H: Verfahren vers. Brandstifftung g. BW-Biwak

Soli 21.12.2009 16:02 Themen: Militarismus Repression
Die Ermittlungsbehörden drängten darauf, vor dem alljährlichen Event der 1. Panzerdivision, dem sog. Sommerbiwak am 28. August, die Hausdurchsuchung durchzuführen. Offensichtlich,um einen Hebel zu haben, den Aktionstag gegen das militaristische Ereignis
zu kriminalisieren und Teile der antimilitaristischen Szene einzuschüchtern. So kamen die Herren des Morgengrauens denn am 21. August in aller Herrgottsfrühe in die WG von M. Und machten Razzia.
Am 11. August wurden auf dem städtischen Parkgelände, das ausersehen
ist, alle Jahre wieder die Begeisterung für Militarismus und Krieg zu entflammen, zwei Eimer gefunden, in denen Plastikflaschen steckten, die dann später von den Ermittlern als „Molotowcocktails“ bezeichnet wurden. Diese Vorrichtungen waren offensichtlich geeignet, dort einen riedgedeckten Pavillon (VIP Bereich beim Biwak) zum Mahnmal gegen Krieg und Imperialismus umzufunktionieren.
In einer Erklärung dazu wird dies ausgeführt. „Wir haben die Stadt Hannover als Kriegpartei symbolisch angegriffen und den Stadtpark als Kriegsgebiet markiert.“ Was die AutorInnen der Erklärung allerdings nicht wussten, war, dass dies misslang.
Der Staatsschutz begann hochtourig zu ermitteln. Das Landeskriminalamt wurde eingeschaltet. Die Herkunft der Eimer wurde ausgelotet, das Sortiment der hannoverschen Baumärkte abgecheckt, das Material der Videoüberwachung derselben durchforstet. Auf den Aufzeichnungen vom 27. Juli hofften die Ermittler fündig geworden zu sein.
Ein eimerkaufender Mensch wurde auf den Videobändern erspäht, sowohl drinnen im Baumarkt an der Kasse, als auch draußen auf dem Parkplatz, wie er radelt. Die Staatsschützer glauben, dass es sich hierbei um M. handeln müsse. Ausgerüstet mit einer Strafanzeige wegen „versuchter Brandstiftung“ und „Verstoß gegen das Waffengesetz“ (pyrotechnische Vorrichtungen, die geeignet sind, Feuer oder Explosionen zu entwickeln, gelten als „Waffen“), wurde bei der Staatsanwaltschaft ein Durchsuchungsbefehl erwirkt, der auf jeden Fall vor Beginn des Sommerbiwaks erfolgen solle.
Um zu untermauern, dass es sich hier bei um die Ermittlungen in einem Gesinnungsprozess zu handeln habe, insbesondere um die Dringlichkeit des Antrags auf Hausdurchsuchung zu unterstreichen, wurde M. zum „Straftäter“ befördert,indem eine Liste verschiedener Demonstrationen und Aktionen beigelegt wurde, wo es zu „Hausfriedensbruch“,„Widerstand“, Sachbeschädigungen“ und „Landfriedensbruch“ gekommen sein soll. Und M. dabei gewesen wäre! Selbstredend wird der Anlass dieser Ereignisse nicht erwähnt, auch nicht, was M. in diesem Zusammenhang wann und wo gemacht haben soll.
Auch nicht, welcher Quellen sich der Staatsschutz hierbei bedient hat. Um die sog. „Straftäterschaft“ zu belegen und die Vorverurteilung zu komplettieren, wird der Hinweis lanciert, M. habe mehrere Antikriegsdemonstrationen angemeldet. Kurz und schlicht: die „Gesinnungsjustiz“ ist am Brüten. Antimilitaristisch zu sein genügt schon, um als „Straftäter“ ausgemacht zu werden!
Bei der Durchsuchung dann wurden vielerlei Gegenstände beschlagnahmt, insbesondere Kleidungsstücke, ein Fahrrad, ein Rucksack und eine Armbanduhr, die die Identität des Eimerkäufers belegen sollen, außerdem Computer, Festplatten, Software, wohl um die Gesinnung der Bewohner (auch im Hinblick auf ihre Affinität zu kriminellen/terroristischen
Vereinigungen) zu testen, dann noch Plastikflaschen, Zigarettenpapier, Knaller und Böller,
die wohl als Indiz für „Waffenbasteleien“ herhalten sollen.
Das Verfahren ist auf der Amtsgerichtsebene angesiedelt, trotzdem ein Lehrstück in Sachen Gesinnungsjustiz. Es ist dies im Hinblick darauf, welche Dimensionen die Überwachung des öffentlichen und öffentlich zugängigen („privaten“) Raums inzwischen nicht nur als Instrument der sozialen Kontrolle und Abschreckung hat, sondern im Hinblick darauf, wie sie einsetzbar ist, um politischen Widerstand zu kriminalisieren. Offensichtlich handelt es sich hier um Konserven, die beliebig reaktiviert werden können. Vorschriften nach Löschung der Videos (mindestens nach einer festgelegten Frist), scheint es(informell) nicht zu geben. Auch deutet sich an, dass, nicht nur in Bahnhöfen, Dateien von sog. „Problemgruppen“ nach bestimmten Rastern (Kleidung, sozialen Verhaltensweisen usw.) angefertigt werden, wobei der Informationsaustausch von privaten Wachleuten und Hausdetektiven eingeübt und perfektioniert wird. Jemand der Eimerchen kauft, ist schon verdächtig, wenn er ein schwarzes Basecap trägt, erst recht.

Mittlerweile gibt es Soligruppe zur Unterstützung Aller, die in der Region Hannover der Repression des kriegerischen Deutschlands ausgesetzt sind.
In Hannover ist der Kampf gegen öffentliche Auftritte der Bundeswehr in den Mittelpunkt der antimilitaristischen Aktivitäten gerückt. Erfolgreich wurde gegen Werbetrucks, Messestände und Militaristen vorgegangen. Der Widerstand gegen das Sommerbiwak ist Teil dieses Kampfes.
Wir sind solidarisch mit denen, die wegen der Aktionen gegen das Sommerbiwak der 1. Panzerdivision von staatlicher Repression bedroht sind. Der Anlass, um sich zusammenzufinden, war die Hausdurchsuchung am 21.08.09, wegen des versuchten Brandanschlags auf den Rosenpavillon im Stadtpark. Solidarität ist etwas Konkretes, Praktisches. Sie nützt nichts als Lippenbekenntnis, sie darf sich nicht im freundschaftlichen auf die-Schulter-Klopfen erschöpfen. Solidaritätsarbeit heißt für uns,
ein politisches Verhältnis herzustellen, in dem diejenigen nicht alleine gelassen werden, die als politische Menschen von Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gericht verfolgt werden. In diesem Sinne wollen wir dazu beitragen, dass Betroffene aktive Unterstützung bekommen und dass eine politische Positionierung zu den Aktionen gegen das Sommerbiwak öffentlich diskutiert werden kann. Wir wollen öffentliche Unterstützung organisieren.
Eine eigene Solidaritätsgruppe wegen einer Hausdurchsuchung zu gründen, erscheint Einigen vielleicht etwas übertrieben. Aber die bestehenden Antirepressionsstrukturen haben genügend Arbeit zu leisten. Es ist gut, dass wir uns auf ein konkretes Projekt konzentrieren können. Wir werden nicht versuchen, Unschuldsvermutungen dafür heranzuziehen, dass sich Leute ebenfalls solidarisieren. Grundlage unserer Arbeit als Soligruppe ist das Bewusstsein von der Legitimität und Notwendigkeit radikalen und auch
militanten Widerstandes gegen Militarismus und Krieg.
Einstellung aller Verfahren wegen Aktionen gegen das Sommerbiwak!


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Antirepressionsarbeit ist notwendig — Roland Ionas Bialke