Pirna: Aller guten Dinge sind drei….

Beobachter 21.01.2010 18:10 Themen: Antifa Antirassismus
Am 5. Juli 2008 griffen fünf bekannte Neonazis einen Proberaum in Sebnitz (Sächsische Schweiz) an, in welchen sich sechs nicht rechte Jugendliche aufhielten. Gestern kam es zum dritten Mal zu einer Verhandlung und nach einem großen Theater auch zu Verurteilungen.
In der Nacht vom 5. zum 6. Juli 2008 bemerkten drei Jugendliche welche sich in einem Proberaum am Sängerhof in Sebnitz aufhielten, wie Flaschen und Steine gegen die Fenster geworfen wurden. Einer der drei Jugendlichen sah aus dem Fenster und bemerkte eine Gruppe von etwa fünf Neonazis, die sich unmittelbar vor dem Gebäude aufhielten. Sie skandierten Parolen, wie „Sieg Heil“ und „Scheiß Zecken“, zudem zeigten sie den „Hitlergruß“.
Ziel der „Deutschen“ Gruppe war es, anscheinend die Jugendlichen aus dem Proberaum zu einer Schlägerei zu animieren und sie so lange zu Provozieren, bis sie drauf eingehen würden.

Die drei Jugendlichen, die nach Aussagen der Polizei dem linken Spektrum zuzurechnen sind, gingen allerdings nicht auf die Provokationen. Da sie bemerkten dass die Situation durchaus bedrohlich ist riefen die Jugendlichen die Polizei, welche auch wenige Minuten nach der Alarmierung vor Ort war.

Noch während der Notruf bei der Polizei einging, attackierte einer der Neonazis die Eingangstür zum Proberaum mit einem Teleskopschlagstock, um in diesen einzudringen. Als sie die eintreffenden Beamten bemerkten, traten sie die Flucht an. Die Beamten suchten in unmittelbarer Nähe des „Tatortes“ nach den Angreifern und konnten einen mutmaßlichen Täter wenig später stellen, welcher einen Schlagstock mit sich führte. Dieser wurde von den Beamten sichergestellt. Die Beamten nahmen noch die Anzeigen der Betroffenen auf und dokumentierten die Schäden. Wenige Tage später übernahm die Kriminalpolizei die Ermittlungen in diesem Fall. (Quelle:1)

Am 22. Juli 2009 sollten sich nach erfolgreichen Ermittlungen nun NPD Kandidat Rico Rentzsch (22) und seine Adjutanten Thomas Brückner (23), Stefan Müller (22), Sandro Keul (21) und David Schade (17) vor dem Amtsgericht in Pirna wegen des Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§86 a StGB) und versuchter gefährlicher Körperverletzung (§224 StGB) verantworten. Rico Rentzsch wurde 1988 geboren kandidierte für am 7 Juni 2008 für die NPD im WK 10 der Sächsischen Schweiz – Osterzgebirge. (Quelle: 2)

An diesem Tag erschien allerdings der Mitangeklagte Stefan Müller nicht vor Gericht, weil dieser nicht ordnungsgemäß geladen wurde. Nach Aussage seiner „Kameraden“ wurde dieser aber durch dergleichen über den Verhandlungstermin unterrichtet. Scheinbar hielt er es nicht für Nötig zu erscheinen. So wurde die Verhandlung auf unbestimmte Zeit vertagt.

Am 7. Oktober 2009 sollte die Hauptverhandlung nun vor dem Amtsgericht Pirna fortgeführt werden. Vorsitzender Richter war an diesem Tag Herr Andreae, sowie Staatsanwalt Seifert.
Und obwohl alle Zeugen und Angeklagte ordnungsgemäß geladen wurden, hielt es diesen Tag der Angeklagte Rico Rentzsch nicht für nötig vor Gericht zu erscheinen. Nachdem einer der „Kameraden“ und Mitangeklagten Rentzsch anrief und gebeten hatte vor Gericht zu erscheinen, entgegnete dieser nur, dass er immer noch besoffen sei und nicht erscheinen könne. Vorsitzender Richter Andreae ließ nun die polizeiliche Vorführung anordnen. Da die Beamten den Angeklagten Rentzsch bei seiner Meldeadresse allerdings nicht auffinden konnten und die Verhandlung abermals vertagt werden müsse, erlässt Richter Andreae Haftbefehl, um nicht noch einmal eine Verhandlung in diesem Fall vertagen und alle Zeugen umsonst geladen haben zu müssen.

Nun war es gestern vor dem Amtsgericht in Pirna soweit. Alle Angeklagten und Zeugen sind erschienen somit sollte einer Verhandlung nichts im Wege stehen. Doch was sich diesen Tag im Verhandlungssaal abspielte war schier unglaublich.

Gegen 9 Uhr ging die Verhandlung los, und der Vorsitzende Richter Andreae machte die Angeklagten über ihre Rechte und Pflichten vertraut, diese saßen mit Eric and Sons und Thor Steinar Klamotten auf der Anklagebank, zudem hatten sie diverse Aufnäher wie Division 18 an ihren Jacken angebracht. Nur drei der fünf Angeklagten wollten sich du den Tathergang äußern. Als der Richter die Einträge aus dem Bundeszentralregister der Angeklagten verliest staunten so manche Zuschauer nicht schlecht. Zum Beispiel wurde der Angeklagte Rentzsch schon einmal wegen vorsätzlicher und einmal wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung verurteilt.

Der Angeklagte Brückner wurde ebenfalls im Jahr 2005 schon einmal wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung, im Jahr 2007 zweimal wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in Tateinheit mit Beleidigung und im Jahr 2008 wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung.

Die Angeklagten selbst schien das alles nicht zu stören, unter ständigen Gelächter und Handyklingeln unterbrachen sie den Richter bei seiner Ansprache aber anstatt Ordnungsgelder zu veranlassen nahm er das missbilligende Verhalten in Kauf und fuhr mit der Verhandlung fort.

Nun klagte der Staatsanwalt die fünf Neonazis wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung, Sachbeschädigung, Vergehen nach § 86a und unerlaubtem Waffenbesitz an.

Rentzsch, Brückner und Schade äußerten sich zum Tatvorwurf, alle 3 versuchten den Angriff zu verharmlosen. Ihrer Meinung nach sind sie die Geschädigten. Denn angeblich wurden sie von den Opfern als „Faschoschweine“ und Nazis beschimpft und zu einer Schlägerei aufgefordert worden. Die Angeklagten seien aber nicht darauf eingegangen und zu dem zu dieser Zeit stattfindenden Weinfest gegangen. Erst nachdem sie dort etwas getrunken haben, sind sie zurück zum Sängerhof gegangen um eine Schlägerei anzufangen. Allerdings geben die Angeklagten zu verstehen, dass sie keine Flaschen oder Steine geworfen hätten, sonder vielmehr sind die Flaschen aus dem Proberaum auf sie geflogen.
Nur der Angeklagte Brückner gab zu seinen Schlagring in Richtung der Opfer geworfen zu haben. Rufe wie „Heil Hitler“ hätte aber keiner der Angeklagten gehört.

In Anbetracht der Tatsache, dass es unzählige Angriffe zu dieser Zeit auf den Proberaum im Sängerhof gegeben hatte, ist es schwierig für die Zeugen gewesen sich an diesem Vorfall genau zu erinnern. Ein Zeuge hat Rentzsch auf jeden Fall erkannt und auch gesehen, dass dieser den "Hitlergruß" in seine Richtung gezeigt hatte. Nach dem der Richter Andreae den Zeugen ihre polizeiliche Aussage noch einmal vorlas, bekräftigen, sie diese auch nochmals.

Alle Angeklagten wurden nun gemäß der Anklage zu einem „Tetriskurs“ (Antiagressionstraining) verurteil. Müller und Keul wurden zu Geldauflagen an das Diakonische Werk Pirna verurteilt, die anderen zu gemeinnützigen Arbeitsstunden.

Diese Verurteilungen ist ein Schlag ins Gesicht der Opfer und bekräftigt die eindeutig vorbestraften Angeklagten in ihren Taten.



Quellen:

Da der Fall schon zu lange zurück liegt gibt es online leider kaum noch Quellen, auf Nachfrage kann ich allerdings Presseartikel von der SZ (Sächsische Zeitung) und Pressemitteilungen der PD Oberes Elbtal – Osterzgebirge dazu weiterleiten. Einfach eine E-Mail mit Betreff an die unten genannte E-Mailadresse schicken.

Online Quellen:

Quelle 1:  http://www.raa-sachsen.de/index.php?view=article&id=286%3Asebnitz&Itemid=3&option=com_content

Quelle 2:  http://lausitz.antifa.net/berichte/npd_kommunalwahlkandidaten_2008_akt.pdf
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