REPARATIONEN AN GRIECHENLAND(?)

Didó Sotiríu 21.02.2010 17:41 Themen: Antifa Antirassismus Blogwire Globalisierung Soziale Kämpfe Weltweit
Die deutsche Propaganda-Maschine läuft auf Hochtouren:
Jetzt wollen die "faulen, nie Steuer zahlenden und immer streikenden Griechen"
auch noch REPARATIONEN!
Ein mit Lügen durchsetzter "Beschwerde-Brief an die Griechen" von einem professionellen Schmierfink in der Journalie "Stern" sorgt z.z. für offene Briefe aus Griechenland
Vorneweg:
Das soll ein Versuch sein, mal etwas Licht in die dunkle Welt der Propaganda zu bringen, bevor alles in kommenden nationalistischen Verformungen noch undurchsichtiger wird...

Typisch deutsch fängt der werte Schreiber damit an über die "Schlaglöcher" auf deutschen Strassen zu heulen und mensch wundertt sich automatisch: "Wie? Ihr wollt doch immer wie New York sein!"
Irgendwann landet er dann bei den deutschen Löhnen, die seit 10 Jahren stagnieren und das ist natürlich die Schuld der Griechinnen und nicht die der feigen deutschen Arbeiterklasse. Und logisch wird auch übersehen, daß die Löhne in Kaltland trotz allem noch doppelt so hoch sind!
Schon immer wurde die EG gerne als deutsches Kind und quasi Fortsetzung Hitler's Eroberungen gesehen und logischerweise werden die EG-Gelder als deutsche Kohle betrachtet. Daß davon Infrastruktur entstand und deutsche Baukonsortien sich in Griechenland gesund gestossen haben, wird genauso ausgeblendet wie der Siemensskandal: Der deutsch-griechische Manager Michael Christoforakos tauchte in Deutschland ab und wurde mittlerweile drei Mal von deutscher Justiz vor Auslieferung geschützt. Die Begründungen sind teilweise wirklich lustig: Weil er durch E-Mails bedroht würde, könnte nicht sicher gestellt werden, daß er griechische Gefängnisse überleben würde, aber das die Lebenserwartung im griechischem Knast eh nicht besonders hoch ist, wird natürlich nicht erwähnt.
Als Reaktion auf immer mehr Zumutungen deutscher, amtlicher Desorientierungsmedien kommt in Griechenland langsam wieder die Frage nach den Reparationen auf, die nie geleistet wurden. Zwar ist der Fall von Distomo hier etwas bekannt - die Beschlagnahme deutschen Besitzes wie dem Goetheinstitut wurde durch EG-Gericht auf gehoben - aber über die insgesamte Dimension scheint hier wenig Wissen vorhanden und das eröffnet natürlich ungeahnte Möglichkeiten zur Entsolidarisierung!
Die brutale Besetzung Griechenlands forderte ca. 1 Millionen Todesopfer, gefolgt von Hungersnöten, Massakern und Zerstörung der Infrastruktur beim durch britische Truppen ermöglichten Abzug der Deutschen und während in Deutschland in erster Linie der Marshalplan seine Rolle spielte, wurde Griechenland Opfer der Truman-Doktrin: Zuerst im Bürgerkrieg von 1944-49 und später unter der Militärdiktatur von 1967-74.
Es hatte bereits 1946 Zugeständnisse von deutscher Seite gegeben und nach Beendigung des Kriegszustandes sicherte Deutschland 1953 zu, daß nach erfolgter Wiedervereinigung bezahlt wird. Bis auf ein paar 100 Millionen kam allerdings nichts mehr. Zeitlich passend wurde 1988 in Paris über Reparationen generell rum gedealt... (müßte eigentlich für Verschwörungssuchende interessant sein, weil die Wiedervereinigung kurz danach erfolgte, grins.)
1953 belief sich die Summe auf ca. 15 Milliarden US-Dollar - 7,5 Reparationen und 7,5 Zwangsanleihen, die die Besatzung dem griechischen Staat aufbürdete - mittlerweile dürfte es sich um 70 Milliarden Euro handeln.
Zudem sind auch noch Forderungen aus dem Ersten Weltkrieg offen und die bisher wenig reflektierte Verwicklung Deutschlands in den Holocaustos an griechischen Bevölkerungen in Kleinasien - ausgeführt durch die Türkei/Osmanische Reich 1915-22 - könnte demnächst eine weitere Rolle spielen.
Die Türkei - immer schon befreundete "Achsenmacht" - baute damals zusammen mit dem deutschen Reich die "Bagdadbahn" zwecks Rohstoffsicherung (Öl aus Mesopotamien) und ließ dafür Hunderttausende von Griechen und Armeniern in "Arbeitsbattailonen" zu Tode schuften, vertrieb und ermordete 600000 Schwarzmeergriechen (Pontier). Später wurde das als "Bevölkerungsaustausch" durch den UN-Vorläufer "Völkerbund" quasi legalisiert, ermutigte Hitler zu kommenden Taten und veranlasste ihn zu dem berühmten Spruch "Wer redet denn heute noch von der Vernichtung der Armeniern?" (22.08.1939)

Interview (in deutsch) mit Michael Christoforakos: http://www.zougla.gr/page.ashx?pid=2&aid=105789&cid=4
"Beschwerde-Brief" von Sternreporter Wüllenweber:
 http://www.kreta-griechenland-forum.de/magic_viewtopic.php?f=96&t=3301
 http://tvxs.gr/news/%CE%AD%CE%B3%CF%81%CE%B1%CF%88%CE%B1%CE%BD-%CE%B5%CE%AF%CF%80%CE%B1%CE%BD/%CE%B1%CE%BD%CE%BF%CE%B9%CF%87%CF%84%CE%AE-%CE%B5%CF%80%CE%B9%CF%83%CF%84%CE%BF%CE%BB%CE%AE-%CF%80%CF%81%CE%BF%CF%82-%CF%84%CE%BF%CF%85%CF%82-%CE%AD%CE%BB%CE%BB%CE%B7%CE%BD%CE%B5%CF%82-%CF%83%CF%84%CE%BF-%CE%B3%CE%B5%CF%81%CE%BC%CE%B1%CE%BD%CE%B9%CE%BA%CF%8C-%CF%80%CE%B5%CF%81%CE%B9%CE%BF%CE%B4%CE%B9%CE%BA%CF%8C-stern
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Ergänzungen

Hellas...

sandankoro 21.02.2010 - 18:24
...der Verschwörungstheorie!

Irgendwie schon lustig, wenn ein Land, dass immer noch vor Stolz schier platzen kann wegen der "Grosstaten" des expansionistischen Helenismus, sich dann permanent von finstren Mächten erobert und verfolgt sieht.
Dass sich in den Jahren des Bürgerkrieges unter anderem stalinistische Kommunisten und faschistische bis bürgerliche Gruppen den Schädel eingeschlagen haben wird natürlich den Deutschen Besatzungstruppen angelastet, warum nicht den internen Machtkämpfen innerhalb der Komintern, den Monarchisten und teils offenen Faschisten?
Mensch kann von den Truman-Doktrin halten was man will, aber ob es den Menschen in Griechenland wirklich besser gegangen währe unter einer pro-Stalin Regierung Zachariadis will ich mal bezweifeln. Die pro-Tito Fraktion war auf jeden Fall schon in den frühen 40ern politisch durch die internen Machtkämpfe so geschwächt, dass kaum eine Chance auf einen offenen Sozialismus mehr bestand.
Die Britischen Truppen waren auch alles andere als unparteiisch, ging es doch um die Kontrolle wichtiger Gebiete bzw. Punkte wie Kreta.

Deutsche Reparationen waren schon lange überfällig, und das Rumgeeier diverser Bundesregierungen in dieser Frage war und ist einfach nur peinlich. Wenn jetzt aber von diversen Personen hier der Eindruck erweckt werden soll, dass es Griechenland nur deshalb schlecht geht, weil es die bösen imperialistischen Mächte, allen voran Deutschland, so wollen, so sollte eventuell einfach mal die ideologische Scheuklappe abgenommen werden und die jahrzehntelange Misswirtschaft, verpasste und verpatzte wirtschaftliche und politische Reformen und innenpolitsche Machtkämpfe als mindestens ebensolche Ursachen benannt werden.

Titel der Ergänzung

ant 22.02.2010 - 13:24
Guter und ausgewogener Artikel auf Heise.
Von Wassilis Aswestopoulos
 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/32/32133/1.html

Die Briten...

mein Name 22.02.2010 - 14:39
...sind der ELAS  http://en.wikipedia.org/wiki/Greek_People's_Liberation_Army in den Rücken gefallen. Denen die von Anfang an gegen die "Deutsche Besatzung" kämpften. Dabei waren die "Deutschen" jedoch in der Minderheit. Vor allem Italienische Faschisten trieben ihr Unwesen. In Erinnerung geblieben sind die größten Greueltaten und die wurden von Deutschen begangen. Reparationen = 0€
Die EDES wurde von den Briten und Amerikaner unterstützt, was dann auch zum Bürgerkrieg führte. Die EDES-Kollaborateure wurden dafür mit Renten etc. bedacht... bei ELAS-Kämpfern war der Nachweis ihres Kampfes natürlich deutlich schwieriger und somit auch der Erhalt dieser kleinen Rente. Ich kenne das alles aus Erzählungen, immer wieder begleitet ich ihn als Kind, wenn er seine alten Kampfgefährten besuchte. Mein Vater wurde gleich zweimal zum Tode verurteilt. Zuerst von Deutschen gefangen und gefoltert - konnte auf dem Transport in ein Lager fliehen - hernach wegen seiner Überfälle - sogar in Wien! - zum Tode veruteilt. und danach nochmals weil er als Kommunist galt. Er war keiner. Mit nicht ganz 14 Jahren begang er seinen ersten Bombenanschlag. Ein italienisches Kriegsschiff im Hafen von Patras. Natürlich war er nicht allein, aber er brachte die Minen am Kriegsschiff an. Die Folgen des Psychoterrors durch die Besatzer, bspw. gehörte auch er zu den Menschen die als Geiseln im ersten und letzten Wagon saßen, in den Zügen nach Athen, um Anschläge auf die Infrastruktur zu verhindern. PTSD daran litt er sein Leben lang und zwar heftig. Ein normales Leben konnte er nicht führen, ein normaler Vater nicht sein. Er hasste Nazis. Als ich ihn mittlerweile über 70-jährig in die Berliner Charitee brachte wegen eines Herzleidens, wurde ein weiterer "alter Mann" in sein Zimmer geschoben. Und im Gespräch ergab sich, dass dieser Mensch bei der SS war. Mein Vater schob ihm nachts aus dem Krankenzimmer heraus in den Gang. Wenn man weiß, dass er zu diesem Zeitpunkt Todkrank und nur mit einem Bein - während das andere bereits amputiert, aber noch nicht ganz verheilt war - anschieben konnte, kann nachvollziehen welche Anstrengung das war. Der SS-Mann starb in jener Nacht allein auf dem Gang. Als er mir davon am nächsten Morgen erzählte, brach er in Tränen aus... er war sich nicht sicher, ob das nach all den Jahren gerechtfertigt war. Ich bin mir zumindest sicher, dass ihn keine Schuld trifft. Entschuldigt... aber das war ein Antifaschist - bis zum Ende. Reparation? Fehlanzeige.

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Zeige die folgenden 13 Kommentare an

hui — buh

find read: — kein Name

HASS HASS HASS — HASS

HASS 21.02.2010 - 20:02 — sandankoro

Guten — Morgen

genau — finanzexperte

klar! — isa

hmmm — ...

Hier — tummeln

schon was geraucht? — erklärer

Seit wann werden Reparationen verzinst? — anyway: Zinsen=Kapitalismus