Prozessbeginn gegen Neonazis in Berlin

AutorIn des Beitrags 08.01.2010 16:02 Themen: Antifa
Berlin: Erster Verhandlungstag im Prozess um den Friedrichshainer „Bordsteinkick“ im Juli 2009. Gehört wurden erst einmal nur die vier Angeklagten, die ihre Versionen von der Auseinandersetzung am S-Bahnhof Frankfurter Allee verbreiten konnten. Demzufolge wären sie lediglich Opfer und handelten in Notwehr – und traten den Studenten Jonas fast tot.
Gestern fand am Berliner Amtsgericht Tiergarten der erste Verhandlungstag im Verfahren gegen die vier Neonazis Oliver Kaplan (15.06.1983) aus Heidesee, Marcel Ingo Bittner (11.01.1989) aus Ragow, Michael Lekzycki (11.12.1986) aus Storkow und Michael Gast (06.05.1985) aus Königs Wusterhausen (alle Orte befinden sich in Brandenburg) statt, in dem den Angeklagten unter anderem versuchter Mord vorgeworfen wird.
Die Vier, die bis heute in Untersuchungshaft sitzen, sollen am Morgen des 12. Juli 2009 nachdem sie aus der Diskothek „Jeton“ kamen und vor dieser mehrfach den Hitlergruß zeigten (und sich dabei sogar fotografierten) auf dem Weg zum S-Bahnhof Frankfurter Allee an eine Gruppe Antifas geraten sein und nach verbalen Auseinandersetzungen sich mit diesen geprügelt haben.
Nach der Schlägerei, bei der die Nazis selbst verletzt wurden und die Gruppen auseinander gegangen waren, rächten sich die Angeklagten an dem Studenten Jonas, weil dieser eine „Zecke“ sei. Sie prügelten ihn in die Bewusstlosigkeit und zogen ihn dann zum Fahrradweg, wo sie ihn mit Stampfkicken auf den Kopf umbringen wollten. Den Gewaltexzess beendete erst die mittlerweile alarmierte Polizei.

Die angeklagten Nazis zeigten sich gestern teilweise geständig, gaben aber auch nur das zu, was sowieso nicht mehr zu leugnen war. Individuelle Tatbeteiligungen wurden relativiert und kleingeredet. Was der jeweils andere getan haben will, wollen sie nicht mitbekommen haben. Der Haupttäter Oliver Kaplan, der sich lediglich über ein vom Anwalt verlesenes Statement äußerte, betonte z.B. dass sie zuerst angegriffen worden sein wollen und sich lediglich gewehrt hätten. Er sei dann „in Rage irgendwie ausgerastet.“ Ihm zufolge sei der später betroffene Jonas sogar in der Gruppe von „Angreifern“ gewesen, was aber weder seine Komplizen noch unbeteiligte Zeugen bestätigen konnten.

Auch die politische Motivation wurde geleugnet, manch einer wollte gar nicht gewusst haben, das es Linke waren, mit denen sich geprügelt wurde und „Thor Steinar“ würde auch bloß getragen, weil die Marke im Werksverkauf günstiger zu kriegen sei. Auf Nachfragen des Richters zu den Fotos vom Abend im Jeton, auf dem die Angeklagten fast ständig den Hitlergruß zeigten: „Warum stehen sie da auf den Fotos immer mit erhobener Hand? Wollen sie dazu noch was sagen, was das sollte?“ wurde nur bedröppelt auf den Boden geguckt und geschwiegen.

Begleitet wurde der Prozess von einem enormen Presse- und Zuschauerandrang. Auch drei Berliner Kameradschaftsnazis (Sebastian Zehlecke, Christian Benz und Roland Scholz) versuchten den Prozess zu beobachten und Adressen von Opfern rechter Gewalt zu erfassen um diese später namentlich zu bedrohen oder gar angreifen zu können, scheiterten jedoch schon am Eingang des Saales.

Frühere Infos und Fotos der Täter vom Tatabend:
 http://de.indymedia.org/2009/07/256283.shtml

Weitere Informationen zu Neonazis in Berlin und Brandenburg:
 https://berlin.antifa.net/start/fightback-nr4/
Presseresonanz:
 http://www.neues-deutschland.de/artikel/162602.es-war-wie-im-blutrausch.html
 http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/151461/151462.php
 http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=in&dig=2010%2F01%2F08%2Fa0072&cHash=497a84a092
 http://www.jungewelt.de/2010/01-08/043.php
 http://www.tagesspiegel.de/berlin/Polizei-Justiz-Neonazis-Prozess-Mordversuch;art126,2995428

Aktueller Artikel der Antifa Teltow-Fläming zum Ort Ragow
 http://aatf.antifa.net//index.php?option=com_content&task=view&id=240&Itemid=1
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

termine

infomensch 08.01.2010 - 18:12
Weitere Prozeßtage am 12., 14., 19., 21., 26., 28..01

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 7 Kommentare an

prozesstermine — saftmanni

uhrzeit — peter

Termine — Barbara Salesch

@Termine — unwichtig

Nazi-Zeitung — Feinsilber