheiten aufmerksam machen.

Hier eine Handvoll Bilder vom heutigen Tag:


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Quelle:  http://ina.blogsport.de
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Ergänzungen

Nrp = Neuruppin

Antifa 27.03.2010 - 23:43
Nicht unbedingt aus dem Artikel ersichtlich: Die Nazidemo war in Neuruppin.

Pressespiegel:
RBB - Polizei löst Straßenblockade gegen Rechts auf
Ruppiner Anzeiger - Demonstration beinahe eskaliert

Auch Faschos aus Sachsen-Anhalt vor Ort

- 28.03.2010 - 12:44
Auf dem 1. Bild (links oben) ist Andy Knape (JN Landesvorsitzender Sachsen-Anhalt) zu sehen. (hellblaue jeans, graue jacke; zwischen schranke und pfeiler)
Mit Sicherheit wird er nicht der einzige Faschos aus Magdeburg und Umgebung gewesen sein.

ergänzung

Blocki 28.03.2010 - 16:50
Zur Ergänzung: als der Naziaufmarsch am Büro der Linkspartei vorbei lief flogen vereinzelt Gegenstände und (deutsche?) Äpfel. Auch in Richtung Bürgerblock ging noch etwas Obst und auch Böller - ohne, dass auch nur ein Polizist eingegriffen hätte

Bei der Blockade kam mehrfach der Veranstalter des demokratischen Quadrats Martin Osinski vorbei und versuchte die blockierenden Antifas zum aufgeben zu überreden.
Ich konnte mindestens eine Festnahme wegen Vermummung aus einem kleinen Gerangel heraus beobachten, mit etwas mehr Entschlossenheit wäre da mehr möglich gewesen. Dies gilt auch für die Blockade: die Antifaschisten die sich hinter die Sitzblockade gestellt hatten, ließen sich einfach abdrängen, anstatt Ketten zu bilden und dagegen zu halten. Dies hätte die Räumung sicherlich noch wesentlich verlängert.

Recherche Bilder...

hier 28.03.2010 - 19:20

Nazis Blockieren !

Klaus hat geschrieben 29.03.2010 - 17:32
Die Nazis eine Stunde aufgehalten zu haben ist ein kleiner Erfolg, der Sitzblockade! Fakt ist aber auch, dass das Bündnis-Quadrat den Nazis zwar ein Teil ihrer Wunsch-Route genommen hat, aber entscheidend behindern oder gar verhindern konnte es den Nazi-Aufmarsch nicht. Was ja wohl auch nicht deren Ziel war.

Aber genau das muss das Ziel von Gegenaktivitäten bei einem Aufmarsch von Neonazis sein. Jede Form von Engagement ist willkommen, vom Kulturprogramm, über´s Kuchenbacken bis hin zum Dokumentieren von Nazi-Aufmärschen & aktiven Versuchen die Nazidemo zu blockieren – da ist Solidarität & auch Verständnis bei Allen gefragt, was unterschiedliche Formen des Protestes angeht.

Aber die Erkenntnis ist auch bitter, von der Polizei bei der Räumung der Blockade verletzt und drangsaliert zu werden, während 100 Meter weiter, Fußball gespielt & Bockwurst gegessen wird.

Fakt ist, das die friedliche Sitzblockade die Neonazis eine Stunde lang erfolgreich aufgehalten hat & die waren darüber ganz schön stinkig – und genau das ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Für die Polizei-Einsatzleitung wäre es kein Problem gewesen, den Neonazi-Aufmarsch abzubrechen & wieder Richtung Bahnhof zu schicken. Spätestens als aus der Demo heraus Straftaten begangen & gegen Auflagen verstoßen wurde.

Am gleichen Tag wurde mittels Blockaden erfolgreich ein Nazi-Demo in Lübeck blockiert. Nach 150 Metern war der Ausflug der Rechtsextremisten dort beendet.

Aber die Polizei in Neuruppin hat sich nicht dafür entschieden, die Straftäter aus der Nazi-Demo heraus festzunehmen & die Veranstaltung zu beenden. Im Gegenteil, eine friedliche Sitzblockade wurde abgeräumt, die Beteiligten werden neben kleineren Verletzungen auch Repressalien zu fürchten haben. Sich blutige Nasen, verdrehte Handgelenke & geprellte Rippen für eine Ordnungswidrigkeit einzuhandeln (juristisch vergleichbar mit Falschparken), konnte die Polizei noch nie rechtfertigen – aber sie tun es dennoch immer wieder. Das Festhalten von Minderjährigen & die Behinderung der Presse kommt dann immer noch als Sahnehäubchen obendrauf.

Schön aber auch zu sehen, das, genau wie bei der großen Blockade 2007, etliche Neuruppiner Bürger sich aktiv an der Blockade beteiligt haben – auch das ist aktive Bündnisarbeit!

Blick nach vorn: Die Richtung ist vorgegeben. Eine Blockade von vielleicht 200 oder 300 Menschen hätte große Chancen gehabt, die Nazi-Demo zur Umkehr zu zwingen. Ein gutes Beispiel hat der Oberbürgermeister Jenas, Dr. Albrecht Schröter in den letzten Jahren gegeben. Er hat ein aktives Blockadekonzept öffentlich unterstützt & damit auch in der ersten Reihe stehend/sitzend mitgewirkt, das Nazi-„Fest der Völker“ in Jena und auch in Altenburg zu be- bzw. zu verhindern.

Da muss der Weg hingehen, ein breites Bündnis, von „Bürgern“, Gewerkschaften, Parteien, vereinen undundund bis hin zur Antifa – ist in Lage gemeinsam die Nazis erfolgreich zu blockieren. Der politische Preis ist auch für die Polizei um einiges größer wenn sie die Rathausspitze, Landes- oder Bundespolitiker aus dem Weg tragen oder prügeln muss, als wenn es sich „nur“ um Antifas oder „normale“ Bürger handelt. Das Erscheinen von Polit-Größen ist genauso wichtig, wie das Agieren von Antifa-Gruppen! Respekt & Anerkennung dem Bürger-Bündnis - genauso wie den Antifa-Gruppen!

Lernen wir alle dazu, im solidarischen Miteinander derer, die sich gegen die Nazis bekennen. Aber auch im Umgang mit der Polizei, die an solchen Tag wohl weniger „Freund und Helfer“ und auch kein Partner ist. Wichtig ist die Erkenntnis, welche Mittel wirklich erfolgreich sind, den Nazis so einen Tag ordentlich zu vermiesen!

Vergessen wir auch nicht, was für ein Klima der Angst und Gewalt in den 1990er in Neuruppin herrschte, als rechtsextreme Gruppierungen und Neonazi-Cliquen das Stadtbild prägten. Alternative Jugendliche, Asylbewerber & ausländische Mitbürger konnten sich kaum in der Stadt bewegen, ohne angepöbelt, angegriffen oder gar verletzt zu werden. Seitdem ist in Neuruppin viel passiert & hat sich zum positiven geändert, und lassen wir nicht zu das es auch nur annähernd wieder so wird. Da ist Engagement auf allen Ebenen gefordert, in der kommunalen Politik genauso wie in der Zivilgesellschaft!

Deshalb auf zu einem offensiven, friedlichen Blockadekonzept eines breiten gesellschaftlichen Bündnisses!
Damit werden wir beim nächsten mal die Nazis stoppen!
Jena, Altenburg, Halbe, Dresden & wie bereits erwähnt, Lübeck am 27.03.2010 haben es erfolgreich vorgemacht!
Machen wir es nach!

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