[Berlin] Histo-Café soll geräumt werden

fsi geschichte 24.02.2010 17:44 Themen: Bildung Freiräume Repression
Seit über 20 Jahren existiert das Histo-Café als selbstverwalteter Freiraum im Friedrich-Meinecke-Institut für Geschichte der Freien Universität Berlin. Jetzt droht die Verwaltungsleitung Geschichts- und Kulturwissenschaften mit der teilweisen Räumung.
Das Histo-Café ist ein im Streik des Wintersemesters 1988/89 erkämpfter studentischer Freiraum. Ursprünglich in der Silberlaube, wurde es mit dem Umzug des Instituts für Geschichte in die Räume A111 und A112 der Koserstr. 20 verlegt und existiert dort bereits mehr als 10 Jahre.
Es sind die einzigen studentisch selbstverwalteten Räumlichkeiten am Institut und angesichts der zahlreichen Geschichts-Studierenden unterhalb des minimal zustehenden anzurechnen. Das Histo-Café bietet einen Gegenpol zum üblichen anonymen Massenbetrieb an der FU und macht das sonst so sterile Friedrich-Meinecke-Institut zu einem sozialen Ort, jenseits der ansässigen Verwaltungsbüros und der in weiß gehaltenen Lernfabrikatmosphäre. Neben der Verzauberung des Instituts zu einem Fleck mit menschlichem Gesicht und fair gehandeltem Café gegen Spende, ist das Histo-Café auch ein explizit politischer Ort. Studentische Selbstverwaltung und Raum zur Entfaltung sind an einem hierarchisch durchorganisierten und leistungsorientierten Ausbildungsbetrieb, wie sie die Universitäten (und die FU als zukunftsweisender Prototyp) darstellen, keine Selbstverständlichkeit. So ist das Histo-Café ein Ort an dem politische und studentische Projekte und Gruppen, wie bspw. der FSI Geschichte, aktiv sind. Das Histo-Café soll eine offener Freiraum sein, frei und offen für alle, aber auch frei von Diskriminierung, Herrschaftsmechanismen und kapitalistisch-verwertender Logik.

Bereits vor mehreren Wochen kündigte der Verwaltungsleiter Michael Vallo an, dass neue Räumlichkeiten für Drittmittelstellen benötigt werden. Und da die Studierenden, so Vallo wörtlich, „am Ende der Nahrungskette“ angesiedelt sind, sollen Teile der studentischen Freiräume, konkreter der Raum A111, dafür weichen. Dass für die Studierenden somit nur noch knapp 10qm zur eigenen Entfaltung und politischer Arbeit bleiben, ist für die Verwaltung nicht von Belang. Schließlich gibt es Sachzwänge und diese werden gemäß der bestehenden Rangordnung, in der Studierende bekanntlich ganz unten stehen, gelöst. Dass es sich hierbei um keinen Einzelfall handelt liegt auf der Hand: der Hörsaal 1a wurde letzten Sonntag unter massiver Gewaltanwendung geräumt. Dort, wie im Falle des Histo-Cafés wurden die Verhandlungsangebote und Lösungsvorschläge desinteressiert abgetan, anscheinend glaubt die Verwaltung an eine widerstandslose Aufgabe der Räume, getreu der Logik: Wer in der Hackordnung ganz unten steht, hat auch die geringsten Mittel zur Gegenwehr.

Allerdings lassen wir uns nicht so einfach aus den Räumen verdrängen. Die Uni ist schließlich ein Ort an dem Studierende und auch interessierte Nicht-Studierende mitwirken sollen und nicht nur als Gäste in den Hörsälen geduldet sind um zu konsumieren. Seid kreativ, laut, wütend, engagiert denn: in Zeiten der Rationalisierung breiter Lebensbereiche wird es immer schwerer Orte zu erhalten, die sich dieser Logik entgegenstellen. Helft mit das Histo-Café in seiner jetzigen Form zu erhalten – Unterstützung und Solidarisierung sind erwünscht.

Histo-Café o muerte! Histo-Café bleibt (Risikokapital)!

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[Dieser Artikel ist in ähnlicher Form bereits auf der Seite der FSI Geschichte erschienen]
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