Audimax der Universität Oldenburg besetzt

presse@oldenburg-brennt.de 20.11.2009 11:42 Themen: Bildung
Zusammenfassung der Ereignisse des ersten Tags der Hörsaal-Besetzung in Oldenburg.
Am Donnerstag, den 19. November wurde das Hörsaalzentrum der Uni Oldenburg besetzt. Eine kleine Gruppe Studierender, rief dazu auf, sich im Hörsaal 3 zu treffen um zu besprechen, wie man auf die Bildungsproteste reagieren könne. Sie hätten sich nicht träumen lassen, was folgte.

Saßen im Hörsaal zunächst nur ein paar versprengte Leute, drängten sich schon bald so viele Studierende herein, dass erst die Stühle beiseite gestellt wurden, schließlich aber auf den größten Hörsaal ausgewichen werden musste - dieser fasste die Menge der Protestwilligen so gerade eben.
Dementsprechend euphorisch war die Stimmung, schnell wurde klar, dass auch in Oldenburg das Audimax besetzt werden würde. Erwartungen wurden zusammen getragen, die drei Hörsäle nach den Schwerpunkten "Aktionen", "Inhalte" und "Organisation" aufgeteilt.

Zunächst gingen die Anwesenden jedoch auf die Straße, besetzten die Kreuzung Ammerländer-Heerstraße / Uhlohrnsweg und zogen dann, nun unter Polizeibegleitung, in die Innenstadt bis zum Lefferseck. Sie machten so spontan auf ihren Protest aufmerksam.

Später fanden sich dann Gruppen unter den festgelegten Schwerpunkten in den Hörsälen zusammen. Eine unglaubliche Spontanität und Kreativität wurde in den Gruppendiskussionen entfaltet. Als auf dem Plenum im Hörsaal 1 die Ergebnisse vorgetragen wurden war das Audimax schon kaum wieder zu erkennen:
Die Volksküche der Alhambra (autonomes Zentrum in Oldenburg) zeigte sich solidarisch und schaffte Essen heran, vor dem Eingang brannte eine Feuertonne, überall diskutierende StudentInnen, der Hörsaal weiterhin zum Bersten voll. Eifrig wurde über Inhalte, Aktionen und Organisierungsfragen diskutiert, es wurde mehrfach betont, dass der basisdemokratische Charakter des Protestes beibehalten werden soll.

Die Nordwestzeitung berichtete auf ihrer Seite und stellte Fotos der Spontandemonstration online. Am Abend spielte die Uni-Bigband in der Vorhalle. Für die kommenden Tage sind eine Reihe kreativer Aktionen, Diskussionen und Vorträge geplant, außerdem soll eine Vernetzung mit anderen Unis, der Fachhochschule, SchülerInnen... erreicht werden.

Der "heiße Herbst" des Bildungsstreiks hat Oldenburg erreicht, wir halten uns weiter warm, achtet auf Ankündigungen.
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Ergänzungen

Erlebnisbericht

icke 20.11.2009 - 13:22
Donnerstag. Ein ungewöhnlicher Tag.

Lustig, gestern oder noch heute Vormittag hätte man sagen können:
Überall wird demonstriert, aber an der Uni Oldenburg passiert gar
nichts, rein gar nichts. Die Leute studieren, sind gestresst, diverse
Erkältungen greifen um sich... Herbst und Winteralltag an der Uni hier
im Norden eben.

Und dann kommt der Donnerstag und plötzlich entsteht ein Raum.

Auf den Mensatischen hatten Flyer gelegen: Die Ankündigung eines "Open
Space" für 14 Uhr im Hörsaal 3 des A14 (das ist das größte,
repräsentative Hörsaalgebäude hier). "Eigentlich hätten wir keine Zeit
zum demonstrieren ..." steht auf den Flyern, aber dass man sich
Gedanken machen wolle und dass man sich an den Protesten beteiligen
wolle.

Um 16 Uhr, nach meiner Veranstaltung gehe ich zum A14. Von weitem sehe
ich, dass die Strassenkreuzung Uhlhornsweg/Ammerländer Heerstrasse
dicht ist: Etwa 600 Menschen, die sich gerade zu einem Demozug
formieren, beginnen sich Richtung Innenstadt zu bewegen.
Trillerpfeifen, Die Oldenburger Polizei sagt später (so wird mir
erzählt): Das sei die bisher grösste spontane Bildungsdemo in
Oldenburg gewesen.

Aber das ist nicht das Besondere dieses Tages ... ich gehe ins A14 und
sehe als erstes eine Stellwand mit drei Plakaten:

" Hörsaal 1: Organisation | Hörsaal 2: Inhalte | Hörsaal 3:
Aktionsplanung "

Dahinter Pfeile, in welche Richtung man gehen muss - wie auf einer
Konferenz. Ich sehe mich um, um mir ein Bild zu machen und zu
entscheiden, wo ich mich beteiligen will. In Hörsaal 1 haben sich
gerade drei Untergruppen gebildet: Eine Vernetzungsgruppe, die helfen
will Überblick zu behalten wer gerade was macht, eine IT-Gruppe, die
sich um Webseite, StudiVZ und einen Twitter-Account kümmert und eine
Pressegruppe. In Hörsaal 2 (Inhalte) dasselbe Bild: Drei Untergruppen
("Geld", "System" und "Perspektiven") nehmen gerade ihre Arbeit auf.
In Hörsaal 3 (Aktionsplanung) diskutiert noch ein grösserer Kreis.
Später werden auch dort Untergruppen gebildet. Ich schliesse mich
einer Gruppe an, die in einer Art Dokuprojekt aufzeichnen möchte, um
was es den einzelnen Teilnehmern der Proteste geht.

NWZ online wird am Abend schreiben: "Im Hörsaalzentrum bildeten sich
gleichzeitig Arbeitsgruppen mit insgesamt 150 Teilnehmern, um die
nächsten Schritte zu planen."
(Demo:  http://www.nwzonline.de/fotos/Bildungsde mo-in-Oldenburg-1/1/4823457/
bzw. Plenum:  http://www.nwzonline.de/fotos/Bildungsde mo-in-Oldenburg-2/1/4823798/
)

Als ich später in den verschiedenen Räumen unterwegs bin um Sachen für
unser Projekt abzuklären, fällt mir auf: Es ist das erste Mal seit
langem, dass ich durch die Uni laufe und mich jeder(!), dem ich
begegne anlächelt oder angrinst. Also ob draussen kein Herbst wäre.
Und man kommt mit wildfremden Menschen ins Gespräch. Es genügt, dass
man ein paar Schritte den selben Weg hat, oder sich nebeneinander auf
der Toilette die Hände wäscht: Man redet und verabschiedet sich, als
ob man sich schon länger kennen würde.

Um 18 Uhr treffen sich alle zu einem grossen Plenum in Hörsaal 1: Es
gibt einen Bericht von der Demo, die einzelnen Gruppen berichten von
ihren bisherigen Arbeitsergebnissen. Anmerkungen werden gesammelt.
Vereinzelt brechen Diskussionen aus. Was dabei auffällt: Es wird
sachlich, fast nüchtern diskutiert. Und immer wieder kreisen die
Diskussionen darum, wie Dinge nach Außen wahrgenommen werden ("War es
gut, auf der Demo den Verkehr zu blockieren oder zu behindern? Wie
wirkt das, wenn wir heute Abend feiern?") oder um das Thema
Verantwortung ("Verantwortung für die besetzten Räume", "Verantwortung
für uns selber"). Die vorläufigen Zwischenergebnisse der
Inhaltegruppen (ihre Forderungen und Ideen sind differenziert,
detailliert, konkret - sie sollen später über die IT-Gruppe im
Internet veröffentlicht werden) finden fast ungeteilte Zustimmung. Den
grössten Applaus bekommt der Wunsch, endlich wieder ein Studium zu
haben, welches auf das Leben in einer demokratischen Gesellschaft
ausgerichtet ist.

Nach zwei Stunden endet das Plenum. Viele Teilnehmer werden im Gebäude
übernachten. Das nächste Plenum ist morgen um 10 Uhr. Vor dem Gebäude
hat sich inzwischen die Volksküche des Alhambra aufgebaut: Feuertonne
und Bierbänke. Die großen Kochtöpfe dampfen. Im Hörsaalfoyer wird
später die Big Band der Uni spielen. Um 3 Uhr morgens wollen die
Sonderpädagogen, die gerade ihre traditionelle Semesterparty im
Alhambra feiern, mit Kerzen, Fackeln (große Diskussionen im Plenum, ob
Fackeln ein gutes Bild abgeben ...:-) und Laternen quer durch die
Stadt in's A14 umziehen.



Am Sonntag hatte es ein kleines Treffen in einem studentischen Café in
der Innenstadt geben. 25 StudentInnen. Kein AStA, Keine Fachschaftler.
Fast zwei Stunden wird darüber gesprochen, was stört - was man
verändern wollen würde und was man beibehalten möchte. Man möchte sich
an den bundesweiten Protesten beteiligen - aber lieber eine Woche zu
spät, als ohne inhaltliche Auseinandersetzung. Die Idee eines Open
Space fällt. Am Ende einigt man sich auf ein weiteres Treffen am
Dienstag Abend, auf dem ein grosses, offenes Treffen zur Planung und
inhaltlichen Auseinandersetzung für Donnerstag vorbereitet werden soll.

Am Dienstag Abend trifft sich eine doppelt so grosse Gruppe in der
Cafeteria. Ein langes Treffen. Inhalte, Planungsaufgaben verteilen. Am
Ende werden selbst so lustig, liebenswert-freundliche Aufgaben
vergeben, wie die eines Beauftragten, der die Dozenten des anvisierten
Hörsaals informiert und ihnen helfen soll, alternative Räume zu finden.


Und dann kommt der Donnerstag und plötzlich ist da ein Raum.


Ich bin gespannt wie das weiter geht. Vielleicht ist morgen auch schon
wieder alles vorbei ... oder auch nicht - wer weiss ...

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fackelmarsch — icke