H: Freisprüche für Antifa/Antimilitaristen

soli 02.12.2009 20:45 Themen: Antifa Militarismus Repression
Am Amtsgericht Hannover hat heute der zweite Verhandlungstag gegen einen linken Aktivisten stattgefunden.
Ihm wurde in zwei zusammengefügten Verfahren jeweils Körperverletzung vorgeworfen.
Im ersten Fall ging es um eine angebliche Körperverletzung gegen einen Feldjäger am Rande eines Bundeswehrgelöbnisses in Rheine.
Im zweiten Fall wurde dem Angeklagten vorgeworfen Dirk Heuer, einem hannoveraner DVU-Fascho, beim Plakate für die Europawahl anbringen, erwischt und umgeboxt zu haben.
Bereits am ersten Verhandlungstag hatte sich Dirk Heuer mit Äußerungen wie: er sei aus einer Gruppe Asozialer, Idioten und Vollidioten angegriffen worden oder seine Empfehlung für ein Urteil sei Einsperren und Schlüssel wegwerfen, ins Abseits geschossen.
Zum angeblichen Tathergang konnten weder er noch die Bullenzeugen mehr beitragen als, dass der Geschädigte irgendwie zu Boden gegangen sei.
Am heutigen, zweiten Verhandlungstag ging es nur noch um den Vorwurf den Feldjäger geschlagen zu haben.
Zu diesem Vorwurf wurden der geschädigte Feldjäger am ersten Tag und ein Bulle heute gehört. Diese schilderten den Verlauf zunächst gleich. Der Angeklagte habe mit einer weiteren Person einen Panzer am Rande des Gelöbnisses vor der rheiner Stadthalle bestiegen und ein „bundeswehrfeindliches Transparent“ gezeigt.
Nachdem der Angeklagte mehrfach aufgefordert worden sei den Panzer zu verlassen, habe er dies freiwillig getan. Nun tat sich aber ein entscheidender Widerspruch auf.
Der Feldjäger behauptete, während der Angeklagte vom Panzer stieg und sich noch in der Luft befand, auf die Brust geschlagen worden zu sein. Dagegen behauptete der Bulle der Schlag sei aus sicherem Stand in Gesicht geführt worden.
Auf Nachfrage der Anwältin wollte sich der Bulle dann aber doch nicht festlegen mit welchem Arm der Schlag geführt worden sei oder ob die Version des Feldjägers (Schlag im Flug auf die Brust) eher zuträfe.
Der Staatsanwalt sah in diesen Widersprüchen ein Beleg für die Glaubwürdigkeit der Zeugen, schließlich zeige es, dass sie sich nicht abgesprochen hätten. Er beantragte in Hinblick auf diesen Vorwurf und die zu erwartende Strafe das Verfahren mit dem Geschädigten Heuer einzustellen und eine Verurteilung zu einem BAFF-Wochenendseminar (Gewaltprävention) und zwei Wochenenden Jugendarrest.
Die Anwältin forderte in beiden Fällen Freispruch. Die Richterin folgte ihrer Argumentation in den entscheidenden Punkten. Im Heuer-Fall hätten sich keinerlei Beweise finden lassen und auch im Gelöbnisfall sei es nicht erwiesen, dass der Angeklagte bewusst und zielgerichtet geschlagen hätte. Es sei auch möglich, dass er beim vom Panzer steigen den Feldjäger gestriffen hätte. Dieser hätte ja auch keine Verletzungen nachweisen können.
Das Urteil ist erstmal sehr erfreulich, bleibt abzuwarten ob die Staatsanwaltschaft Berufung einlegt.

„Steh einmal auf! Schlag mit der Faust darein!
Schlaf nicht nach vierzehn Tagen wieder ein!
Heraus mit deinem Monarchistenrichter,
mit Offizieren – und mit dem Gelichter,
das von dir lebt und das dich sabotiert
an deine Häuser Hakenkreuze schmiert.“ Kurt Tucholsky

Kampagne für ein nazifreies Hannover:  http://kampagne.blogsport.de/
Antifa-Recherche-Blog Hannover:  http://watchout.blogsport.de/
Antimilitaristische Nachrichten Hannover:
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Ergänzungen

Kein Bund fürs Leben!

SaZ 03.12.2009 - 00:02
In letzter Zeit scheint die Bundeswehr überall zu sein: Egal, welchen Medien wir gerade Aufmerksamkeit schenken, sein es Radio, Zeitung, Internet oder Fernsehen, überall werden wir unangenehm von ihr überrascht.

Der nette Arbeitgeber von nebenan?
Ein Berliner Radiosender bringt regelmäßig einen Werbespot der Bundeswehr, welcher dann auf eine ihrer Internetseiten verweisen soll. In der Jugendzeitung „Spiesser“, welche kostenlos in nahezu jeder Berliner Schule zu finden ist, läuft genau das gleiche Spiel ab. Hier werden immer wieder ganzseitige Anzeigen des „Arbeitgebers Bundeswehr“ veröffentlicht. Und bei der Sendung „TV Total“ etwa war die Big Band der Bundeswehr vier Tage zu Gast.
Es ist klar: Die Bundeswehr wirbt nicht ohne Grund in Medien, die vor allem ein junges Publikum ansprechen wollen. Die Streitkräfte der BRD suchen dringend Nachwuchs. Und wie rekrutiert man am besten Teenager? Indem man als souveräner, jugendfreundlicher Arbeitgeber auftritt. Das versucht die Bundeswehr natürlich auch bei speziellen Veranstaltungen im Jobcenter oder Auftritten mit einem eigenen Werbemobil. Auf den ersten Blick scheint die Bundeswehr für junge Menschen ein attraktives und sinnvolles berufliches Angebot nach der Schule zu sein. Ein Studium beim Bund verspricht viele Vorteile:
„Einen krisensicheren Arbeitsplatz, gute Perspektiven für die Zukunft und die Möglichkeit, nach der Bundeswehrzeit in dem studierten Beruf zu arbeiten“.
Und was haben wir daran zu kritisieren? Nicht nur, dass man sich für 12 Jahre verpflichten muss, wenn man sich für ein Studium bei der Bundeswehr entscheidet, man muss sich auch darüber bewusst werden, für wen man dann arbeitet. Schon die Geschichte dieses Vereins spricht Bände: Nur sechs Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs startete man den Wiederaufbau einer deutschen Armee. In den ersten Jahren waren die meisten Soldaten ehemalige Offiziere der Wehrmacht und den Namen „Bundeswehr“ erhielten die deutschen Streitkräfte vom früheren Wehrmachtsgeneral Hasso von Manteuffel. Die Bundeswehr setzt die Kontinuität deutscher Kriegsführung, kaum gebrochen, fort.

„Befehl und Gehorsam“
Die Bundeswehr ist kein normaler Arbeitgeber im eigentlichen Sinn. Wenn du bei einem herkömmlichen Job keine Lust auf irgendeine Art von Arbeit hast, dann wirst du schlimmstenfalls gefeuert, beim Bund dagegen kommst du erstmal eine Weile hinter Gitter. Auch wenn es immer wieder so propagiert wird, es ist eben keine normale Lohnarbeit in der Bundeswehr: Es ist noch schlimmer!
Der_die Soldat_in bekommt keinen Lohn für seine/ihre Arbeit, sondern vergleichbar mit Beamt_innen einen Sold. Da er_sie im öffentlichen Dienst beschäftigt ist, unterliegt er_sie anderen, strengeren Regeln als ein_e „normale_r Arbeitnehmer_in“. Das bedeutet z.B., dass ein_e Soldat_in weder kündigen noch gekündigt werden kann, da kein vertragliches Arbeitsverhältnis besteht.
Jegliche Fehler wie „Befehlsverweigerung“ oder Nichterfüllung der Aufgaben werden strenger geahndet und ziehen schwerwiegendere Konsequenzen nach sich, als bei einem normalen Bürojob. Und auch die hierarchischen Strukturen spielen eine ganz andere Rolle. Zu Beginn befindet man sich am untersten Ende der Befehlskette und es gibt dort garantiert keinen Platz für eigene Ideen, denn natürlich gilt das Prinzip von „Befehl und Gehorsam“.

Und sonst so?
Die Bundeswehr als Institution ist ein Faktor dafür, wie sich Staat und Nation, sprich Herrschaft und ausschließender Kollektivismus, in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung reproduzieren. Sie ist ein wichtiges Machtmittel, die bewaffnete Versicherung auf die Souveränität des deutschen Staates. Indem ein Staat seine Grenzen bestimmt, sie bewaffnet, sichert und mit einer Multimilliarden-Euro-Armee notfalls auch verteidigen kann, definiert er, wer dazugehört und wer nicht. Dieser ausschließende Kollektivismus gehört zur Grundgestalt jeder Nation. Er intensiviert sich durch den Gedanken der Schicksalsgemeinschaft. Schicksalsgemeinschaft deswegen, weil alle Menschen, die im selben Staat leben, sozusagen für die Nationalökonomie an „einem Strang ziehen müssen“.
Nationale Betriebe müssen entsprechend erfolgreich sein (Import, Export, dies, das), damit der Staat sich in der Weltmarktkonkurrenz behaupten kann.
Die Bundeswehr agiert international, einerseits um den Zugang zu Rohstoffen nachhaltig zu schützen und zu sichern, andererseits um politische Ziele zu verwirklichen und damit neue Absatzmärkte zu gewinnen. Die Intervention in Afghanistan zum Beispiel hat zwar auch ansatzweise demokratische Verhältnisse hervorgebracht, aber schlicht aus dem Grund, dass es sich mit diesen als Voraussetzung leichter handeln lässt als mit marodierenden Warlordhorden.
Der Iran dagegen ist auch ohne Menschenrechte und bürgerliche Demokratie ein verlässlicher Handelspartner für die deutsche Wirtschaft, weshalb eine militärische Intervention dort nicht nur gar nicht nötig ist, sondern den wirtschaftlichen Beziehungen sogar schaden würde. Und im Sudan als beliebiges Beispiel für Länder, an denen die BRD keinerlei ökonomische oder politische Interessen hat, gibt es auch keine (militärische) Intervention, um die Situation vor Ort zu stabilisieren oder demokratische Mindeststandards als Grundlage für wirtschaftliche Handelsbeziehungen zu etablieren.
Somit wird die Stellung eines Staates in der Weltmarktkonkurrenz von der Armee gefestigt.
Am Beispiel Bundeswehr lässt sich folglich gut veranschaulichen, wie das politische System, in dem wir leben, funktioniert. Es beruht auf Ausschlussmechanismen und Konkurrenz, auf Zwang und der Freiheit, diesem Zwang nachzugehen.
Das sind mehr als genug Gründe, der Bundeswehr den Mittelfinger zu zeigen, anstatt für sie zu arbeiten!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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