[Bln ] 19.12. Demo gegen FAU-Verbot

North East Antifascists (NEA) 22.12.2009 16:36 Themen: Soziale Kämpfe
Der Freien Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union Berlin (FAU) wurde am 11.12.2009 per einstweiliger Verfügung vom Landgericht Berlin verboten, sich als Gewerkschaft oder Basisgewerkschaft zu bezeichnen. Dies ist der Höhepunkt einer Reihe von Versuchen der Neuen Babylon Berlin GmbH juristisch gegen die stärkste und aktivste Arbeitnehmervereinigung im Betrieb vorzugehen. Aus diesem Anlass demonstrierten in Berlin am 19. Dezember 2009 rund 300 Menschen in Prenzlauer Berg und Mitte gegen das Verbot.
Ausgangspunkt des Konfliktes

Das „Kino Babylon“ am Rosa Luxemburg Platz in Berlin genießt nicht nur in Berlin, sondern auch darüber hinaus einen Ruf als Kino mit anspruchsvollem Programm und hat ein verhältnismäßig gutes Standing in der linken Szene Berlins. Für größere Filmvorführungen im Rahmen linker und antifaschistischer Kampagnen wurde das Kino in der Vergangenheit öfter vom VVN-BdA, der Partei „Die Linke“ oder in Kooperation mit der Antifaschistischen Linken Berlin Filmvorführungen statt.Trotz ihrer linken Klientel, auf das Babylon auch bewusst setzt, nehmen es die Betreiber_innen des Kinos es mit der „sozialen Gerechtigkeit“ nicht besonders erst. Das Kino ist zwar halbkommunal und wird mit mehreren hunderttausend Euro vom Senat jährlich unterstützt, den Beschäftigten werden jedoch lediglich magere Löhne und miserable Arbeitsbedingungen geboten. Trotz der hohen Bezuschussung seitens des Senates verdienen die Angestellten im Babylon so viel wie in kleinen Kinos, die wesentlich mehr um ihre Existenz zu kämpfen haben. Beschäftigte am Einlass verdienen 5,50 Euro, für die Arbeit an der Kasse gibt es 6 Euro und für die Vorführer_innen 8 Euro brutto. Auch an Feiertagen oder in arbeitsintensiveren Aufführungszeiten, wie z.B. bei der Berlinale werden Vorführer_innen keine höheren Löhne als Aufwandsentschädigung gezahlt. Im „Babylon“ gibt es weder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, noch Urlaub! Außerdem stellt das Babylon lediglich befristete Arbeitsverträge aus oder kündigt ihren Mitarbeiter_innen, die sich in der Probezeit befinden unmittelbar vor dem Ablauf der Selben. Nachfragen bezüglich der Missstände im Kino begegnete Kinochef Timothy Grossman stets mit Ignoranz oder Kündigung. Allgemein kann festgehalten werden, dass die Gestalt Grossman sich aufführt wie eine Art Feudalherr, der unter allen Bedingungen seinen Stand zu verteidigen versucht.
Um nicht länger dem Grossmännischen Lokalfürsten ausgeliefert zu sein, bildeten Teile der Belegschaft einen Betriebsrat und strengten einen Kampf gegen die prekären Bedingungen im „Kino Babylon“ an. Angesichts ausbleibender Verbesserungen schlossen sich Teile des Betriebsrates der anarchosyndikalistischen Gewerkschaft Freie Arbeiterinnen und Arbeiter Union (FAU) an.

Arbeitskampf

Die Kämpfe gegen die miesen Bedingungen im Babylon wurden bis jetzt von einer Mehrheit der Beschäftigten unterstützt und getragen. Ende Mai wurde ein Haustarifvertrag entworfen, an dessen Erstellung rund 90% aller Mitarbeiter_innen beteiligt waren. Diesen legten FAU und die Betriebsgruppe am 6. Juni 2009 vor, welcher rund anderthalb Wochen später von der Geschäftsleitung abgelehnt wurde. Betriebsrat und FAU erklärten der Geschäftsführung den Arbeitskampf. Von da an standen – über die nächsten Monate! – nahezu täglich FAU-Mitglieder und Beschäftigte vor dem Betrieb und informierten über die Zustände und den Tarifvertrag. Außerdem fanden viele weitere Aktionen statt. Der eröffnete Arbeitskampf wurde von der Geschäftsführung versucht zu torpedieren. So wurde in einem Schreiben an die Belegschaft vor der FAU gewarnt, da diese vom Verfassungsschutz überwacht wird. Eine Tatsache die allerdings auch die DKP, a href="http://www.antifa.de/cms/content/view/425/32/">ALB oder Cuba Si zu trifft, die eben schon mit dem Kino kooperiert haben. Allein das die Kinobetreiber_innen die Observation der FAU durch den Verfassungsschutz überhaupt als Argument gegen die Basisgewerkschaft anführen spricht ihnen jeglichen progressiven Anspruch ab. Was kann an der Observation einer Gruppe durch den Staat schon als Argument herhalten? Eigentlich nichts! Es sei denn die Leitung des Kinos ist Vertreter_in des Extremismus-Modells, wie es die BRD gern hochhält. Weiterhin veruschte Grossmann den kampf der FAU zu unterwandern, in dem er der TAZ gegenüber die Lüge verbreitete, dass die FAU ihre Flyerverteiler_innen vor dem Babylon bezahle.

Verbot der FAU Berlin

Die Geschäftsführung des Babylon erklärte Mitte/Ende Januar, dass sie die FAU nicht als Verhandlungspartner anerkenne. Am 28. Oktober trat ver.di mit dem Babylon in Tarifverhandlungen. Eine Entscheidung übrigens, die über die Köpfe der Belegschaft hinweg getroffen wurde! Die zweite Verhandlungsrunde (20. November) wurde überraschend vertagt. Gleichzeitig drohte das Babylon damit der FAU Berlin den Begriff „Gewerkschaft“ rechtlich untersagen zu lassen. Ohne mündliche Anhörung wird der FAU Berlin die Selbstbezeichnung „Gewerkschaft“ aberkannt. Das kommt quasi einem Gewerkschaftsverbot gleich. Dabei ist das was den politischen Alltag der FAU bestimmt nun mal der Kampf um bessere Arbeitsbedingungen. Klassische Gewerkschaftsarbeit – nur halt ohne Chefs und bezahlte Funktionäre!

Demo gegen das FAU-Verbot

Trotz eisigem Wetter hatten sich am 19. Dezember rund 300 Menschen vor dem FAU-Lokal in der Saarbrücker Straße versammelt um gegen das faktische Verbot der FAU zu demonstrieren. In Redebeiträgen wurde auch die Rolle von ver.di und Linkspartei thematisiert, die in trauter Einheit mit der Geschäftsführung den Arbeitskampf unterliefen. Der Demonstrationszug bewegte sich zum Kino Babylon, wo eine Zwischenkundgebung abgehalten wurde. Nach einer kürzeren Runde durch die unmittelbare Nachbarschaft des Kinos fand vor dem Eingang des Babylons die Abschlusskundgebung statt. Hier spielte unter anderem Paul der Geiger mit Kontrabassbegleitung für die Teilnehmer_innen, welcher auch Timothy Grossman, in Abwesenheit den Margaret-Thatcher-Award 2009 verlieh. Thatcher war während ihrer Amtszeit berüchtigt für ihre Gewerkschaftsfeindliche Haltung.

Solidarität zeigen!

Es ist jetzt wichtig, die FAU Berlin in ihrem Kampf gegen das Gewerkschaftsverbot zu unterstützen. Die Teile der (radikalen) Linken, die sich sonst nicht mit Arbeitskämpfen beschäftigen sind in gewisser Weise auch in der Pflicht sich mit der FAU zu solidarisieren. Zum einen weil Verfügungen, wie sie gegen die FAU vorerst erwirkt wurde auch alle anderen Strukturen treffen können. Aber auch weil es bisher wenig erfolgreiche Arbeitskämpfe in den letzten Jahren in Deutschland gab, die aus dem Spektrum der radikalen Linken kamen. Die FAU hat mit der Fabrikbesetzung in Nordhausen oder aber den Kampf gegen die Verhältnisse im Babylon gezeigt, dass es möglich ist ohne die Funktionärsgewerkschaften erfolgreich Politik für die Angestellten zu machen. Wenn wir einen Bezugspunkt in Sachen Arbeitskampf haben sollten, dann sollte es die FAU und die linken Teile der Gewerkschaftsbasis sein.Letztere ist in dieser Situation auch in der Pflicht sich gegen den, von ver.di mitgetragenen, Vorstoß für das FAU-Verbot aufzubäumen und die Gewerkschaftsführung in die Schranken zu weisen. Und auch der von ver.di ausgehandelte Dumping-Tarif im Babylon sollte für linke Gruppen, bei der Suche nach Veranstaltungsräumen, Anlass genug sein das Kino vorerst nicht zu nutzen.

Die Chance das Verbot zu kippen steht nicht schlecht. Dieses Anliegen durchzusetzen verlangt allerdings eine breite Solidarität. Die Beteiligung vieler Ortsgruppen der FAU aus Städten wie z.B. Hannover, Leipzig, Frankfurt/Main zeigt das eine bundesweite Demonstration der FAU (wir hoffen es gibt eine) eine gehöriges Potential in sich hat. Machen wir also aus der (temporären) Niederlage, die der FAU zugefügt wurde eine starke Manifestation für Basisorganisierung und radikale Arbeitskämpfe. Liebe FAU, unsere Solidarität habt ihr!

In diesem Sinne:
„Eine gute Gewerkschaft ist eine, die dein Chef nicht mag.“
(Hansi Oostinga von der FAU Berlin in einem Redebeitrag auf der Demo)


North East Antifascists (NEA)
Web: http://nea.antifa.de/
Mail: nea@riseup.net

Infos:

Bericht zur Demo
prekba.blogsport.de, 19.12.2009
Chronik des Arbeitskampfes im Babylon
prekba.blogsport.de, aktualisiert am 15.12.2009
Video über die Proteste im Babylon
FK Videoclips, 25.02.2009
Interview zum Verbot der FAU
Radio F.R.E.I., 16.12.2009


Links:

Sonderseite der FAU zum Verbotsversuch
Sonderseite zum Arbeitskampf im Babylon

Fotos: O. Wolters (CC-BY-SA-lizensiert)
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Ergänzungen

Internationale Solidarität

Dein Name 24.12.2009 - 15:26
Spanien: Internationale Solidarität für Gewerkschaftsfreiheit in Deutschland (CNT-IAA):
 http://anarchosyndikalismus.org/action/gewerkschaftsfreiheit2009/index.html

Basisgewerkschaft: Verboten!

SOZIALE-NEWS 26.12.2009 - 10:26
Nicht nur Streit um Worte

Konflikt im Kino Babylon: FAU Berlin darf sich nicht mehr Gewerkschaft nennen, ver.di schließt Tarifvertrag

Die Freie Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union Berlin (FAU) ist keine Gewerkschaft. Diese Auffassung vertritt zumindest das Berliner Landgericht. Per einstweiliger Verfügung verbot es der »anarchosyndikalistischen Basisgewerkschaft« am 11. Dezember, sich als solche zu bezeichnen. Bereits Anfang Oktober hatte das Arbeitsgericht Berlin der FAU untersagt, zum Boykott gegen das Kino Babylon in Berlin-Mitte aufzurufen. Begründet wurde der Beschluß damals mit der angeblich mangelnden Tariffähigkeit der Gewerkschaft. Die FAU habe betriebsübergreifend zu wenig Mitglieder und sei deshalb nicht wirkungsmächtig, hieß es in der Urteilsbegründung. Der jüngste Beschluß stützt sich im wesentlichen auf diese Argumentation. Gegen das Urteil gingen am Samstag nachmittag in Berlin knapp 300 Menschen auf die Straße.

Lautstark zogen Mitglieder und Unterstützer vom FAU-Lokal in der Nähe des U-Bahnhofes Senefelder Platz zum Kino Babylon (Mitte), dessen Betreiber, die Neue Babylon Berlin GmbH, den Antrag auf einstweilige Verfügung gegen die FAU gestellt hatte. In mehreren Redebeiträgen wurde das Vorgehen der Justiz scharf kritisiert. »Dieses Urteil ist ein Skandal und sucht in Europa seinesgleichen«, sagte Holger Marcks von der FAU Berlin. Die Entscheidung sei ein Angriff auf die Koalitionsfreiheit in Deutschland: »Zwar wurden wir als Organisation nicht verboten. Unsere gewerkschaftliche Betätigung wird jedoch massiv behindert.« Die FAU habe künftig nicht mehr die Möglichkeit, in einem Betrieb Mitglieder zu werben oder den Arbeitgeber zu Tarifverhandlungen aufzufordern. Deshalb müsse man von einem De-facto-Verbot sprechen. Er kündigte an, daß die FAU in Berufung gehen werde.

Hintergrund der Auseinandersetzung sind die schlechten Arbeitsbedingungen in dem Traditionshaus am Rosa-Luxemburg-Platz. Die Löhne liegen zwischen fünf und acht Euro, Urlaubsansprüche anzumelden war bislang unüblich. Um Abhilfe zu schaffen, wählten die Mitarbeiter im November 2008 einen Betriebsrat. Nachdem Versuche, von der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Unterstützung für den Abschluß eines Tarifvertrages zu erhalten, erfolglos blieben, wurde Anfang 2009 eine FAU-Betriebsgruppe ins Leben gerufen. Im Juni legte diese dem Management dann einen gemeinsam mit den Beschäftigten ausgearbeiteten Entwurf für einen Haustarifvertrag vor. Da sich die Geschäftsführung weigerte, Verhandlungen aufzunehmen, rief die FAU Mitte Juli zum Boykott des Babylon auf.

Ver.di hat vergangene Woche nun doch noch einen Tarifvertrag für das Babylon abgeschlossen. Die Vergütungen steigen ab Januar auf 7,74 bis 9,03 Euro, liegen aber teilweise deutlich unter dem Flächentarifvertrag. So verdient ein Filmvorführer mit fünf Jahren Berufserfahrung nach ver.di-Bundestarif 1900 Euro plus Zuschläge. Nach dem neuen Babylon-Haustarif muß er sich mit 1490 Euro bescheiden. Für den Abschluß gibt es vom Berliner Senat zusätzlich noch mal 30000 Euro »Kulturförderung« jährlich drauf. Insgesamt wird das Kino nun mit 350000 Euro subventioniert. Sollte der Zuschuß künftig irgendwann einmal gekürzt werden, verliert der Vertrag sofort seine Gültigkeit.

 http://www.jungewelt.de/2009/12-22/007.php

Aberkennung des Gewerkschaftsstatus der FAU, Gespräch mit Lars Röhm
 http://www.freie-radios.net/mp3/20091221-aberkennung-31299.mp3

Basisgewerkschaft: Verboten!
 http://antifasozialbetrug.siteboard.de/antifasozialbetrug-about4120.html

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News des Tages
 http://antifanews.blog.de/2009/12/24/news-tages-7637090/

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