"Ich bin kein Deutscher, aber hier in Haft!"

Laurynas Mogila 15.02.2010 12:30 Themen: Freiräume Repression Soziale Kämpfe
Mein Name ist Laurynas, bin ca. 30 Jahre alt und komme aus Litauen. Vor etwa 2 Jahren kam ich nach Deutschland und habe in einem linken Berliner Hausprojekt gewohnt. Anlässlich der United-We-Stay-Demo am 14.3.2009, an der ich natürlich teilnahm, kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Dabei habe ich einen Polizisten angegriffen und ein Polizeifahrzeug beschädigt.
Zwei Wochen später wurde ich beim Spazierengehen mit meinen Hund verhaftet und inhaftiert. Bei meiner Verhaftung wurde ich von der Polizei fortwährend geschlagen und beschimpft. Bei der Vernehmung in Tempelhof war nur ein Dolmetscher der Polizei dabei, aber ich durfte keinen Anwalt hinzuziehen. Der wurde mir verwehrt. Nach ca. 2 Tagen wurde ich dann in die JVA Moabit gebracht, weil ich keine Aussagen gemacht habe. Da ich nicht gut deutsch sprach und verstand, englisch in der JVA Moabit kaum jemand sprechen konnte, hatte ich kaum eine Möglichkeit gehabt mich zu verständigen. Erst jetzt habe ich einige Monate Deutschunterricht gehabt und kann vieles nachlesen.

An dieser Stelle möchte ich mich bei meinen Freunden aus dem Wohnprojekt indem ich lebte bedanken, für ihre Hilfe, den anwaltlichen Beistand und die finanzielle Unterstützung! Das ist mir sehr wichtig zu sagen: Ohne sie hätte ich das nicht durchgestanden, wäre alles sehr viel schlimmer gewesen.

Bei meiner Einweisung in Moabit, kam ich in das Haus II. Das bedeutet Einzelzelle in der Grösse von etwa 8 Quadratmeter, Toilette in der Ecke, Fenster in der Höhe von 2 Metern - Sehr klein. Aber kein Fenster und Kontakt zur Aussenwelt. 23 Stunden am Tag Einschluss und eine Stunde Aufschluss. Da ich kein deutsch sprach, war eine Kontaktaufnahme zu anderen Menschen während des Ausfschlusses ausgeschlossen. Für alles musste ich einen schriftlichen Antrag schreiben, aber ich konnte kein deutsch!!

So bekam ich keine Medizin, keine Zahnpasta usw., weil ich das nicht beantragen konnte. Als ich nach Deutschland kam, dachte ich es sei ein schöndes Land, aber nun weiss ich, es ist alles Lug und Trug. Vieles ist schlecht hier! Ich habe lernen müssen, dass es einen grossen Unterschied zwischen arm und reich, zwischen Menschen wie mir und den oberen 10.000 gibt. Ich fühle mich von der Justiz und dem Polizeiapparat falsch behandelt, meine Grundrechte nicht vertreteb und ausser Kraft gesetzt. Die Kleinen werden gehangen, die Grossen sind heimgegangen!

Hier und jetzt möchte ich noch einmal der WBA-Antirepressionsgruppe, der Roten Hilfe OG Halle und den Rote Hilfe Gruppe aus den anderen Städten danken! Ich möchte allen Freunden aus dem Wohnprojekt in dem ich lebte danken und grüssen! Mein grösster Wunsch ist, dass mich niemand vergisst und wir uns nach diesem Wahnsinn = Haft wiedersehen.

Laurynas, JVA Moabit

Laurynas Mogila
c/o JVA Moabit
Alt-Moabit 12a
10559 Berlin
Buch-Nr. 890/09-0


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Anmerkung der abtippenden Person:

Die Menschen im Gefängnis haben keinen Internetzugang und können nicht selbst über ihre Situation und ihre Kämpfe berichten. Dazu muss es Personen "draussen" geben, die die Texte der Gefangenen abtippen und in den entsprechenden Plattformen veröffentlichen. Anschliessend die Kommentare und sich entwickelnden Diskussionen verschriftlichen bzw. Ausdrucken und den Gefangenen zurückschicken.

Und auch schreiben können die Gefangenen nur, wenn sie genug Papier, Umschläge und Briefmarken haben. Gefangene die nicht die im jeweiligen Gefängnis übliche Sprache sprechen, haben es da noch schwerer. Die Schliesser und Schliesserinnen, Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen, Ärzte und Ärztinnen usw. können oft mit ihnen machen was sie wollen, die Gefangenen belügen, ausbeuten und unterdrücken. Darum schickt den Gefangenen Briefe, legt Briefmarken bei und schickt ihnen unsere verschriftlichten Diskussionen.

Neben Indymedia gibt es seit einigen Jahren den "Gefangenenrundbrief Mauerfall". Die Gefangenen, und alle anderen die mit den Gefangenen kommunizieren wollen, können ihre Diskussionsbeiträge und Artikel zu einer zentralen Adresse schicken. Die Diskussionsbeiträge und Artikel werden dann in dem kostenlosen Rundbrief veröffentlicht und an alle Personen im Verteiler (Gefangene und die Leute "draussen") verschickt. Für die Gefangenen ist es extrem wichtig zu wissen, was "draussen" geschieht. Aber auch wir "draussen" sollten darüber bescheid wissen was "drinnen" diskutiert wird und zulassen, dass die Gefangenen weiter an unseren Diskussionen und Kämpfen teilnehmen können.

Den Gefangenenrundbrief Mauerfall könnt ihr (bzw. ihr für Gefangene) unter der Adresse "Mauerfall c/o SSK e.V., Salierring 37, 50677 Köln" kostenlos abonieren. Schickt dazu einfach eure Adresse bzw. die Adresse der Gefangenen der Adresse. Online gibt es den Gefangenenrundbrief Mauerfall unter folgender Adresse:  http://www.ivi-info.de/ivi.html#mf
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Ergänzungen

Hitergründe zu Laurynas

egal 16.02.2010 - 11:16
Vom WBA-Blog:

Solidarität für Laurynas

Laurynas aus Litauen wurde nach der „United we stay“-Demonstration am 14. März 2009 aufgrund von Youtube-Videos festgenommen und in Untersuchungshaft verbracht. Er hatte einen Mannschaftswagen und einen Verbindungsbeamten der Polizei angegriffen. Am 10. Juni 2009 wurde er dann zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt. Auch mangels solidarischer Unterstützung liess sich Laurynas während dem Gerichtsprozess ein und die Medien schlachteten seine Einlassung aus.

 http://www.tagesspiegel.de/berlin/Polizei-Justiz-Friedrichshain-Besetzer-Demo-Kriminalitaet;art126,2819934

Nach der Berufung bleibt Laurynas auch noch die nächsten Monate in Haft. Dort braucht er unsere Unterstützung! Schreibt Laurynas! Laurynas Muttersprache ist litauisch, also wäre es gut, wenn ihr eure Briefe auf litauisch schreiben würdet. In deutscher, russischer oder englischer Sprache könnt ihr Laurynas auch schreiben. Laurynas würde sich auch über Zusendungen von aktuellen Zeitschriften in litauischer Sprache freuen. Ebenso braucht Laurynas Briefmarken um euch antworten zu können.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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heulsuse — dr. pepper