Hamburg: Uni-Proteste gehen weiter
Audimax besetzt!
Ein Rückblick: Relativ überraschend kam es – ausgehend von einer Vollversammlung des Fachbereichs Erziehungswissenschaften und einer angekündigten Solidaritätsaktion mit den Wiener Studierenden – auch am Hamburg am 11.11. zur Besetzung des Audimax der Universität. Während sich in den ersten Tagen nur wenige hundert Studierende an der Besetzung und den Plena beteiligten, schwoll die Beteiligung am 17.11. an. Die Bildungsstreik-Kundgebung, zu der ein spontaner Demonstrationszug von der Uni in die Innenstadt zog, musste räumlich verlegt werden, da sich an ihr über 1.500 Menschen beteiligten.
Mobilisierung gegen neuen Uni-Präsidenten Lenzen
In den folgenden Tagen kam es zu einer spontanen Massenmobilisierung, wie es sie seit einigen Jahren nicht mehr an der Uni gegeben hatte. Ein Grund dafür war die Nachricht, dass der Präsident der FU, Dieter Lenzen, zum neuen Hamburger Uni-Präsidenten gewählt werden sollte. Im Juli 2009 war die bis dahin amtierende Uni-Präsidentin und Raketenforscherin, Monika Auweter-Kurtz, nach massiven Protesten von Professoren, aber auch von Studierenden und wissenschaftlichen MitarbeiterInnen, die sich v.a. gegen ihren „autoritären Führungsstil“ richteten, zurückgetreten. Lenzen nun ist Mitglied des neoliberalen Think-Tanks „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“, versteht sich als Hochschul-Manager („Elitenförderung“) und fiel im Jahr 2005 durch rassistische Bemerkungen zum Intelligenzquotienten türkischer MigrantInnen auf. Auf der Sitzung des Akademischen Senats der Universität am 19.11. sollte Lenzen als neuer Hamburger Uni-Präsident bestätigt werden, so lauteten zumindest die Gerüchte. Dabei sollte die Wahl, die laut Hamburger Abendblatt vom 18.11. „überraschend um eine Woche vorverlegt“ worden war, in geheimer Sitzung stattfinden.
Auf der Vollversammlung am Tag vor der Sitzung beteiligten sich dann an die 1.000 Studierende und bereiteten sich ihrerseits auf die Wahl vor, um ihre klare Ablehnung Lenzens zum Ausdruck zu bringen. Der 19.11. wurde dann zum vorläufigen Höhepunkt der Proteste: An die 2.000 Studierende zogen vom Audimax zum Hauptgebäude, um an der Sitzung des Akademischen Senats (AS) teilzunehmen. Dort wurde Lärm gemacht, eine geschminkte und schwarz gekleidete „Trauergemeinde“ trauerte um die Demokratie an der Uni. Die geheime Wahl sei undemokratisch und erinnere an eine Papstwahl, so die Vorwürfe der Studis. Aufgrund des Drucks wurde die AS-Sitzung dann ins besetzte Audimax verlegt, geriet jedoch zu einer völligen Farce. Der Vorsitzende des für die Präsidentensuche zuständigen, mit Wirtschaftsvertretern bestückten und durch nichts demokratisch legitimierten Hochschulrats, Albrecht Wagner bestätigte hier zum ersten Mal indirekt, dass Lenzen als einziger Kandidat übrig geblieben sei. Nach einer spannungsgeladenen Auseinandersetzung im vollen Audimax löste der AS seine Sitzung auf, ließ aber offen, wann und wo die nächste Sitzung stattfinden würde. Ins entstandene Chaos platzte die Nachricht, der Hochschulrat würde sich im Mineralogischen Museum treffen. Etwa 400 Studierende zogen dorthin, der Rest blieb im Audimax. Während ASTA-Vertreter ein Eindringen der Studis ins Gebäude zu verhindern suchten, verließ der anwesende Dieter Lenzen das Gebäude offenbar fluchtartig durch den Hinterausgang. Beim abendlichen Plenum im Audimax brandete bereits Jubel auf, als Nachrichten eintrafen, Lenzen habe seine Kandidatur zurückgezogen Das Abendblatt titelte tags drauf: „Studenten stoppen Präsidentenwahl“ (20.11.09)
Lenzen wird gewählt
Doch war die Freude leider verfrüht. Während die Pressesprecherin der Universität am Freitag, den 20.11., verkündete, die Präsidentenwahl sei „auf unbestimmte Zeit verschoben“ worden und alle Medien diese Meldung übernahm, kam der Akademische Senat in einer geheimen Sitzung auf dem Gelände des Unternehmens DESY zusammen, um Lenzen zum neuen Präsidenten zu wählen. 14 Stimmen (darunter ASTA-Vertreter) stimmten für Lenzen, zwei Delegierte aus dem universitären Mittelbau stimmten gegen ihn und ein Vertreter der Studierenden verließ die Sitzung aus Protest gegen das undemokratische Verfahren. Lenzen hielt sich die Entscheidung, die Stelle anzunehmen, allerdings noch offen und hat bis heute keine Entscheidung verkündet. Anstatt mit erneuten Protesten zu reagieren, hörten sich die studentischen BesetzerInnen am Abend des 20.11. aber zunächst geduldig die Version der AS-VertreterInnen an, die ins Audimax gekommen waren, um ihre Verarsche der Studierenden mit einem hämischen und natürlich völlig folgelosen „Dialog“ (die Entscheidung war ja schon gefallen) zu krönen.
Die kommende Vollversammlung, auf der am Montag, den 23.11., über die Causa Lenzen und eine Kampagne zur Gebührenfreiheit diskutiert werden sollte, war mit fast 2.000 Menschen zwar wieder gut besucht, dass es zu einer Protestaktion kam, war jedoch nur dem spontanen Vorschlag aus dem Publikum zu verdanken, rüber ins Präsidium zu gehen. Über 1.000 Studis zogen ins Hauptgebäude, um dem Vize-Präsidenten Fischer eine Resolution zu übergeben, die sich gegen das undemokratische Wahlverfahren und die Wahl Lenzens richtete. Fischer zeigte sich von der Masse der auf den Fluren sitzenden Studis relativ unbeeindruckt, sprach von einer „kleinen Minderheit“, die protestiere, und stellte klar: „Die Mehrheit der Lehrenden und Studierenden ist für den Bologna-Prozess!“ Mit einer kurzen Spontandemonstration und einem Go-In beim ASTA endete der Protesttag. Der ASTA verkündete derweil in der Presse, Lenzen „eine Chance geben“ zu wollen (Abendblatt, 23.11.)
Neue Besetzungen
In den folgenden Tagen gelang es zunächst nicht, die Dynamik zu nutzen und weitere größere Proteste zu initiieren. Dafür schlossen sich nun weitere Hamburger Universitäten den Besetzungen an. Am 23.11. wurde ein Hörsaal in der TU Harburg besetzt. Am gleichen Tag wurde das Gebäude der ehemaligen HWP (heute Fachbereich Sozialökonomie der Uni HH) für eine Woche komplett dichtgemacht. Am 27.11. schloss sich nach einer Vollversammlung von 150 Studierenden das "Department Soziale Arbeit und Pflege" der HAW in der Saarlandstraße an und besetzte einen Hörsaal. Der „Pferdestall“, das Gebäude der Sozial- und Politikwissenschaften an der Uni HH, wurde von Montag bis Mittwoch blockiert. Seit dem 30.11. ist ein Hörsaal im „Department Design“ der HAW in der Armgartstraße besetzt.
In den letzten Tagen kam es darüber hinaus zu kleineren Aktionen. Am 25.11. versammelten sich etwa 50 StudentInnen vor der Wissenschaftsbehörde, um gegen die Gespräche von Wissenschaftssenatorin Gundelach (CDU) mit Lenzen zu demonstrieren. Einen Tag zuvor hatten die Audimax-BesetzerInnen Lenzen zu einem Gespräch eingeladen – eine Einladung, auf die dieser bis heute nicht reagiert hat. Am 1.12. kamen etwa 20 Studierende der HAW zu einem Flashmob in der U-Bahn zusammen. Unter dem Motto “Keine Zeit“, verkleidet mit Uhr-Masken und bewaffnet mit Flyern, wurde lautstark auf die Situation des Bildungssystems aufmerksam gemacht.
Reaktionäre Studis machen mobil
Aber auch studentische Gegnerinnen und Gegner der Proteste machen mobil. Der Fachschaftsrat Wirtschaftswissenschaften mobilisiert mit einer Unterschriftenliste gegen die BesetzerInnen und der von den rechten Hamburger Jusos dominierte ASTA erklärte gegenüber der Presse: Die „Mehrheit der Studenten unterstützt Besetzung nicht mehr" (Abendblatt, 1.12.). Die Uni-Leitung, die bisher nicht auf die Besetzung des Audimax reagiert hatte und für ausgefallene BWL-Vorlesungen inzwischen Kinosäle anmietet, schickte nun über das Online-Portal Stine einen Brief an alle Studierenden, in dem Druck auf die BesetzerInnen aufgebaut und mit Anzeigen wegen Hausfriedensbruch gedroht wurde.
Erneut 1.000 auf der Straße
Am heutigen 2.12. gab es schließlich erneut eine größere Demonstration aller Studierenden (und mit Beteiligung auch von SchülerInnen), die vom Audimax lautstark in die Innenstadt zog. Zeitweise waren es über 1.000 Menschen, am Hauptbahnhof hatte sich die Demo jedoch stark verkleinert und zog mit nur noch etwa 400 Personen zurück zum Audimax. In den kommenden Tagen werden die Proteste weitergehen, am morgigen Donnerstag spielt u.a. die Band Irie Revoltes um 13 Uhr im besetzten Audimax. Der schwarz-grüne Senat hat bisher nicht auf die Proteste reagiert. Das Hamburger Hochschulgesetz, das u.a. die undemokratischen Strukturen an der Uni festschreibt, ist jedoch momentan in der Überarbeitung. Die regierenden Grünen haben es zwar fertiggebracht, öffentliche Kritik am Hochschulrat zu üben (Mopo, 22.11.), diesen hohlen Phrasen aber bisher keine Taten folgen lassen. Am 11. Dezember soll der Entwurf für ein neues Hamburger Hochschulgesetz zwischen Senat, Hochschulen und Studentenvertretungen beraten werden (Welt, 24.11.). Bleibt zu hoffen, dass die Studierenden einen langen Atem haben werden.
Mehr Infos
besetztes Audimax // HAW brennt // TU brennt // HCU brenntPressechronik (unvollständig)
HA 3.12. // HA 2.12. // Welt 2.12. // HA 1.12. // Mopo 1.12. // Mopo 30.11. // HA 28.11. // Indymedia 27.11. // Mopo 26.11. II // Mopo 26.11. I // Hamburg1 25.11. // NDR 25.11. // Tagesspiegel 25.11. // Indymedia 24.11. // Welt 24.11. // taz 24.11. II // taz 24.11. I // HA 24.11. // Welt 23.11. // taz 23.11. // NDR 23.11. // HA 23.11. // Mopo 23.11. // Tagesspiegel 23.11. // Welt 22.11. // Mopo 22.11. II // Mopo 22.11. I // NDR 21.11. // taz 21.11. // HA 20.11. III // HA 20.11. II // HA 20.11. I // Mopo 20.11. III // Mopo 20.11. II // Mopo 20.11. I // taz 20.11. II // taz 20.11. I // NDR 20.11. // Spiegel 20.11. // taz 19.11. // NDR 19.11. // Spiegel 19.11. // Hamburg1 19.11. // HA 19.11. // Mopo 19.11. //HA 18.11. // Indymedia 18.11. // Mopo 18.11. II // Mopo 18.11. I // taz 18.11. // HA 17.11. // HA 16.11. II // HA 16.11. I // Mopo 16.11. I // Mopo 16.11. II // Mopo 15.11. // HA 14.11. II // HA 14.11. I // Mopo 14.11. // HA 13.11. III // HA 13.11. II // HA 13.11. I // Mopo 13.11. // taz 13.11. // HA 12.11. // Mopo 12.11.(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)
Ergänzungen
hot und knusprig
http://wp.me/psdI6-BL
Juso Asta auf den mond schießen!!!
http://www.youtube.com/watch?v=yy2KW6Lq1F4
Echt zum totlachen am ende des Beitrages der Asta-Vorsitzende...hahahahaha! Echt peinlich erst boykottiert der Asta den Studienbebührenboykott, diestanziert sich vom Bundesweiten Bildungsstreik, stimmt für Lenzen unterstütz die Besetzung nicht und jetzt tut er so als ob er vermitteln würde...!
Es wird echt Zeit das die Karrierist_innen von der Juso Hochschulgruppe den WiWi's, Jura-Liste und Co., die derzeit den Asta an der Uni HH stellen bei der nächsten Stupawahl abgwählt werden
Soli-Grüße
Der AStA hat sie nicht mehr alle!
Studenten stürmten Rathaus
"Studenten protestieren im Festsaal des Rathauses gegen Bildungspolitik. Rund 50 Studenten haben am Donnerstag im großen Festsaal des Rathauses gegen die Bildungspolitik des Senats protestiert. Sie nutzten die Gelegenheit, vor einer öffentlichen Anhörung zum Nichtrauchergesetz auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. Nachdem die Studenten Redeerlaubnis erhalten hatten, forderten sie mehr Demokratie an der Uni und die Abschaffung von Studiengebühren. Die Bürgerschafts-Fraktionen sagten den Protestlern zu, sich mit ihren Forderungen auseinanderzusetzen. Nach einer Stunde zogen die Studenten wie zuvor mit den Politikern vereinbart ab." (www.ndr.de/nachrichten/hamburg/kurzmeldungenhh2.html)
Welt:
"Die Besetzung des Audimax der Uni Hamburg geht weiter. Die Hochschulleitung plant nicht, die besetzten Räume räumen zu lassen. Unterdessen stürmten aber Studenten auch eine Sitzung eines Bürgerschaftsausschusses im Rathaus, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Die protestierenden Studenten stürmten gestern Nachmittag das Rathaus: In einer öffentlichen Anhörung wollten CDU und GAL eigentlich über das Nichtraucherschutzgesetz diskutieren, doch die Studenten verlangten, sofort mit Bürgermeister Ole von Beust sprechen zu können. Andernfalls wollten sie den Raum nicht verlassen." ( http://www.welt.de/hamburg/article5417293/Studentengruppe-stuermt-Sitzung-im-Rathaus.html)
6.12. in Hamburg im CafeKnallhart (UniCampus)
Ende November startete eine Infotour zum aktuellen §278a Verfahren gegen
die österreichische Tierschutz-, Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung
durch Deutschland. Bei den Infoabenden werden österreichische
AktivistInnen von dem Verfahren, der U-Haft und ihren Erfahrungen berichten.
Die Termine im Einzelnen:
30.11.09 Bochum (Soziales Zentrum , Beginn 19:00)
01.12.09 Bonn (Buchladen Le Sabot , Beginn: 20.00)
02.12.09 Hannover (UJZ Kornstraße , Beginn: 20:00)
03.12.09 Osnabrück (SubstAnZ , Beginn 20:00)
04.12.09 Bremen (Infoladen
, Beginn: 20.00)
05.12.09 Oldenburg (Alhambra Siebdruckraum ,
Beginn 20:00)
06.12.09 Hamburg (DWP – Department für Wirtschaft und Politik –
Raumnummer: wird ausgeschildert sein), Beginn: 18:00)
07.12.09 Kiel (Li(e)ber Anders, Beginn 19:00)
08.12.09 Göttingen (JuzI , Beginn: 20:00)
Mehr Informationen finden sich auf der Website
http://antirep278a.blogsport.de/
Da nun der Prozessbeginn für Anfang kommenden Jahres ansteht ist es
dringend erforderlich, Spenden für die Betroffenen zu sammeln, um die
enormen Prozesskosten zu decken. Wir bitten euch deshalb, auf folgendes
Konto zu spenden bzw. dieses mit einer Spendenbitte an Interessierte
weiterzuleiten:
**Rote Hilfe e.V.
Kontonummer: 191100462
Bankleitzahl: 44010046
Postbank Dortmund
Zweck: § 278a**
Bitte weiterleiten!
Mehr Presse
"Studenten besetzen Rathaus. VON SIMONE PAULS
Eigentlich stand im Großen Festsaal des Rathauses gestern um 17 Uhr die öffentliche Anhörung zum neuen Rauchergesetz auf der Tagesordnung. Doch daraus wurde erst einmal nichts. Etwa 50 Studenten stürmten zuvor den Raum und besetzten das Podium.
Schon seit mehr als drei Wochen gehen studentische Aktivisten wegen schlechter Studienbedingungen auf die Barrikaden, sie halten Gebäude besetzt, darunter das Audimax auf dem Campus der Universität Hamburg. Gestern nun die erste große Protestaktion außerhalb des Uni-Geländes.
Um 16.50 Uhr tauchten gestern rund 50 Studenten im Großen Festsaal des Rathauses auf. Sie besetzten das Podium, riefen laut ihre Forderungen. Es folgte eine Diskussion mit Harald Krüger (CDU), dem Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses. Anschließend redeten sie mit Eva Gümbel, hochschulpolitische Sprecherin der GAL. Rathauspolizisten erschienen, doch es blieb ruhig. Nach 40 Minuten verließen die Studenten das Rathaus und verabredeten mit Eva Gümbel einen Termin für ein Gespräch.
Unterdessen hat sich der künftige Präsident der Uni Hamburg bei seinen Studenten gemeldet. In einem Brief skizziert Dieter Lenzen seine Ziele. Dort heißt es: "Ich bin davon überzeugt, dass die Gestaltung einer Zukunft unserer Hochschule gelingt, wenn Grundsätze und Überzeugungen gemeinsam getragen werden." Auf die Kritik an ihm ging er nicht ein."
( http://www.mopo.de/2009/20091204/hamburg/politik/studenten_besetzen_rathaus.html)
Kleinere Ausschreitungen nach Bauwagen-Demo
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
welche proteste?