"Mobbing Polizei Hessen"

Ralf 02.03.2010 10:50 Themen: Repression
In Hessen ist schlechte Stimmung in der Polizei. Mobbingvorwürfe und strittige Personalentscheidungen bereiten der Führung der Hess. Polizei und Innenminister Bouffier viel Ärger. In Südhessen begehrt die Basis der Polizei auf: Der Begriff „Mobbing Polizei Hessen“ macht die Runde. Das Thema beschäftigt auch den Hess. Landtag.
Im Forum behoerdenstress.de reden “kritische Polizisten“ Klartext. Die Berufsvertretungen der Polizei tun sich indes schwer mit diesen Themen.
Haltung der Hess. Polizeigewerkschaften zu den jüngsten Mobbingvorwürfen

Zur Zeit ist es wichtig, genau hinzuschauen, welche Berufsvertretungen der Polizei, sich wie und zu welchen Themen äußern. Nach dem Echo-Bericht v. 13.02.10 „Wer nicht mitspielt, wird drangsaliert“ äußerte sich als einzige Gewerkschaft die DPolG Hessen zum Thema Mobbing. Vermutlich sah sie sich dazu veranlasst um “Schadensbegrenzung“ für die Hess. Polizei zu betreiben.
Der Landesvorsitzende der DPolG Hessen, Heini Schmitt, am 18.02.10: „Die pauschale Berichterstattung, diese Schwarz-Weiß-Malerei, hilft weder den Opfern, noch der Organisation Polizei Hessen. (...) Vielfach wird mit dem Begriff ‚Mobbing’ leichtfertig umgegangen.“ (...)
Die DPolG sieht aber Probleme in „unzureichender Führungskultur“ und fordert „die Einrichtung einer neutralen, außerhalb der Landesverwaltung angesiedelten Vermittlungsstelle.“ (Pressemitteilung auf dpolg-hessen.de)

Nicht nur, dass sich wenige Tage zuvor zahlreiche Polizeibeamte beim Darmstädter-Echo meldeten und Mobbing in der Hess. Polizei bestätigten; sie nannten auch Gründe hierfür und plauderten munter über Internas. Echo-Zitat: „‚Es ist alles viel schlimmer als dargestellt’, sagte einer, der seit Jahren bei der Polizei ist. Ein anderer meint zu den Berichten: ‚Hier stimmt jedes Wort.’ (...) Der Beamte berichtet von ‚Jahresarbeitsgesprächen’, in denen für jeden Polizeibeamten festgelegt werde, wie viele Blutentnahmen und wie viel Bußgeld er ranzuschaffen habe. ‚Da wird dann regelrecht Jagd auf Bürger gemacht’, sagt der Polizeibeamte. Zumal das gut sei für die Statistik. Ein Autofahrer, der ohne Gurt oder mit Handy am Ohr erwischt werde, gelte sogleich als gelöster Fall und bringt mindestens 30 Euro in die Kasse.“ (...)
Der GdP Hessen waren die jüngsten Mobbingvorwürfe und der im Echo-Artikel beschriebene – durch Ziel- bzw. Erfolgsvorgaben erzeugte - Druck auf die Beamten bisher keine Zeile wert. Die DPolG räumt zwar Mobbing ein, blendet aber die im Artikel beschriebenen Fakten und Arbeitsbedingungen der Beamten komplett aus. Und so gelangt der Betrachter zur Erkenntnis, dass sich die Gewerkschaften nicht um das Thema Mobbing - die damit verbundenen Missstände - reißen!


Haltung der Hess. Polizeigewerkschaften zu den jüngsten Personalentscheidungen

Zu den jüngsten Personalentscheidungen (Stichwort: Wilfried Henning u. Hermann-Josef Klüber) in der Hess. Polizei sieht die Sache nun umgekehrt aus.
Der Vorsitzende des Landesbezirks Hessen der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Bruchmüller, am 26.02.10 hierzu: „Hohes Ansehen der Polizei nicht aufs Spiel setzen! Wiesbaden. Mit Sorge reagiert die Gewerkschaft der Polizei (GdP) auf die jüngste Personalentscheidung von Innenminister Bouffier für eines der höchsten Führungsämter in der hessischen Polizei. (...) Diese strittige Personalentscheidung trägt nicht dazu bei, das ohnehin schon belastete Betriebsklima in der hessischen Polizei zu verbessern.’“ (...) (Pressemitteilung auf gdp-hessen.de)
Das bei dieser Personaldebatte nun die DPolG Hessen schweigt, verwundert kaum: Die konservative und CDU nahe Gewerkschaft darf hierzu keine kritische Haltung annehmen.
Die GdP Hessen redet immerhin von einem „ohnehin schon belastete Betriebsklima in der hessischen Polizei“. Der BdK Hessen (bdkhessen.de) schweigt zur Personaldebatte.

In Nordhessen ist man nach der Absetzung des Kasseler Polizeipräsidenten Henning nicht gut auf Innenminister Bouffier zu sprechen. Die Hessische Niedersächsische Allgemeine (HNA) berichtet derzeit eifrig über Personalmangel im Präsidiumsbereich Nordhessen und die Querelen um die Personalie Klüber (neuer Hess. Vize-Landespolizeipräsident). Am 01.03.10 berichtet die HNA im Hessenteil über „Alte Seilschaften“ der Regierung Koch und meint: „Trotz Kritik an einigen seiner Minister belässt sie Ministerpräsident Koch im Amt“ Gemeint sind Bouffier und Weimar.
Im Kommentar von HNA-Chefredakteur Seidenfaden heißt es hierzu: (...) „Um Bouffier ist es noch schlimmer bestellt. Erst wird die Polizei so reformiert, dass die statistischen Werte zwar stimmen, in Wahrheit aber Personalmangel herrscht. Dann muss ein verdienter Polizeipräsident in Nordhessen gehen, weil er es wagte, die Verhältnisse zu kritisieren. Bis heute schweigt sich Bouffier über die Motive für diesen Personalwechsel aus, der den Steuerzahler immerhin ein sechsstelliges Sümmchen kostet“ (...)
Das Klima in der Hess. Polizei wird rauer. Es wird spannend sein zu beobachten wie sich die Gewerkschaften verhalten.



Quellen/Links:

"Wer nicht mitspielt, wird drangsaliert" (echo-online.de, 13.02.10)

 http://www.echo-online.de/nachrichten/hintergruende/art2638,649127


Erneut Ärger für Innenminister Bouffier (HNA, 25.02.10)

 http://www.hna.de/nachrichten/hessen/erneut-aerger-innenminister-bouffier-647940.html


Minister Bouffier feuert Kasseler Polizeichef (HNA, 10.02.10)

 http://www.hna.de/nachrichten/hessen/bouffier-feuert-polizeipraesident-henning-623737.html


Hohes Ansehen der Polizei nicht aufs Spiel setzen! (GdP Hessen, 26.02.10)

 http://www.gdp.de/gdp/gdphe.nsf/id/DE_Ansehen_der_Polizei?open&l=DE&ccm=150025
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Tip: Die Polizei verlassen !

Ex-Polizistin 02.03.2010 - 11:29
Tip: Die Polizei verlassen. Es gibt noch viele weitere Gründe neben Mobbing dem Verein für immer Tschüss zu sagen. Wichtig ist nur dass man rechtzeitig den Laden verlässt. Ein Studium und ein eigener Betrieb bringen einen da schon weiter als der tägliche Frust und Ärger im Dienst der zum Teil auch mit Gewalt an anderen Menschen beantwortet wird.
Also liebe Kollegen: Den Laden verlassen. Es gibt wesentlich angenehmere Jobs und Berufe. Und viel Sinnvolleres !

@EX

Zappa 02.03.2010 - 13:04
Klar, aber den Beamtenstatus aufgeben - warum sollte man? Außerdem ist die Polizei ja auch sehr wichtig, wegen der ganzen Nazis und so....

polizei verlassen

Nie Dabeigewesener 02.03.2010 - 14:20
Zappa bringt es da auf den Punkt. Es gibt keine sich rechnenden Alternativen. Keine Anreize den Polizeidienst zu quittieren. Beamtenstatus und einhergehende finanzielle Absicherung: Super! Beinahe allumfassende Machbefugnisse: Astrein! Schutz vor Strafverfolgung im Falle von Verfehlungen im Dienst: Jippie!
Das bisschen Mobbing sitzen doch leider allzuviele Beamte auf einer Backe ab, solang sie nur weiter ihre Sonderrechte genießen dürfen.

Sicherlich ist Mobbing IMMER eine schlimme Sache. Aber Himmel, Arsch und Zwirn: Es sind Bullen!! Menschen, die sich dafür freiwillig entschieden haben, Standbein eines verbrecherischen, ausbeuterischen Systems zu sein. Statt Mitleid für Aktive, Unterstützung für Aussteiger!

Fakten statt Vorurteile

Guido Glückspilz 02.03.2010 - 15:58
Wer sich ein objektives Bild machen will kann hier mal schauen

 http://www.besoldung-polizeibeamte.de

bla

dsad 02.03.2010 - 20:23
Naja so berechtigt die Kritik an der Polizei als Repressionsorgan ist, kann man es finde ich nicht wirklich nur an den Leuten festmachen und sagen "geht halt raus aus der Polizei". Solange es den bürgerlichen Staat gibt wird es eine Polizei geben. Also auch immer Leute die das machen werden. Wenn man also ernsthaft die Polizei abschaffen möchte dann klappt das nur wenn man gleichzeitig Staat und Nation adé sagt.
Beschissene Arbeitsbedingungen sind beschissene Arbeitsbedingungen. Ob das nun in nem Supermarkt oder bei der Polizei ist ist da eigentlich egal. Nur weil mir der Laden nich gefällt heißt das nicht das die Menschen dort ruhig in ner beschissenen Situation leben sollen.

Martin Beck

Kollberg 02.03.2010 - 21:37
Blabla! Die Polizeigewerkschaft - wie es der formale Anspruch einer Gewerkschaft ist - ist eine Interessenvertretung. Und so vertritt sie am radikalsten und auf widerlichste Weise, z.T. mehr als Innenminister etc., eine harte Linie: Strafverschärfungsforderungen, personelle, materielle... Aufstockung und versucht dann natürlich auch Mobbing einzuschränken. Mobbing unter Polizisten ist nichts Neues und besonders in Bayern mehrfaCH thematisiert worden. Mobbing ist dort besonders verbreitet, wo zahlreiche Personen direkt miteinander arbeiten müssen und überdurchschnittlicher Stress anfällt. Und das trifft ja wohl gerade auf die Bullerei zu... Wie auch immer: Bullen sind Menschen und haben als solche Anspruch auf Menschenrechte. Wer das in Zweifel zieht, offenbart eine erhebliche Unfähigkeit, menschlich zu denken. Und in diesem Zusammenhang: was das Geschwätz von Staat, Nation... angeht! Mein Gott, werdet erwachsen: jede gesellschaftliche Ordnung findet ihre legalisierten Prügelhelden!