Interview mit AnarchistInnen- Iasi /Rumänien

Syndikalismus,tk 13.11.2009 09:13 Themen: Antifa Repression Soziale Kämpfe Weltweit
Iaşi (gesprochen Jasch) ist mit knapp 310.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt in Rumänien. Sie liegt im Nordosten des Landes, ca. 20km von der Grenze zur Republik Moldawien entfernt.

In einem ausführlichen Interview mit Syndikalismus.tk berichten die GenossInnen über die Demonstration, die Situation der anarchistischen Bewegung im Land und über die vielfältigen Schwierigkeiten, mit denen sie konfrontiert sind. An dieser Stelle noch mal ein herzliches Dankeschön an die GenossInnen in Iaşi für das Interview. Traiasca Anarhia!
Von der anarchistischen Bewegung in Rumänien hört man leider nur wenig. In Iaşi organisierten GenossInnen der Actiunea Antifascista (der Antifaschistischen Aktion) sowie der Federatia Anarhista (der Anarchistischen Föderation) eine Demonstration am 9. November „gegen Faschismus, Rassismus und alle Formen der Diskriminierung.“ An der Demonstration beteiligten sich bis zu 50 Personen. Sie war die einzige Demonstration dieser Art in diesem Jahr in Rumänien.

Iaşi (gesprochen Jasch) ist mit knapp 310.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt in Rumänien. Sie liegt im Nordosten des Landes, ca. 20km von der Grenze zur Republik Moldawien entfernt. Anarchistische Spuren finden sich dort seit dem beginnenden 20. Jahrhundert. Anarchistische Schriften wurden hier herausgegeben und im Land verbreitet. U.a. wurde hier auch am 2. März 1895 der bekannte Vertreter des gewaltfreien Anarchismus, Eugen Relgis (eigentlich Eugen Sigler) geboren.

In einem ausführlichen Interview mit Syndikalismus.tk berichten die GenossInnen über die Demonstration, die Situation der anarchistischen Bewegung im Land und über die vielfältigen Schwierigkeiten, mit denen sie konfrontiert sind. An dieser Stelle noch mal ein herzliches Dankeschön an die GenossInnen in Iaşi für das Interview. Traiasca Anarhia!

„Die Antifa- und die anarchistische Bewegung in Iaşi sind nahezu dasselbe“ – Interview mit AnarchistInnen aus Iaşi (Rumänien)

Syndikalismus.tk: Ihr habt am 9.11.2009 eine Demonstration in eurer Stadt, in Iaşi, gegen „Faschismus, Antisemitismus und alle Formen der Diskriminierung“ durchgeführt. Wie verlief die Demonstration? Konntet ihr eure Auffassungen unter der Bevölkerung bekannt machen und wie verhielt sich die Polizei?

Actiunea Antifascista: Als allererstes müssen wir sagen, das es hier in Rumänien wirklich Schwierig ist, eine Demonstration, speziell eine Demonstration gegen Rassismus und Diskriminierung zu organisieren. Du musst deine Gründe dafür, warum du diese Demo organisierst, sehr gut zu vermitteln wissen, und dies ist sehr bizarr da du viel über Rassismus, die Zigeuner, die ungarische Minderheit, die Neo-Legionäre reden und debattieren musst. Du musst sehr gut erläutern weshalb Menschen die Demo unterstützen sollen. Ich meine dass wir denken, das eine im Kopf Gesunde Person eigentlich keine zusätzlichen Erklärungen benötigen würde, warum er/sie uns unterstützen sollte.

Im Ablauf der Organisation dieser Demo mussten wir zwei Wochen vor dem 9. November auf das Rathaus, die Hauptpolizeiwache und zur Gendarmerie (eine Art polizeiliche „Schnelle Einsatz-Schläger-Truppe“. In etwa vergleichbar mit der Bereitschaftspolizei in Deutschland, aber militärischer organisiert. Anm. Syndikalismus.tk) um dort genau den jeweils gleichen Antrag zu stellen, damit diese unseren Marsch genehmigen können. Wir haben diesen Antifa-Blog zusammengestellt www.actiuneaantifascista.blogspot.com und haben dort einige Infos über faschistische Tendenzen in unserem Land, die Gefahr die von der Kirche ausgeht, die Medien und den Staat veröffentlicht. Wir haben hunderte von Flugblättern verteilt, brachten eine Menge Ankündigungen an den Straßen und in den Universitäten an und verschickten zig E-Mails. Wir gingen sogar zur Jüdischen Gemeinde in unserer Stadt und luden sie zu unserem Marsch ein. Doch nur ein einziger Mann von ihnen kam und unterstütze uns.

Auf der Demo waren wir leider nur zwischen 40-50 Leuten. Doch wir hatten 12 Plakate und ein großes Transparent, das von zwei Personen getragen wurde, zwei schwarz&rote anarchistische Fahnen, und eine große Antifa Fahne (welche wir diesen Sommer in Berlin gekauft hatten). Weiterhin hatten wir zwei große schwarze Transparente mit roter Aufschrift. Auf ihnen stand: „Solidarität mit den Arbeitern aus China und Bangladesh“ (wir haben einige asiatische ArbeiterInnen in unserer Stadt) und „Rassismus ist die krankhafteste Bedrohung des Menschen gegen den Menschen – Das Maximum an Hass für ein Minimum an Grund“. Wir hatten auch ein Megaphon welches sich als sehr nützlich und laut herausstellte und spielten einiges an Musik – Alerta Antifascista/Sin Dios, Keny Arkana- la rage und einiges an rumänischer Anarcho-Punk Musik (The terror art band). Wir verteilten eine Menge Flugblätter und es hatte den Anschein dass die Menschen auf den Strassen uns freundlich gesonnen waren. Einige sagten uns das es eine gute Idee (mit der Demo) ist, das wir aber einen Brief an Corneliu Vadim Tudor, den Führer der PRM (Groß-Rumänien-Partei. Anm. Syndikalismus.tk) schicken und ihn darin verarschen sollten. Da waren aber auch ein paar Typen die mit einem noblen Auto nah an uns heranfuhren und sie schrieen uns zu: „Heeey…was läuft verkehrt mit euch? Geht nach Haaaause“.

Die Polizei verhielt sich nicht wirklich korrekt uns gegenüber. Da waren die Leute die Transparente und Plakate auf der linken Seite der Demo trugen und zwei Polizeiautos fuhren exakt neben ihnen her, und das so, daß es zeitweise für die Leute auf der gegenüberliegenden Straßenseite unmöglich war die Plakate zu lesen. Ein Bulle kam zu mir und sagte mir „es ist nicht erlaubt“ auf die Plakate „Fuck Hitler! Fuck Stalin! Fuck Corneliu Zelea Codreanu!“ zu schreiben. Doch ich hörte nicht auf ihn und so war seine Aufforderung vergebens. Sie versuchten auch uns gegenüber besonders cool aufzutreten, sprachen sehr schnell, erwähnten einige Gesetze und andere Dinge doch sie blickten schließlich wie Verlierer drein, als wir ihnen einige ausgedruckte Gesetzestexte zeigten und ihnen so zu verstehen gaben, das wir genau wussten was wir taten. Nach der Demo sah ein Genosse von uns einen Mann ein Hotel mit einem grünen T-Shirt mit der Aufschrift POLIZEI betreten. Genau, es war ein deutscher Bulle. Doch wir wissen nicht weshalb er hier in Rumänien so gekleidet war.

Die Medien wirkten nicht so sehr an unserer Demo interessiert. Nur zwei TV-Programme kamen her und nur eine Zeitung rief uns an. Wie auch immer, wir verweigerten ihnen gegenüber Interviews, denn sie hatten das ganze Jahr über eine Menge rassistischer Meldungen veröffentlicht, sie präsentierten eine Menge übelster News gegen Zigeuner, sie assoziieren das Wort Anarchie mit Krankheit, mit Katastrophen und, natürlich, mit Chaos. So verließ ein TV-Team die Demo, doch das andere schien wirklich an der Demo interessiert zu sein. Und sie haben dann auch wirklich gute Dinge über uns in ihren Nachrichten berichtet. Sie haben zwei Passanten auf der Strasse interviewt, die sehr enthusiastisch über unsere Aktion sprachen, und sie interviewten eine Genossin aus Frankreich. Auch die Zeitung (Buna Ziua Iaşi (Guten Tag Iaşi). Anm. Syndikalismus.tk) berichtete gut über uns.

Syndikalismus.tk: Wie ist die Situation in Rumänien mit Neonazis (genauer Neolegionären) und Faschisten? Sind diese öffentlich präsent und aktiv? Was denkt ihr, wie sie gestoppt werden können?

Actiunea Antifascista: Das Problem mit dem Faschismus in Rumänien ist, das nahezu jeder faschistische Gedanken hat. Wenn du jemanden auf der Strasse fragst „bist du ein Faschist?“, wird er/sie sagen „nein, natürlich nicht, was zum Teufel“, doch „was denkst du über die Zigeuner oder die Ungarn, oder über Homosexuelle?“ er/sie sagt „Ich kann keine Verbindung zwischen Faschismus und den Zigeunern erkennen. Hitler ist eh tot, so gibt es also auch keinen Faschismus mehr. Und, über die Zigeuner. Ich hasse diese Scheiss-Leute, verbrennt sie, schmeißt sie aus dem Land heraus, lasst sie für uns arbeiten. Die Ungarn sollten lernen rumänisch zu sprechen, denn das hier ist Rumänien, nicht Ungarn, wenn sie das nicht wollen sollen sie nach Ungarn gehen. Und die Homosexuellen sind der letzte Dreck. Erschießt sie!“. Es ist nahezu ausgeschlossen jemanden zu treffen der die Zigeuner nicht hasst. Die Medien sind auch daran Schuld.

Es scheint so als ob die Neonazis und die Neo-Legionäre nicht wirklich eine gute Beziehung untereinander haben. Gewöhnlich hassen sie sich, es kam sogar zu kämpfen unter ihnen – denn die meisten Neonazis sind Atheisten und „Noua Dreapta“ (ND) (Neue Rechte – Neo-Legionäre) sind christlich. Doch einige Neonazis unterstützten eine Demonstration von ND in Bukarest. Es gibt eine große Anzahl von Neonazis unter den Fußballfans aus Temeswar und Bukarest, und eine Menge von ihnen gibt es auch in Bacau (nahe Iaşi!). Doch es gibt mehr Neo-Legionäre als Neonazis. Die „Neue Rechte“ (Noua Dreapta), die neolegionäre Organisation, ist sehr aktiv in Bukarest, Cluj, Temeswar und Galaţi (Galatz). In Iaşi sind sie nur um die 20-30 Leute, aber es gibt hier eine Menge Rocker die sie unterstützen, die aber nicht mit allen von ihren Ideen übereinstimmen. Der Führer von Noua Dreapta ist ein Rechtsanwalt aus Bukarest, er ist um die 30 Jahre alt. Eine Menge ND-Mitglieder sind um die 30 Jahre alt, haben Familien und Kinder, doch es gibt auch einige fette Skinheads, im Alter so um die 25 Jahre.
Die Antifa-Demo in Iaşi war die einzige Antifa-Demo im ganzen Land! In allen anderen Städten haben Antifas und AnarchistInnen Probleme mit der ND, spezieller jedoch mit dem SRI („Serviciul Roman de Informatii“, dem rumänischen Informations Dienst.) (Rumänischer Innlandsgeheimdienst, Anm. Syndikalismus.tk). Wir denken das die ND vom SRI unterstützt wird. Als ein Beispiel: im Jahr 2008, als einige Bukarester AntifaschistInnen zum Rathaus gingen um die Genehmigung für einen antifaschistischen Marsch zu bekommen, war der ND-Führer bereits im Rathaus und lachte sie aus. Sie erhielten keine Genehmigung für den Marsch, sie erhielten nur eine Erlaubnis für eine stationäre Kundgebung, mussten auf einem kleinen Platz stehen und jeder der dazu kam wurde angehalten und von der Polizei durchsucht.

Die ND ist sehr aktiv. Sie machen eine Menge Aktionen und es sieht so aus, als ob sie auch eine Menge Geld haben. Möglicherweise von der Forza Nuova aus Italien und von der NPD aus Deutschland. Es sieht so aus das sie alle in einer guten Beziehung zueinander stehen. Sie sind sehr populistisch, besonders im letzten Jahr. Ich denke sie sind nicht so viele als zu ihrem Beginn im Jahr 2000. Am 24. Januar 2010 werden sie möglicherweise nach Iaşi kommen – alle von ihnen. Sie waren auch dieses Jahr hier und tranken auf den Strassen (In Rumänien ist es nicht erlaubt auf den Strassen zu trinken) und waren sehr laut. Sie entdeckten einen unserer Genossen, einen Anarchisten, und schrieen ihn an „Hey, du Kommunist!“. Doch glücklicherweise konnte er aus dieser Gegend entkommen. Sie übermalten auch eine Menge an Graffiti und Parolen an den Wänden in der Innenstadt – und das bei Tageslicht! Und wenn wir ein Graffiti anfertigen wollen müssen wir es Nachts tun, müssen sehr vorsichtig sein, besonders weil einer von uns von der Polizei zusammengeschlagen wurde, nachdem er ein Graffiti nahe der Polizeiwache angebracht hatte. Das Schlimmste daran ist, das die Polizei wirklich erwartete das er das Graffiti anbringt. Sie waren mit 5 Streifenwagen in der Gegend und warteten auf ihn und wussten schon im voraus seinen Namen und seine Adresse.

Doch das witzigste passierte als wir um 12.00 Uhr den Treffpunkt für die Demo erreichten. Denn, ein Neolegionär – ein wirklich geistig behinderter - kam auch dort hin. Er hatte ein kleines Pappschild dabei auf welchem Stand: „Gott ist der Herr unseres Landes. Lang lebe die Legion und der Capitan.“ Die Legion bezieht sich auf die Faschisten aus der Zwischenkriegszeit in unserem Land, der Capitan (Corneliu Zelea Codreanu) war ihr Führer. Wir alle schrieen ihn an und ich versuchte ihn zu schlagen, doch die Polizei war auch da. Er begann panisch zu werden und forderte die Polizisten auf, mich zu verhaften, da ich zu ihm sagte er solle „zu den Göttern seiner Mutter“ gehen. In Rumänisch klingt das sehr lustig und ist nicht gerade freundlich. Doch die Polizei hatte selber Schiss, denn wir waren alle maskiert, schwarz gekleidet und schrieen. Sie brachten den Faschisten fort und dann begannen wir unseren Marsch. Es war wirklich etwas Bizarres an diesem Faschisten. Du wirst über ihn lachen. Wir alle glauben dass er wirkliche seriöse mentale Probleme hat. Geistig verwirrt, wirklich ein Kamikaze-Kerl.

Ich denke, mindestens in Iaşi, haben wir jedes ND-Mitglied niederzuschlagen und ihre Nachbarschaften mit antifaschistischem Graffiti zu terrorisieren. Und wir brauchen entschieden mehr AnarchistInnen.

Syndikalismus.tk: Viele Demonstrationen richten sich „gegen“ etwas. Was sind die Ziele von Actiunea Antifascista? Welche Form von Gesellschaft wollt ihr erreichen?

Actiunea Antifascista: Hm, ich denke das ist die schwierigste Frage. Wir sind nicht wirklich eine homogene Gruppe. Und wenn ich über unsere politischen oder philosophischen Überzeugungen spreche, dann ist es etwas schwer für mich auch für alle anderen zu sprechen.

Es gibt einige Neo-Marxisten, einige Anarcho-Kommunisten, einige Anarcho-Individualisten, einige Anarcho-Primitivisten, einige von uns sind einfach Antifas, einige von diesen sind Antikapitalisten und Anti-Kriegs-Aktivisten, einige sind Anarcha-Feministinnen. Als Beispiel: Ich bin Anarchist, ich glaube wirklich an den Anarcho-Kommunismus und auch an Anarcho-Primitivismus. Viele von uns sind Vegetarier und einige sind vegan.

Doch die meisten von uns sind überzeugt das Actiunea Antifascista (die antifaschistische Aktion) die Neue Rechte und die Kirche zerschlagen will, das sie einige direkte Aktionen gegen die pro-faschistischen Medien unternimmt, ein Bewusstsein über die Gefahr des Rassismus schafft und einiges an Informationen verbreitet. Denn hier gibt es einen großen Mangel an wirklichen Infos über Antikapitalismus, Anarchismus, Antifaschismus.

Ich weis wirklich nicht in welcher Art von Gesellschaft die anderen Leben möchten, doch ich bin mir Sicher die Gesellschaft wäre ohne Kapitalismus, ohne Parlamentarismus, ohne Klassen, ohne Umweltverschmutzung und ohne Faschismus.

Als ein Beispiel: Ich bin Anhänger von Proudhons Idee, dass eine Revolution Jahrhunderte an Vorbereitung benötigt, bis sie gemacht werden kann, denn die Menschen müssen sich ändern. Doch ich warte nicht nur darauf dass sie sich verändern oder warte auf das Eintreten der großen Revolution. Ich glaube an die tägliche Revolution im Alltag, in Form der Direkten Aktion. Ich wünsche mir zu sehen wie alle diese „Zivilisationen“, alle Staaten, alle Kirchen, alle Polizeistationen, alle Armeen, alle faschistischen Organisationen, alle Schulen zerstört werden. Ich bin überzeugt das AnarchistInnen gesunde, stabile Gemeinschaften/Gesellschaften entwickeln können. Doch ich glaube nicht das andere Menschen so enthusiastisch über Anarchie sind. Einige haben eine echte Sklavenmentalität, das ist der Grund warum ich an Proudhons Theorien glaube. Diese Menschen brauchen eine lange Zeit bis sie sich selber verändern können. Sie haben sich weit von ihrer Natur fortentwickelt, von ihren Instinkten. Wenn sie nun jemand frei lassen würde, wären sie wie ein wildes Tier, das sein ganzes Leben über in einen Käfig gesperrt war. Und wenn es nun hinaus in die Wildnis geht sehr geschwächt ist und möglicherweise stirbt.

Das ist der Grund warum ich nicht an Ideologien glaube, denn diese beanspruchen für jeden zu entscheiden was der beste Weg zu Leben ist und ich betrachtete Anarchismus nicht als eine Ideologie. Anarchismus bedeutet nicht darüber zu entscheiden, was die beste Lösung für alle Individuen auf der Welt ist, sondern darüber zu entscheiden, was das Beste ist, wenn es keine beste Lösung für alle gibt, weil es keine gute Regierung gibt. Anarchismus bedeutet Direkte Aktion, freie Initiative des Individuums.

Aber, natürlich ist es hier nicht der Punkt alle anarchistischen Theorien darzustellen, da ihr sie selber alle kennt.

Syndikalismus.tk: Erfreulicherweise ist in eurem Logo die schwarze Fahne die größere. Wie steht ihr zur anarchistischen Bewegung? Gibt es in Iaşi anarchistische oder anarcho-syndikalistische Gruppen?

Actiunea Antifascista: Die Antifa- und die anarchistische Bewegung in Iaşi sind nahezu dasselbe. Ich meine, man kann nur schwer von einer anarchistischen Bewegung in Iaşi sprechen, solange hier 10 oder 20 AnarchistInnen das Maximum darstellen. Wir haben auch einen anarchistischen Blog eingerichtet: www.federatia-anarhista.blogspot.com, mit dem Anspruch mehr Informationen über den Anarchismus zu verbreiten. Die anderen Antifas, die keine AnarchistInnen sind, stehen in einem guten Verhältnis mit uns, doch sind sie nicht so involviert, so aktiv beim Kampf gegen Faschismus oder Kapitalismus. Wie auch immer, wir organisieren zusammen eine monatliche Food not Bombs-Aktion. Wir haben auch einen Blog dazu eingerichtet, um mehr Informationen über Anti-Militarismus und Vegetarismus darzustellen: : www.hrananubombeiasi.blogspot.com

So viel wie wir wissen gibt es keine Anarcho-Syndikalisten in dieser Stadt. Es gab eine Form des Beginns einer anarcho-syndikalistischen Bewegung einige Jahre zuvor, in einer Stahl-Fabrik dieser Stadt. Doch die Bewegung war mehr syndikalistisch als anarchistisch. Wie auch immer, es war eine der aktivsten und seriösesten syndikalistischen Bewegungen Rumäniens. Doch die Bewegung kam im Jahre 2000 zu ihrem Ende, als der Gewerkschaftsführer vor dem Eingang seines Wohnblocks von zwei Typen mit einem Messer ermordet wurde. Es handelt sich um Virgil Sahleanu welcher eine Menge Streiks und Demonstrationen organisierte. Es ist sehr interessant daß die ND-Bewegung auch im Jahre 2000 gegründet wurde, doch wir wissen nicht, ob es wirkliche Verbindungen zwischen dem Neubeginn einer neolegionären Bewegung und dem Ende einer wirklich starken syndikalistischen Bewegung gibt. Möglicherweise weiß der SRI da einiges!

Jetzt trägt die Gewerkschaft in diesem Stahlwerk seinen Namen. Die „Virgil Sahleanu Gewerkschaft“ und es gibt ein Buch das über ihn Geschrieben wurde – „Die Geschichte der ersten Ermordung eines Gewerkschafters in Rumänien“. Wir können nicht wirklich sagen ob sie Anarcho-Syndikalisten waren. Als ein Beispiel: Als wir einmal diese Gewerkschaft besuchten hatten sie eine schwarzrote Fahne. Doch als wir sie fragten was es mit dieser auf sich hat (in der Hoffnung sie würden sagen das es eine anarchistische Fahne ist), erzählte uns der Gewerkschaftsfunktionär das diese Farben einfach nur indianische Farben seien, eine Form von Symbolik, weil der Chef der Stahl-Fabrik – Arcelor Mittal – ein Indianer sei.

Es gibt auch einige weitere AnarchistInnen aus Iaşi die die Stadt verlassen haben – es ist sehr offensichtlich weshalb. Jetzt sind einige von ihnen in Italien, einige leben in besetzten Häusern in Österreich, einige sind in Großbritannien. Es gibt nicht soviel Hoffnung für die anarchistische Bewegung in Iaşi, doch wir versuchen unser bestes zu tun. Wir sind in guten Beziehungen mit den AnarchistInnen von Cambridge und Sheffield in Großbritannien und korrespondieren viel mit ihnen über email.

Es ist wirklich hart hier Anarchist zu sein. Ich sage nicht dass es in anderen westlichen Ländern einfacher ist, doch schlussendlich gibt es dort mehr Menschen, die verstehen was Anarchismus ist. Wenigstens gab es in diesen Ländern anarchistische VorgängerInnen (Beginnend mit 1848, 1871, 1900, 1968 etc.) und auch jetzt gibt es dort in den westlichen Ländern mehr AnarchistInnen als hier. In Rumänien gab es keine historische anarchistische Bewegung, nur einige isolierte Individuen die AnarchistInnen waren oder anarchistische Gedanken hatten. Heute, wenn du hier „Anarchie“ sagst, denkt jeder das dies Chaos bedeutet und nichts anderes. Eine große Anzahl weiß nicht einmal was das ist - Kapitalismus, was das ist, Faschismus und eine Menge von ihnen sind Ignoranten und Heuchler. Und ich beziehe dies hier ausdrücklich auf die Jugend.

Du wirst von der Polizei verfolgt wenn du einen Aufkleber oder eine Ankündung klebst. Und wenn sie dich erwischen schlagen sie dich zusammen. Zumindest aber musst du Strafe bezahlen. Das gleiche passiert wenn du ein Graffiti anfertigst. Sie stoppen dich auf der Strasse immer wenn sie dich sehen. Checken deinen Ausweis und fragen dich dumme Fragen „Wie geht es ihnen, Mister“, „Wo gehst du hin?“ „Woher kommst du?“. Selbstverständlich änderst du deinen Personalausweis nicht täglich aber sie machen weiter damit, dich jeden Tag aufzuhalten. Manchmal schreien sie hinter dir her „Heeeey. Mister X (oder Mister Y, etc. Gewöhnlich kennen sie unseren vollen Namen und unsere Adresse), pass heute auf, wir patrouillieren in dieser Gegend”.

Einige von uns wurden auf der Straße festgenommen und zur Polizeiwache gebracht. Dort wurden die Fingerabdrücke genommen und Fotos angefertigt. Ihre Aktion begründeten sie damit, das in der Gegend ein Raubüberfall stattgefunden hätte und wir verdächtig seien. Natürlich gab es keinen Raubüberfall in der Gegend.

Als ein Beispiel. Am 16. Oktober wurden 5 von uns zur Polizeistation gebracht, weil wir einige Flugblätter gegen McDonalds verteilten. Wir wurden zwei Stunden lang auf der Station festgehalten. Sie behielten alle Flugblätter und stellten uns viele Fragen. Danach ließen sie uns gehen.

An der Schule oder in der Universität haben eine Menge Lehrer Spaß daran, den Anarchismus lächerlich zu machen, wenn sie herausfinden dass es dort einige anarchistische StudentInnen gibt. Eine Menge an Leuten will auch nicht mehr mit dir reden wenn sie herausfinden dass du AnarchistIn bist. Die meisten können sich eine Gesellschaft ohne Gott nicht vorstellen! Das ist die Hauptsache, die sie ängstigt, dass wir Atheisten sind. Die meisten von ihnen schätzen sich selber so ein das sie nicht in der Lage sind ihr eigens Leben zu meistern und wirklich einen Führer brauchen.

Auf der Demo, als ein Beispiel, fragte ein große Anzahl „wer hat das organisiert? Wer ist euer Führer?“ und ich versuchte ihnen zu erklären das es hier keine Führer gibt, das wir AnarchistInnen sind, das wir alle das gemeinsam organisiert haben und nicht eine einzelne Person. Hier gibt es keinen Chef, keinen Meister. Doch die meisten von ihnen konnten das nicht verstehen; „Irgendwer muss euch bezahlt haben“. „Irgendjemand steht hinter alledem“ sagten sie gewöhnlich.

Syndikalismus.tk: Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg mit eurer Arbeit!
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Ergänzungen

die Linke in Rumänien - eine seltene Freude

distruge fascismul 15.11.2009 - 19:32
Tja, das ist so ne Sache mit lnksradikalem Widerstand in Rumänien. Und tatsächlich ist Iasi da die mit Abstand aktivste Stadt.
Wie in den meisten ehemals kommunistischen Ländern tun sich Linke überaus schwer, einen populären Weg abseits von Kommunismus-Nostalgie und Neoliberlismus zu gehen. Nur leider ist der Kapitalismus für die meisten Bürger dieser Länder, vor allem für die junge Generation, immer noch eine Befreiung.
Vielleicht würden die Anarchisten aus Iasi gut daran tun, argumentativ auf den Roma-Rassismus zu antworten. Denn wie der/die InterviewpartnerIn selbst beschreibt, besteht für die breite Mehrheit der rumänischen Bevölkerung kein Zusammenhang zwischen Rassismus und Romafeindlichkeit. "Rassist? Bin ich nicht! Roma? Sind genetisch zum Klauen veranlagt und machen nur Probleme." Und da die Massenmedien (ProTv, TVR..) eben diese Stereotypen fleißig reproduzieren, ist es sehr schwer, eine Gegenöffentlichkeit zu erzeugen. Zumal eine vermummte Demo da den Fokus der von Zivilengagement unbedarften Öffentlichkeit eher auf ihr Auftreten als auf die Inhalte lenkt.
Aber verübeln mag ichs den rumänischen GenossInnen nicht, was an Naziterror und vor allem Terror durch den Geheimdienst herrscht, hat sich nicht zuletzt rund um den Nato-Gipfel '08 in Bukarest gezeigt.
Aber danke an die Berichterstattung. Immer wieder schön zu sehen, dass auch dort unten die Fahne hochgehalten wird. Hoffentlich zunhemend mehr!

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Guter Artikel — perry