Stuttgart: Banken, Farbbeutel und Gerichtsurteile

ProzessbeobachterInnen 10.02.2010 19:19 Themen: Repression Soziale Kämpfe
Am heutigen Mittwoch fand vor dem Amtsgericht Stuttgart der Prozess gegen zwei Antikapitalisten statt, denen vorgeworfen wurde im Kontext des Bundesweiten Aktionstags „Wir zahlen nicht für eure Krise“ im September 2009 Farbeier gegen die Deutsche Bank in Stuttgart geworfen zu haben. Hierfür wurden sie zu hohen Geldstrafen verurteilt und sollen zusätzlich 20.000 Euro Schadensersatz an den betroffenen Bankenkonzern zahlen.
Ein „militanter Beitrag, zum Aktionstag: Wir zahlen nicht für eure Krise“
Am 19. September fanden bundesweit Aktionen unter dem Motto „Wir zahlen nicht für eure Krise“ statt.. In Stuttgart bestanden diese unter anderem aus einem Fest auf dem Schlossplatz, einem Straßentheater gegen die Kriegsunterstützung durch das Logistikunternehmen DHL, sowie verschiedenen anderen Aktionen.
Parallel zum Fest wurde die Filiale der Deutschen Bank in der Stuttgarter Innenstadt angegriffen. In einem Bekennerschreiben ( http://linksunten.indymedia.org/de/node/11188) erklären die Angreifer, die Aktion als Versuch einen „diffusen Gegnersin seinen konkreten Institutionen “ zu markieren. Weiter erklären sie: „Dass sich die Deutsche Bank dafür bestens eignet, erklärt sich fast von selbst: Wie keine zweite steht sie für den imperialistischen Charakter des deutschen Kapitals und (...) für die immer unverholenere Rolle des Staates als Instrument der KapitalistInnen.“


Der Fall vor Gericht
Zur heutigen Gerichtsverhandlung erschienen etwa 20 Prozessbesucher um sich mit den Beschuldigten zu solidarisieren. Als Zeugen waren ein Hausmeister der Deutschen Bank, zwei Feuerwehrleute und drei Polizisten geladen.

Die beiden Feuerwehrleute befanden sich auf Dienstfahrt, als sie an der Ampel Theodor-Heuss-Straße und Kienestraße drei vom Körperbau her männliche Personen, allesamt mit blauen Jeans, Kapuzenpullis und vermummt, beim bewerfen des Bankgebäudes beobachteten. Sofort machten sie auf sich aufmerksam, woraufhin sich die drei Personen, zuerst gemeinsam, anschließend getrennt fluchtartig in 'Richtung Marktplatz' bewegt haben sollen. Kurz darauf verloren sie die unbekannten Täter aus den Augen.
Hier setzt die Aussage der Polizei an. Eine Streife, welche eine Zeugin eines anderen Falles beförderte („sie durfte nun auch etwas Polizeiarbeit miterlebten“), sah zufällig eine Person, welche dem Fahndungsaufruf, wie so viele andere an diesem Tage auch, entsprach. Diese Person und eine weitere wurden vor bzw. in dem Restaurant 'Veggie Voodoo King' von den 'Ordnungshütern' zur weiteren Kontrolle festgenommen. Auf der Kleidung eines Verdächtigen befanden sich Farbspuren einer handelsüblichen Farbe, welche mit der des Farbanschlages Übereinstimmungen aufwies.
Der Hausmeister hingegen war weder Zeuge der Tat noch der Täter sondern machte lediglich Angaben zum Gebäude.

In ihrem Abschlussplädoyers ging die Staatsanwältin von einer „großen kriminelle Energie“ der Angeklagten aus und forderte. für die beiden Angeklagten 8 Monate Haft auf Bewährung.
Der Rechtsanwalt hingegen wies auf die gesellschaftlich schädigende Rolle der Banken im allgemeinen und der Deutschen Bank im besonderen hin. Desweiteren erklärte er, dass es sich bei einem Farbanschlag um das „harmloseste was man einem solchen Gebäude antun kann“ handelt.
Anschließend betonte er die mangelnde Verbindung zwischen dem Farbanschlag auf der einen und der eine halbe Stunde später erfolgten Verhaftung der beiden Angeklagten auf der anderen Seite.

Verurteilung zu hohen Geldstrafen
Die Richterin verhängte ein Urteil, von jeweils 1350€ (90 Tagessätze) und 750€ (75 Tagessätze). Zudem haben die Verurteilten den entstandenen Schaden an dem Gebäude von etwa 20.000€ zu ersetzen, sowie die Prozesskosten zu tragen. In ihrer Urteilsbegründung führte sie aus,dass es keine Zweifel an der Mittäterschaft der beiden Angeklagten gäbe und belehrte die Verurteilten: „Es gibt mit Sicherheit viele Gründe die Deutsche Bank zu kritisieren, es gibt aber keinen Grund Farbbeutel gegen sie zu werfen“.
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Ergänzungen

@ Roland Ionas Bialke Lass es lieber!!!

Heinz 10.02.2010 - 22:07

Ich kenne mich im Verfahrensrecht auch nur als Laie aus, aber eines weiß ich.

Die Betroffenen können bis jetzt Froh sein, das ohne Berufung das Strafrecht und Schadensersatz Zivil Recht in einem Verfahren abgehakt wurden, so fällt bis jetzt das Zivile Schadensersatz Gerichtsverfahren, mit seinen ca 2000 Euro Rechtsanwalts Kosten für jeden Betroffenen, plus der Gerichtskosten praktisch unter den Tisch!!!

Würde es nach dem Strafrechtlichen Gerichtsverfahren Ohne Revision, von der Deutschen Bank nun auch noch ein Zivil Rechtliches Schadensersatz Gerichtsverfahren geben, dann könnten Günstigstenfalls bei Verurteilung auf jeden Betroffen Gesamtkosten von ca. 12500 Euro, oder für beide Betroffene zusammen 24500 Euro incl. Verfahrenskosten hinzu kommen.


@ Roland Ionas Bialke Prozesskostenhilfe!

Heinz 10.02.2010 - 22:35

Bei der Prozesskosten Hilfe wird vom Potentiellen Kostenträger, dem Amt geprüft ob für ein Ziviles Schadensersatz Verfahren Aussicht auf einen Positiveren Abschluß besteht, wenn dieses Unwahrscheinlich ist, dann sagt das Amt sowieso "Nein" zur Prozesskosten Hilfe.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 8 Kommentare an

Antikapitalisten — Spießbürger

RADIKALISIERUNG — ENDLICH!!

eins fehlt — ... nur eins ...

Schadensersatz — Roland Ionas Bialke

Klassenjustiz — Peter F.

Schadenersatz und Wegducken — k.o.b.r.a.__antirepressionsplattform____

@endlich — kill you