Hörsaal 1A an der FU Berlin geräumt

Wladek Flakin 15.02.2010 02:23 Themen: Bildung
Es war das gallische Dorf unter den besetzten Universitäten der BRD: Von den über 50 Hörsälen bundesweit, die in den vergangenen drei Monaten von Studierenden okkupiert wurden, blieb einzig der Hörsaal 1A an der Freien Universität Berlin übrig. Andere Aktivisten mussten in kleinere Räumlichkeiten umziehen oder wurden gewaltsam von der Polizei entfernt.
Doch am Sonntag früh war Schluss. Um 6.20 Uhr kamen Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma, um die noch schlafenden Besetzer zum Verlassen des Hörsaals aufzufordern. "Da waren auch weitere Männer dabei, die wie Zivilpolizisten aussahen, aber sie wollten sich nicht ausweisen", erklärte eine Sprecherin der BesetzerInnen. ( http://bildungsstreik-berlin.de/articles/397-Besetzter_H_rsaal_an_FU_ger_umt_Bildungsstreik_geht_weiter)

Um acht Uhr kam schließlich die Polizei und nahm alle zehn Studierenden fest, die im Hörsaal geblieben waren. Bis Redaktionsschluß waren sie noch in der Gefangenensammelstelle. Unklar war, ob die Universitätsleitung Strafanzeige stellt.

"Es wird kein Zufall sein, dass sie die Räumung am Morgen nach den erfolgreichen Blockaden gegen den Naziaufmarsch in Dresden, an den sehr viele Studierenden teilnahmen, ansetzten" sagte ein FU-Student, der sich selbst noch von den Blockaden erholte, als die Räumung stattfand.

Die Besetzung war von einer studentischen Vollversammlung am 11. November beschlossen worden ( http://de.indymedia.org/2009/11/265460.shtml). In den folgenden Monaten fanden zahlreiche Podiumsdiskussionen, Workshops und auch Konzerte im "Freiraum" mitten im größten Gebäude der FU statt. Die BesetzerInnen nutzten den Hörsaal außerdem, um den Tarifkampf der MitarbeiterInnen des Studentenwerks zu unterstützen ( http://www.revolution.de.com/revolution/0911/mensa/interview.html).

Auch wenn in den deutschen Hörsälen wieder Vorlesungen stattfinden, ist der Protest auf keinen Fall vorbei: Anfang Juni soll der bundesweite Bildungsstreik in die nächste Runde gehen.

von Wladek Flakin - von RIO, der Revolutionären Internationalistischen Organisation -  http://www.revolution.de.com

eine kürzere Version des Artikels erschien in der jungen Welt vom 15.2.10 - http://www.jungewelt.de/2010/02-15/019.php

weitere Infos über Bildungsproteste von RIO:  http://www.revolution.de.com/themen/bildung.html
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Ergänzungen

Augsburg: Hörsaal und Rektorat besetzt

Uniaugsburgbrennt 15.02.2010 - 11:44
Für den 11ten Februar wurde die Universitätsleitung in den Hörsaal 1 eingeladen, um Rede und Antwort zu den nötigen Veränderungen zu stehen, welche die Universität Augsburg bitter nötig hat. An diesem Abend kam es zu einem Treffen zwischen Kanzler Zimmermann und den Studierenden, um die Reaktionen der in Abwesenheit des gesamten Präsidiums durch ihn vertretenen Universitätsleitung auf die Forderungen der ehemaligen HörsaalbesetzerInnen mitzuteilen und zu "diskutieren". Es hielten sich zu diesem Zeitpunkt ca. 200 Personen im Hörsaal auf. Problematisch war allein schon, dass der Termin 2 Wochen vorher angekündigt war, allerdings erst 5 Stunden vorher von der Universitätsleitung zugesagt wurde...


Das große Reden um den heißen Brei
Im Laufe der Diskussion wurde deutlich, dass die Universitätsleitung keine deutliche Stellungnahme zu den Forderungen hat und von den zugesagten belastbaren Ergebnissen jegliche Spur fehlt. Ferner hatte Kanzler Zimmermann 2 Wochen nach Ablauf der selbstauferlegten Frist keine klaren Informationen für das versammelte Plenum parat, die von einer Presseerklärung am 10.02.2010 abweichen und über die von den StudentInnen ins Rollen gebrachten fakultätsspezifischen Diskussionen um Veränderungen der Studienbedingungen hinausgehen. Inhalt und Art seines Auftretens sorgten von Minute zu Minute für weiteren Unmut und brachten den Saal zum Brodeln. Das Plenum stimmte daraufhin mit einer Gegenstimme ab, die Diskussion mit der Unileitung an dieser Stelle abzubrechen. Der Hörsaal 1 wurde zunächst bis auf weiteres wieder besetzt und das Plenum forderte in einer Abstimmung den Rücktritt der Universitätsleitung.


Nächster Schritt: Senatssaal
Um keine KommilitonInnen zu gefährden entschied sich das Plenum in der Nacht den abermals besetzten Hörsaal 1 zu verlassen, um die Prüfungen nicht zu gefährden, welche dort am laufenden Band stattfanden. Das Senatsgebäude der Universität Augsburg wurde daraufhin am 12ten Februar für ca. 6 Stunden von den Protestierenden besetzt. Der Senatssaal wurde gefordert um erneut eine konkrete Stellungnahme der Unileitung zu erzwingen. Schüler und Schülerinnen hatten für diesen Tag wieder einen erneuten Schulstreik mit Demonstrationen in Augsburg, Bamberg, Bayreuth, Kempten, München und Würzburg organisiert, so war den Protestierenden als die Unterstützung sicher. In den Verhandlungen mit dem nervösen Kanzler, kam es abermals zu keinem Ergebnis, als neuer Verhandlungspartner wurde Vizepräsident Alois Loidl gefordert, welcher auch kurz darauf am Ort des Geschehens eintraf. Alle Beteiligten, inklusive der ebenfalls erschienenen Presse und weiteren Angestellten der Universität Augsburg, begaben sich in den Senatssaal um dort weiter zu diskutieren, da der Vizepräsident nun bereit war den Raum aufzusperren. Loidl sicherte zu, dass keinerlei Repressionen drohen würden, wenn der Senatssaal bis 13 Uhr wieder von den Studierenden geräumt werden würde. Nachdem man im Senatssaal die Probleme des vergangenen Tages diskutierte, hierbei war auch der Kanzler anwesend, stellte sich heraus, dass das Gesprächsangebot von Vizepräsident Loidl zu einer Entspannung der Situation führte.


Zusammen für dieselben Ziele
Gemeinsam wurde über die Probleme und Zukunft der Universität Augsburg diskutiert, hierbei wurde klar, dass die Probleme der Universität schwerwiegender als gedacht sind. Loidl versprach bis zum 12ten April eine erneute Stellungnahme ausarbeiten zu wollen, bei der die Studierenden dann auch direkt nachfragen könnten. Weiterhin wurden auch die Probleme zur Sprache gebracht, die es auf der Veranstaltung des ZWW (Zentrum für Wissenschaft und Weiterbildung) gab. Hier hatte man zu einem Besuch des bayerischen Finanzministers gezielt Demonstranten ausgeschlossen. Nach dem Gespräch, welches über zwei Stunden dauerte und von einer guten Atmosphäre geprägt war, wurde der Senatssaal friedlich und aus eigenen Stücken geräumt. Falls sich nichts ändert an den Verhältnissen in der Universität, werden die Proteste wohl weiter gehen und auch im gesamten Bundesland brodelt es noch ziemlich, was diesen Punkt betrifft. Noch in diesem Monat werden verschiedene Treffen mit anderen bayerischen, gesamtdeutschen und ausländischen Hochschulen stattfinden, um das weitere Vorgehen in den kommenden Wochen zu besprechen.

Für weitere Infos zu den Protestaktionen an der Universität Augsburg:
 http://blog.bildungsstreik-augsburg.de

Ein kleiner Schluck Zaubertrank

Solidarität mit den BesetzerInnen 15.02.2010 - 12:09

Solidarität aus Lüneburg

Hörsaal1 Leuphana 15.02.2010 - 15:43
Solidarität aus Lüneburg!

...auch wir haben den Hörsaal vor der "Weihnachtspause" geräumt. Wir treffen uns allerdings weiter regelmäßig... zu Beginn der Vorlesungszeit werden wir wieder verstärkt loslegen.

An der sogenannten "Modell-Universität" Leuphana in Lüneburg steht das Programm neoliberaler Umstrukurierung von Hochschulbildung ganz oben auf der Agenda. Das macht sich auch in der Umgestaltung des Campus bemerkbar: Obwohl die Uni kein Geld hat, soll ein Audimax mit über 1200 Sitzplätzen(von Stararchitekt Daniel Libeskind), ein Hotel und ein Parkhaus gebaut werden... natürlich in altbewährter "public-private partnership" - das Hotel wird dem Investor überlassen.)

Für freie Bildung und ein gutes Leben überall!

Revolution

Pflasterstrand 15.02.2010 - 15:49
"Revolution", heute RIO (Revolutionäre Internationalistische Organisation) leistete in der Tat bisher einen maßgeblichen Anteil am Bildungsstreik. Nämlich 1. durch ihre penetranten Unterwanderungsversuche des Protestnetzwerks als öffentlich sichtbare Organisation mit Aufklebern, Flyern etc. und 2. durch albernes Pochen auf das archaische Mehrheitsentscheidungsprinzip bei Bildungsstreik-Vernetzungstreffen.
"Revolution" oder RIO versucht es im 21. Jahrhundert weiter mit einem Organisationsfetisch, autoritär-kommunistischen Ansätzen und entsprechender Hammer-und-Sichel-Symbolsprache. Von fundamentaler Herrschaftskritik keine Spur. So etwas braucht der Bildungsstreik wie ein Loch im Knie.

Marginalie zum Thema

Entdinglichung 15.02.2010 - 16:50
Quelle:  http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,677935,00.html

Wegen Hörsaal-Räumung
Protestler nistete sich in Linke-Zentrale ein

Er wollte gegen die Räumung eines besetzten Hörsaals protestieren: In Berlin hat sich ein 33-Jähriger in der Parteizentrale der Linken eingenistet. Erst gewährte man ihm dort Asyl - dann aber widersetzte sich der Mann den Sicherheitskräften. Jetzt wird wegen Hausfriedensbruch gegen ihn ermittelt.

Berlin - Aus Protest gegen die Räumung eines seit Monaten besetzten Hörsaals der Freien Universität Berlin hatte sich ein 33-Jähriger in der Bundesgeschäftsstelle der Linken eingenistet.

Zunächst schloss sich der Mann am Sonntagnachmittag für 20 Minuten in der Damentoilette des Karl-Liebknecht-Hauses in Mitte ein, teilte die Polizei am Montag mit. Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes holten ihn heraus und brachten ihn in ein Arbeitszimmer.

Der Mann erklärte, er wolle das Gebäude besetzen, da der Hörsaal am Sonntag nach dreimonatiger Besetzung geräumt worden sei.

Die Linke gestattete ihm, zu bleiben, sofern er sich ruhig verhalten und nicht rauchen würde. Da er sich nicht an die Auflagen hielt, verwiesen ihn die Mitarbeiter des Hauses. Er widersetzte sich jedoch den Sicherheitskräften und später auch den herbeigerufenen Polizisten. Nun wird gegen ihn wegen Hausfriedensbruches und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte ermittelt.

Der Mann begründete die Aktion damit, dass die Proteste an der Freien Universität (FU) Berlin nicht den gewünschten Erfolg gehabt hätten. An der FU Berlin hatte die Polizei am Sonntag einen während der bundesweiten Studentenproteste im November besetzten Hörsaal geräumt. Zehn Studenten wurden aus der Universität geleitet oder getragen und vorübergehend festgenommen.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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doofe Sache — anarcho fu

Fehlinterpretation — A. Antifa

@ A.Antifa — Anarcho FU

pflasterstrand — du hast