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Bln.: Kesselhaus will Sizzla-Konz durchziehen

Smash Homophobia - Supporters 20.11.2009 20:09
Laut einer Stellungnahme des Kesselhauses, wollen die Veranstalter_innen des Konzertes den Auftritt von Sizzla um jeden Preis durchsetzen. Klar wird hier, das Bündnis „Smash Homophobia“ hat sich darum entschieden am 26. November eine Demonstration (26.11.2009, 18.30 Uhr S-Bhf. Schönhauser Allee) gegen das Konzert durchzuführen. Es hat sich im Laufe der vergangenen Tage gezeigt, dass das Kesselhaus entgegen besseren Wissens über Sizzlas Einstellung das Konzert durchzuführen.
Im folgenden Artikel wollen wir die Schreiben des Kesselhauses dokumentieren und unsere Kritik an diesen öffentlich machen. Weiterhin geht es uns um eine Auseinandersetzung mit den Abwehrreflexen einiger Indymedia-Nutzer_innen bezüglich des Themas Homophobie.
In einer Stellungnahme des Kesselhauses heißt es „in Zusammenarbeit mit dem LSVD und Vertretern der lokalen wie überregionalen Politik haben wir im letzten Jahr ein Schreiben ähnlich dem Reggae Compassionate Act London in 2007 verfasst, dass für Künstler und Veranstalter in Deutschland bindend ist. Im Vorfeld zum Konzert von Sizzla am 26.11. in Berlin und seiner anschließenden Tour durch Deutschland informieren wir Sie, dass der Künstler dem Reggae Compassionate Act Berlin zugestimmt hat. Sizzla ist einer der Unterzeichner des RCA London von 2007 und hat sich seitdem an seine Verpflichtung gehalten. Entsprechende Erklärungen finden Sie im Anhang.“ [1]

Die Nachricht mit diesem Inhalt erreichte bereits am 12. November das Büro des Kölner LSVD-Sitzes. Laut Aussagen des LSVD haben die Veranstalter_innen allerdings nie mit dem LSVD gesprochen. Lediglich eine Mail mit diesem Inhalt wurde ihnen vorgesetzt. Zu bemerken sei hier, dass das relativ ungefragt geschah, fast so als hätten die Veranstalter_innen mit Kritik gerechnet und profilaktisch eine PM an den LSVD geschickt.
Nach Beschwerden seitens des Verbandes änderte die Kulturbrauerei die Formulierung in ihrer aktuellen PM vom 20.11.09 diesbezüglich wie folgt ab „Wir sind noch einen Schritt weitergegangen, als wir letztes Jahr, in Zusammenarbeit mit schwul-lesbischen Verbänden und Vertretern der Politik den Reggae Compassionate Act Berlin (RCA Berlin) verfasst haben. Wir veranstalten nur noch Konzerte von Künstlern, die den RCA Berlin unterschreiben“.

Weiterhin heißt es „Wir akzeptieren die Haltung, dass das für viele nicht ausreichend ist. Zu diesem Thema ist eine weitere Auseinandersetzung notwendig. Wir sind jedoch der Meinung, dass es nicht die Aufgabe eines einzelnen Veranstalter sein kann, diese Veränderungen zu erwirken, sondern die Aufgabe der schwul-lesbischen Verbände Deutschlands und ihrer Partner weltweit sowie der Politik, auf diese Problematik weiterhin aufmerksam zu machen und eine weltweite Gültigkeit des RCA zu erreichen. Die Kulturbrauerei war und ist immer ein Ort für den Dialog zwischen den Kulturen und natürlich auch für die Auseinandersetzung bei kulturellen Konflikten. Wir werden uns deswegen nicht für eine Absage des Konzertes entscheiden, sondern die Gelegenheit bieten, dass diese Auseinandersetzung einen konkreten Raum bekommt“ [2].

Die Kulturbrauerei, wie auch das Kesselhaus zieht sich in beiden Stellungnahmen auf eine bloße Formalie zurück und scheut sowohl eine offene inhaltliche Auseinandersetzung wie auch die Verantwortung für die Künstler, denen sie eine Bühne geben. Mit der Unterzeichnung des RCA Berlin, wie des RCA London scheint für die Veranstalter_innen alles geklärt zu sein. Anzumerken ist, dass Sizzla bereits mehrmals den Londoner RCA gebrochen hat [3]. Dass Sizzla trotz seiner Absichtserklärung noch lange nicht aufhört homophob zu sein räumen sie sogar selbst ein, schieben die Verantwortung mit ihrer Aussage allerdings auf die politischen Verbände ab und ziehen sich aus der Verantwortung. Mit der Aussage, die Kulturbrauerei war schon immer ein Ort an dem sich Kulturen ausgetauscht haben, kulturalisieren sie das Problem Homophobie. Fast so als wäre ganz Jamaika homophob. Es ist einfach mal Tatsache das nicht heterosexuelle Menschen in Jamaika unter dem gesellschaftlichen Klima massiv leiden, allerdings würden wir nicht so weit gehen es allen zu unterstellen. Die Kesselhausbetreiber_innen jedoch tun dies in dem sie Homophobie als eine Art von Kultur darstellen und begreifen und diese analog mit Reggae bzw. Jamaica gleichsetzen sei.

Außer den zwei Pressemitteilungen ist es derzeit nicht möglich die Presse- und Öffentlichkeitsarbeitsstelle unter Anne Katrin Hülsmann telefonisch zu erreichen. Auf Nachfragen heißt es immer wieder die Verantwortlichen seien in einer Sitzung. Klar wird das das Kesselhaus sich scheut den Auftritt abzusagen, da sie sonst hohe Vertragsstrafen an die Organisator_innen der Sizzla-Tour zahlen müssten. Sizzla ist derzeit einer der angesagtesten Reagge/Ragga-Artists und füllt mit seinen Auftritten Hallen und spielt entsprechend Geld ein.

Hans Georg Stocker, Chef des Münchener Backstage-Clubs, wo Sizzla am 27. November auftreten soll, formulierte seinen Versuch der politischen Schadensbegrenzung wie folgt „Der Songtext wurde falsch übersetzt, in Wirklichkeit heißt es nicht „verbrennt die Schwulen“ sondern so viel wie: „Schande über die Schwulen“.“ [4]. Die Zitate aus der Pressekonferenz seien nicht richtig übersetzt gewesen. Was soll uns das sagen? Das es eine gute und schlechte Homophobie gibt? Anscheinend. Ist es doch bezeichnend für diese Gesellschaft, das religiöse und politische Einstellungen erst immer dann als Problem angesehen werden, wenn sie sich in offener Gewalt ergehen. Mit Inhalten will mensch sich nicht beschäftigen, schließlich würde dies eine Positionierung bedeuten und könnte nachteilige Folgen auf das eigene ungestörte bürgerliche Leben haben.

Die Veranstalter_innen der Konzerte rechtfertigen ihre eigene Inkonsequenz gegenüber homophober Mordpropaganda mit allerlei Mühe, die sich letzten Endes in Unbeholfenheit erschöpft. Wesentlich geschickter stellen sich in dieser Hinsicht linke Sozialromatiker an, die unter anderem auf Indymedia [5] ihren Musikgeschmack versuchen zu rechtfertigen. Der Vorwurf lautet wie so oft „Eurozentrismus“. Mensch müsse verstehen, dass Homophobie in anderen „Kulturkreisen“ normal sei und das es die Menschen nicht besser wissen können, da sie auf Grund ihrer Marginalisierung (Rassismus, soziale Ausgrenzung usw.) mit anderen Problemen zu kämpfen haben. Dem müssen wir die Frage entgegenhalten „lässt sich Eurozentristischer Rassismus mit kulturrassistischen Argumenten bekämpfen?“. Wir denken nicht. Menschen die die Initiativen gegen homophobe Reggae-Konzerte auf diese Art kritisieren arbeiten selbst mit rassistischen Zuschreibungen. Wir wollen und können nicht die Ansicht teilen, das haben wir eingangs schon erwähnt, dass alle Menschen aus Jamaika etc. homophob seien. Wer auf diese Art und weise argumentiert, sei es auch mit einer Rechtfertigung die mit sozialer Marginalisierung und rassistischer Ausgrenzung verknüpft ist, der_die macht selbst die Kategorien „Zivilisation“ und „Barbarei“ auf.
Wir glauben nicht an die Mär vom „antizivilisatorischen Barbaren“, der nicht weit genug entwickelt ist um angebliche „westliche Mindeststandards“ einzuhalten. Die Aussage, dass Homophobie bei sogenannten „Marginalisierten“ normal sei weil sie marginalisiert sind erachten wir als Blödsinn, weil diese Aussage impliziert, das wohlhabendere, „besser gebildete“ und rassistisch nicht diskriminierte Menschen weniger homophob seien.

Das Bündnis „Smash Homophobia“ besteht aus Menschen, die in verschiedenen Bereichen politisch aktiv sind. Wir engagieren uns hier vor Ort in den sozialen Kämpfen, sind gegen Nazis aktiv und haben in den letzten Jahren aktiv gegen den antimuslimischen Rassismus in Pankow-Heinersdorf gekämpft. Wir sehen die Problematik von Homophobie und Sexismus nicht allein in anderen Ländern oder lediglich in der HipHop und Reggae-Bereich. Es sind gesellschaftliche Probleme, die auch gesamtgesellschaftlich angegangen werden müssen. Wenn es nötig ist gegen die Mehrheitsgesellschaft. Das Konzert am 26. November findet nicht außerhalb dieses Gesellschaftlichen Rahmens statt, weshalb wir uns die weltfremden Argumentationen auf Indymedia nicht erklären können, die Sizzla und die Mord-Sänger seiner Zunft als „kleineres Problem“ darstellen. Wir lehnen die linke Vorliebe für das „kleine und niedliche“ ab, wir haben keine Sympathie für einexotisierendes Kulturverständnmis, das reaktionäre Scheiße rechtfertigt. Unsere Kritik soll am 26. November auch nicht die popkulturellen Erlebniswelten aussparen, die ebenfalls Sexismus, so wie Trans- und Homophobie am laufenden Band produzieren. In Kurzer form ist dies auch im Aufruf zur Demo angeführt [6].

Kommt darum am 26. November zur Demonstration gegen das Sizzla-Konzert!
Zusammen gegen Ausgrenzung und Unterdrückung in jeder Form!

26. November 2009, 18.30 Uhr, S-Bhf. Schönhauser Allee, Berlin

- - - Links - - -

Bündnis:  http://smashhomophobia.blogsport.de/
Antifa in Nordostberlin:  http://nea.antifa.de/
Tuntenhaus:  http://tuntenhaus-berlin.de/
Subkultur im Kiez:  http://www.myspace.com/subversivberlinmitte

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Macht Werbung für die Demo:
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- - - Quellen - - -
[1]  http://smashhomophobia.blogsport.de/2009/11/19/stellungnahme-der-veranstalter_in/
[2]  http://www.pride1radio.com/index.php/pride1aktuell/603-kulturbrauerei-verteidigt-sizzla-konzert-in-berlin
[3]  http://www.lsvd.de/fileadmin/pics/Dokumente/Homosexualitaet/Sizzla_FactSheet.pdf
[4]  http://www.tz-online.de/aktuelles/muenchen/streit-auftritt-eines-schwulen-hassers-tz-509918.html
[5]  http://de.indymedia.org/2009/11/266344.shtml
[6]  http://smashhomophobia.blogsport.de/aufruf/
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Ergänzungen

jamiaca ist homophob !

tröte 20.11.2009 - 21:18
"Fast so als wäre ganz Jamaika homophob. Es ist einfach mal Tatsache das nicht heterosexuelle Menschen in Jamaika unter dem gesellschaftlichen Klima massiv leiden, allerdings würden wir nicht so weit gehen es allen zu unterstellen."

das solltet ihr aber. wer sich mit der jamaicanischen gesellschaft ein wenig auseinandersetzt stellt schnell fest, dass von christlichen moralvorstellungen abweichende sexualitäten dort als das pure böse gelten. die betroffenen personen sind massiv sowohl rechtlicher als auch gesellschaftlicher repression unterworfen.

dieses phänomen ist meiner ansicht nach allerdings relativ austauschbar und als regional spezifisch zu betrachten. (aber auch in vielen andere regionen der welt zu finden).

neben den üblichen mechanismen, der sprichwörtlichen "HOMOPHOBIE" der angst der (hauptsächlich) männer vor gleichgeschlechtlicher liebe und dem starken christlichen
glauben, sei noch angemerkt, dass die anale vergewaltigung in jamiaca früher beliebte strafe der sklaventreiber war. die skalverei ist nich erst seit der popularisierung der rasta kulte und des daraus resultierenden aufleben eines "schwarzen" bewußtseins ein äußerst prägendes thema in der jamaicanischen gesellschaft. eine distanzierung von dieser traumatisierenden erniedriegung unter mitwirkung religiöser und machistischer elemente tritt dadurch ein.

ein sehr interessanter bericht :

 http://www.youtube.com/watch?v=UZZFp-MzD-A

und zum thema:

 http://de.wikipedia.org/wiki/Battyman-Tune

 http://de.wikipedia.org/wiki/Homosexualit%C3%A4t_in_Jamaika

@ detlef

na wenn du meinst 21.11.2009 - 00:22
Eine ganz interessante drucksache des deutschen Bundestags auf eine Anfrag von Volker Beck

 http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/099/1609953.pdf

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da haben wir sie — detlef