Solidarität mit der FAU Berlin

Barbara 17.02.2010 11:29
Betriebs-, Gewerkschaftsaktivist/innen und Bürgerrechtler/innen gründeten in der vergangenen Woche ein „Solidaritätskomitee für gewerkschaftliche Freiheit“. Anlass dafür sind die aktuellen Gerichtsbeschlüsse gegen die anarchosyndikalistische Freie Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union Berlin (FAU).
Das Solidaritätskomitee hat nun einen Appell „Für die Verteidigung des Koalitionsrechts – Aufhebung des Verbots gewerkschaftlicher Betätigung für die FAU Berlin“ verabschiedet.

Im Zusammenhang mit dem Konflikt um einen Haustarifvertrag im Kino „Babylon“ war in Einstweiligen Verfügungen der FAU vom Landesarbeitsgericht und vom Landgericht verboten worden, gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen anzuwenden und sich „Gewerkschaft“ zu nennen. Dieser Appell – mit Erstunterzeichnungen von 45 aktiven Gewerkschafter/innen und Betriebsräten, z.T. aus namhaften deutschen Großbetrieben sowie von Bürgerrechtler/innen, darunter auch ehemaligen DDR-Bürgerrechtler/innen – wendet sich an Mitglieder und Funktionäre der Gewerkschaften sowie an „alle AnhängerInnen des Grundrechtes zur Bildung freier und unabhängiger Interessenorganisationen der abhängig Beschäftigten“.

In dem Appell wird darauf verwiesen, dass in Zeiten immer prekärer werdender Arbeitsverhältnisse und schwindender Tarifbindung in vielen Branchen und Regionen „die abhängig Beschäftigten“ mehr denn je „verlässliche Rechte brauchen, um sich dieser Entwicklung kollektiv zu widersetzen“. Das „Recht, sich in Gewerkschaften eigener Wahl zusammenzuschließen“ sei dafür von „fundamentaler Bedeutung“, heißt es in dem Appell. Die aktuelle Arbeitsrechtsprechung erweise sich jedoch immer mehr „als Versuch, dieses grundlegende Recht einzuschränken, seine Ausübung zu erschweren und letztlich zu vereiteln.“ In dem zumeist von IG Metall- und Ver.di-Mitgliedern unterzeichneten Appell wird deshalb zur Solidarität mit der FAU aufgefordert, „auch wenn ihr mit der gewerkschaftspolitischen Orientierung der FAU nicht einverstanden seid. Es geht um gemeinsame Grundrechte, die nur gemeinsam verteidigt werden können“, heben die Autor/innen hervor.

Wie Jochen Gester vom Arbeitskreis Internationalismus in der Berliner IG Metall im Namen des Komitees erklärte, hoffen die Organisatorinnen des Solidaritätskomitees auf Unterstützung und Unterzeichnung des Appells durch Gewerkschafter/innen und Bürgerrechler/innen. Sie hoffen, dass viele Berliner Gewerkschaftsmitglieder am morgigen Dienstag zum Berliner Landesarbeitsgericht am Magdeburger Platz kommen, wo um 11.00 Uhr der Prozess gegen die FAU wegen eines Boykottverbotes stattfindet.

Der Appell findet sich in voller Länge auf labournet.de , wo auch weitere Informationen verfügbar sind.
Unterschriften werden gesammelt über die Kontaktadresse des Solidaritätskomitees für gewerkschaftliche Freiheit:  koalitionsfreiheit@googlegroups.com
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Ergänzungen

Apell auf Labournet

Philip Gale 17.02.2010 - 14:08
Der Apell und die Unterstützer_innen-Liste befinden sich auf der Plattform labournet.de

 http://www.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/real/fausoli.pdf
 http://www.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/real/fau.html

100 + ein paar Mitglieder =keine Gewerkschaft

Harald S. 17.02.2010 - 18:57
Die Gewerkschaftslinke sieht in der Entscheidung des Landgerichts, daß die FAU sich nicht mehr als tariffähige Gewerkschaft bezeichen darf, keinen Eingriff in die Gewerkschaftsfreiheit wie von einigen gerne suggeriert wird (es geht ausdrücklich nicht um ein Verbot wie weiter bewusst falsch behauptet wird). Es geht schlicht um die Diskussion dessen was Durchsetzungskraft und Mächtigkeit ist und wie mit welchen Mitteln Arbeiter/innen-Kampfrechte durchsetzbar sind.

Das Landesarbeitsgericht Berlin hat wie erwartet entschieden, dass die bundesweit 100 und ein paar Mitglieder nicht beanspruchen können eine Gewerkschaft zu sein. Den Wink mit dem Zaunpfahl von dem traditionell arbeitgeberfreundlichem Gericht gab es allerdings für die FAU gratis dazu: Nach § 97 I ArbGG  http://www.jusline.de/index.php?cpid=f92f99b766343e040d46fcd6b03d3ee8&lawid=18&paid=97# kann um eine Feststellung der Tariffähigkeit ersucht werden.
Davon profitieren werden allerdings leider vornehmlich die anderen gelben Gewerkschaften, die sich auf eine positive Entscheidung, die allerdings angesichts der bundesweiten Mitgliederzahlen der FAU (100+4) mehr als fraglich ist, berufen könnten. Ein Erfolg der FAU wäre damit verbunden, dass es bundesweit zu zahlreichen Rückschritten bei der Erkämpfung von Arbeiter/innen-Interessen käme. Gelbe Gewerkschaften (die über 100tausende! Mitglieder verfügen) werden reihum als tariffähig anerkannt werden und mit Billiglohnangeboten ihre Tarifverträge abschließen worauf sich die Arbeitgeber berufen werden und die rechten Arbeitsgerichte werden nur allzu willig folgen.

Die anarchosyndikalistische Struktur der FAU, die erklärtermaßen nach ihren politischen Vorstellungen entgegen den anderen Gewerkschaften nur da zu kämpfen bereit ist, wo sie Mitglieder hat und so auch nur für diese eine Klientelpolitik in einem Betrieb betreibt, kann keine Lösung sein. Entweder es wird orientiert auf eine Erkämpfung von Arbeiter-innen-Rechten in allen Bereichen und das bundesweit oder die Unternehmer werden durchmarschieren.
Diese zwei Seiten der Medaille gehen beim Getöse der "100+4 FAU" leider unter, das Kapital wird es allerdings gerne hören, das Gerede ihrer Drei-Groschen-Jungs, die die Arbeit unter fortschrittlichem Banner für sie erledigen. Dieser! Diskussion muss sich die FAU stellen und nicht ewig auf ihre ach so hehren Organsisations-Interessen verweisen, um einen Status als anerkannte bürgerliche Tarifvertragspartei zu erringen. Alles Andere wäre Verschleierung der realen Gegebenheiten.


Artikel zum Thema:
Noch nicht tarifmächtig Landesarbeitsgericht: FAU darf weiterhin nicht zu Boykott des Babylon-Kinos aufrufen (von Jörn Boewe Junge Welt)

 http://www.jungewelt.de/2010/02-17/054.php

tiba-tiba-du...

IG Metall Betriebsrat 17.02.2010 - 20:28
Schau an, "tiba" hat ein neues Pseudonym und nennt sich jetzt mal "Harald S.", mal "egal" und mal "Noch-FAU" ;-) Und bringt immer noch die gleichen realitätsfremden und verlogenen "Argumente". Die FAU bereibt also "Klientelpolitik", weil sie nur dort agiert, wo sie auch Mitglieder hat? Das spräche nicht gegen sondern für diese Gewerkschaft. Denn das würde bedeuten, dass sie im Gegensatz zu den meisten anderen keine Stellvertreterpolitik betreibt und nicht versucht Leute zu verkaufen, die nicht einmal Gewerkschaftsmitglieder sind. Ganz anders, als z.B. LeiharbeiterInnen, denen das "Equal Pay" vorenthalten wird, weil ver.di und die IG Metall Dumping-Tarifverträge unterschrieben haben, die den Gleichbezahlungs-Grundsatz ausgehebelt haben. Im übrigen ist es Augenwischerei zu behaupten, irgendeine andere Gewerkschaft würde sich heldenmütig auch für Nichtmitglieder einsetzen. Im Gegenteil, die IG Metall und auch ver.di versuchen derzeit immer wieder mal Verträge durchzusetzen, die bestimmte Leistungen ausschließlich ihren eigenen Mitgliedern vorbehalten. Da ist ja auch gar nichts dagegen einzuwenden, denn warum sollte jemand von gewerkschaftlicher Organisierung profitieren, wenn er selbst nicht bereit ist, einen Finger krumm zu machen? Der Umstand, dass manche Tarifverträge in der Praxis auch auf Nicht-Mitglieder angewendet werden, war lediglich dem Umstand geschuldet, dass die Bosse keinen Zwist in ihren Firmen haben wollten und die arbeitgeberfreundliche Arbeitsrechtssprechung das irgendwann im Dienste des Betriebsfriedens sanktioniert hat. Aber im Zuge der sich ausbreitenden Tarifflucht der Arbeitgeber wird das vermutlich bald der Vergangenheit angehören. Um über so ein Thema zu diskutieren sollte man aber zumindest ein Mindestmaß von Ahnung von kollektivem Arbeitsrecht haben. Aber darum geht es "Harald S." (oder tiba etc.) ja auch gar nicht. Für GewerkschafterInnen gibt es übrigens seit drei Tagen einen Solidaritäts-Appell für die KollegInnen der FAU, der findet sich unter  http://www.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/real/fau.html. Einfach unterzeichnen!

Für ArbeiterInnen uninteressant - immer noch

Ätschbätsch 18.02.2010 - 03:16
Die Enthüllungsstorys der FAUler wer was schreibt, wer wohinter steckt und wer sonstwas macht ist das einzige, was noch ein müdes Lächeln hervorzubringen geeignet ist. Allerdings ist stark zu bezweifeln, dass es tatsächlich gewerkschaftliche Betriebsräte gibt, die wirklich glauben, dass Tarifverträge, die eigentlich nur zwischen Gewerkschaft und Arbeitgeber (den Tarifvertragsparteien) gelten, für alle gelten gelassen werden durch die Arbeitgeber, um Zwist zu vermeiden. Lachhafter kann sich das FAU-Personal hier nicht blamieren.
Die tarifvertraglioch erreichten Ziele werden deshalb auf alle angewendet damit die Gewerkschaften nicht noch mehr Mitglieder bekommen, bei Lohnerhöhungen will schließlich niemand außen vor bleiben. So wird eine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft schließlich nicht nötig. Lernste auf jedem Gewerkschaftsseminar, Herr angeblicher "Betriebsrat".
Vielleicht doch mal ne Weiterbildung versuchen? Sonst tun mir die angeblich vom Betriebsratmitglied vertretenen Arbeiter/innen echt leid, wenn sie auf dermaßenes FAU-Billigwissen vertrauen müssen.

Aber vielleicht ist ja noch ein Funken Ahnung vom Arbeitsrecht vorhanden und es wird endlich mal was zu den Folgen gesagt, die die gelben Gewerkschaft im Einklang mit den Unternehmern nach einer Feststellung der Tariffähigkeit der FAU zu Lasten der Arbeiter/innen durchsetzen könnten. Dazu schweigen die paar Labournet-Unterzeichner/innen (ein buntes Sammelsurium aus "DDR-Bürgerrechtlern", Bequemlichkeitsliberalen, die noch nie einen Betrieb von innen gesehen haben, Trotzkisten und Co.) aber lieber...

 http://www.graswurzel.net/342/fau.shtml



FAU

ASF 18.02.2010 - 22:45
Der Arbeitskampf im Kino Babylon , FAU keine Gewerkschaft mehr?

Lars Röhm von der FAU Berlin im Interview über den Arbeitskampf der Beschäftigten des Berliner Kino Babylon und über das Verbot sich 'Gewerkschaft' nennen zu dürfen

 http://www.freie-radios.net/mp3/20100211-interviewde-32113.mp3

 http://asf.kostenloses-forum.be/asf-post-2124.html#2124

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Wozu gelbe Gewerkschaften? — mitdenkender Arbeiter