Kapp-Putsch vor 90 Jahren abgewehrt

Informant_In 13.03.2010 20:23 Themen: Blogwire
Vor 90 Jahren wurde der reaktionäre Kapp-Putsch konservativ-monarchistischer Kräfte durch einen Generalsstreik erfolgreich abgewehrt. Bis heute gibt es Versuche, die Rolle der militanten Freikorps schönzureden.
Vor 90 Jahren wurde der reaktionäre Kapp-Putsch konservativ-monarchistischer Kräfte durch einen Generalsstreik erfolgreich abgewehrt. Bis heute gibt es Versuche, die Rolle der militanten Freikorps schönzureden.
Es geschah in den Tagen vom 13. -17. März 1920. Gestützt auf Teile der Reichswehr unter dem Befehl des Generals Lüttwitz in Berlin und Freikorps, wie der „Marinebrigade Erhardt“, versuchten extrem reaktionäre Kräfte unter der Führung von Generallandschaftsdirektor Kapp, die Macht in Deutschland an sich zu reißen. Das Ziel der Putschisten war die Beseitigung der ihnen verhassten „Weimarer Republik“ und mit ihr der Demokratie. Die Erfüllung der Versailler Verträge sollte so verhindert werden, insbesondere die hierin geforderte Auflösung der Freikorps. Die Reaktionäre beschworen damit kurze Zeit nach Kriegsende zugleich die Gefahr einer Wiederaufnahme der Kriegshandlungen durch die Alliierten des 1. Weltkrieges.
Während die Reichswehr sich weigerte, gegen die Putschisten vorzugehen, erzwangen schließlich Massendemonstrationen, Arbeiteraufstände und ein Generalstreik das Scheitern der Machtübernahme durch die Rechtsextremen. In Mecklenburg-Schwerin wurde die demokratisch gewählte Regierung von Kapp-Anhängern verhaftet und an ihre Stelle eine Regierung unter dem Putschisten Dr. Wendehausen eingesetzt. Zum Kampf gegen die rechtsradikalen Meuterer bildeten Vertreter von SPD, USPD, KPD und Gewerkschaften „Aktionsausschüsse“, die den Kampf gegen die Kappisten erfolgreich leiteten. Zu den Maßnahmen der Verteidiger der Republik gehörten Generalstreik, Demonstrationen, die Besetzung wichtiger Einrichtungen und Behörden und die Beschlagnahme illegaler Waffenlager mit Hilfe von Arbeiterbataillonen in einer Stärke von insgesamt etwa 10.000 Personen allein in Mecklenburg-Vorpommern. So wurden beispielsweise bei Katelbogen 700 als „Zeitfreiwillige“ aufgestellte reaktionäre Rostocker Studenten und Offiziere von den Arbeiterbataillonen nach kurzem Gefecht verhaftet. Mit welchen Mitteln die Reaktion gegen Demokraten vorging, wurde am 14. März 1920 in Schwerin deutlich: Kapp-Anhänger erschossen auf einer Demonstration gegen den Putsch 14 Zivilisten, darunter zwei Frauen. Doch die Kraft der vereint agierenden Demokraten war schließlich stärker. Am 17. März mussten die Putschisten aufgeben. Genau ein Jahr nach dem Putsch siegte bei den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern die SPD. Gemeinsam ergriffen die erfolgreichen Demokraten mit der Landesregierung Maßnahmen, um erneute Putschversuche zu verhindern. Unter Führung von Ministerpräsident Johannes Stelling und dem ihm unterstehendem Polizeichef Oberst Lange wurden Waffenlager der Rechtsradikalen ermittelt und beschlagnahmt. Zugleich wurde der Arbeit rechtsradikaler Organisationen eingeschränkt und später verboten. Der Traum der Demokratiefeinde von einer „weißen Armee“ gegen die Republik erfüllte sich sowenig, wie der zwei Jahre später erfolgte Hitler-Putsch. Das konsequente Handeln der Demokraten hatte nicht nur die Republik gerettet, sondern auch gezeigt, dass Verbote gegen die Feinde der Demokratie ein wirksames Mittel für den Rechtstaat sein können. Diese Konsequenz wäre heute auch gegenüber der verfassungswidrigen NPD notwendig, die die Demokratie abschaffen will und gern die Geschichte in ihrem Sinne umschreibt. Etwa mit einem Antrag im Landtag Mecklenburg-Vorpommerns zur Darstellung der vermeintlichen Leistungen der Freikorps gegen die „bolschewistische Gefahr“ im Unterricht der Schulen in bewährter Feindbildmanier. Vom Schutz der Republik durch die Demokraten gegen die Putschisten war da kein Wort. Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch – hieß es zu Recht bei Brecht
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Ergänzungen

Ausschnitt aus einer Phoenix-Doku

Burns 14.03.2010 - 03:10
Die Zwanziger Jahre: Kapp-Putsch, Arbeiterkämpfe und kommunistische Aufstände
 http://www.youtube.com/watch?v=W_ubhXESbsc

Vor 90 Jahren – 13. März 1920

Distributor 14.03.2010 - 09:40
Vor 90 Jahren – 13. März 1920: Der wichtigste Gedenktag der deutschen Arbeiterbewegung

Kapp-Putsch und die März-Revolution 1920

Vor neunzig Jahren stürzte die Konterrevolution mit einer offenen Militärrebellion, dem Kapp-Lüttwitz-Putsch, die bürgerliche Regierung. Dieser Putsch kam nicht aus heiterem Himmel, die konterrevolutionären Kräfte, die die Wiedererrichtung der Monarchie wollten, kündigte sich seit dem 9. November 1918 – der sogenannten Novemberrevolution – lange an.

Der 9. November war ein Zusammenbruch – eben kein Prolog für eine Revolution, es war der Epilog, das Ende des Zusammenbruchs des kaiserlichen Regimes. So beschreibt Rudolf Rocker in seiner schwedischen Broschüre „Kapp kuppen“ (Kapp-Putsch) von 1920 die Situation. Der Zusammenbruch war der inneren Verrottung des alten Regimes und des Drucks der Kriegesgegner geschuldet, nicht der Initiative des deutschen Volkes – schreibt Rocker.

Der Putsch

Bereits am 11. März kam es zur Aufdeckung der Kapp-Verschwörung, die Regierung handelte halbherzig und erklärte, der Putsch sei gescheitert … Kurze Zeit später mußte dann die sozialdemokratische Regierung um Ebert und Noske – Rocker schreibt von der Noskedikatur – vor den Bajonetten der eignen Landsknechte flüchten: „Ein Bild für die Götter!“

“Hakenkreuz am Stahlhelm,
schwarz-weiß-rotes Band,
die Brigade Ehrhardt
werden wir genannt.
Die Brigade Ehrhardt
schlägt alles kurz und klein,
wehe Dir, wehe Dir,
du Arbeiterschwein.”

Die Putschisten besetzten am Sonnabend, dem 13. März 1920, mit der Marinebrigade Ehrhardt Berlin und waren bereit jeden Widerstand zu brechen. Es gab vorgefertigte Todeslisten mit bekannten Persönlichkeiten, die kurz nach der Machtübernahme öffentlich hingerichtet werden sollten, um die Arbeiterschaft durch einen „weißen Terror“ nach Art der Niederschlagung der ungarischen Revolution von 1919 einzuschüchtern.

Es waren die reaktionären Junkern und Militärs, die lieber ein kleines, monarchistisches „schwarz-weiß-rotes“ Preußen statt eines demokratischen großen Deutschlands wollten. Und sie waren bereit, zehntausende von Arbeitern zu töten, wenn diese sich ihnen in den Weg stellten. Die perverse Überlegung der konterrevolutionären Militaristen war, daß die siegreiche Entente (Westmächte) kurz davorstanden, dem notleidenden Deutschen Reich ein Darlehn zu gewähren, um die Hungersnot zu lindern. Aber genau das wollten die kaiserlichen Verschwörer um General Ludendorff nicht zulassen, das hätte die aufgeheizte Stimmung im Lande beruhigt und die Republik weiter stabilisiert.

Auch die KPD veröffentlichte noch am Tag des Kapp-Putsches einen Aufruf in ihrer Berliner ‚Roten Fahne’, nicht die verräterische Ebert-Scheidemann-Noske-Regierung verteidigen zu wollen. Die KP mußte diese absurde Position unter dem Druck ihrer eigenen Mitglieder umgehend einkassieren.

Denn, so schreibt Rocker: „12 Millionen Arbeiter hatten in 24 Stunden das ganze ökonomische Leben lahmgeschlagen, das hatte die Welt in dieser Größe noch nie gesehen.“ Die Arbeiterklasse stand wie ein Mann und zerbrach mit einem Generalstreik die Säbeldikatur!

Und dieses Mal kam die Initiative nicht von außen, sondern aus dem Volk. Deshalb sei der 13. März 1920 für die deutsche Arbeiterbewegung ein größerer Tag als der 9. November 1918, denn hier agierte die Bevölkerung gegen ihre Peiniger und setzte mit dem von der SPD und den sozialdemokratischen Gewerkschaften (ADGB) bis dahin so verschrienen „Generalwahnwitz“ ein Ende … Im Ruhrgebiet kam es zur Bildung der Roten Ruhr-Armee, die bewaffnet die Militärputschisten offen bekämpfte. Es gab zehntausende Tote auf Seiten der Arbeiterklasse. Im Ruhrgebiet weitete sich der Gneeralstreik zur Märzrevolution aus, Betriebe wurden besetzt und sozialisiert.

Aber der sozialdemokratische Gewerkschaftsbund nutzte die Chance nicht und blies am 20. März den „Generalunsinn!“ ab, die geflohene Regierung Ebert-Scheidemann kam aus Stuttgart zurück nach Berlin, um dort die Revolutionäre gemeinsam mit der aufständischen Soldateska blutig niederzuschlagen..

Aber die Gefahr war nicht vorbei … Und natürlich brach auch die Zusammenarbeit der organisierten Arbeiterbewegung sofort wieder auseinander, nachdem der Putsch niedergeschlagen worden war. Die Ansichten, wofür es zu kämpfen galt, gingen einfach viel zu weit auseinander.

Folkert – ASK/AKR Hamburg


In der nächsten Zeit werden wir die schwedische „Kapp-Putsch“-Broschüre von Rudolf Rocker übersetzen, die wir erst vor wenigen Tagen ausfindig gemacht haben (im SAC-Archiv).

Der Artikel erschien gestern bei Syndikalismus.tk:  http://syndikalismus.wordpress.com/2010/03/13/vor-90-jahren-–-13-marz-1920-der-wichtigste-gedenktag-der-deutschen-arbeiterbewegung/

Dort finden sich auch historische Abbildungen.

verindert ja, aber leider nicht erfolgreich

jan 14.03.2010 - 19:34
leider entspricht der text nicht ganz den tatsachen, das klingt auch schon in der anderen ergänzung an. tatsache ist, dass der putsch eine enorme welle des widerstands ausgelöst hat und in vielen regionen z.b. bremen, ruhrgebiet,... die putschisten erfolgreich vertrieben werden konnten. tatsache ist auch, dass in den befreiten gebieten das rätesystem neue blüten trieb und sich eine organisation bildete, die eine große armee bewaffneter arbeiter(Innen?) versorgen konnte. allerdings war da noch immer die geflohene reichsregierung, die nichts so fürchtete, wie ein erneutes aufleben der räterepublik. sobald der putsch gescheitert war, schwenkte die reichsregierung auf ihren ursprünglichen kurs zurück und bediente sich der reaktionären freikorps und der reichswehr, um die räte erneut zu zerschlagen. für die freikorps bot sich so die chance, sich bei ihren feinden für die erlittene niederlage zu revanchieren und sie gingen ungemein brutal gegen die arbeiterInnen vor. es gibt viele berichte über massenerschiessungen, gezielten erschiessungen bekannter rotarmisten. die darstellungen dieser massaker lesen sich ähnlich wie berichte über die späteren verbrechen im dritten reich.
gerade hier ist nicht von der reichsregierung konsequent gegen die pustchisten vorgegangen worden, spätestens hier findet sich der letzte grund, warum die weimarer republik scheitern musste.
wer interesse hat, sollte sich mal
Erhard Lucas: Märzrevolution 1920. 3 Bände, Verlag Roter Stern Frankfurt am Main 1973–1978
durchlesen.

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