Unibesetzungen gehen nach den Ferien weiter
Selbst über Weihnachten und den Jahreswechsel blieben in der BRD so manche Uniräume besetzt. Ein Interview mit Edith Krämer
Edith Krämer (23) studiert Literaturwissenschaften an der Freien Universität (FU) Berlin und nimmt an der Besetzung des Hörsaals A1 teil
Bis zum Beginn der Weihnachtsfe rien hatten wir jeden Abend ein BesetzerInnenplenum im Hörsaal. In den letzten Wochen konnten wir fünf studentische Vollversammlungen mit je bis zu 600 TeilnehmerInnen organisieren. Da nach den Ferien auch schon wieder einige Veranstaltungen geplant sind, sind wir sehr zuversichtlich, daß wir im Januar weitermachen können.
- Man sagt, dass studentische Proteste in denWinterferien sterben. Wie habt ihr Weihnachten im Hörsaal verbracht?
Das war ein besonderes Erlebnis: Mit 15 BesetzerInnen haben wir hier – teilweise mit Familienbesuch! – Weihnachten gefeiert und somit klargemacht, daß diese Bewegung nicht einfach verschwindet. Natürlich haben viele BesetzerInnen die Ferien genutzt, um sich zu Hause auszuruhen.
- Habt ihr durch die Proteste schon Forderungen durchsetzen können?
Natürlich haben wir schon etwas erreicht. Auf dieser Uni wurde im Akademischen Senat z.B. die Aussetzung der Anwesenheitspflicht beschlossen. Nicht mit der Bestimmtheit, wie wir das gerne gehabt hätten, aber doch ist ein Anfang getan. Denn das war eine wichtige Forderung für uns.
Wir haben auch angestoßen, daß zweimal wöchentlich ein runder Tisch mit ProfessorInnen, wissenschaftlichen und sonstigen MitarbeiterInnen sowie Studierenden tagt, an dem jedeR teilnehmen kann.
Gerade im Hinblick auf die bundesweite Bildungspolitik ist noch viel zu tun. Viel schlimmer als uns ergeht es dabei den SchülerInnen. Sie haben ebenfalls Forderungen aufgestellt und einige Schulen besetzt. Von den Medien erhielten sie – wenn überhaupt – ein müdes Lächeln und von den KultusministerInnen hohle Phrasen. So wie ich es verstanden habe, geht es ihnen um längeres gemeinsames Lernen und die Abschaffung des mehrgliedrigen, selektiven Schulsystems.
- Die FU ist neben der Humboldt Uni und der Uni Potsdam eine von bundesweit vier Universitäten, die noch besetzt sind. Beim Höhepunkt der Bewegung vor einem Monat waren es 72. Glaubst du, daß diese Bewegung ihrem Ende zugeht?
Auf keinen Fall. Viele der AktivistInnen, die vor Weihnachten ihre Besetzungen freiwillig abgebrochen haben, werden im neuen Jahr zurückzukommen. Uns stehen bestimmt noch weitere Höhepunkte bevor, denn unsere Forderungen sind noch lange nicht erfüllt. Wir dürfen nicht vergessen, daß wir die erste Sozialprotestbewegung unter der neuen Regierung sind– nächstes Jahr wird sich auf anderen Feldern als der Bildungspolitik Protest formieren.
- Die meisten Besetzungen waren ausschließlich auf Studienbedingungen fixiert. Gab es an der FU auch weitergehende Ansätze?
Einige von uns haben auf jeden Fall eine Perspektive, die weit über eine Verbesserung der Lehr- und Lernformen hinausgeht. Als das Reinigungspersonal bei uns für höhere Tarifabschlüsse streikte, standen einige Studierende Seite an Seite mit den Putzkräften. Viele von denen wiederum haben uns unterstützt. Und als die Beschäftigten beim Studentenwerk einen Warnstreik machten, verlegten wir unsere geplante Vollversammlung zur Mittagszeit spontan in die besetzte Mensa.
- Studentische BesetzerInnen aus München, Frankfurt und Regensburg werfen ihren Unileitungen "unmenschliche Behandlung" vor, weil sie von Lebensmittel- und Medikamentenzufuhr abgeschnitten wurden. In Regensburg wurde ihnen sogar Wasser, Heizung und Strom abgestellt. Wie geht die Leitung der FU mit euch um?
Wir haben uns öffentlich von den Unileitungen und der Polizei bei den gewaltsamen Räumungen der genannten Universitäten distanziert. An der FU werden wir bisher noch geduldet. Uns sind allerdings schon Sachen passiert, die an Regensburg oder München erinnern: Zum Beispiel ist seit knapp zwei Wochen unsere einzige Duschmöglichkeit abgesperrt. Auch gaben einige der Besetzer_innen am 23. Dezember ihre Personalien bei der Unileitung an, um eine Räumung zu verhindern. Was mit diesen Daten geschieht, ist bis jetzt noch unklar.
Die Gesprächsbereitschaft des Präsidiums ist bisher eher dürftig – sicher auch, da sich alle wichtigen Professoren nach dem Abgang von Dieter Lenzen als Unipräsident um dessen Nachfolge bemühen. Das Einzige, was wir haben, ist die Zusage des FU-Kanzlers, daß wir bis zum 4.Januar bleiben können. Was danach passiert, werden wir in den nächsten Tagen demokratisch entscheiden.
Interview: Waldeck Flakin, von der unabhängigen Jugendorganisation REVOLUTION
Eine kürzere Version des Interviews erschien in der jungen Welt am 4. Januar 2010
Achtung! Unverschämte Eigenwerbung! Wählt REVOLUTIONÄRE LISTE (Liste 43) bei den Wahlen zum Studierendenparlament an der FU vom 12.-14. Januar 2010!
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)
Ergänzungen
BILDUNGSSTREIK
Am Montag, den 28. Dezember 2009, wurde um 6.15 Uhr das Audimax der LMU München durch ca. 60 Polizist_innen geräumt. Am Nachmittag wurde vor der Uni die Pressemitteilung der Besetzer_innen zur Räumung und den Aussagen von Präsident Huber verlesen. Am „open mic“ sprachen Besetzer_innen, Belager_innen und Sympathisierende der Aktion. Ein Gespräch mit einem Besetzer und aktuellem Sprecher der AG Presse sowie die Pressemitteilung:
http://www.freie-radios.net/mp3/20091230-audimaxder-31385.mp3
München: Polizei lässt besetztes Audimax räumen
http://asf.kostenloses-forum.be/asf-beitrag7.html
"Wir wollen im Januar weitermachen"
http://asf.kostenloses-forum.be/asf-beitrag107.html
News des Tages
http://antifanews.blog.de/2010/01/04/news-tages-7690831/
_________________
BITTE UNTERSTÜTZT UNS!
DRESDEN 13. FEBRUAR 2010 http://www.myspace.com/506604455
IST FÜR DEN BESUCHER AWARD KATEGORIE ALLGEMEIN NOMMINIERT
BITTE UNTERSTÜTZT UNS MIT EUREN VOTING!! ( ALLE 3 STUNDEN MÖGLICH )
http://www.besucher-award.de/
Frankfurt
http://unigehoertallen.tk
Im Audimax der HU
http://www.taz.de/1/zukunft/wissen/artikel/1/streiket-frohlocket/
Am 06.01.2010 ist die nächste Vollversammlung in der HU, 16 Uhr
http://www.unserehu.de/
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
Ja, tatsächlich ... — Schmidtchen Schleicher
tolle wurscht — weihnachten
unzureichende Forderungen und Ergebnisse — sonjanita