IOC: "Zwitter brauchen OPs und Hormone"

Zwischengeschlecht.org 21.01.2010 16:05 Themen: Gender Weltweit

Mittlerweile sind 2 englische Berichte online über das berüchtigte IOC-Medizyner-Symposium in Miami, bei dem auch der Athletikweltverband IAAF und der Fussballweltverband FIFA teilnahmen.


Beide scheinen Befürchtungen zu bestätigen, dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) ginge es vor allem darum, zwischengeschlechtlichen Athletinnen (a.k.a. "Intersexuelle" / Hermaphroditen) GenitalOPs und Hormonbehandlungen aufzuzwingen, weil sie sonst prinzipiell disqualifiziert würden – egal, ob sie durch ihre Besonderheit gegenüber "normalen" Frauen Wettbewerbsvorteile haben oder nicht.

Ein Zitat von IOC-Chefmedizyner Arne Ljungqvist aus der AP-Meldung spricht diesbezüglich Bände:

Unter den zentralen Schlussfolgerungen befindet sich ein Vorschlag, Gesundheitszentren einzurichten, worin Experten Atheletinnen mit "Störungen der Geschlechtsentwicklung" diagnostizieren und behandeln würden. In den meisten Fällen, sagte Ljungqvist, würden diese Behandlung benötigen wie Operationen und Hormontherapie.

"Wir können nicht erwarten, dass Sportverbände in jedem Land über die dazu nötige Expertise verfügen", sagte Ljungqvist am Telefon. "Dies ist nicht möglich. Deshalb empfehlen wir Zentren an strategischen Orten, wohin Fälle wenn nötig überwiesen werden können. Die Experten müssen dann entscheiden, was mit jedem einzelnen Fall getan werden muss. [...]"

Weiter plant das IOC laut AP offenbar allgemeine "Geschlechtstests" für weibliche Athletinnen quasi durch die Hintertüre wieder einführen:

Die Delegierten erwähnten weiter den möglichen Nutzen von "Vor-Teilnahme Gesundheitsuntersuchungen" für aufstrebende Athletinnen. Ljungqvist sagte, einige Länder, darunter Italien, verlangten von Athletinnen, sich medizinischen Checks zu unterziehen, bevor sie zu Wettbewerben zugelassen werden.

Wir betonten, dass diese Voruntersuchungen ein sehr wichtiges und nützliches Instrument sein könnten, um Athletinnen mit diesen Störungen zu identifizieren", sagte er.

Das IOC wolle sich nun laut AP mit seinen Rechtsanwälten beraten sowie mit der IOC-Athletenkommission, um dann in einem nächsten Schritt verbindliche Richtlinien zu formulieren.

In einem Artikel u.a. in der New York Times kommen einige weitere "ExpertInnen" zu Wort. Auch hier ist der Tenor ziemlich niederschmetternd. Bezeichend, dass von den Medizynern scheinheilig betont wird, zwischengeschlechtliche Menschen seien per se behandlungsbedürftig – obwohl dies nur in Ausnahmefällen zutrifft:

Teilnemende des Panels sagten, ihre Sorge betreffe die Verantwortlichkeit der Sportverbände für Athletinnen mit medizinischen Störungen. Die Gesundheit von Athletinnen könne gefährdet sein, wenn ihre Störungen nicht diagnostiziert und behandelt würden, sagten sie.

Am vielsagendsten sind die Zitate von Genetikerin und Pädiaterin Maria I. New von der "Mount Sinai School of Medicine" in New York, Co-Direktorin der "2nd World Conference Hormonal and Genetic Basis of sexual Differentiation Disorders and Hot topics in endocrinology", an welche sich das IOC-Symposium angehängt hatte:

"Diejenigen, welche in die Behandlung einwilligen, werden eine Starterlaubnis erhalten", sagte Dr. Maria New, eine Panelteilnehmerin. "Diejenigen, die eine Behandlung auf einer Fall-zu-Fall-Basis verweigern, werden keine Starterlaubnis erhalten."

Die Medizinerin Maria New wird weiter zitiert, am Symposium seien entgegen der offiziellen Verlautbarung von IOC-Chefmedizyner Ljungqvist bereits konkretere Pläne gewälzt worden:

Sportverbände würden Fotografien von Athletinnen zu Experinnen wie sie selbst übermitteln. Wenn der Experte denke, die Athletin hätte möglicherweise eine Störung der sexuellen Entwicklung, würde der Experte weitere Tests anordnen und eine Behandlung vorschlagen.

"Dies ist eine grundlegende Veränderung im Vergleich zu was wir heute tun", sagte New.

Dass es sich bei diesen "Fotografien" wohl kaum um Portraitaufnahmen und dergleichen handelt, sondern vielmehr vor allem um erniedrigende Genitalaufnahmen, wie sie von Medizynern seit jeher gerne im Überfluss von zwischengeschlechtlichen Menschen hergestellt werden ohne Rücksicht auf ethische oder menschenrechtliche Bedenken, und über welche sich auch Caster Semenya im Anschluss an ihre "Geschlechtstests" bitter beklagte, liegt auf der Hand.

Ebenso, dass die Medizyner wie gehabt vor allem ihr eigenes (finanzielles) Wohlergehen im Auge haben werden, was die "vorgeschlagenen Therapien" betrifft, die von zwischengeschlechtlichen Menschen schon lange als "medizinische Folter" und "Zwangstranssexualisierung" beschrieben werden.

Das Einzige, was diese kommende Katastrophe für zwischengeschlechtliche Athletinnen, die wohlbemerkt gegenüber "normalen" Frauen vielfach keinerlei illegitime Wettbewerbsvorteile haben, noch aufhalten bzw. wieder rückgängig machen könnte, wären wohl einerseits saftige Strafklagen gegen die unmenschlichen Sportverbände, sowie massive öffentliche Entrüstung, wie sie früher schon die allgemein obligatorischen "Geschlechtstests" für weibliche Athletinnen zu Fall brachten. Beide Möglichkeiten scheinen jedoch aktuell leider nicht besonders realistsch ...

Die beiden Meldungen:
>>> IOC recommends gender-test centers (AP-Meldung)
>>> IOC Panel Calls for Treatment in Sex Ambiguity Cases (New York Times u.a.m.)

Quelle: http://blog.zwischengeschlecht.info/post/2010/01/21/IOC-Chefmedizyner-Arne-Ljungqvist%3A-%22Zwitter-brauchen-OPs-und-Hormonbehandlungen%22

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Ergänzungen

das problem ist ein anderes

anonymous coward 24.01.2010 - 02:40
Im Sport wird in zwei biologische Geschlechter unterteilt, das macht mensch um "Frauensport" als solchen neben "Männersport" zu haben. Durchschnittlich sind nämlich phänotypisch weibliche Menschen sportlich den phänotypisch männlichen unterlegen, zumindest im Hochleistungssport¹. Deswegen wird diese Kategorisierung auch von vielen Feministinnen unterstützt, weil sie Frauen einen eigenen Bereich in den Medien/ der Leistungsgesellschaft einräumt².

Die jetzige Diskussion über Intersexuelle ist also nicht wirklich neu und auch kein wirklicher Skandal, sie ist lediglich das Resultat der nicht-konsequent durchführbaren Kategorisierungin Geschlechter. Statt also eine empörte Moraldiskussion zu führen, sollte mensch sich fragenwas die Alternative ist.

Wollen wir einen Sport, der garnicht in Geschlechter unterteilt, auch wenn das heißt, dass fast keine phänotypisch weiblichen SportlerInnen mehr teilnehmen? Oder sollte mensch nicht vielleicht komplett gegen Leistungssport sein, weil dieser im Endeffekt immer auf Doping, Zwang, Körperschädlichem Training etc beruht?


¹ d.h. nicht dass das auf andere Lebensbereiche oder Mittelwerte übertragbar ist.
² ob das eine richtige Form des Feminismus ist sei dehingestellt.