Berliner Mai Studie: Ohne Bullen Kein Krawall
In Berlin ist jetzt die 69.000 Euro teure Auftragsstudie der Kriminologen der Freien Universität Berlin zur Gewalt am Kreuzberger 1. Mai erschienen. Fazit: Ohne Bullen Kein Krawall - und: Alkohol hat auch am 1. Mai in Kreuzberg einen enthemmenden Faktor.
Nachdem der Innensenat in Berlin angesichts zunehmender Aktionen gegen Umstrukturierung eine Studie zu "linker Gewalt in Berlin" veröffentlichte, wurde eine weitere Studie vom Senat (Landeskommission Berlin gegen Gewalt) über "Gewalt am 1. Mai in Berlin" bei der Freien Universität (Fachbereich Rechtswissenschaft) - in Auftrag gegeben. 69.000 Euro bezahlte der Senat dafür. Im Vorfeld warnte die Rechtshilfeorganisation Rote Hilfe e.V. vor einer Beteiligung an der Studie bzw. davor, sich auf die Interviews einzulassen, weil über 391 Menschen angeschrieben wurden, deren Namen das Forschungsteam aus den zur Verfügung gestellten Ermittlungsakten vom 1. Mai 2009 erhielt. (Indymedia "Warnung vor 1. Mai Studie der FU-Berlin: http://de.indymedia.org/2009/12/268636.shtml )
Resultat der Warnung der Roten Hilfe ist sicherlich, dass sich nur ca. 20 Menschen an den Interviews des Forschungsteams beteiligten und davon sind es nur 4 Personen (d.h. 4 von 391 Personen), die sich gemeldet haben, weil sie wegen vorliegender 1. Mai Ermittlungsakten angeschrieben wurden.
Über die Interviews hinaus wertete das Forschungsteam aber zahlreiche Internetblogs aus und sortierte Zahlen und Aussagen aus den Ermittlungsakten der Polizei nach statistischen Gesichtspunkten und Fragestellungen.
Tenor der Studie ist - jenachdem welche PolitikerInnen oder welche Zeitung die Studie bewerten - :
a) ein Großteil der Personen wird nach der Demonstration und nach den Hauptauseinandersetzungen während des traditionellen Katz-und-Maus-Spiels z.b. in der Oranienstr. festgenommen, d.h. auch zu späterer Uhrzeit. Und davon ist ein Großteil alkoholisiert.
b) die meisten Menschen sehen das Auftreten der Polizei sogar in Sichtnähe bereits als unrechtmäßige Provokation der Polizei an. Festnahmen sowie Auftreten der Polizei führen unmittelbar zu Solidarisierungseffekten und im Verlauf zu weiteren Auseinandersetzungen.
Plutonia Plarre von der taz schreibt dazu: "Im Umkehrschluss heißt das: ohne Bullen kein Krawall - eine Parole, die auf keiner linken Demo fehlen darf." Im taz Artikel werden dann Statements von verschieden PolitikerInnen aufgeführt, die einen fordern ein komplett polizeifreies Kreuzberg am 1. Mai, während die CDU dann erst recht Chaos befürchtet, wenn die Polizei nicht mehr präsent sei.
Auch über das Forschungsergebnis, dass die, die am 1. Mai überhaupt festgenommen werden konnten überwiegend Alkohol intus hatten, wird nun eifrig im Senat, bei der Opposition und in den Berliner Medien diskutiert. Die einen fordern ein generelles Alkoholverbot am Tag der ArbeiterInnenklasse in Kreuzberg, während andere bezweifeln, dass sich dies bei den LadenbesitzerInnen wie auch bei den extra angereisten EventtouristInnen durchsetzen könne. Als Beispiel sei hier die Berliner Zeitung genannt, wo der Journalist Andreas Kopietz im Titel seines Artikels "Nüchterne Demonstranten und zurückhaltende Polizisten" fordert, während der Journalist in selbiger Zeitung schreibt: "Der 1. Mai in Kreuzberg ist längst ein Teil der europäischen Eventkultur geworden. Tausende von jungen Menschen aus dem In- und Ausland haben ihn fest im Kalender vermerkt - als Termin für eine spezifische Form des Austobens. Um die Folgen zu mildern, helfen nur polizeiliche Mittel, keine netten Alkoholverbote. "
Während Hardliner von CDU und Polizei nun mehr Zivilpolizei fordern, damit Festnahmen nicht mehr so martialisch (wegen Uniform) wirken (Kommentar: mit Zivilpolizei dafür umso mehr nach Maiwiesenschlägerei ausehen), begrüßte der Anmelder der Kreuzberger Mai-Demonstration 2009, Kirill Jermak, die Studie: „Das ist die erste sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema“.
Und dem Schlusssatz der FU-Studie angesichts der jährlich stattfindenden Gewaltrituale seitens der Polizei würden sich sicherlich zahlreiche heutige und ehemalige Beteiligte der 1. Mai Demonstrationen anschließen: "Für die weitere Forschung ergeben sich damit Fragen, denen beispielsweise durch
qualitative Interviews mit Polizisten und Erhebungen zu den gegen Polizisten eingeleiteten Strafverfahren wegen Körperverletzung im Amt nachgegangen werden kann."
1. Mai Studie der FU: http://www.jura.fu-berlin.de/einrichtungen/we2/professoren/ls_hoffmannholland/projekte/1_mai_studie_berlin/Forschungsbericht_FU_Maistudie.pdf
Berliner Presseschau:
Berliner Zeitung - Eventkultur für Touristen:
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2010/0211/berlin/0081/index.html
Berliner Zeitung - Nüchterne Demonstranten und zurückhaltende Polizisten:
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2010/0211/berlin/0062/index.html
taz - Experten zur 1. Mai Studie:
http://www.taz.de/1/berlin/artikel/1/die-folge-waere-chaos-1/
taz - Die Polizei wurde nicht gefragt:
http://www.taz.de/1/berlin/artikel/1/die-polizei-wurde-nicht-gefragt-1/
taz - Den Krawalleros auf der Spur:
http://www.taz.de/1/berlin/artikel/1/den-krawalleros-auf-der-spur/
Die Zeit - Revoluzzer im Rausch:
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-02/mai-krawalle-berlin-studie
Neues Deutschland - Martin Kröger kritisiert die FU-Studie zum 1. Mai:
http://www.neues-deutschland.de/artikel/164874.elfenbeinturm.html
Neues Deutschland - Jung, männlich und unpolitisch?:
http://www.neues-deutschland.de/artikel/164875.jung-maennlich-und-unpolitisch.html
BZ - Senat: Weniger Alkohol am 1. Mai:
http://www.bz-berlin.de/bezirk/kreuzberg/senat-weniger-alkohol-am-1-mai-article729688.html
junge Welt - Polizei hat provoziert:
http://www.jungewelt.de/2010/02-11/063.php
ddp-bln - CDU kritisiert 1. Mai-Studie als «Deckmantel für Hilflosigkeit":
http://www.pr-inside.com/de/cdu-kritisiert-1-mai-studie-als-laquo-deckmantel-r1717650.htm
Resultat der Warnung der Roten Hilfe ist sicherlich, dass sich nur ca. 20 Menschen an den Interviews des Forschungsteams beteiligten und davon sind es nur 4 Personen (d.h. 4 von 391 Personen), die sich gemeldet haben, weil sie wegen vorliegender 1. Mai Ermittlungsakten angeschrieben wurden.
Über die Interviews hinaus wertete das Forschungsteam aber zahlreiche Internetblogs aus und sortierte Zahlen und Aussagen aus den Ermittlungsakten der Polizei nach statistischen Gesichtspunkten und Fragestellungen.
Tenor der Studie ist - jenachdem welche PolitikerInnen oder welche Zeitung die Studie bewerten - :
a) ein Großteil der Personen wird nach der Demonstration und nach den Hauptauseinandersetzungen während des traditionellen Katz-und-Maus-Spiels z.b. in der Oranienstr. festgenommen, d.h. auch zu späterer Uhrzeit. Und davon ist ein Großteil alkoholisiert.
b) die meisten Menschen sehen das Auftreten der Polizei sogar in Sichtnähe bereits als unrechtmäßige Provokation der Polizei an. Festnahmen sowie Auftreten der Polizei führen unmittelbar zu Solidarisierungseffekten und im Verlauf zu weiteren Auseinandersetzungen.
Plutonia Plarre von der taz schreibt dazu: "Im Umkehrschluss heißt das: ohne Bullen kein Krawall - eine Parole, die auf keiner linken Demo fehlen darf." Im taz Artikel werden dann Statements von verschieden PolitikerInnen aufgeführt, die einen fordern ein komplett polizeifreies Kreuzberg am 1. Mai, während die CDU dann erst recht Chaos befürchtet, wenn die Polizei nicht mehr präsent sei.
Auch über das Forschungsergebnis, dass die, die am 1. Mai überhaupt festgenommen werden konnten überwiegend Alkohol intus hatten, wird nun eifrig im Senat, bei der Opposition und in den Berliner Medien diskutiert. Die einen fordern ein generelles Alkoholverbot am Tag der ArbeiterInnenklasse in Kreuzberg, während andere bezweifeln, dass sich dies bei den LadenbesitzerInnen wie auch bei den extra angereisten EventtouristInnen durchsetzen könne. Als Beispiel sei hier die Berliner Zeitung genannt, wo der Journalist Andreas Kopietz im Titel seines Artikels "Nüchterne Demonstranten und zurückhaltende Polizisten" fordert, während der Journalist in selbiger Zeitung schreibt: "Der 1. Mai in Kreuzberg ist längst ein Teil der europäischen Eventkultur geworden. Tausende von jungen Menschen aus dem In- und Ausland haben ihn fest im Kalender vermerkt - als Termin für eine spezifische Form des Austobens. Um die Folgen zu mildern, helfen nur polizeiliche Mittel, keine netten Alkoholverbote. "
Während Hardliner von CDU und Polizei nun mehr Zivilpolizei fordern, damit Festnahmen nicht mehr so martialisch (wegen Uniform) wirken (Kommentar: mit Zivilpolizei dafür umso mehr nach Maiwiesenschlägerei ausehen), begrüßte der Anmelder der Kreuzberger Mai-Demonstration 2009, Kirill Jermak, die Studie: „Das ist die erste sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema“.
Und dem Schlusssatz der FU-Studie angesichts der jährlich stattfindenden Gewaltrituale seitens der Polizei würden sich sicherlich zahlreiche heutige und ehemalige Beteiligte der 1. Mai Demonstrationen anschließen: "Für die weitere Forschung ergeben sich damit Fragen, denen beispielsweise durch
qualitative Interviews mit Polizisten und Erhebungen zu den gegen Polizisten eingeleiteten Strafverfahren wegen Körperverletzung im Amt nachgegangen werden kann."
1. Mai Studie der FU: http://www.jura.fu-berlin.de/einrichtungen/we2/professoren/ls_hoffmannholland/projekte/1_mai_studie_berlin/Forschungsbericht_FU_Maistudie.pdf
Berliner Presseschau:
Berliner Zeitung - Eventkultur für Touristen:
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2010/0211/berlin/0081/index.html
Berliner Zeitung - Nüchterne Demonstranten und zurückhaltende Polizisten:
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2010/0211/berlin/0062/index.html
taz - Experten zur 1. Mai Studie:
http://www.taz.de/1/berlin/artikel/1/die-folge-waere-chaos-1/
taz - Die Polizei wurde nicht gefragt:
http://www.taz.de/1/berlin/artikel/1/die-polizei-wurde-nicht-gefragt-1/
taz - Den Krawalleros auf der Spur:
http://www.taz.de/1/berlin/artikel/1/den-krawalleros-auf-der-spur/
Die Zeit - Revoluzzer im Rausch:
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-02/mai-krawalle-berlin-studie
Neues Deutschland - Martin Kröger kritisiert die FU-Studie zum 1. Mai:
http://www.neues-deutschland.de/artikel/164874.elfenbeinturm.html
Neues Deutschland - Jung, männlich und unpolitisch?:
http://www.neues-deutschland.de/artikel/164875.jung-maennlich-und-unpolitisch.html
BZ - Senat: Weniger Alkohol am 1. Mai:
http://www.bz-berlin.de/bezirk/kreuzberg/senat-weniger-alkohol-am-1-mai-article729688.html
junge Welt - Polizei hat provoziert:
http://www.jungewelt.de/2010/02-11/063.php
ddp-bln - CDU kritisiert 1. Mai-Studie als «Deckmantel für Hilflosigkeit":
http://www.pr-inside.com/de/cdu-kritisiert-1-mai-studie-als-laquo-deckmantel-r1717650.htm
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)
Ergänzungen
Mit Vorsicht zu genießen
Genauso verhält es sich mit der Klassifizierung "politisch/unpolitisch", welche eh höchst fragwürdig ist. Dass der Anteil an "ganz normalen Kiddies ausm Kiez" so hoch ist, liegt schlicht daran, dass diese öfter festgenommen werden, als organisierte Linke.
ERRATA
sollte aber heißen:
"...während ein anderer Journalist in selbiger Zeitung schreibt:..."
rbb Abendschau
http://www.rbb-online.de/abendschau/archiv/archiv.media.!etc!medialib!rbb!rbb!abendschau!abendschau_20100210_gewalt.html
kotzblitz
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,677320,00.html
*kotz*
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
A-A-ACAU
geile grafik!
Festgenommene
@ Leser
Rote Hilfe aber auch in der Kritik
Hier sollte man sich ob diejenigen Anwälte dann überhaupt ein Interesse an der Verfolgung haben.
Lieber Paul
Indymedia ist nicht das Forum um Deine Erfahrungen über AnwältInnen breitzutreten.
greez.
kenn ich schon
Kurz nach Obamas Präsidentschafts-Amt-Antritt starteten die US-Soldaten sich "zurückzuziehen". In entgegen gesetzte Richtung, im Angriff auf die Taliban.
Die ziehen sich zurück, und punkt 00:00 Uhr prügeln die los wie nix gutes.
Das kennen wir doch schon.
Aber der 1.Mai ist sowieso nur ein Kinderspielplatz für frustrierte "Was tun wenns brennt" - Kucker. Der Rest schaut zu und filmt alles. Eine der langweiligsten Partys ever. Wie alles kurz vor Diktatur. Wird Zeit dass mal wieder unorganisierte Lebendigkeit aufkommt.
Wir könnten erklären dass wir den 1.Mai ausfallen lassen,
DAS wäre spannend!
... und am 5.Mai am Brandenburger Tor ein Gratis-Festival steigen lassen.
Gesetzesänderungen
(un-) politischer (un-) sinn
nur weil bei den "krawall-machern" keine rote fahne geschwenkt wird, heisst es noch lange nicht, dass ihr frust auf system, staat und deren vertreter nicht "politisch" ist...
in vielerlei hinsicht ist diese art von krawall ehrlicher und politscher, als jeder pseudo-linker steinewerfer aus gut-bürgerlichem elternhaus es jemals sein könnte...
wenn er sein studium beendet und einen guten job gefunden hat, wird aus dem haus-besetzer ja doch nur wieder ein haus-besitzer...