[Aachen] Antirevolutionärer Bildungsstreik

Kampagne „Revolution jetzt!“ 20.11.2009 17:41
+++ mehr als 3000 Menschen auf Bildungsstreikdemo in Aachen +++ revolutionäre Kritik unterbunden +++ „Buh“-Rufe beim Zeigen von Antifa-Fahnen +++ Alkoholkonsum vor/während der Demo +++ zwei Nazis durch Polizei der Demo verwiesen +++
Die Bildungsstreikbewegung wächst. Immer mehr Menschen gehen auf die Straße, weil sie mit dem bestehenden Bildungssystem unzufrieden sind. Es gibt Großdemonstrationen, Kreuzungen werden blockiert, Unis werden besetzt. Wer sich allerdings Hoffnungen auf ein Revival der 68er-Revolte gemacht hat, wurde bitter enttäuscht. Zumindest in Aachen.

Nazis raus! Aber wie?

Die Demo in Aachen, die in ihrem Verlauf stetig anwuchs, begann am Theater. Dort versammelten sich gegen 13 Uhr fast 2.000 Menschen, darunter auch zwei bekannte Nazis. Anstatt diese selbst der Demo zu verweisen, zog die Versammlungsleitung die Polizei hinzu. Nachdem diese die Personalien der Nazis und auch einiger Umstehender kontrolliert hatte, verwies sie die Nazis des Platzes. Durch die Lautsprecheranlage tönte „Nazis raus!“, was von einem Großteil der Demonstrierenden mitgerufen wurde. Eine konkrete Handlung folgte daraus aber leider nicht. Trotzdem kam das Gefühl auf, es gebe eine Art „antifaschistischen Minimalkonsens“ unter den Demonstrierenden.

„Wir wollen Euch hier nicht!“

Wie minimal dieser „Konsens“ war, zeigt sich wenig später, Als die Demonstration sich in Bewegung setzte, entrollten einige Menschen ein Transparent mit der Aufschrift „Ohne Revolution keine freie Bildung! Revolution jetzt!“. Auf der Rückseite des Banners waren zwei „Antifaschistische Aktion“-Fahnen befestigt. Als diese zu sehen waren, buhte ein Großteil der Leute, die hinter dem Transparent liefen und kommentierte die Solidaritätserklärung der Antifaschist_innen mit Sprüchen wie „Wir wollen Euch hier nicht!“ oder „Verpisst Euch!“ Als die Antifa-Fahnen eigenständig eingepackt wurden, entspannte sich die Situation allerdings nicht. Es hieß, Revolution habe nichts mit dem Bildungsstreik zu tun und das Transparent solle eingepackt werden; mensch könne gerne mitlaufen, aber nicht mit „extremen“, bzw. „radikalen“ Forderungen.

Toleranz und Pluralität?

Von einer Bewegung, die das Bildungssystem gerechter gestalten möchte und sich für finanziell benachteiligte Menschen einsetzt, sollte eigentlich zu erwarten sein, dass „demokratische Werte“ wie Toleranz und Pluralität eine Selbstverständlichkeit sind. So allerdings nicht im konservativ geprägten Aachen. Anstatt weitreichende Systemkritik zu tolerieren, wurden revolutionäre Perspektiven auf der Demo nicht zugelassen und Menschen, denen die bisherige Kritik am Bildungssystem zu verkürzt erscheint, dazu gedrängt, ihre Transparente einzupacken. Beim Unterbinden der Kritik beteiligten sich übrigens nicht nur konservative Yuppie-Studierende, sondern auch Ordner_innen der Demo.

Remember the 17th of June 2009!

Bei der letzten Bildungsstreikdemo in Aachen am 17. Juni 2009, die vom selben Bündnis wie die jetzige Demo organisiert wurde, gab es keinerlei Probleme, mit besagten Transparent auf der Demo mitzulaufen. Dies könnte der Tatsache geschuldet sein, dass im Juni deutlich mehr Schüler_innen am Streik teilnahmen, die häufig nicht so konservativ und antirevolutionär wie ein Großteil der Studierendenschaft in Aachen eingestellt sind. Somit liegt das Problem weniger beim Bündnis, als bei den konservativen Demoteilnehmer_innen. Dennoch sollte sich das Bündnis öffentlich zu den Vorfällen positionieren und eine eindeutige Haltung herausstellen, was die Toleranz von Systemkritik betrifft.

It's Partytime?

Sicherlich sollte eine Demonstration auch Spaß machen; das sollte nicht vergessen werden. Den hatten viele Teilnehmer_innen am 17. November auch durch die vielen Renneinlagen und kurzfristigen Kreuzungsbesetzungen. Wenn der Spaß allerdings soweit geht, dass ein Drittel der Demo schon vor Beginn Bier trinkt und der Konsum sogar während der Demo nicht beendet wird, ist dies doch sehr bedenklich. Denn im angetrunkenen Zustand gefährdet mensch auf einer Demo nicht nicht nur sich, sondern auch andere Menschen. Das sollte nächstes Mal bedacht werden.

Warum denn eigentlich Revolution?

Revolutionäre Kritik ist notwendig. Sie ist notwendig, weil Revolution notwendig ist. Sie ist es, weil das Bildungssystem dem kapitalistischen Profitinteresse unterworfen ist. G8 wurde eingeführt, damit die Arbeitskräfte schneller auf dem Markt sind, Kopfnoten wurden eingeführt, um „sozial ungeeignete“ Menschen aussortieren zu können, es gibt Noten, um Menschen verwertbar zu machen. Bachelor/Master an der Uni haben im Prinzip das gleiche Ziel, wie G8 an Schulen: Die Menschen sollen dem Arbeitsmarkt schneller zur Verfügung stehen. Das Bildungssystem ist nicht dazu da, die Individualität der Einzelnen zu fördern oder aus den Schüler_innen und Studierenden „Demokrat_innen“ zu machen. Es ist dazu da, die Maschine am laufen zu halten, Menschen zu Zahnrädern in der Maschine zu machen. Lasst uns dem etwas entgegensetzen! Seid Sand im Getriebe! Seid krumme Zahnräder! Denn wer will schon ein Stück vom Kuchen, wenn sie_er die ganze verdammte Bäckerei haben kann?!

Für weitreichende Veränderungen des Bildungssystems!
Für eine revolutionäre Bildungsstreikbewegung!
Stürzt die bestehenden Herrschaftsverhältnisse um!

Mit schwarz-roten Grüßen,
Kampagne „Revolution jetzt!“

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Ergänzungen

kacke gelaufen

(muss ausgefüllt werden) 20.11.2009 - 23:33
das mit dem transpi ist echt kacke gelaufen!
ich bin selber student in aachen und kenne selber viele kommoliton_innen welche sich nicht an dem transpi gestört haben, denke das problem lag darin, dass viele studierenden einfach noch nicht mit systemkritik in berührung gekommen sind und bestimmte verbindungen vom bildungssystem zum "system" nicht verstehen oder begreifen!

darüber hinaus ist es nartürlich ober mies, weil ja gerade die menschen die das transpi gehalten haben, gezielt im fo3 mitgeholfen haben!

hoffe ihr kommt trotzdem noch nächste woche zum treffen!

Faust als Symbol für Gewalt?

Ergänzer_in 21.11.2009 - 12:46
Es gab Menschen, die am im Artikel erwähnten Transparent zusätzlich die darauf gemalte Faust mit Stift kritisierten, weil diese angeblich Gewalt und Bereitschaft zu selbiger symbolisiere. Ironischerweise hielten die Menschen, die die Faust kritiserten das Transparent in der ersten Reihe, auf dem ebenfalls eine Faust mit Stift abgebildet war.

Internetseite des Bündnis

¡Viva la Libertad! 21.11.2009 - 12:49
Die Internetseite des Bildungsstreik-Bündnis:  http://www.bildungsstreik-aachen.de/
Das Bündnis bei Twitter:  http://twitter.com/bsaachen

Beobachtungen & Meinungen

Teilnehmer 21.11.2009 - 16:33
Zunächst ist es zusagen, dass dieser Bildungsstreik von einem kleinen Bündnis herraus Organisiert wurde. Sämtliche in die Orga eingebundenen Menschen waren zuvor dauerhaft im Fo3.

Die eingesetzten Ordner waren meist selber Demo- unerfahren und haben auch nicht mit der Demoleitung Rücksprachen gehalten.

Nazis Raus! Aber wie?

Zu dem Thema der beiden bekannten Neonazis ist zu sagen, dass hier ein Streit innerhalb der Demo zunächst vermieden werden sollte. Es sollte nicht so aussehen als wenn irgendwelche Demoteilnehmenden auf andere los gehen oder die Raus drängen. Die Ordner waren für eine solche Aktion zu unerfahren. Die Demoleitung hat dann aus gründen der präventiven Deeskalation die Polizei darum gebeten die Nazis raus zuziehen. Dabei wurde NATÜRLICH auch darauf geachtet das die Polizei nicht einfach in die Menge geht und irgendwen rausholt. In dem Moment wo gerade die Absprachen mit der Polizei getroffen wurden, kamen beide Nazis auf die Demoleitung und die Polizei hinzu worauf diese Die Personalien kontrollierten. Richtig ist das dabei auch 2 oder 3 AntifaschistInnen der Kontrolle unterzogen wurden. Diese hätten sich allerdings auch etwas mehr Abstand halten können zu der Polizei. Nachdem der Polizei aber klar gemacht wurde, das sie nur die beiden Nazis zu verweisen hat war auch dort kein ersichtliches Problem mehr.

Die Sache mit dem Transparent ist eine Sache die sicherlich Kritisch zu sehen ist. Dort ist auch ein Fehlverhalten von unwissenden Ordnern und einer überarbeiteten Demoleitung zu verbuchen. Das Transparent unterlag eindeutig den Richtlinien die der AK Bildungsstreik Aachen zuvor festgelegt hatte, Sprich es bestand ein Bezug zum Thema der Demo. Die Antifa-Fahnen waren allerdings nicht beschlusskonform. Es wurde beschlossen sämtliche Partei und Organisationsfahnen nicht zu zulassen, genauso wie Infotische auf den Kundgebungen. Es wurde gesagt, dass jede Fahne, jedes Transparent einen Inhaltlichen Beitrag liefern müsse. Die Personen, welche dieses Transparent trugen machten sich aber auch nach dem abnehmen der Antifa- Fahnen keine Freunde. Das rufen von "Alerta, alerta, Antifashista" war denke ich ein weiteres Argument "gegen" dieses Transparent.

Das Alkoholverbot in den Auflagen steht ist denke ich klar und muss niemandem der sich ein wenig damit auskennt gesagt zu werden. Auf der Demo wurde es allerdings gesagt. Das ist auch die einzige Auflage die mehr oder weniger verlesen wurde. Ausserdem wurden einzelne Personen darauf hingewiesen Das es ein Alkoholverbot gibt. Da allerdings die Kommunikation mit der Polizei derart gut lief und weder die Polizei noch wir zwischenfälle wollten bzw es auch abzusehen war, das alles ruhig bleibt, wurde nichts weiter dagegen gemacht als die Personen darauf hinzuweisen.


Zur fehlenden Systemkritik und Kapitalismuskritik.

Das diese fehlt hat nichts damit zu tun das es weniger SchülerInnen waren als im Juni. Ich denke im übrigen, dass es eher ähnlich viele SchülerInnen wie im Juni waren. Wer die Bündnissitzungen kennt, der weiss, dass auch hier über Kapitalismuskritik geredet und Diskutiert wird. Auf Grund der Resonanz einiger Menschen (vorallem Studies) Haben sich aber alle OrganisatorInnen dagegen entschieden sich eine Kapitalismus- / Systemkritik auf die Transpies zu schreiben. Es wurde als wesentlich wichtiger erachtet die Menschen für die Themen zunächst im Allgemeinen zu sensibilisieren und sie nicht direkt mit der Abschaffung des Systems und den Aufbau einer neuen Gesellschaft zu verschrecken. Mensch muss sich auch überlegen wie Inhalten am besten vermittelt werden können und wie am besten viele Menschen erreicht werden können. Ich selber bezeichne ebenfalls als Revolutionär und den Menschen die Kritik am System näher zu bringen ist auch mein Anliegen. Im Bildungsstreik sehe ich es allerdings Primär als wichtig die Menschen für diese Themen über haupt zu interessieren und sie nicht zu verschrecken.

Mit den Aktionen im Fo3 und der Demo selber sowie mit der Presseresonanz hat sich da einiges Getan denke ich. Wir können da aber gerne nächsten Mittwoch, nach der Veranstalltung des Ak Bildungsstreik Aachen in der Couvenhalle, genauer besprechen.

Da ich mir denken kann wer hinter "Kampagne „Revolution jetzt!“" steckt und frage mich warum er die entsprechenden Menschen nicht mal direkt anspricht anstatt das, was er mit organisiert hat schlecht zu reden.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 8 Kommentare an

nichts gross Neues — Entdinglichung

ist doch klar — egal

demoverhalten — daniel

Zur Pluralität — Studiernd