Recht auf Stadt Parade Hamburg 18.12.'09

Weizenkeim 20.12.2009 22:05 Themen: Freiräume Kultur Repression Soziale Kämpfe Ökologie
Hamburg 18.12.'09
Recht auf Stadt Parade
Tausende Teilnehmer aus der Innenstadt verbannt.
Recht auf Stadt
Parade in Hamburg 18.12.' 09
3000-5000 Menschen aus diversen Zusammenhängen demonstrierten heute gegen die Politik des Hamburger Senats.
Wie um das Motto" Recht auf Stadt" zu verhöhnen wurde der Parade der Weg durch die Innenstadt verwehrt.
Dies ist natürlich ein unglaublicher Vorgang, wenn man bedenkt, das die Teilnehmer der Veranstaltung praktisch halb Hamburg repräsentieren. Was die Parade deutlichst gezeigt hat ist wie viele verschiedene Gruppen betroffen sind von der unsozialen, unökologischen und offen korrupten Politik des Hambuger Senats .Der Widerstand geht durch viele gesellschaftliche Schichten.

Aufgerufen hatten mindestens 120 Gruppen, gesehen habe ich selbst: Moorburgtrassengegner, Gängeviertel-Aktivisten, Bambule Wagen, Altonaer Kleingärtner, Isebek Kanal Schilder, Frappant-Künstler, irgendeine Harburger Initiative, Rote Flora Kiddies, Verdi-Mitglieder, Hafenarbeiter, usw. Schon beim Auftakt um 17.00 Uhr an der Moorweide gab die Parade ein recht skurriles Bild ab, während es schneite tanzten überall verkleidete Leute um die Trucks,, auf vielen Lastern soundsystems, verschiedene Musik teilweise auch live. Viele ältere Leute, Omas, deren letzte Demo wohl zu Zeiten der Notstandsgesetzte waren, im Kontrast dazu hinten ein "Black Block" mit Schildern gegen das Vermummungsverbot, zu lautem Punk vom Laster. Hier war durch ein Bullenspalier und das Geschepper gegen Verkehrsschilder ect. eine etwas andere Atmosphäre, die aber auch ihren Reiz hatte.
Der Zug war recht lang aber auch relativ zerlaufen, die Teilnehmerzahl muß irgendwo zwischen 3000 und 5000 liegen(auch wenn das Schmonzetten Organ " Welt online" nur von 1000 spricht).

Vorne wedelte Jemand eine gelbe Riesenfahne auf der anscheinend" Recht auf Stadt" stand. Dahinter schoben Leute eine metergroße hexagoide Kugel aus Stahlstreben in der Bälle waren. Zwischendurch 10 Leute als Sensenmänner. einige Bären. Ein Elch, unzählige Schilder .Gängeviertel alle mit roten Tüchern umgehängt. Meistgespielter Song: Der Frappant-Haus-Song (Kill Billy Dubstyle Remix). So bewegte sich die Parade bis zum Gänsemarkt, der mit Hamburger Gittern (wie passend) und einem großen Polizeiaufgebot quasi militärisch abgesperrt war. Die Route durch die Innenstadt war ja von einem Gericht nicht genehmigt worden, angeblich wegen einer dubiosen und geheimen Staatsschutz Analyse.
Eine Stadt, die ihre eigenen Bürger derart aussperrt ist für mich null demokratisch, sondern korrupt .Gerichte, die auf Grund geheimer(!) Staatsschutzanalysen solche Entscheidungen treffen, haben den Wert des Demonstrationsrechtes anscheinend nicht begriffen. .

Statt der genehmigten Route über die Willy Brand Allee zum Ida Ehre Platz handelten die Anmelder der Parade eine andere aus, die dann zum Frappant Gebäude in der Großen Bergstr. ging .Ich persönlich war darüber nicht so froh, wahrscheinlich hat es aber auch keinen Unterschied gemacht. Das Gesamtbild hatte dann etwas von einem Exodus.(der Menschen aus der Stadt).
Unterwegs splittete sich eine Gruppe Autonomer ab, die Bambule rufend über die Reeperbahn zogen. Polizei reagierte voll über, BFE zieht Ketten, Wasserwerfer fahren von hier nach da usw.
Vor dem Frappant angekommen bietet sich der Parade ebenfalls eine Fülle an Polizeiketten, links, rechts und zum Bahnhof Altona. Während der Abschlußkundgebung kam es zu einer Rangelei vor dem Hafenklang Exil.
Alles in allem war diese Parade ein eindrucksvolles Ereignis, das zeigt, wie viele verschiedene Gruppen um ihr Bleiberecht in der Stadt kämpfen. Mietervereine, Hausbesetzer, Schrebergärtner, Künstler, Wohnprojekte, marginalisierte.
Das traurige ist, das der breiteren Öffentlichkeit diese Einsicht und das skurril karnevaleske Bild der verkleideten im Schneetreiben genommen wurden.
Bei minus 7 Grad 3000 bis 5000 Leute, so etwas passiert nicht von selbst und ungefähr.(und wahrscheinlich auch nur hier in dieser von den Göttern verfluchten Stadt)

Dieser Senat ist beschämend für jeden in sozialen Maßstäben denkend- und fühlenden Hamburger.
Wenig hat sich seit Schill geändert. Das wahre Versagen der Grünen im Senat zeigt sich für mich mich auch nicht in Dingen wie der Elbvertiefung, sondern dem Mittragen einer Law and order Politik, die mit einer modernen Auffassung von Demokratie, Partizipation und Mitsprache absolut nicht vereinbar ist.
Aber täuschen wir uns nicht, auch von einem linken Senat können wir nicht viel erwarten, wie die grenzdebilen Anfragen des ominösen "Innenexperten" der SPD Andreas Dressel erahnen lassen.
Die Einsicht, daß eine Stadt ein Gemeinwesen ist und kein Unternehmen ist im Senat niemals angekommen.
Die Politik wird durch Teilzugeständnisse und Schleimerei (wie zB beim Gängeviertel ) versuchen der jetzigen Dynamik den Wind aus den Segeln zu nehmen, um dann im günstigen Augenblick Tabula Rasa zu machen.
Lassen wir es nicht dazu kommen!
Bitte entschuldigt die miese Qualität der Bilder. Bessere gibt es hier:
 http://www.mopo.de/hamburg/panorama/galerie/index.php?GID=887&key=0
 http://nionhh.wordpress.com/2009/12/10/frappant-haus-song-kill-billy-dubstyle-remix/
 http://de.wikipedia.org/wiki/Situationistische_Internationale
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Ergänzungen

interessanter beitrag

friedolin vogel 21.12.2009 - 18:59
Gastbeitrag: Christoph Twickel im Abendblatt (einem der Verfasser von dem Manfifest
NOT IN OUR NAME, MARKE HAMBURG!  http://nionhh.wordpress.com/about/ )

Sorge ums Gemeinwohl? Fehlanzeige!
"Hamburg wächst! Wir liefern die Grundstücke" steht auf dem Titel einer aktuellen Senatsbroschüre. Darin vermarktet sich die Finanzbehörde als "Ansprechpartner Nummer Eins für Investoren". "Entdecken Sie unser Portfolio und wachsen Sie mit!" Die Stadt als Grundstücks-Portfolio - deutlicher kann man nicht aussprechen, was der Kern neoliberaler Stadtentwicklungspolitik ist: Eine Einladung zum Geldverdienen für die Immobilienwirtschaft. Hamburg ist hier beileibe kein Einzelfall. Der Berliner Sozialwissenschaftler Andrej Holm spricht davon, dass die politische Agenda in vielen Metropolen heute von einer Allianz aus Parteien, Banken und Bau-Investoren bestimmt wird - er nennt sie die "Immobilien-Verwertungs-Koalitionen".

Natürlich wollen Hamburgs Politiker den Vorwurf nicht auf sich sitzen lassen, einer solchen Entwicklung den Boden bereitet zu haben. Und so verwundert es nicht, dass der ehemalige Stadtentwicklungssenator Willfried Maier (GAL) ( http://de.wikipedia.org/wiki/Willfried_Maier ) kürzlich an dieser Stelle das Leitbild der "Wachsenden Stadt" gegen die Kritik durch das Manifest "Not In Our Name, Marke Hamburg" verteidigt hat. In seiner Version der jüngeren Geschichte musste Hamburg in den Siebzigern mitansehen, wie die Besserverdiener in den Speckgürtel abwanderten, ihre Steuern also in Schleswig-Holstein zahlten und die Innenstadt den armen Schluckern überließen: "Sozialhilfebezieher, Studierende, Niedrigverdiener." Die Sanierung der westlichen inneren Stadt und die Entwicklung der Hafencity dagegen habe "Wirtschaftskraft in die City" zurückgebracht. "Ohne Wirtschaftsleistung keine Steuern, ohne Steuern keine sozialen Leistungen", so Maier.

Das Problem ist: Wir wissen längst, dass die Rechnung nicht aufgeht. Wenn eine prosperierende Innenstadt die Voraussetzung für sozialen Ausgleich sein soll: Warum fallen dann in Hamburg pro Jahr fünf- bis sechstausend Sozialwohnungen aus der Mietpreisbindung? Warum hat sich der Anteil migrantischer Bewohner etwa in St. Pauli in der letzte Dekade fast halbiert? Warum laufen an den Stadträndern "verstärkt soziale Entmischungsprozesse ab", wie der Senat selbst einräumt?

Und misst man etwa das Vorzeige-Entwicklungsprojekt Hafencity daran, was es für Hamburgs Steuerkasse abwirft? Ganz im Gegenteil: Demnächst muss das Bezirksamt-Mitte leerstehende Büroflächen im Überseequartier beziehen und damit seine Mietkosten verdoppeln. Das kommt daher, dass die städtische Hafencity GmbH Investoren mit Mietpreisgarantien angelockt hat - für die dann selbstverständlich die öffentliche Hand aufkommt. Die schützt nämlich in Hamburg nicht "die Schwächeren", wie Maier behauptet. Sondern sie gibt denen, die schon haben.

Dass bedingungslose Investorenfreundlichkeit die Sorge um das Gemeinwohl ersetzt hat, ist eine der zentralen Thesen von "Not In Our Name, Marke Hamburg". Wir, die Initiatoren, wollten mit dem Manifest die Kulturschaffenden und Initiativen stärken, die sich gegen diese Politik zur Wehr setzen.

Hamburg braucht nämlich nicht Jasager, die "die Elbphilharmonie im Herzen tragen", wie es in der jüngsten, geistlosen Imagekampagne von Hamburg-Marketing heißt. Sondern zum Beispiel Künstler, die sich dagegen verwahren, bloß für "positive Wahrnehmungen bisher problematischer Räume" zu sorgen und brav zu verschwinden, wenn der Investor kommt. Siehe Gängeviertel. Siehe auch das Frappant in der Großen Bergstraße, wo sich Künstler, Kreative und Stadtteilaktivisten weigern, das Haus für einen Ikea-Klotz zu räumen, der dem Stadtteil neben Verkehrschaos nur die nächste Spekulationswelle bringen würde.

Anders als Maier behauptet, geht es nämlich weder im Gängeviertel noch im Frappant um Vorrechte für Künstler, um lebenslängliche Künstler-Oasen. Der Vorschlag der Frappant-Besetzer hängt als utopisches Bauschild an der maroden Fassade des Gebäudes: Sie plädieren dafür, das Haus zu einem sozialen und kulturellen Zentrum für den Stadtteil Altona-Altstadt zu machen - eine der letzten Ecken in der westlichen inneren Stadt, in der noch Rentner, Migranten und ärmere Menschen das Straßenbild prägen. Ein Vorschlag, der unvergleichlich viel mehr Charme hat, als die Möbelhäuser, Media Märkte, Shopping Malls, Bürotürme und Kettengastronomien, die das neoliberale Stadtmodell für Aufwertung und Belebung hält.
 http://www.abendblatt.de/hamburg/article1314719/Sorge-ums-Gemeinwohl-Fehlanzeige.html

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 7 Kommentare

Rote Flora Kiddies?!

florist 21.12.2009 - 13:31
Gewöhn dir mal einen anderen Ton an!
1. Ist die pauschale Abwertung von jüngeren Aktivist_innen als "Kiddies" ein patriarchal geprägtes "nicht ernstnehmen" und Herrschaftsverhältnis über das Alter.
2. Sind viele in der Flora vermutlich doppelt so alt wie du!

ach...

Rotfloristin 21.12.2009 - 14:02
... ich find's ja ganz amüsant, mit 48 Jahren immer noch als Kiddie bezeichnet zu werden.

Respekt wäre schön

axin 21.12.2009 - 14:03
auch ich bin der Meinung ältere Frauen einfach als "Omas" zu titulieren ist eine Unverschämtheit. Du kannst wohl kaum wissen, ob diese zu Zeiten der Notstandsgesetze das letzte Mal auf einer Demo waren, vielleicht waren sie auch viele Jahre im Untergrund, im Knast oder in anderen Kämpfen... Politik muss nicht immer Party und lustig sein, das kann auch ganz schön ernsthafte Züge annehmen.

@florakiddis

jochen 21.12.2009 - 14:26
soll ich deinen kommentar als drohung vertehen.
wie willst du verhindern das wir euch nur als kiddis sehen?vieleich beschwerst du dich bei der polizei wie bei der antisemitismus demo vor der b5.
ich neige ja eher zu bullenfreunden und denuziantenkiddis,da ältere aus eurer flora sich aktiv an der zusammenarbeit mit der polizei beteiligt haben.fotos und videos von"vermeindlichen antisemitien"wurden der polizei zur auswertung überlassen.
es gab in diesem zusammenahng personalienkontrollen auch von leuten die mit der kagge nichts zu tun hatten.
also gewöhn dir ein anderen ton an

rtfg

flora 21.12.2009 - 15:28
die rote flora ist keine homogene gruppe. das mit den fotos höre ich zum ersten mal. und wirklich jung sind die aktiven in der flora auch nicht. kids sind für mich eher teenager. also psst

Ein anderer Ton

Eine Frau 21.12.2009 - 18:13
Hallo Artikelschreiber,

wenn ich deinen Artikel wörtlich nehmen würde, waren außer "Omas" keine weiteren Frauen anwesend, unter den mehreren tausend Demonstrierenden... Stimmt's?
Oder fehlt außer einem anderen Ton noch was Grundlegendes?

Recht auf Stadt, Recht auf Flora

all my friends are dead 21.12.2009 - 21:15
Im Januar Perspektivplenum in der Flora, checkt den bewegungsmelder.org aus.
Kommt alle. St.Pauli+Flora bleiben widerspenstig.