Erneute Repressionswelle im Baskenland

Rabia 24.11.2009 18:23 Themen: Repression Weltweit
In der Nacht zum Dienstag (24.11.) kam es in den zu Spanien gehörenden baskischen Provinzen Gipuzkoa, Bizkaia, Araba und Nafarroa zu 34 Festnahmen und 92 Hausdurchsuchungen durch die Polizei und die Guardia Civil.

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Die Polizeioperation war vom Ermittlungsrichter der Audiencia Nacional (Sondergericht für Terror- und Drogendelikte), Fernando Grande Marlaska, angeordnet worden, der gestern zusammen mit zwei Staatsanwälten nach Donostia gereist ist, um den Einsatz zu koordinieren.

Einer Erklärung des Innenministeriums zufolge, handelt es sich bei den Festgenommen um Führungspersonen der im Jahr 2001 illegalisierten Jugendorganisation SEGI, die von der spanischen Justiz der bewaffneten Organisation ETA zugerechnet wird. Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba erklärte sich mit diesem Schlag gegen die finanzielle und logistische Struktur von SEGI „sehr zufrieden“ und äußerte, dass die Operation drei grundsätzliche Ziele verfolge: 1. Verhinderung des Wiederaufbaus der verbotenen Organisationen der ETA, 2. Zerschlagung des potenziellen Nachwuchses der ETA, 3. Kampf gegen die Straßengewalt, die innerhalb der Organisation ETA SEGI zukomme.

Wie es sich für einen Einsatz gegen vermeintliche TerroristInnen gehört, wurden 650 Polizeikräfte eingesetzt, die, bewaffnet und maskiert, die Festnahmen der 34 Jugendlichen durchführten und 92 Objekte, insbesondere Wohnungen, Jugendzentren, Lokale und Nachbarschaftsvereine durchsuchten. Gefunden wurden u.a. Dokumente der Organisation SEGI, Aufkleber, Gasflaschen von Campingkochern und 6000 Euro in Umschlägen.

Die Aussage des Innenministeriums, dass der Einsatz noch nicht vorbei sei, ist wenig verwunderlich. Repressionsschläge wie dieser folgen der staatlichen Strategie von „alles ist ETA“ und zielen auf die Zerschlagung jeglicher politischer Praxis der linken baskischen Unabhängigkeitsbewegung ab.

Das bleibt jedoch nicht unbeantwortet: Für heute Abend ist in zahlreichen baskischen Orten zu Demonstrationen für die Solidarität mit den Festgenommenen und gegen die spanische Repressionspolitik aufgerufen worden.

Aktuelle Informationen zur Situation im Baskenland: http://www.info-baskenland.de/

Informationen zu den Festnahmen und Hausdurchsuchungen (auf Spanisch):
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Ergänzungen

Jugendorganisation »enthauptet«

junge Welt 24.11.2009 - 23:31
Spanische Polizei nimmt 34 linke Jugendliche unter »Terrorverdacht« fest
Von Ingo Niebel

Eine groß angelegte Polizeiaktion im Baskenland führte gestern zu 34 Verhaftungen und 92 Hausdurchsuchungen. Die Operation richtete sich gegen die verbotene Jugendorganisation Segi (Weitermachen).

Die schwerbewaffneten Polizisten stürmten Wohnungen, Jugendhäuser (Gaztetxeak) und linke Herriko Tabernak (Volkskneipen) auf der Suche nach Verdächtigen und Beweismate­rial. Die Großoperation leitete Fernando Grande-Marlaska, Ermittlungsrichter am Madrider Sondergericht für Terror- und Drogendelikte, der Audiencia Nacional. Den Festgenommenen wirft er vor, weiter in der verbotenen Segi tätig gewesen zu sein und deren verdeckte Arbeit finanziert zu haben. 2001 hatte die Audiencia Nacional die beiden Vorgängerorganisationen Jarrai (Vorangehen) und Haika (Aufstehen) illegalisiert. Der Bannspruch traf auch Segi, die das Oberste Gericht im Januar 2007 als »terroristisch« einstufte. Mittelfristig bedeutet das für die Betroffenen, daß sie allein wegen der »Zugehörigkeit zur einer terroristischen Bande« mit sechs bis sieben Jahren Haft rechnen müssen. Kurzfristig können sie als »Terrorverdächtige« in die gefürchtete Incomunicado-Haft kommen, das heißt, in den nächsten fünf Tagen dürfen sie keinen Kontakt zu ihren Familien, Ärzten oder Anwälten ihres Vertrauens aufnehmen. Während dieser besonderen Form des Polizeigewahrsams kam es des öfteren zu Folterungen.

Der sozialdemokratische Innenminister der Autonomen Baskischen Gemeinschaft, Rodolfo Ares (PSOE), beglückwünschte die Polizei zu ihrer »sehr wichtigen« Aktion. Diese habe darauf abgezielt, »eine illegale Organisation zu enthaupten«, sagte er dem öffentlichen baskischen Rundfunksender Radio Euskadi.

Die verbotene linke Unabhängigkeitsbewegung des Baskenlandes hat den Verhafteten und ihren Familien ihre Solidarität ausgedrückt. In einem gestern veröffentlichten Kommuniqué bewertet die baskische Linke die Operation als den Versuch der Spanischen Sozialistischen Arbeiterpartei (PSOE) von Premier José Luis Rodríguez Zapatero, »mit Gewalt jegliche Lösung zu verhindern«.

Für den Abend waren Solidaritätskundgebungen in verschiedenen Orten des Baskenlandes angekündigt.

junge Welt, 25.11.2009

Stellungnahme der Abertzalen Linken

info-baskenland.de 25.11.2009 - 08:39
Zuerst einmal möchte die Abertzale Linke ihre Solidarität mit den verhafteten Jugendlichen, ihren Familien und Freunden bekräftigen. Einmal mehr wurde die Jugend Opfer der spanischen Repression. Einmal mehr war die Anschuldigung, organisiert für Euskal Herria (das Baskenland) zu arbeiten, Grund für die fremde (spanische) Polizei, baskische Jugendliche zu verhaften. Wir sind in Sorge, was den Verhafteten in den Händen der Polizei widerfahren könnte und fordern ihre sofortige Freilassung.

Derzeit findet in der Abertzalen Linken eine tief greifende Diskussion statt. Wir arbeiten an einer Strategie, die es uns erlaubt, ein demokratisches Szenario zu entwickeln und in Euskal Herria politische Veränderungen zu erreichen. Es ist klar, dass der spanische Staat davor Angst hat. Wir waren uns bewusst, dass der Staat zu solchen Polizeioperationen greifen würde, um unsere Diskussion und die politische Initiative der Abertzalen Linken zu konditionieren. Die Repression ist das einzige Werkzeug, auf das der spanische Staat setzt.

Der Staat hat Angst vor einer Diskussion. Er hat keine politischen Argumente, die die Leugnung der Existenz des Baskenlandes rechtfertigen. Er kann nicht rechtfertigen, den baskischen Bürgerinnen und Bürgern das Recht, ihre Zukunft selbst zu bestimmen, vorzuenthalten. Die PSOE will alle Wege zu einer Lösung (des spanisch-baskischen Konflikts) mit Gewalt verschließen. Die PSOE will uns mit Waffengewalt das spanische Projekt aufzwingen.

Letzte Woche jährten sich zum 25., bzw. zum 20. Mal die Jahrestage der Ermordung von Santi Brouard und Josu Muguruza (zwei baskische linke Politiker, die während der PSOE Regierung 1984 bzw. 1989 von Todesschwadronen ermordet wurden). Heute Nacht haben sie dutzende baskische Jugendliche verhaftet. Keiner soll glauben, dies seien Demonstrationen der Stärke. Nur ein schwacher Staat, der Angst vor der politischen Auseinandersetzung hat, greift gegen seinen politischen Gegner zu solchen Mitteln.

Trotz der Angriffe steht die Abertzale Linke weiterhin zu den Inhalten des Dokuments, mit dem sie in Altsasu ihre neue Initiative (zur Konfliktlösung) präsentierte. Kein repressives Vorgehen wird uns von diesem Weg abbringen. So sehr sie es versuchen, sie werden uns nicht von unserer Entscheidung abbringen, einen demokratischen Prozess zu initiieren und zu entwickeln. Die Abertzale Linke ist auf eine politische Konfrontation mit dem Staat vorbereitet und reicht den politischen, sozialen und gewerkschaftlich organisierten Aktivisten hierfür ihre Hand.

Zum Schluss wollen wir dazu aufrufen, sich in Solidarität mit den Verhafteten an den Protesten gegen diese politisch-polizeilichen Operationen zu beteiligen.

Mutig voran!

Ezker Abertzalea, 24. November 2009



Abertzale Linke: Die Bedeutung des baskischen Begriffs “Abertzale” ist in diesem Kontext eng verknüpft mit der speziellen Ausprägung der baskischen Unabhängigkeitsbewegung als progressive und internationalistische Bewegung. Als solche umfasst sie ein breites Spektrum von Organisationen, wie zum Beispiel politische Parteien, Gewerkschaften und kulturelle Organisationen, sowie bedeutende Teile der Frauen- , Umwelt- und Internationalismusbewegungen, die das gemeinsame Ziel der Befreiung des Baskenlandes haben. So wie Republikanismus eine besondere Bedeutung im irischen Kontext besitzt, kann der Begriff Abertzale nicht nur einfach als Unabhängigkeitsbewegung übersetzt werden, ohne seine progressive Bedeutung zu betonen.

Verhaftete in Incommunicado-Haft

info-baskenland.de 25.11.2009 - 17:08
Alle gestern verhafteten 34 Jugendliche wurden nach Madrid überstellt und befinden sich weiter in Incommunicado-Haft. Nach weiteren 7 Jugendlichen, die gestern nicht in ihren Wohnungen angetroffen wurden, wird zurzeit gefahndet. Am Abend demonstrierten mehrere Tausend Menschen an verschiedenen Orten gegen die Verhaftungen.

Anschläge auf Bahnhof und Bus

info-baskenland.de 27.11.2009 - 12:34
An der Metro-Station in Getxo entstand heute morgen erheblicher Sachschaden durch einen Sprengsatz. Verletzt wurde niemand.

In Markina wurden gestern Abend die Passagiere eines Linienbusses von Unbekannten zum aussteigen gezwungen. Der Bus wurde anschließend in Brand gesetzt und brannte vollständig aus.

11 der am Dienstag verhafteten Jugendlichen wurden ins Gefängnis überstellt. Zwei Jugendliche befinden sich wieder auf freien Fuß, die restlichen Jugendlichen sind weiter in Incommunicado-Haft.

Richter Grande Marlaska hatte zuvor Maßnahmen zur Prävention von Folter für die Verhafteten abgelehnt.

Aktualisierung

Uschi Grandel 30.11.2009 - 22:43

Zwei neue Berichte zum aktuellen Stand der Verhaftungen und zum politischen Umfeld:
(1) Ingo Niebel: »Ihr werdet uns nicht stoppen«
(2) Uschi Grandel: Verhaftet wegen ihres politischen Engagements

Egunkaria Prozess beginnt

Uschi Grandel 13.12.2009 - 23:29

Interview

Paul 15.12.2009 - 10:50
Habe ein Interview zum heute beginnenden Prozess gegen die baskische Tageszeitung gefunden. Interessant, findet sich hier:  http://www.neues-deutschland.de/artikel/161168.gerechtigkeit-erwarte-ich-nicht.html

Sie wurde vor fast sieben Jahren geschlossen, die Journalisten gefolrtert, doch sogar die Staatsanwaltschaft hat die Einstellung gefordert, weil es keine Hinweise auf eine Verstrickung zur ETA gibt. Er wird aber, gegen alle Rechtsnormen, auf Basis einer "Volksanklage" von zwei faschistischen Organisation durchgezogen. 12 - 14 Jahre werden für die fünf Angeklagten gefordert und weil ein paar Tausend Euro an Mehrwertsteuer nicht gezahlt wurden, soll noch ein Prozess gegen acht Personen folgen, wo bis zu 26 Jahre gefordert werden.

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