So wars in Wunsiedel

grete 15.11.2009 16:01 Themen: Antifa
Wunsiedel war für die Nazis ein Reinfall. Viel weniger Faschos da als erwartet, die eine verkürzte Route am Stadtrand gelaufen sind, viele Bullen und eine Veranstaltung der Stadt, die ganz in Ordnung war. zu verhindern war nix.
Das war wunsiedel
dagewesen

Für die Nazis war der Tag in Wunsiedel ein Reinfall. Die Bullenangaben, dass 850 von den Deppen da waren, dürften stimmen. Ich hätte eher auf 6-700 getippt, war aber später nicht mehr am Aufmarsch dran. Als ich da war sollen noch Nazi-Busse in Kontrollen gesteckt haben. Von Bürgerlicher/Antifa-Seite waren es wohl unter 1000, aber mindestens genausoviele wie die Nazis eher mehr.
Statt wie angekündigt wurde die Stadt zu marschieren und einmal um den Marktplatz zu latschen, wie sie es noch 2004 geschafft haben, ist die faschistische Trauergemeinde mit ihrer unsäglich knarzenden Musike und Dackelblick am Stadtrand ein Ründchen gelaufen. Nach kaum einer Stunde waren sie fertig.
Der Protest bestand zum größten Teil aus Bürger_innen aus Wunsiedel und umliegenden Orten. Geschätzt waren 100 Antifas unterwegs. Das städtische Konzept war unter dem Motto "Wir gedenken der Opfer nicht der Täter", an die Opfer des Todesmarsches vom KZ Flossenbürg nach Buchenwald zu erinnern. Es gab eine Auftaktkundgebung auf dem Marktplatz, danach sind die Leute die Strecke des Todesmarsches abgelaufen, Infotafeln standen an den Gehsteigen. Das war ganz spannend und auch lehhreich. Die Wunsiedler Bürgerini "Wunsiedel ist bunt - nicht braun", die sich vor einigen Jahren vor dem Hintergrund des jährlichen "Heßmarsches" gegründet hatte, hat den Todesmarsch erforscht und die ganze Sache auf die Beine gestellt. Als der Gedenkaufzug die potenzielle Naziroute kreuzte, haben sich viele Leute vom Gedenkzug abgesetzt und sind auf der Kreuzung stehengeblieben und wären - so war die Stimmung - wohl auch nicht freiwillig wieder von der Kreuzung weggegangen. Da war wohl vielen noch nicht klar, dass die Naziroute verändert worden war. Sah für mich zumindest so aus. Als die Nazis in gut 100 Meter Abstand dann vorbeigekommen sind, gab es ein lautes Trillerpfeifkonzert und die üblichen Nazis-Raus-Parolen.
Toll war, dass jemand, als die Nazis losgelaufen sind, mit einem Sack Trillerpfeifen durch die Menge gegangen ist. So hatten alle was zum Lärmen in der Hand. Eine Kreuzung weiter konnte gabs dann nochmal Pfeifen und Brüllen, da hat aber eine Handvoll Schwarzkapuzen anfangs relativ alleine gebrüllt, weil das gerade den älteren Wunsiedler_innen wohl etwas komisch vorkam. Später wurde es aber hier auch lauter. Die Nazis sind dann abgebogen, weg vom Stadtzentrum und irgendwo weiter oben gelatscht und wieder zu ihrem Ausgangspunkt zurück, wo sie noch eine Abschlusskundgebung mit ihrem üblichen Trauergelaber und Hymnensingen gemacht haben. Wir sind dann losgefahren.
Ich habe Autokennzeichen von Nazikarren überwiegend aus Norddeutschland gesehen. Gesine Hennrich mit ihren Mannen (EX-Frontbann24 aus berlin) war da und die NPD-Parteispitze und Umgebung (Voigt, Beier, Rennecke, Wulff, etc.). Auch ANs waren da.
Die 1500 Bullen hatten die Sache im Griff, man konnte sich kaum unbeobachtet in der Stadt bewegen oder irgendwie an die Nazis rankommen. Großartige Bullenübergriffe oder ähnliches habe ich nicht mitbekommen, die Stimmung war insgesamt recht soft.

Fazit: Für ein Gedenken an Jürgen Rieger, das keine Lachnummer ist, hätten die Nazis schon mindestens 2-3000 Leute aufbringen müssen. So waren es zwar viele, aber am Anlass und dem Bohei im Vorfeld gemessen richtig mau. Der unverbesserliche Obernazi Jürgen Rieger hätte sich wohl mehr erwartet...
Von Antifaseite (verhindern, angreifen) war nix zu reißen, zu wenig Leute da, eine Blockade mit allen zusammen schien aber möglich, hätten die Nazis ihre Wunschroute gekriegt. Die Bürgers hatten die Sache ganz gut aufgezogen. Über das Konzept der Stadt (eigenes Gedenken statt direkt gegen Nazis vorgehen) kann mensch sicherlich streiten. Ich fands aber ganz gelungen, weil a) genug Leute noch den Nazis gezeigt haben, dass sie unerwünscht sind und b) die Stadt so einen eigenen Akzent gesetzt hat. Egal wen ich gefragt habe, niemand hat in irgendeiner Form Verständnis dafür gehabt, dass der Aufmarsch nicht verboten geblieben ist. Allen war klar, dass es den Nazis hier weniger um Rieger geht, als darum, mal wieder in Wunsiedel, wo der Hitlerstellvertreter Heß begraben liegt, zu marschieren.
Früher in Wunsiedel war die Handvoll Antifas, die hingefahren ist auch gerne mal alleine unterwegs. Da hat Wunsiedel gelernt. Außerdem waren Bürgermeister aus allen umliegenden Gemeinden da, und alle Parteien vertreten. Dass mensch die Union (CDU/CSU) mal auf ner Antinazi-Veranstaltung sieht ist selten genug, und es wurde klar, dass in der Region niemand Bock auf die braune Pest hat. Wäre schön, die "zivilgesellschaft" in anderen Städten mal so präsent zu sehen. für wunsiedel (knapp 10.000 einwohner_innen) sind knapp 1000 auf der straße ne ganze menge.
Auch wenns ein relativ ereignisloser Tag gewesen ist und es immer scheiße ist, wenn die Nazis selbst ihre schon verkürzte Route ohne Beschädigungen abgelatschen können, haben sie sich mit der Nummer nicht mit Ruhm bekleckert. Pathos alleine scheint die Kameratten nicht hinterm Ofen hervorzulocken, und mensch darf sich auf die Streitigkeiten der Deppen hinterher freuen.
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Ergänzungen

7 Festnahmen beim EA gemeldet

ea 15.11.2009 - 22:21
Beim EA wurden 7 Festnahmen gemeldet. Der Polizeibericht erwähnte 9 Festnahmen von Linken. Wir fanden es nicht akzeptabel, dass eine der Meldungen sich offenkundig allein deshalb nicht zurückmeldete (nach Freilassung), weil sie einem anderen politischen Spektrum als der Nürnberger EA zuzurechnen ist. Sollen solche Leute doch lieber ihren eigenen EA bilden statt in das EA Telefon reinzurülpsen oder Gagmeldungen vom Landesamt für VS reinzutwittern. Dann lieber gar nicht anrufen.

nicht so positiv

Loki 15.11.2009 - 23:01
Ich sehe die Gegenaktionen bei weitem nicht so positiv.

Ich finde schon, dass das ein ganzer Schwung Faschos war. 1000 Gegendemonstranten insgesamt sind dann eher wenig, vor allem weil ein Großteil eigentlich nur der Veranstaltung von 'Wunsiedel ist bunt' gefolgt ist und somit nicht wirklich am Gegenprotest beteiligt war. Ich finde die historischen Untersuchungen zwar unglaublich wichtig, aber die Ergebnisse hätte man eher zu einem anderen Zeitpunkt präsentieren sollen.

Ich bin mir nicht sicher, worüber sich die Wunsiedler mehr echauffieren, über die Nazis, oder dass es diesmal nichts gebracht mit den verrotteten Knochen von Heß zu wedeln um ein Verbot zu erreichen. Da sieht man auch den mittelfristigen Nachteil dieses schwammigen Verbots, man hat sich da in der Vergangenheit viel zu sehr drauf verlassen und sich auf die Schulter geklopft.

Auch hat Kooperation mit antifaschistischen Gruppierungen in der Wunsiedler Bürgerini keinen besonders hohen Stellenwert, da überwiegt die Angst vor den 'Linksextremisten'.

Nächstes Jahr wird ja wahrscheinlich das Grab von Heß aufgelöst, mal schauen was sie daraus für Konsequenzen ziehen. Mir schwebt ja vor mit den Knochen einen Reliquienhandel aufzuziehen um so möglichst viele Orte vor Nazi-Aufmärschen zu schützen. "Ne, hier dürft ihr nicht, wir haben den Mittelfußknochen von Heß."

Zusammenfassend. Enormes Polizeiaufgebot, mit der Anzahl an Leuten ging da absolut gar nichts. Verdammt wenig Antifas, die wohl alle bei anderen Aktionen gebunden waren. Das ist dann eben eine Frage der Priorität. Der Nazi-Aufmarsch konnte absolut ungestört durchgeführt werden. Die Route war mehr als weiträumig abgesperrt. Dazu war dann auch noch der Kundgebungsplatz der Gegenprotest viel zu weit weg. Man will eben möglichst jede Konfrontation vermeiden - selbst lautstarken Protest.

festnahmen

nicht die mama 15.11.2009 - 23:27
also ich weiß aus sicherer hand das mehr als 17 festnahmen stattfanden... radios haben von 20 festnahmen gesprochen... von linken aktivisten

es war ein großer reinfall unorganisiert auseinandergerissen... und nichts verhindert egal wieviele nazis da waren oder nicht kundgebung und marsch gab es trotzdem mit anschließenden konzert mit diversen liedermachern.

Polizeibericht

Spion 15.11.2009 - 23:33
Einsatzgeschehen Wunsiedel_1. Presseinformation
WUNSIEDEL. Mit rund 1.500 Einsatzkräften und Unterstützungskräften aus ganz Bayern und benachbarten Bundesländern ist die oberfränkische Polizei seit den frühen Samstagmorgenstunden anlässlich des Versammlungsgeschehens in Wunsiedel präsent.

Zur Zeit stellt die Polizei einen regen Zulauf zu allen angemeldeten Veranstaltungen fest.

Im Rahmen der Vorkontrollen kam es bislang zu zwei Festnahmen. Ein 34-jähriger Berliner aus der rechten Szene führte in seinem VW-Bus drei Kanonenschläge auf dem Weg zur Versammlung mit. Bei einem linksgerichteten 21-jährigen Nürnberger stellten die Polizisten ein Pfefferspray sicher.

Während der Nacht zum Samstag beschmierten bislang unbekannte Täter am Bahnhof in Holenbrunn einen Omnibus und brachten am Bahnhofsgebäude mit blauer Farbe mehrere Schriftzüge gegen die rechte Szene an. Der Schaden beläuft sich auf rund 500 Euro

Einsatzgeschehen Wunsiedel_2. Presseinformation
WUNSIEDEL. Der Aufzug unter dem Motto "Gedenkmarsch für Jürgen Rieger" hat sich kurz vor 15.30 Uhr mit rund 600 Teilnehmern in der Egerstraße in Bewegung gesetzt.

Bei der Auftaktveranstaltung der Bürgerinitiative "Wunsiedel ist bunt, nicht braun" befanden sich etwa 250 Teilnehmer auf dem Marktplatz. Aus dem Bereich der linken Szene registrierte die Polizei bislang circa 200 Personen.

Aktuelle Zahl der Festnahmen:

Fünf Personen linkes Spektrum und vier Personen aus der rechten Szene.

U.a führten die Festgenommen Messer, Reizstoffsprühgeräte und Sturmhauben mit sich.


Einsatzgeschehen Wunsiedel_3. Presseinformation
WUNSIEDEL. Die Abschlusskundgebung der Rechten ist soeben beendet worden. In der Egerstraße befanden sich etwa 850 Teilnehmer der rechten Szene vor Ort.

Die Wunsiedler Bürgerinitiative "Wunsiedel ist bunt, nicht braun" und die Wunsiedler Bevölkerung mobilisierten rund 1.000 Bürger zu ihrer abschließenden Aktion "Lichter gegen das Vergessen".

Die Veranstaltungen in Wunsiedel verliefen ohne nennenswerte Zwischenfälle.

Aktuelle Zahl der Festnahmen:

Neun Personen linkes Spektrum und sieben aus der rechten Szene.

regionale presse

. 15.11.2009 - 23:33

Nix da

Beobachter 15.11.2009 - 23:34
Der Aufmarsch war von Nationaler seite ein völliger reinfall, 1. weil deren Marsch an den stadtrand verlegt wurde und 2. weil der bürgerliche Protest gesiegt hat, also war es doch irgendwie ein erfolg für uns und es hat gezeigt es bringt denen nichts und die meisten nasen vor allem hamburger und berliner sind umsonst hingehafahren.

Bilder des Neonaziaufmarsches

elka 15.11.2009 - 23:35

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Schlechter Bericht — Kommunist