Keine Demo zu Genfeldern in BS!
Darf die Bundesregierung Genversuchsfelder auf ihrem Gelände verstecken und dann um diese Demoverbotszonen errichten? Diese Frage stand am 10. März in Braunschweig zur Debatte - juristisch und praktisch. Das Ergebnis: Ein übler Kungel zwischen Stadtverwaltung und Gerichten schuf die Basis, die Demo verbieten zu können. Zunächst wurde ein Prozess durch einen Vergleich beendet - Stunden später hielten sich Verwaltungsgericht und Stadtverwaltung an den eigenen Vergleich nicht mehr. Das war Absicht ... als die Demo sich dann dem Versuchsgelände näherte, stand dort die Polizei und schützt Behörden und GentechnikerInnen vor der Bevölkerung - mit Zäunen, Pferden und vielen Uniformierten.
- Presseinfo dazu am 10.5.2009 ++ bild.de
- Stellungnahme der Stadt Braunschweig zur Klage (mit seltsamen Behauptungen, z.B. dass da ohnehin keine Maisaussaat mehr geplant war usw.)
Aus den Gerichtsakten ergab sich dann im Verlauf der Zeit, dass die Stadt keinerlei Informationen über die Lage vor Ort eingeholt hatte und auch fälschlicherweise davon ausging, dass der Genversuch ohnehin nicht mehr stattfinden würde.
- Stellungnahme des Kläger am 7.7.2009 zum Schreiben der Stadt Braunschweig
- Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 7.9.2009: vTI wird als Verfahrensbeteiligter beigeladen ... und soll Fragen beantworten ++ Stellungnahme des VTI am 28.10.2009 ++ Entgegnung des Besetzers vom 16.11.2009 ++ Erneute Stellungnahme vTI (12.1.2010)
- Gericht lädt zum Prozesstermin (10. März 2010 um 10 Uhr im Saal 1), setzt Frist für Stellungnahmen und gewährt Prozesskostenhilfe
- Stellungnahme des Klägers (Feldbesetzers), letzte Stellungnahme der Stadt Braunschweig (1.2.2010) und nochmal das vTI (8.2.2010) vor dem Prozess
Die Schnoddrigkeit von Stadt und Genversuchsbetreiber führten immer mehr dazu, dass offensichtlich gute Chancen bestanden, die Klage zu gewinnen - für eine Klage gegen die Räumung eines Genversuchsfeldes sicherlich ungewöhnlich. Ein solches Verfahren musste für den Genversuchsbetreiber und die Stadt peinlich werden - denn auf jeden Fall wäre nachweisbar gewesen, dass beide ordentlich gelogen hatten im Laufe der Zeit.
Dann plötzlich die Wende: Das Gericht schlug selbst einen Vergleich vor. Hatten da die Eliten der Stadt ihre Köpfe zusammengesteckt und bemerkt, dass es für sie besser sei, sich wegzuducken?
Der Vergleichstext war für den Kläger, also den Ex-Besetzer, ziemlich gut: Danach war die Räumung rechtswidrig, bei zukünftigen Versammlungen muss jeweils abgewogen werden, ob eine solche durchgeführt werden kann. Die Kosten - auch das ein Zeichen dafür, dass die Stadt "Verlierer" des Verfahrens ist - werden so aufgeteilt, dass die Stadt 80 Prozent der Kosten zu tragen hat. Die Stadt stimmte zu - und dann der Kläger auch.
Doch all das war nur ein mieser Trick. Stadt und Gericht hatten offenbar gekungelt und wollten eine öffentliche Blamage und ein belastbares Urteil verhindern. Der Vergleich, dass war offenbar schon vorher klar, sollte nur geschlossen, aber nicht beachtet werden. Direkt nach Zustandekommen des Vergleichs haute die Stadt eine Presseinfo raus, sie hätte das Verfahren in der Sache gewonnen - welch eine dreiste Lüge. Und nur wenige Stunden später verbot sie ohne jegliche Benennung wirtschaftlicher Interesse der Gegenseite und ohne eine Abwägung der Interessen die Demo auf dem Gelände. Und noch schlimmer: Das Gericht bestätigte die Sichtweise, obwohl es selbst den Vergleich vorgeschlagen hatte, dass jeweils die Interessen abgewogen werden müssten. Nichts davon mehr war in den Verbotsverfügungen zu lesen ...
- Brief mit Vergleichsvorschlag des Gerichts am 4.3.2010 ++ Braunschweiger Zeitung wertet Vergleich als Niederlage der Stadt (8.3.)
- Stadt stimmt am 8.3.2010 zu, der Kläger auch
- Gericht sagt den Gerichtstermin am 8.3.2010 ab ++ Stadt feiert Vergleich als ihren Sieg in Presseinfo am 8.3.2010: "Das Eingreifen der Stadt sei richtig gewesen"
- Parallel: Die Stadt verbietet eine Demonstration am 10.3.2010 auf dem Gelände. Eine Abwägung der Interesse findet sich im Verbot nicht. Dabei hatte die Stadt den Vergleich unterzeichnet, nachdem sie das fortan tun würde!
- 9.3.2010: Demoanmelderin reicht Klage und Eilantrag beim Verwaltungsgericht ein
- Noch am gleichen Tag lehnt das Gericht die Klage ab (gleich mit Presseinfo). Auch hier: Eine Abwägung der Interesse findet nicht statt. Noch absurder: Das Gericht nimmt als Argument, dass auch die Besetzung 2009 schon illegal gewesen sei - dabei hatte das Gericht mit seinem Vergleich gerade die Klärung dieser Frage selbst verhindert. ++ ddp am 9.3.2010 ++ Und wieder: Stadt feiert am 9.3.2010 alles als Erfolg ab
Kungeln in Gerichten und Stadtverwaltung ermutigen - wie sollte es anders sein - die Gentechnikseilschaften. Der selbsternannte Sicherheitsforscher am vTI, Christoph Tebbe (inzwischen selbst Teil der Seilschaften, denn er sitzt in der Zulassungskommission der EU für gv-Pflanzen), nutzte die Gelegenheit gleich, um für mehr Genfelder in Braunschweig zu werben. Auszug aus einem Interview in der Braunschweiger Zeitung, 9.3.2010: " ... natürlich wollen wir uns auch erneut beim Bundesforschungsministerium um weitere Forschungsaufträge bewerben. Vorausgesetzt, es geht dabei um Maispflanzen. Das VTI ist auf die Untersuchung von Mais spezialisiert. Da Mais eine außerordentlich hohe Bedeutung für die Landwirtschaft hat, gehe ich persönlich davon aus, dass auch in Zukunft am VTI an Genmais geforscht wird."
Das Drama des 10.3.2010
- Ein Anwalt (beim OVG herrscht Anwaltszwang) legt Beschwerde ein
- Kurz vor der Demo kommt der Beschluss ... wieder abgewiesen. Stadt und Justiz halten sich nicht an den Vergleich - und decken sich gegenseitig. Und da der Staat seine Genfelder schützt (hier: Institutionen aus dem Ministerium von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner), wird eine Hundertschaft Polizei geordert, um die Gentechnik-Seilschaten und ihre riskanten Experimente vor den Menschen zu schützen. Das sieht dann so aus:
Die Demo am 10.3.2010 sah dann entsprechend aus. Nach 100m stand wie vor einem verbarrikadierten Eingang. Die Polizei versuchte schon am Demostart, die Demo auch von der öffentlichen Straße abzudrängen (was nicht gelangt) und die VTI-Verwaltungsherren betrachteten das Ganze vom sicheren Polizeisektor aus. Pferde und entlang der Straße immer wieder Mannschaftswagen wurden als Schutz um die bundeseigenen Flächen gestellt.
Legaler Protest verboten - es lebe die direkte Aktion
Das Frühjahr kommt und an vielen Orten werden wieder Steuermillionen über gefälschte Förderanträge und Genehmigungsbescheide als gentechnisch manipulierte Saat in die Erde gesetzt. Die Seilschaften zwischen Konzernen, Behörden und Forschung setzen sich mit Geld und Macht einfach durch. Widerstand ist nötig - und möglich. An den Feldern, gegenüber den Institutionen und dort, wo eingeschüchtert werden soll ... im Gerichtssaal.
- Infoseite zu den Feldern und Aktionsmöglichkeiten
- Broschüre über den Filz der deutschen Agro-Gentechnik
- Informationsdienst Gentechnik
Öffentliche Termine der nächsten Zeit
Vorträge über die Gentechnik-Seilschaften
- Donnerstag, 18.3., 19.30 Uhr in München, Eine-Welt-Haus (Schwanthalerstr. 80) ++ Plakat/Flyer
- Freitag, 19.3. in Bad Endorf in der Seifhalle um 19.30 Uhr (Veranstalter GfM u. Attac RO)
- Sa,. 20.3.10 um 19.30 Uhr Gasthof Menzinger, Lengdorf, Veranstalter BDM Erding, Interessensgemeinschaft f. ges. Tiere, Tagwerk e.V.
- Sonntag, 21.3. um 19:30 Uhr im Gasthaus 'Bischof' in 86476 Edelstetten (nahe Günzburg, Veranstalter: Bundesverband Deutscher Milchviehhalter) ++ Einladung
- Vorträge und Gerichtsprozess um Gentechnik-Seilschaften in Saarbrücken (Flyer ++ Plakat)
- Freitag, 26. März um 19 Uhr im BioFrischMarkt (Johannisstr. 6, Saarbrücken): Vortrag "Monsanto auf Deutsch - Seilschaften zwischen Behörden, Firmen und Forschung"
- Samstag, 27. März um 11 Uhr im Haus der Umwelt (Evangelisch-Kirchstr. 8, Saarbrücken): Frühstück mit Diskussionsmöglichkeit
- Samstag, 27. März um 14 Uhr im Haus der Umwelt: Workshops zur praktischen Handlungsmöglichkeiten gegen die Agro-Gentechnik
- Montag, 29. März 2010 um 12 Uhr: Fortsetzung im Maulkorbprozess am Landgericht Saarbrücken
Uwe Schrader und Kerstin Schmidt klagen gegen die Kritik und die Recherchen zu den Seilschaften in der Agro-Gentechnik. Sie wollen ihre Rolle verschleiern. Deutsche Gerichte sollen nun auch noch die Kritik unterbinden, nachdem sie bereits Proteste von den Feldern fernhalten und der Staat auch ansonsten seine Polizei gegen GentechnikkritikerInnen einsetzt und gleichzeitig Geld und Forschungsressourcen in die Agro-Gentechnik stopft.
- Weitere Vorträge mölgich am 24. und 25.3. jeweils abends in weiteren Städten im Saarland und in Rheinland-Pfalz. Wer hat Interesse? Melden per Mail ...
- Sonntag, 6. Juni um 19 Uhr im Kulturcafe Groß Gerau (in der Ortsmitte)
Prozesse gegen FeldbefreierInnen
- 19.4.2010 um 13.30 Uhr im Amtsgericht Kitzingen (Sitzungssaal 102/1. Stock): Verfahren wegen Genfeldbefreiung
- Montag, 26.4. und Mittwoch 12.5. jeweils um 9 h, Landgericht Würzburg: Erster Berufungsprozess wegen der Feldbefreiung 2008 in Kitzingen
- 31.5. und 9.6., jeweils um 9 h im Landgericht Würzburg: Berufungsprozess wegen der Feldbefreiung 2008 in Kitzingen
- Dienstag 4.5. um 12 h, Oberlandesgericht Naumburg, Berufungsverfahren im Zivilprozeß gegen die Gatersleben-Aktivistinnen
- Dienstag, 8. Juni, 9 Uhr im Amtsgericht Groß Gerau (Europaring 11-13, Saal 356): Strafverfahren gegen drei Feldbesetzer von 2008 (damalige Aktionsberichte) ++ Ladung
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)
Ergänzungen