Türkei: Generalstreik wurde nicht beschlossen

(24. Januar) 28.01.2010 00:00 Themen: Soziale Kämpfe Weltweit
Widerstand der Tekel-ArbeiterInnen geht weiter
Unterstützung vom "Kulturverein Pir Sultan Abdal"

Am Sonntag, den 24. Januar hielten Mitglieder des Pir Sultan Abdal Kulturvereins um 12.00 Uhr eine Presseerklärung in Taksim/Istanbul ab, um die Tekel-ArbeiterInnen in ihrem kämpferischen Widerstand
zu unterstützen und zu demonstrieren, dass sie auf der Seite ihres absolut berechtigten Kampfes stehen.
Bei der Aktion wurden die Parolen "Die Tekel-Arbeiter sind nicht allein", "Der Sieg wird den widerständigen Werktätigen gehören", "Generalstreik, Generalwiderstand" und "Die Feuerwehrleute sind nicht allein" gerufen.
Untersützung von der Revolutionären ArbeiterInnenbewegung

Mit einem Transparent mit der Aufschrift "Wir sind alle ArbeiterInnen, wir sind im Recht,wir werden siegen" führten Mitglieder der Revolutionären ArbeiterInnenbewegung am 26. Januar 2010
eine Aktion zur Unterstützung der TEKEL-ArbeiterInnen an der Tram-Haltestelle in Taksim/Istanbul durch. Von dort marschierte die Protestmenge mit dem Transparent und mit Protestschildern bis zum Sitz der Türk-Is- Gewerkschaft in Gümüssuyu. Während der Demonstration wurden laufend die Parolen "Die TEKEL-ArbeiterInnen sind nicht alleine", "Wir werden uns nicht zu Sklaven des 4-C machen lassen", "Wir werden Widerstand leisten und siegen", "Die kollaborierende AKP wird dem Volk Rechenschaft abgeben" gerufen und Flugblätter verteilt.
Vor dem Gebäude der Türk-Is verlas Ali Cakir eine Erklärung im Namen der Revolutionären ArbeiterInnenbewegung. Darin hieß es: "Die AKP verkauft! Die TEKEL-ArbeiterInnen leisten seit 43 Tagen im Zentrum vom Ankara, trotz Kälte, Schnee, Winter und Regen Widerstand... Sie demonstrieren ihre Entschlossenheit mit den Worten 'Sterben Ja, Umkehren Nein'. .. Auch die Menschen in der Türkei leisten Widerstand mit den TEKEL-ArbeiterInnen. Das, als Sklavengesetz beschriebene 4/C-Gesetz, bedeutet die Beseitigung der Arbeitssicherheit. .. Wir, als Revolutionäre ArbeiterInnenbewegung unterstützen den Widerstand der Tekel-ArbeiterInnen, die in Ankara um ihre Rechte kämpfen".
Unterdessen haben die Feuerwehrbediensteten und die ArbeiterInnen in Esenyurt mit einem 2-tägigen Hungerstreik begonnen.

25. Januar - 42. Tag
Der Sitzstreik der Tekel-ArbeiterInnen in der Sakarya-Straße in Ankara geht weiter. Abgeordnete des Europaparlaments besuchen die ArbeiterInnen. Sie sprechen mit den ArbeiterInnen und hören sich ihre Forderungen und die Ursachen des Widerstands an. Sie versprechen, mit dem Arbeitsminister zu reden und die Sache ins Europäische Parlament zu bringen.
Auch CHP-Abgeordneter und stellvertretender Generalvorsitzender Kemal Kilicdaroglu mischt sich unter die BesucherInnen.
Um 13.00 Uhr trifft eine große Gruppe von Mitgliedern des Nigdeliler Vereins am Protestort ein. Sie haben Äpfel aus ihrer Region mitgebracht, um sie an die ArbeiterInnen in den Zelten zu verteilen und bringen eine Solidaritätsbotschaft mit, in der sie ihre Unterstützung zum Ausdruck bringen und erklären, dass sie aus diesem Widerstand Kraft schöpfen.
Die Mitglieder der Volksfront befinden sich nach wie vor an der Seite der ArbeiterInnen. An diesem Tag werden 250 Flugblätter verteilt. In dem Flugblatt wird u.a. auf den wöchentlich stattfindenden, eintägigen Sitzstreik aufmerksam gemacht. Zusätzlich werden Informationen über die Gesetzesparagraphen 4-C und 4-B, welche mitunter zum Streik veranlasst haben.
Morgen endet die Frist, die der AKP-Regierung zur Anerkennung der Forderungen der ArbeiterInnen von Türk-Is, DISK, KESK, Hak-Is, KAMU-SEN und MEMUR-SEN vorgegeben wurde. Die ArbeiterInnen begannen vor einer Woche mit dem Hungerstreik. Doch nach Ankündigung der Aktionseiheit der 6 Gewerkschaftskonföderationen wurde eine Pause eingelegt und eine Frist zur Umsetzung der Forderungen gesetzt.
Die Tekel-ArbeiterInnen sind entschlossen, den Widerstand fortzusetzen. Doch die Gewerkschaften sagen, dass sie nicht an einen Beschluss zum "Generalstreik" glauben.
Ein Arbeiter erklärt dazu: "Wie auch immer die morgige Erklärung ausfällt, wir sind hier. Wir werden den Widerstand fortsetzen."
Während eines Gesprächs am Streikplatz im Bezug auf die, an die ArbeiterInnen gerichtete Botschaft des Finanzministers Mehmet Simsek "Es war nicht gut, Gnade walten zu lassen", sagt ein Arbeiter aus Malatya: "Eigentlich haben wir bis heute Gnade über sie walten lassen. Der Finanzminister redet vom Staatsbudget. Er will also die Kassen für sich selbst nutzen. Richtig, nur tatenlos hier zu sitzen, bedeutet Gnade. Wir müssen Ankara wachrütteln." Auf die Mitteilung des Gouverneurs, welcher den Platz räumen will, weil sich angeblich die KleinhändlerInnen von der Aktion gestört fühlen, antwortete ein Ladenbesitzer von der Sakaraya Straße gestern Abend. Er hielt eine Aktion ab mit den Parolen "Der widerstandleistende Tekel-Arbeiter ist Symbol der Würde", "Es lebe unser würdevoler Kampf". Es wird klargestellt, dass LadenbesitzerInnen auf der Seite der widerstandleistenden Tekel-ArbeiterInnen stehen.
Seit dieser Mitteilung des Gouverneurs am Freitag, hat sich das Polizeiaufgebot um die ArbeiterInnen verstärkt. Es gehen Gerüchte herum, dass die Polizisten, die sich rund um den Platz und in den Zelten bewegen angreifen könnten. Die entschlossene Haltung der ArbeiterInnen entkräftet jedoch diese Gerüchte. Mit ihrer 42 Tage langen Widerstandserfahrung erklären die ArbeiterInnen "Was sie auch immer tun werden, wir werden nicht von hier weggehen, bevor wir unsere Rechte erlangt und gesiegt haben". Sie rufen auch die Tabakbauern auf, Teil des Widerstands zu werden, weil diese unmittelbar von einer Schließung und Privatisierung der TEKEL-Fabrik betroffen sind.

26. Januar - 43. Tag
Es gibt keinen Beschluss zum Generalstreik! Die Tekel-ArbeiterInnen, die in Ankara ihren Widerstand gegen Privatisierung, Entlassungen und den 4-C Gesetzesparagraphen fortsetzen, haben einen anstrengenden Tag hinter sich. Die Frist, die der Regierung zur Lösung des Problems nach Aussetzung des Hungerstreiks von 6 ArbeiterInnen- und BeamtInnengewerkschaften gesetzt wurde, endete heute.
Gegen Abend kommt eine Erklärung von der Regierungsfront. Darin heißt es: "Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan wrid am Donnerstag, den 28. Januar, um 18.00 Uhr mit der Türk-Is zusammenkommen, um über die Situation der ArbeiterInnen zu sprechen".
In den Abendstrunden kommt die Türk-KamuSen zu Besuch. Auch ArbeiterInnen aus Krankenhäusern, SDP, TKP und Genc-Sen besuchen die ArbeiterInnen. Führende Mitglieder der Gewerkschaft Sosyal-Is bringen beim Besuch Tee und Zucker. Die allgemeine Auffassung der ArbeiterInnen ist, dass sie von den Gewerkschaften, besser gesagt von den, der Türk-Is zugehörigen Gewerkschaften im Stich gelassen werden. Sie handeln entschlossen. Sie drängen die Gewerschaften, die gleiche Entschlossenheit zu demonstrieren. Sie halten es nicht für sehr wahrscheinlich, dass die 6 Gewerkschaftskonföderationen heute einen Streikbeschluss treffen werden. Um 17.00 Uhr kommen die Gewerkschaften zusammen.
Die Erklärung, dass sich die Hak-Is aus den Gesprächen zurückgezogen hat, wird von den ArbeiterInnen mit Protest empfangen und ausgebuht. Einige ArbeiterInnen wiederum reagieren auf den Rückzug mit den Worten: "Es ist gut, dass sie sich verabschiedet haben, wenigstens wissen wir, wer mit uns bis zum Schluss weitermacht. Es ist besser so". Als Parolen gegen den Vorsitzenden der Türk-Is, Mustafa Kumlu, laut werden, fordert der Vorsitzende der Tek-Gida Is Mustafa Türkel, die ArbeiterInnen auf tadelnde Weise auf, bis zur Verlesung der Erklärung in den Zelten zu warten. Die ArbeiterInnen ziehen sich ohne größeren Widerstand in ihre Zelte zurück.
Als sich die Stunde der Versammlung der Konföderationsvorsitzenden nähert, versammeln sich die ArbeiterInnen vor der Türk-Is Zentrale. Die ArbeiterInnen, denen Aufregung und Wut zugleich anzusehen sind, empfangen die Gewerkschaftsvorsitzenden mit Parolen. Sie rufen: "Gewerkschaft schlafe nicht, tritt für deine ArbeiterInnen ein", "Türk-Is an die Arbeit, auf zum Generalstreik", "Schluss mit Worten, Zeit für Aktionen", "Kumlu, Pass auf, Spiel nicht mit unserer Geduld", "Es wird hier Tote geben", "Eher sterben als Umkehren", "Gewerkschaften an die Arbeit, auf zum Generalstreik", "Resignation gibt es nicht, Es gibt Widerstand", "Generalstreik, Generalwiderstand", "Wir werden mit dem Widerstand siegen".
Um den Ausgang der, gegen 20.30 Uhr endenden Versammlung zu verkünden, treten die Vorsitzenden der Türk-Is (Konföderation der ArbeiterInnengewerkschaften der Türkei), HAK-İŞ (Konföderation der Gewerkschaften der Hak-ArbeiterInnen), DISK (Konföderation der Revolutionären ArbeiterInnengewerkschaften), MEMUR-SEN (Konföderation der BeamtInnengewerkschaften), KAMU-SEN (Konföderation der Gewerkschaften der ArbeiterInnen im Öffentlichen Dienst), KESK (Konföderation der Gewerkschaften der Werktätigen im Öffentlichen Dienst) vor die Presse.
In der Stellungnahme sagt Türk-Is Vorsitzender Mustafa Kumlu, dass alle 6 Konföderationen, das von der Regierung vorgeschlagene Gespräch am 28. Januar abwarten werden, dass, falls keine positiven Schritte unternommen werden sollten, am 3. Februar alle 6 Konföderationen Warnstreiks durchführen werden, bei denen die Produktionskraft zum Einsatz kommen wird.
Auf die Frage der Presse, ob es einen Generalstreik geben wird, antwortet Kumlu, dass kein Generalstreikbeschluss getroffen wurde, sondern ein Warnstreik stattfinden wird. Eine weitere Frage der Presse, 'ob die Aktion am 3. Februar stattfinden werde, wenn die Regierung bei dem Gespräch die Aufstellung einer Arbeitskommission vorschlägt' wird von Kumlu folgendermaßen beantwortet: "Nein, dann machen wir keine Aktion, sie wird abgesagt
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Ergänzungen