Mumia gestern "im" Bundestag

Andrea Tams 18.12.2009 02:37 Themen: Antirassismus Repression
Gestern fand im Bundestag eine Menschenrechtsdebatte statt. Verschiedene Anträge aus allen Fraktionen wurden eingebracht. Einge wurden sofort abgestimmt, andere in die Ausschüsse verwiesen. So auch ein Antrag über Mumia Abu-Jamal und die Forderung nach Abschaffung der Todesstrafe in den USA.
Bundesdeutsche Parlamentarier debattierten über die weltweite Lage der Menschenrechte. Der Antrag der CDU/CSU machte den Anfang. Darin sprachen sie sich gegen Folter, politische und religiöse Verfolgung als auch besonders gegen die Todesstrafe aus. Zitat aus dem Antrag: "...darf aber die Terrorismusbekämpfung nicht als Vorwand dienen, um Menschenrechtsverletzungen zu rechtfertigen".

Wenn mensch bedenkt, dass die Bundeswehr in Afghanistan Zivilisten ermordet und dort ein Regime an der Macht hält, welches die Todesstrafe vollzieht, klingt das beinahe Nobelpreisverdächtig. In Afghanistan werden seit 2008 regelmäßig Frauen nach Scharia-Gesetzgebung als EhebrecherInnen zum Tode verurteilt. Wörtlich hiess es gestern in den Ausführungen der CDU/CSU: "Es gibt keinen rechsstaatlichen Grund, der die Todesstrafe rechtfertigt." (Antrag 12/257  http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/002/1700257.pdf ) Ebenso beachtlich - in den Menschenrechtsartikeln der neuen EU-Verfassung wird allen Mitgliedsstaaten eingeräumt, die Todesstrafe im Kriegsrecht wieder einzuführen. ( zum Lissaboner Vertrag  http://www.nz-online.de/artikel.asp?art=1080287&kat=4 Vorsicht hier jedoch beim Referenten: er ist ein ein selbst für CSU Verhältnisse extrem rechter Vertreter. )

Wenig später formulierte Annette Groth von der Linkspartei einen Antrag für die Rettung von Mumia Abu-Jamal. Ein lautes Raunen der Missbilligung ging durch den Plenarsaal. Gerade eben hatten sich der Bundestag mehrheitlich gegen die Haftgründe ausgesprochen, wg. derer auch Mumia seit über 28 Jahren in den USA inhaftiert ist, als etliche Abgeordnete wohl Angst vor der eigenen Courage bekamen. Als Groth dann einen Brief von Mumia an den Bundestag vortrug, wurde sie vom Versammlungsleiter unterbrochen und ermahnt, ihre Redezeit nicht zu überziehen. Zwischen einer Erklärung gegen die Todesstrafe und einem tatsächliche Einsatz liegen offensichtlich Welten.

Mumia setzte sich in diesem Text für alle Todestrakt Gefangenen der Welt ein. Über 3000 warten in den USA auf ihre Hinrichtung, ca. 20.000 weltweit insgesamt. Er appelierte an den Bundestag, sich praktisch für die Abschaffung der Todesstrafe einzusetzen. Das Bremer IVK veröffentlichte den Text in deutscher Übersetzung:
 http://www.freedom-now.de/news/artikel577.html

Über den Antrag (17/236) der Linken wurde gestern jedoch noch nicht entschieden. Er ist hier veröffentlicht:
 http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/002/1700236.pdf
Beginn nächsten Jahres wird er vermutlich im Bundestag abgestimmt werden.

Bereits seit mehreren Monaten gibt es ähnliche Initiativen auf lokaler Ebene. Stadträte von München, Nürnberg und Fürth forderten in ähnliche Resolutionen die USA auf, Mumia nicht hinzurichten, ein neues Verfahren zu gewähren sowie die Abschaffung der Todesstrafe. In Kaiserslautern scheiterte so ein Antrag jedoch vor wenigen Tagen (  http://de.indymedia.org/2009/12/268888.shtml ). Auch die Bremer Bürgerschaft, also eine Bundeslandvertretung, verabschiedete eine Resolution für Mumia, allerdings ohne ein neues Verfahren zu fordern. Für Januar sind noch weitere Anträge in anderen Städten geplant.

Zwar sind parlamentarische Beschlüsse ohne den kontinuierlichen Einsatz von Initiativen vor Ort gar nicht denkbar. Sie zeigen jedoch, wie unsicher die Kriegsherren dieser Welt in Bezug auf Menschenrechte sind. Ähnlich wie die Free-Mumia Bewegung in den USA die Obama-Regierung fragt, was sie denn eigentlich genau mit dem "Wandel" in Bezug auf Rassismus meint, werden auch hier Lippenbekenntnisse gegen die Todesstrafe inzwischen genauer hinterfragt.
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Ergänzungen

ohne uns läuft gar nichts

Auf die Strasse !!!! 18.12.2009 - 02:46
Freiheit für Mumia Abu-Jamal! Weg mit der Todesstrafe überall!


So. 10.01.2010 Berlin:
Kommt mit FREE MUMIA Transparenten zum Anti-Kapitalistischen Block auf der LL Demo !
Beginn 10:00 - U5 Frankfurter Tor


Sa., 30.01.2010 Heidelberg:
Demonstration "Gegen politische Repression und staatlichen Rassismus!"
Freiheit für alle politischen Gefangenen! Kampf der Klassenjustiz!
Solidarität mit Mumia Abu-Jamal
Beginn: 14.00 Uhr
Treffpunkt: Bauhaus Heidelberg



Bereitet euch auf die Mumia Notfall Proteste vor!

Europaticker

dazu 18.12.2009 - 02:56

neue Soli CD und Konzert für Mumia

Balina 18.12.2009 - 03:27
Nächsten Monat erscheint die Doppel CD "Rage Against The Death Machine" für die FREE MUMIA Kampagne. Alle Details  http://mumia-hoerbuch.de/mumiadeutsch.htm#solisampler111109

Am Freitag, den 8. Januar ist im Berliner Schnarup Thumby eine Record Release Party mit mehreren KünstlerInnen der CD. Das ist der Anreise Tag der Rosa Luxemburg Konferenz.

Mumia Abu Jamal idam edilmesi

Hayat TV 18.12.2009 - 11:46

Freiheit für Mumia, sofort!

Bernhard T. 18.12.2009 - 12:15
Der vorherige Beitrag ("Mumia-Party Café Morgenrot") ist einfach nur widerwärtig und stammt wahrscheinlich aus dem Milieu der proimperialistischen "Anti"deutschen.

Hier der Redebeitrag von Annette Groth, menschenrechtspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, am 17. Dezember 2009 um 16:33 Uhr im Bundestag (12. Sitzung, TOP 9) auf Video. Der Passus zu Mumia Abu-Jamal ab Min. 06:00

 http://webtv.bundestag.de/iptv/player/macros/_v_f_514_de/od_player.html?singleton=true&content=431529

Die Forderung "Freiheit für Mumia Abu-Jamal!" kommt Groth nicht über die Lippen. Sie findet sich auch nicht im Antrag der Linksfraktion ("Nein zur Todesstrafe in den USA – Hinrichtung von Mumia Abu-Jamal verhindern". Dort heißt es stattdessen, die Bundesregierung solle eine "Begnadigung oder die Umwandlung der Todesstrafe in eine Haftstrafe" erwirken...

Reformisten und Liberale haben den Kampf für Mumias Freiheit jahrelang dem Vertrauen in die kapitalistischen Gerichte und den Forderungen nach einem "neuen", "fairen" Prozess untergeordnet und dafür die überwältigenden Beweise für das staatliche Komplott gegen den früheren Black-Panther-Pressesprecher heruntergespielt oder direkt zurückgewiesen. Statt weinerlicher Appelle an US-Präsident Obama und seinen Justizminister Holder brauchen wir Einheitsfrontaktionen, um weltweit die soziale Macht der Arbeiterbewegung für Mumias Freilassung zu entfesseln. Mumia Abu-Jamal ist unschuldig! Weg mit der rassistischen Todesstrafe! Freiheit für Mumia, sofort!

Weitere Informationen unter  http://www.partisandefense.org/pubs/deutsch/index.html sowie  http://www.spartacist.org/deutsch/spk/179/mumia.html

http://www.partisandefense.org/

Bernhard T. 18.12.2009 - 12:38
so lautet die Internetadresse richtig! Gruß, Bernhard

Zensiert!

Lumpia 18.12.2009 - 13:06
Ereignisse von 1981 und erster Gerichtsprozess [Bearbeiten]

Am 9. Dezember 1981 hielt der irischstämmige[13][14] Polizist Daniel Faulkner Abu-Jamals Bruder William Cook an, nachdem dieser ohne Licht falsch durch eine Einbahnstraße gefahren war. Faulkner hatte per Funk bereits Verstärkung angefordert und versuchte dem widerspenstigen Fahrer Handschellen anzulegen. Der Anklage zufolge tauchte Abu-Jamal in dem Augenblick, als Faulkner mit dessen Bruder rangelte, an der Straßenkreuzung auf und schoss dem Polizisten in den Rücken. Dieser drehte sich um und feuerte einmal zurück, bevor er hinfiel. Obwohl getroffen, sei Abu-Jamal auf den inzwischen am Boden liegenden Faulkner zugegangen, über ihn getreten und habe seine Waffe leergeschossen, wobei ein Schuss Faulkner aus nächster Nähe in dessen Kopf traf und tötete[15]. Drei von der Anklage genannte Augenzeugen bestätigten Abu-Jamals Tatbeteiligung bzw. seine unmittelbare Anwesenheit während der Tat[16].

Abu-Jamal wurde Sekunden später in unmittelbarer Nähe des Tatortes durch die von Faulkner zuvor herbeigerufenen Polizisten verhaftet. Bei Abu-Jamal wurde ein auf ihn zugelassener Revolver der Marke Charter Arms mit kurzem Lauf und fünf Patronenkammern sichergestellt[9]. Die gefundenen Kugeln stimmten in Bezug auf Hersteller, Typ und Kaliber mit den recht seltenen Patronenhülsen in Abu-Jamals leergeschossener Waffe sowie mit den Charakteristiken des Laufs seiner Waffe überein[17]. Durch die Weltpresse ging das Gerücht, die Kugeln seien nicht vom selben Kaliber gewesen wie Abu-Jamals Munition. Diese Theorie geht auf eine unverbindliche Notiz des gerichtsmedizinischen Assistenten zurück, der Faulkner obduzierte und nicht gewusst habe, dass '+P'-Geschosse sich beim Aufprall ausdehnten und dadurch größer wirkten[15]. Die Verteidigung ließ kein eigenes Gutachten anfertigen. Die Kugel in Abu-Jamals Körper stammte aus der Waffe des Polizisten. Mehrere Zeugen identifizierten Abu-Jamal unabhängig voneinander als den Mann, der auf Daniel Faulkner geschossen hatte[9].

Nach einem von Tumulten geprägten Prozess, bei dem Abu-Jamal wegen Beleidigungen und Drohungen mehrmals des Gerichtssaales verwiesen wurde und bei dem sein Bruder die Aussage verweigerte, obwohl er das Tatgeschehen aus nächster Nähe beobachtet hatte[9], wurde Abu-Jamal am 3. Juli 1982 des Mordes an Daniel Faulkner einstimmig für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Während des Prozesses bestand Abu-Jamal zunächst darauf, sich selbst zu verteidigen und verlangte später den MOVE-Anführer und juristischen Laien John Africa als Verteidiger zuzulassen, was rechtlich ausgeschlossen war. Kritiker halten dies für einen zentralen Fehler Abu-Jamals[12]. Aufgrund seines Verhaltens im Gerichtssaal wurde ihm Anthony Jackson, ein erfahrener Anwalt, der von der Black Journalists Association empfohlen worden war, als Pflichtverteidiger zugestellt[12].

Die Unparteilichkeit des Richters Sabo ist von den Verteidigern Mumia Abu-Jamals in Frage gestellt worden. Sie begründen dies mit dem Prozessverlauf, der ihrer Meinung nach zu Lasten des Angeklagten verlief und auf die Aussage eines Gerichtsbeamten, der von dem Richter gehört haben will: „Ich werde ihnen helfen, diesen Neger zu grillen“ (Zeugenaussage von Terri Maurer-Carter: "Yeah, and I m going to help them fry the nigger.")
Spätere Aussagen zum Tathergang [Bearbeiten]

Im Jahr 1999 gestand der Berufskiller Arnold Beverly, das Verbrechen als Fahrgast von Jamals Bruder im Auftrage der Mafia begangen zu haben. Abu-Jamal hatte mittlerweile ein Team von Anwälten zur Unterstützung. Sie nahmen aber Abstand davon, das Geständnis Arnold Beverlys in ihren Eingaben zu verwenden. Zum selben Zeitpunkt begann auch Abu-Jamals Bruder William Cook sein Schweigen zu brechen. Er behauptete, [18]Kenneth Freeman, ein später in Zusammenhang mit der gewaltsamen Räumung eines MOVE-Gebäudes tot aufgefundener Mann, sei zum Tatzeitpunkt sein Fahrgast und während des Mordes anwesend gewesen[19]. Diese Aussagen gingen ebenfalls durch die Weltpresse, aber gelten auch unter Abu-Jamals Unterstützern mittlerweile als widersprüchlich und haltlos und wurden im weiteren Verfahren nicht verwendet.

Mumia Abu-Jamal hat sich erst nach fast 20 Jahren (am 3. Mai 2001) in Form einer eidesstattlichen Erklärung [20] zu den Geschehnissen geäußert. Darin behauptet er, er sei nach dem Beginn der Schießerei – an der er nicht beteiligt gewesen sei – über die Straße gelaufen, sei von einem Polizisten angeschossen worden und könne sich ab diesem Zeitpunkt an nichts mehr erinnern.

Zahlreiche Autoren widersprechen dieser Darstellung in der einen oder anderen Weise, da sie im Detail mit keiner der Zeugenaussagen übereinstimmen könne.[21] Abu-Jamal unterließ es auch, sich in dieser Erklärung zu seiner Waffe zu äußern. Einigen Juristen zufolge hätte er mit einer entsprechenden Klärung des Tathergangs eine Anklage wegen Mordes in besonders schwerem Fall (first degree murder) zugunsten von Totschlag (voluntary manslaughter) vermeiden können[9

Fight for Mumia reaches German Bundestag

Victor Grossman 18.12.2009 - 17:07