ZUERST und Co

antifa 16.02.2010 17:39 Themen: Antifa
Ende letzten Jahres hat sich in der Nazi-Verlagswelt einiges geändert. Der Coburger Verlag Nation & Europa, der neben allerlei Büchern auch mit „Nation Europa – Deutsche Monatshefte“ die auflagenstärkste regelmäßige Publikation der deutschen Rechten herausgab, wurde vom Besitzer der „Verlagsgruppe Lesen und Schenken“ Dietmar Munier aufgekauft. Ein Generationswechsel und gleichzeitig eine Konzentration in der Nazi-Verlagswelt hat stattgefunden.
Was die Sache besonders interessant macht ist die Publikation „Deutsches Monatsheft Zuerst“.
Dieses neue Projekt von Munier hat nach eigenen Angaben eine Auflage von ca. 90000 Stück und wird über eine Vertriebsagentur auch in Bahnhofskiosken ausliegen. Das rechte Monatsmagazin soll sich als rechtes Konkurrenzprodukt zu Focus, Spiegel und Stern dem „Konformitätsdruck des Meinungskartells nicht unterordnen und unabhängige Stimme eines unabhängigen Journalismus sein“ (Chefredakteur Deschner). Was dahinter steckt ist kaum versteckter Antisemitismus, Islamophohie, Rassismus und Geschichtsrevisionismus.


In den letzten Jahren konnte der eher unscheinbare „Nation Europa Verlag“ in Coburg seiner menschenverachtenden Publikationstätigkeit nachgehen. Doch seit den letzten Jahren ist dieser Verlag mehr und mehr in den Fokus antifaschistischer Arbeit gelangt. Zum einen wurde das Volksverhetzungsverfahren gegen den „Hauptschriftleiter“ Peter Dehoust ( http://cara.blogsport.de/2009/10/02/peter-dehoust/) von Protesten begleitet, zum anderen wurde im Herbst zu einer Demonstration gegen den Nazi-Verlag aufgerufen ( http://cara.blogsport.de/2009/09/30/demonstration-gegen-nation-europa/).
Neben dem „Nation Europa Verlag“ existierten noch andere Nazi-Verläge: zum einen der Kieler „Lesen und Schenken Buchdienst“ von Dietmar Munier und der Tübinger „Grabert Hohenrain Verlag“ im Besitz von Wigbert Grabert. Ein anderer Verlag, an dem wohl kein Nazi vorbeikommt, ist die „Versandbuchhandlung“ von Gerd Sudholt.
Bei allen persönlichen Streitereien und Querelen der Verläge untereinander, bei denen es hauptsächlich um persönliche Anfeindungen, Geld- und Machtfragen geht, bleibt ihnen doch eines gemein: der Vertrieb von Nazi-Publikationen jeglicher Art in großem Umfang. Von Büchern über die vermeintlich heldenhaften Wehrmacht- und SS-Verbände, zur angeblich wissenschaftlichen Leugnung der Kriegsschuld Deutschlands, zum allgemeindeutschen Wundenlecken über angebliche alliierte Kriegsverbrechen kann der anintellektuallisierte Nazi auch was über seine arischen Ahnen erfahren, sich über das „weltweite zionistische Meinungskartell“ informieren, die viel zu kleinen Grenzen Deutschlands betrauern oder auch über aktuelle Themen wie die „Südtirolfrage“ oder die Vertriebenenverbände Informationen einholen. Wer sich vom ganzen anstrengenden shoppen zurücklehnen will kann dies entweder bei einer CD des Nazi-Barden und NPD-Kanitaten für die Bundespräsidentenwahl oder wahlweise auch bei einem Schluck Likör aus der alten deutschen Heimat (=Ostpreußen) tun. Kurzum ist für das gemeine Nazi-Herz verschiedenster Spektren eigentlich alles zu erwerben.
Auch Dietmar Munier betreibt solch einen Online-Versand. Geboren 1954 in Kiel, engagierte er sich schon früh in Nazi-Strukturen. So war er '73 Landesvorsitzender des NPD-Jugendverbandes Junge Nationaldemokraten (JN). Während dieser Zeit fing auch seine publizistische Tätigkeit mit dem Buchladen „Nordwind“ an, die er bis 1993 unter verschiedenen Namen in Kiel fortsetzte. Danach gründete er die „Lesen & Schenken Verlagsauslieferung und Versandgesellschaft mbH“, die heute u.a. den ARNDT-, Orion-Heimreiter-, Bonus- und Pour le Merite Verlag beeinhaltet. In Kiel trat er '83 für die REP-Tarnorganisation „Kieler Liste für Ausländerbegrenzung“ an. Danach widmete er seinem größtem Hobby, das sich noch immer wie ein roter Faden durch seine Aktivitäten zieht, viel Zeit: Deutschland in den Grenzen von 1937 wieder herzustellen, also sich deutschfaschistischer Lebensraumfantasien hinzugeben. Dazu gründete er das Unternehmen „Bernsteinreisen“, das Fahrten von und für Nazis nach Ostpreußen organisiert. In diesem Rahmen ist Dietmar Munier auch Gründungsmitglied der „Aktion deutsches Königsberg“, die eine „Regermanisierung des deuschen Osten“ anstrebt.
Sein neuestes Projekt ist die „Deutsche Monatszeitschrift Zuerst“. Zu dessen Veröffentlichung kaufte er den „Nation Europa Verlag“, um den Abostamm der „Monatshefte“ mit zu übernehmen. In einschlägigen Nazi-Foren bejubelt, wohl aber ein zum Scheitern verurteiltes Projekt. Dies hat mehrere Gründe. So kann Munier immer noch nicht auf ein feste Redaktion, geschweige denn auf einen Redaktionsraum zurückgreifen. Aufgrund des Hochglanzdruckes und der fehlenden Anzeigeneinnahmen ist der Preis mit 6,50€ sehr hoch und dadurch für noch-nicht-Nazis wohl kaum attraktiv. Woher Dietmar Munier dabei das Geld für den Aufkauf von Nation Europa und die Veröffentlichung von Zuerst hat, bleibt fraglich. Aber aufgrund der Tatsache, dass schon das zweite Heft mit einer Verspätung von zwei Wochen – bei einer Monatszeitschrift ein langer Zeitraum - herauskam, lässt spekulieren, dass es für Munier inhaltlich (es fehlen die Autoren) sowie finanziell (die Kosten für den Druck sind bei weiten nicht gedeckt) langsam eng werden könnte.
Einer der wenigen festen Redakteure ist der Chefredakteur Günther Deschner, ehemaliger Leiter des Ressorts Politik in der Tageszeitung „die Welt“. Sein Kommentar lässt tief in die braune Seele blicken: „Ich habe in der WELT nicht anders geschrieben als ich es heute tue.“ Und weiter: „Nicht ich habe mich weiter nach rechts bewegt, sondern das Medien- und Parteiensystem der BRD haben sich weiter nach links bewegt.“ Ein weiterer Redakteur ist Manuel Ochsenreiter, ehemaliger Leiter des Ressorts Politik in der nationalkonservativen Zeitschrift Junge Freiheit (JF) und Chef des Militaria-Blattes Deutsche Militärzeitschrift (DMZ). Nicht, dass man denken könnte das sich Zuerst und die JF gut verstehen - das Gegenteil ist der Fall: sie verweigern sich gegenseitig die Anzeigenschaltungen. Laut Munier auf dem Nazi-Internetportal „Gesamtrechts“ ist der Fall einfach: für die Redakteure der JF ist die Zuerst zu rechts!
Weiterhin ist auch eine erhebliche Radikalisierung der zweiten Ausgabe festzustellen, was wohl darauf schließen lässt, dass die erste „gemäßigte“ Ausgabe bei den Nazi-Lesern noch zu wenig Anklang fand.
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Ergänzungen

mehr zur "Zuers!" in DER RECHTE RAND

lr 16.02.2010 - 18:21
in der ausgabe 122 von der antifa-zeitschrift DER RECHTE RAND gibt es einen ausführlichen artikel zur neuen extrem rechten zeitschrift "Zuerst!" von ernst kovahl ("Deutsche Nachrichten. Porträt: Das neue Magazin »Zuerst!«) [ http://www.der-rechte-rand.de/?p=145] Das Heft gibts im Abo per post oder im gut sortierten infoladen

NDR Bericht

lol 16.02.2010 - 18:42
Die Antifa Kiel hat dazu auch ein Link zu einem NDR Bericht auf ihrer Seite.

 http://www.antifa-kiel.org/index.php/news/items/ndr-berichtet-ueber-neues-nazi-monatsmagazin-zuerst.html

Titel der Ergänzung

(muss ausgefüllt werden) 17.02.2010 - 04:04
gibt es übrigens nicht nur in bahnhofskiosken, sondern zumindest in leipzig auch bei rewe!

Zapp (NDR) zu "Zuerst"

Zapper 17.02.2010 - 09:33

Offener Brief des Hamburger Bündnis gegen Rec

Ringelpiezer 17.02.2010 - 11:20
Offener Brief des Hamburger Bündisses gegen Rechts an den Bauer-Verlag
Vertrieb des extrem rechten Magazins „Zuerst!“ beenden

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit Anfang des Jahres vertreiben Sie durch Ihre Tochterfirma Verlagsunion das extrem rechte Magazin „Zuerst!“. Verleger dieser Zeitschrift ist der ausgewiesene Neonazi Dietmar Munier, der seit Jahren im extrem rechten Verlagswesen eine Scharnierfunktion zum organisierten Neofaschismus einnimmt.

Das von Ihnen flächendeckend vertriebene Blatt tritt in den zwei bisher erschienenen Ausgaben den Versuch an, Rassismus, Nationalismus und antisemitische Verschwörungstheorien im unverfänglichen modernen Format eines Nachrichtenmagazins am Kiosk zu präsentieren.

Die exponierte Position des Verlegers Munier in der organisierten neofaschistischen Szene sowie die eindeutigen Verflechtungen der redaktionellen Mitarbeiter in das bestehende Netz extrem rechter Publikationen (u.a. „Nation und Europa“) veranlasste erst kürzlich das 3-sat Magazin „Kulturzeit“ zu einer entlarvenden und alamiernden Reportage.
Wir fragen den Bauer-Verlag:

Ist Ihnen bewußt, dass Sie mit dem flächendeckenden Vertrieb des extrem rechten Magazins „Zuerst!“ monatlich Rassismus, Geschichtsrevisionismus und Antisemitismus an die Kioske befördern?

Ist Ihnen bewußt, dass Sie durch den Vertrieb der „Zuerst!“ direkt Verlagsmitarbeitern und Funktionären der extremen Rechten ein finanzielles Auskommen ermöglichen?
Ist Ihnen bewußt, dass Sie dem neofaschistischen Verleger Munier und seinen extrem rechten Publikationen durch den Vertrieb in der Verlagsunion den Spung vom stigmatisierten Nischenprodukt hin zum scheinbar unverdächtigen Polit-Magazin organisieren?
Ein dauerhafter Massenvertrieb der Zeitschrift „Zuerst!“ ist ein gefährliches Einfallstor für Rassismus und Antisemitismus am Kiosk!

Wir, das Hamburger Bündnis gegen Rechts, fordert Sie deshalb höflich auf, den Vertrieb der extrem rechten Zeitschrift „Zuerst!“ via Ihrer Tochtergesellschaft Verlagsunion einzustellen.

Mit freundlichen Grüßen, in Namen des HBgR, Felix Krebs

Hintergrundartikel und Kulturzeitbeitrag:

 http://avanti-projekt.de/hamburg/vertrieb-des-extrem-rechten-magazins-%E2%80%9Ezuerst%E2%80%9C-beenden

Stoppt dem Verkauf brauner Propaganda

Basta! Linke Jugend 17.02.2010 - 20:54

Die Lübecker Gruppe "Basta! Linke Jugend" veröffentlichte auch einen Artikel zu dem rechten Montas-Magazin "ZUERST!".

Nachzulesen ist der Artikel hier:

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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@Ringelpietzer — ist???