Dresden: Freispruch für Hooligans

addn.me 08.01.2010 02:13 Themen: Antirassismus
Die sächsische Landeshauptstadt kommt einfach nicht aus den Negativ-Schlagzeilen heraus. Nur wenige Monate nach dem rassistischen Mord am Dresdner Landgericht wurden zwei Hooligans des ortsansässigen Fuballvereins Dynamo freigesprochen. Ihnen wurde vorgeworfen, an Übergriffen auf zwei sudanesische Studenten vor mehr als zwei Jahren beteiligt gewesen zu sein.
Vor mehr als zwei Jahren kam es vor der Eingangstür der inzwischen geschlossenen Großraumdiskothek "Dance Factory" auf der Bautzner Straße zum Übergriff von einigen rechten Hooligans auf zwei 21jährige sudanesische Studenten, die zuvor von den Türstehern der Diskothek rausgeworfen worden waren. Dabei wurden die beiden Studenten und ein 20jähriger, der den Angegriffenen helfen wollte, verletzt. "Ob wir es mit einem rechtsextremistischen Hintergrund zu tun haben, wird sich zeigen." äußerte sich Polizeisprecher Thomas Herbst damals bereits einen Tag nach den Übergriffen.

Etwa 80-100 Sympathisanten und Mitglieder der Dresdner Hooliganszene hatten sich zuvor in Acki's Sportsbar auf einer Weihnachtsfeier betrunken. Später waren dann knapp 30 von ihnen unter den Augen eingesetzter Zivilbeamter mit der Straßenbahn zum eigentlichen Ort des Geschehens gefahren. Wenige Monate später war Acki's Sportsbar zum wiederholten Mal Ausgangspunkt für die rassistischen Übergriffe im Anschluss an das EM-Halbfinale zwischen Deutschland und der Türkei gewesen. Die Tat hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt. Im Zuge der Ermittlungen gegen die Täter waren im vergangenen Dezember mehr als 50 Wohnungen, Geschäftsräume und Autos von Mitgliedern der Dresdner Hooligangruppierung Elbflorenz von der Polizei durchsucht worden. Insgesamt 12 Personen wurden vorläufig festgenommen, von denen vier mittlerweile wieder auf freiem Fuß sind.

Das Verfahren gegen zwei Beschuldigte endete in dieser Woche nach mehr als zwei Jahren Verfahrensdauer wie in Dresden mittlerweile üblich mit Freisprüchen. Damit steht nach mehr als zwei Jahren Ungewissheit für die Betroffenen fest, dass sich auch in Zukunft keiner der rassistischen Schläger von damals für die Übergriffe vor Gericht verantworten wird. Der Anwalt eines der beiden Angeklagten und ehemalige Präsident von Dynamo Dresden, Endrik Wilhelm, nannte das Verhalten der Polizei am Tatabend einen Skandal. Die Gruppe war nach Angaben Wilhelms bereits den ganzen Abend über von der Polizei observiert worden. Auch die zuständige Richterin sprach von skandalösen Umständen. Zwei Polizisten sollen nach Aussagen der beiden Geschädigten die Scheibe ihres Streifenwagens hochgekurbelt haben und losgefahren sein, als sie um Hilfe gebeten hatten.

Der Staatsanwalt kündigte nach den beiden übereinstimmenden Aussagen mehr als zwei Jahre nach der Tat Ermittlungen gegen die zum Tatzeitpunkt eingesetzten Beamten an. Bleibt nur die Frage zu klären, wieso die Dresdner Staatsanwaltschaft mehr als zwei Jahre braucht, um die Ermittlungen gegen die beiden Polizisten wegen unterlassener Hilfeleistung anzustoßen. Ob fehlender öffentlicher Druck oder mangelnde Bereitschaft auch mal das Fehlverhalten der Polizei zur Anzeige zu bringen, wir wissen es nicht. Aber irgendwie passt es auch; wie so oft in der letzten Zeit.
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Ergänzungen

Reaktion der Familie

Surfer 08.01.2010 - 10:42
Familie El-Sherbini legt Beschwerde ein

Dresden – Die Familie der im Landgericht Dresden ermordeten Ägypterin Marwa El-Sherbini hat auf die Einstellung der Ermittlungen gegen einen Polizisten und zwei Richter mit einer Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft reagiert. „Ich habe in ihrem Auftrag drei Faxe abgeschickt“, sagte der Berliner Rechtsanwalt Andreas Schulz am Dienstag der dpa. Begründen könne er die Anträge aber erst später. Es gehe darum, die Entscheidungen inhaltlich prüfen zu lassen. Die Dresdner Staatsanwaltschaft hatte im Zusammenhang mit der Bluttat auch gegen einen Bundespolizisten ermittelt, der den Mann des Opfers versehentlich anschoss. Weitere Verfahren richteten sich gegen den Gerichtspräsidenten und einen Richter.

Bei der Berufungsverhandlung am 1. Juli im Landgericht hatte der angeklagte Russlanddeutsche Alex W. die schwangere Marwa El-Sherbini vor den Augen ihres kleinen Sohnes erstochen und ihren Mann mit dem Messer lebensgefährlich verletzt. Der zu Hilfe eilende Bundespolizist hatte dem Ägypter irrtümlich in den Oberschenkel geschossen. Die 31- Jährige und der Täter waren im Gericht zusammengetroffen, nachdem der arbeitslose Spätaussiedler die Kopftuch tragende Frau auf einem Spielplatz als „Islamistin“ und „Terroristin“ beschimpft und die Ägypterin Strafanzeige gestellt hatte. Der inzwischen 29-Jährige war am 11. November wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden – mit besonderer Schwere der Schuld.

Strafanzeige wegen unterlassener Hilfeleistung und fahrlässiger Tötung

Der Witwer hatte nach der Tat Strafanzeige wegen unterlassener Hilfeleistung und fahrlässiger Tötung gegen den Gerichtspräsidenten und den damaligen Vorsitzenden Richter gestellt. Im Prozess hatten die Anwälte der Familie der Getöteten ihnen vorgeworfen, wegen mangelnder Sicherheitsvorkehrungen in dem Gebäude mitschuldig am Tod der jungen Mutter zu sein. Die Familie ist seit einigen Wochen mit dem Freistaat im Gespräch über eine Entschädigung. „Konkrete Ergebnisse gibt es noch nicht“, sagte ein Sprecher des Justizministeriums in Dresden auf Anfrage.

Gegen den Bundespolizisten waren die Ermittlungen von Amts wegen eingeleitet worden. Aus Sicht der Ermittler kann ihm aber weder eine vorsätzliche noch eine fahrlässige Körperverletzung angelastet werden. Die Situation in dem Gerichtssaal, in dem der Ägypter mit dem Russlanddeutschen gerungen habe, sei für den Beamten „sehr schwer zu überschauen“ gewesen, hieß es. (dpa)

Quelle: Sächsische Zeitung (05.01.09)

"Hooligan"

Antifa-Hool 08.01.2010 - 13:32
Alle Dresdner Hools in einen Topf zu schmeißen und die dann kollektiv in die rechte Ecke zu stellen, finde ich mehr als bedenklich. Natürlich gibt es gerade unter den Dynamo-Fans viele Nazis, trotzdem gibt es auch linke und unpolitische Hooligans (auch in Dresden).

Generell ist es höchst problematisch, Hooligans per se rechts einzusortieren, wie das viele Linke immer wieder machen. Der Spaß an der Gewalt (so pervers es einigen auch erscheinen mag) ist bei gegenseitigem Einverständis von Dritten aus emanzipatorischer Sicht nicht zu kritisieren. Wenn Menschen Spaß daran haben, die Bullen anzugreifen oder sich mit anderen Fussballfans zu prügeln, ist dagegen genauso wenig einzuwenden, wie wenn Andere in ihrer Freizeit lieber Feiern oder Angeln gehen.

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