Palästina - Der zivile Kampf geht weiter...

Solidarisieren! 22.03.2010 21:21 Themen: Militarismus Repression Weltweit
Trotz massiver Repression durch die israelische Armee und der Verhängung weiterer illegaler Demonstrationsverbote kämpft die gewaltfreie soziale Bewegung der PalästinenserInnen gegen die Land raubende Mauer und Siedlungen - unterstützt von zahlreichen israelischen und internationalen AktivistInnen. Stellenweise wurde auf den Freitagsdemonstrationen an die vor sieben Jahren in Gaza ermordete US-Aktivistin Rachel Corrie erinnert. Sie wurde von einem IDF-Bulldozer überrollt, als sie verhindern wollte, dass die israelische Armee weitere palästinensische Häuser zerstört.
Nabi Saleh
An diesem Freitag erlebte das Dorf Nabi Saleh eine neue Stufe der Armee-Gewalt gegen Protestierende und der kriminellen Militärstrategie der Kollektiv-Strafe gegen das ganze Dorf, einschließlich Unbeteiligte und gewaltfrei Demonstrierende. Drei Palästinenser wurden festgenommen, einer von ihnen mit israelischem Pass. Die anderen beiden erwarten – in Schutzhaft genommen – eine Woche Arrest und innerhalb einer Woche eine Anhörung vor dem Militärtribunal des Apartheid-Regimes. Über 20 Menschen wurden vor allem durch Gummimantelgeschosse (Stahlkugeln mit dünnem Gummiüberzug, die Hämatome und kleinere Fleischwunden hervorrufen, so sie nicht das Gesicht oder Weichteile treffen und schwerere Verletzungen verursachen– Anm. d. Übers.) verletzt. Einer der Verletzten wurde in die Stirn getroffen, einer anderen Person brach eine Kugel den Arm. Sie wurden in ein nahe gelegenes Krankenhaus gebracht.
Rund 80 EinwohnerInnen von Nabi Saleh, andere palästinensische sowie israelische und internationale UnterstützerInnen nahmen an der Demonstration diese Woche teil, die sich gegen die zerstörerische Besatzung und die Annektion durch die Halamish-Siedlung und die zunehmende Vernichtung von Land und Ressourcen des Dorfes richtete. (Die Besatzung der palästinensischen Gebiete durch das israelische Militär ist nur eine Seite der Medaille – eine andere ist der zunehmende Landraub und die Gewalt der extremistischen Siedler, die im Fall Nabi Saleh's schon seit den 1980er Jahren in Halamish siedeln und das Gemeindeland der PalästinenserInnen annektieren und ihre Agraranlagen zerstören. Die teilweise nur für Siedler gebaute Straße 465, die während vieler Demonstrationen immer wieder vorübergehend blockiert wird, markiert die Grenze des annektierten Landes der Halamish-Siedlung und ist zugleich ihr Schutz, auf der die Armee patrouilliert – Anm. d. Übers.)
Diesmal nahmen die Protestierenden eine andere Route als die der üblichen Demonstration durch das Dorf. Sie gingen über geschützte Feldwege, um Militärattacken auf der Hauptstraße zu vermeiden. Doch dies klappte nur kurz, da sofort Armeejeeps ins Dorf eindrangen, um die Protestierenden zu konfrontieren, während andere SoldatInnen zu Fuß von der anderen Seite kamen. Das ganze Gelände war bald mit Tränengas bedeckt, weshalb die DemonstrantInnen ins Dorf zurückkehren mussten. Durch gezielte Schüsse trieb die Armee die Protestierenden in den Schutz der dörflichen Gebäude, wobei ebenso viele Unbeteiligte attackiert wurden. Fünfmal gebrauchte die Armee ihre auf einem Jeep befestigte Kanone, die Batterien von Tränengasgranaten auf das ganze Dorf abfeuern konnte.
Gegen 17.30 Uhr nahmen SoldatInnen der IOF (Israeli Occupation Forces - in Anlehnung an die verharmlosende offizielle Bezeichnung Israeli Defense Forces – Anm. d. Übers.) zu Fuß die Hauptstraße des Dorfes ein. Bei dieser Invasion schossen sie auf ein bestimmtes Haus, zerstörten dessen Fenster und Wassertank, der auf dem Dach stand. Eine der Kugeln traf außerdem einen der BewohnerInnen, der sich im Haus befand. Daraufhin zeigte der Bewohner die Zerstörungen den Protestierenden und FotografInnen. Nach der Einschätzung von AugenzeugInnen sollte der Angriff auf Unbeteiligte wie in diesem Fall die Dorfgemeinschaft insgesamt unter Druck setzen und eine Spaltung bewirken.
Sogar nach Sonnenuntergang lehnten es die Protestierenden ab, sich zu zerstreuen und formierten sich erneut – und immer wieder neu. Einige warfen Steine, um die neuerlichen Armeeinvasionen abzuwehren, andere standen friedlich auf der Straße, um den bis an die Zähne bewaffneten SoldatInnen zu begegnen, um zu dokumentieren, was vorgefallen war, oder um sich um die vielen durch die Armeegewalt Verwundeten zu kümmern.

Bil'in
Besorgt über den Versuch, die Demonstrationen (in Bil'in und Ni'ilin präventiv jeweils freitags bis August 2010 – Anm. d. Übers.) mit der äußerst breit bekanntgemachten Ausrufung von Geschlossenen Militärbereichen zu verbieten, trafen sich fast 50 israelische und über 25 internationale AktivistInnen mit den PalästinenserInnen vor Ort zur wöchentlichen Demonstration gegen die Apartheid- und Land raubende Mauer in Bil'in. Trotz des Umstandes, dass eine solche Verordnung nicht neu ist, und dass die Verordnungen zur Verhinderung von Demonstrationen in der Vergangenheit von israelischen Gerichten für illegal erklärt wurden, waren die DemonstrantInnen erstaunt darüber, dass sie sich nach einer Warnung der Armee auf Massenfestnahmen einzurichten hätten. Um sich von der Richtigkeit dieser Androhung persönlich zu überzeugen, gingen die DemonstrantInnen singend und Slogans rufend zur Sperranlage und erreichten das Gatter, wo sie noch mehr sangen und riefen. Sie demontierten das Schild, das die Geschlossene Militärzone anzeigte, und sie rüttelten am Zaun, von dem sie einen Pfahl niederrissen. Zum Amüsement der DemonstrantInnen sahen die SoldatInnen dem Treiben lediglich zu und stießen nichts außer ein paar Drohungen in Richtung der friedlichen Demonstration aus.
Die Jugendlichen des Dorfes hielten sich von der Hauptdemonstration fern und protestierten auf ihre eigene Art und Weise. Sie versuchten mit ihren Steinwürfen das Gasgeschenk angemessen zu beantworten, dass ihnen entlang des Zaunes entgegegebracht wurde. Nachdem die Demonstration für beendet erklärt wurde, drang eine kleine Gruppe von SoldatInnen ins Dorf ein, eskalierte die Antwort der örtlichen Jugend und verbreitete noch mehr Gas auf ihrem Weg. Aber bald genug zogen sie sich zurück, und alle DemonstrantInnen verließen die Szene. Diese Woche konnten wir sehen, dass die neue Strategie einer „moderaten“ Antwort der Armee allein der Präsenz von MedienvertreterInnen an ihrer Seite geschuldet ist, oder dem Versuch, nächste Woche DemonstrantInnen ohne Aufsehen gefangennehmen zu wollen.

Ma'asara
Die Demonstration, die in Ma'asara startete, erinnerte an den Todestag von Rachel Corrie, die in Gaza ermordet wurde, als sie versuchte, einen IDF-Bulldozer an der Zerstörung eines palästinensischen Hauses zu hindern. Die relativ kleine Demonstration umfasste rund 20 palästinensische sowie 20 israelische und internationale AktivistInnen. Die Besatzungs-SoldatInnen erwarteten die DemonstrantInnen innerhalb des Dorfes, wo sie Stacheldraht auslegten, um den Weg auf das Gemeindeland zu versperren. Auf einer Kundgebung an der Straßensperre wurden Reden in Arabisch, Englisch und Hebräisch gehalten. Schließlich wurde die Sperre von einer Schafherde durchbrochen, die sich auf dem Weg zur Weide befand. Von diesem Moment an waren die Grenzen aufgeweicht und die Protestierenden mischten sich unter die SoldatInnen, gingen aber nach einer Weile zurück und versprachen, ihren Kampf fortzusetzen.

Beit Jalla
Die Sonntagsdemonstration in Beit Jalla fand unter dem Eindruck der beiden tags zuvor durch die israelischen Streitkräfte ermordeten Jugendlichen statt, die während einer Demonstration gegen Siedlungen und Besatzung in Iraq Burin ermordet wurden. Die Demonstration bezog sich außerdem auf den siebten Jahrestag der Ermordung von Rachel Corrie in Gaza, die von einem IOF D9 Bulldozer überrollt wurde.
Rund 50 PalästinenserInnen und ihre internationalen und israelischen UnterstützerInnen demonstrierten auf der Straße, die zur Baustelle der Apartheid-Mauer in Beit Jalla führt. Nach nur einigen Dutzend Metern wurde die Demonstration durch ungefähr 20 IOF-SoldatInnen gestoppt, die einen ungewöhnlich langen Stacheldraht über die Straße ausgebreitet hatten, um die Protestierenden am Weitergehen zu hindern. Es wurde gesungen, und Reden wurden in Arabisch, Englisch und Hebräisch gehalten, in denen das Recht der PalästinenserInnen auf Bewegungsfreiheit und Land betont wurde. Ferner wurden die SoldatInnen aufgefordert, ihren Dienst in dieser Armee, die für Besatzung und Unterdrückung steht, zu verweigern. Obwohl die Demo friedlich verlief, zeigten die SoldatInnen und ihre Kommandeure große Angst und drohten fortwährend mit Gewalt. Angesichts dessen setzten sich die Protestierenden auf den Boden, um die Aufregung der SoldatInnen zu lindern. Nach einer Weile endete die Demonstration friedlich und die Protestierenden entfernten sich langsam von den SoldatInnen.
Obwohl von vielen aufgefordert, ruhig zu bleiben, rannten einige Kids nach vorn und warfen einige Steine in Richtung der SoldatInnen. Daraufhin schossen die SoldatInnen Tränengasgranaten auf die bereits in einiger Entfernung laufenden DemonstrantInnen, und die Dorfstraße füllte sich mit Gas. Die Zusammenstöße wiederholten sich nicht, als palästinensische Polizei die Leute daran hinderte, auf die Straße zu gehen.


Quelle: Anarchists against the wall, 21.3.2010,  http://www.awalls.org/




Interessante Links...

Anarchists against the wall
 http://www.awalls.org/
Berichte, Fotos und Videos von Demos und Aktionen inkl. Spendenaufruf!

AnarchistInnen gegen die Mauer (Israel)
 http://www.gegendiemauer.info.ms/
Übersetzte Berichte der Anarchists über die Freitagsdemos und andere Aktionen

Popular Struggle
 http://popularstruggle.org/
Aktuelle Nachrichten und Berichte über den Widerstand in den besetzten Gebieten

Activestills - Foto-Kollektiv von AktivistInnen
 http://activestills.org/
Fotos und Ausstellungen über die Besatzung

Ta'ayush = "Gemeinsam leben"
 http://taayush.org/
Israelisch-Palästinensische Solidaritätsarbeit

Breaking The Silence
 http://www.breakingthesilence.org.il/index_e.asp
Israelische SoldatInnen brechen das Schweigen

Menschenrechtsorganisation B'Tselem
 http://btselem.org/
Landkarten und viele andere Infos über die Besatzung

Kibush
 http://www.kibush.co.il/
Magazin gegen die Besatzung

Electronic Intifada
 http://electronicintifada.net/
Notwendige Ergänzung zu den kommerziellen Mainstream-Medien

International Solidarity Movement - deutscher Zweig
 http://www.ism-germany.net/
Solidarität ist machbar, Frau Nachbar!
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Ergänzungen

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Noah 24.03.2010 - 10:27
"Weshalb das aufbauen einiger das aufbauen anderer behindert ist eine sehr interessante logik."

Du warst noch nie in der Westbank, oder? Schau dir mal vor Ort an, wie die Siedlungen gebaut werden, wo die (illegalen) Außenposten stehen, wie die Straßen verlaufen und ob alle Dörfer Anbindung an die Straßen haben. Aus der Ferne ist leicht meckern, vor Ort ist es ein täglicher repressiver Eingriff in dein Leben. Wenn ich mir ansehe, weshalb weiße Studiantifas bei uns Aufstand machen und bösen, bösen Staatsterror herbeischreien und herbeischreiben, dann bleibt einem bei dieser Ignoranz wirklich die Spucke weg. Ihr könnt euch Deutsche nur als Volksgemeinschaft konstruieren (setzt sich die Propaganda nach 70 Jahren also doch noch durch) und PalästinenserInnen nur als neuen Nationalsozialismus imaginieren. Dass es auch in dieser Gesellschaft verschiedene Strömungen gibt und nicht wenige die Hamas zum Teufel wünschen, wird mal einfach ignoriert.

Schreib dich bei der JDL ein, kommen bei der Feindbildproduktion auf den selben Nenner:  http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gas_the_arabs_painted_in_Hebron.JPG

PS: Die Hamas und ihre klerikalfaschistischen Freunde stehen einer friedlichen Zukunft definitiv entgegen und ihre Untergang wird ein Tag der Freude sein. Warum sich die Linke hier allerdings aus dem gemütlichen Sessel heraus an primitiver Feindbildproduktion beteiligt, anstatt antiislamistische und antinationale Kräfte vor Ort zu unterstützen, wird mir immer ein Rätsel bleiben. Lebt sich schwarz - weiß halt besser, sind ja nicht die eigenen Lebensbedingungen, die durch Enteignungen und Repression unerträglich werden.

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