Hörsaal an der FU Berlin besetzt

Wladek Flakin 11.11.2009 20:36 Themen: Bildung Soziale Kämpfe
Am Mittwoch um 13.02 Uhr kam es zur Abstimmung. Etwa 600 Studierende saßen im größten Hörsaal der Freien Universität Berlin (FU), dem Hörsaal 1A, und beschlossen mit großer Mehrheit dessen Besetzung. Sie folgten damit den Aufforderungen von AktivistInnen der Unibesetzungen in Potsdam und Wien, die extra nach Berlin gekommen waren. "Ich kann nur empfehlen, daß ihr ebenfalls zu dieser Aktionsform greift", meinte Tina Schulz, die eigentlich an der FU Psychologie studiert, aber seit einer Woche an der Besetzung des Audimax in Potsdam teilnimmt.
Drei StudentInnen aus Wien berichteten von ihrer Übernahmeaktion, die seit drei Wochen anhält: "Am Anfang waren rund 500 Studierende im Audimax, aber innerhalb von wenigen Stunden zählten wir mehr als 2000", erzählte Ramin Taghian. Veronika Maurer, ebenfalls von der Universität Wien, berichtete von Solidaritätsschreiben und -aktionen aus vielen Ländern, aber auch aus anderen gesellschaftlichen Bereichen Österreichs. Am heutigen Donnerstag findet in Wien eine gemeinsame Demonstration von Studierenden und MetallarbeiterInnen statt.

Auch in Berlin waren nicht nur Kommilitoninnen auf der Versammlung. Ben Brusniak von der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) berichtete von der großen Bedeutung der Solidaritätsaktionen der Studierenden für den Streik der GebäudereinigerInnen. Während des Streiks vor zwei Wochen hatte es unter anderem eine gemeinsame Demonstration von GewerkschafterInnen und Kommilitoninnen gegeben. Jana Seppelt von ver.di berichtete vom anstehenden Arbeitskampf beim Studentenwerk, das unter anderem die Mensen an den Berliner Universitäten betreibt. "Wir hoffen auf eure Unterstützung und werden auch an der Bildungsstreik-Demo am kommenden Dienstag teilnehmen".

Bereits seit einigen Wochen gibt es eine "Arbeitsgruppe Arbeitskämpfe" an der FU, die Diskussionsveranstaltungen und Solidaritätsaktionen organisiert. Stefan Neumann forderte die Studierenden im Namen der AG auf, auf die Beschäftigten zuzugehen. "Wenn sich Studierende und ArbeiterInnen an der Universität gegeneinander ausspielen lassen, werden wir alle verlieren." Obwohl die Debatten über die konkreten Forderungen der BesetzerInnen in Berlin noch ausstehen, gibt es schon eine Auseinandersetzung über das Motto: "Vom Bildungsstreik zum Generalstreik".

Peter Grottian, ein emeritierter FU-Professor, der seit Jahren soziale und Bildungskämpfe unterstützt, machte auch darauf aufmerksam, dass DozentInnen angesprochen werden müssen: "Wie unterstützen Sie uns? Nicht nur mit einem Schreiben! Wann legen Sie die Arbeit selbst nieder?" gab er die Fragen mit seiner typisch lauten Stimme vor. Für seine Solidaritätserklärung erhielt er einen riesigen Beifall.

Schon in der ersten Stunde der unbefristeten Besetzungsaktion gab es Debatten, weil eine Vorlesung über Psychologie im Hörsaal stattfinden sollte – die Professorin war entsetzt und schlug vor, die Besetzung ins Foyer zu verlegen. Aber stattdessen wurde die Vorlesung ins Foyer verlegt.

Danach ist aber eine angemeldete Filmvorführung von Amnesty International von dem Plenum erlaubt worden. Um 18.30 Uhr gab es einen Vortrag über die aktuelle Situation in Honduras von der unabhängigen Jugendorganisation REVOLUTION. Schliesslich um 19.45 Uhr begann das erste ordentliche Besetzungsplenum mit über 200 TeilnehmerInnen.

Die ersten Arbeitsgruppen – Mobilisierung, ziviler Ungehorsam, Inhaltliches, Arbeitskämpfe usw. – trafen sich. Während in Vorlesungen die Besetzung beworben wurde, haben auch AktivistInnen Unmengen von Werbung aus den Fluren der FU entfernt und zu einem Haufen im Hörsaal gemacht.

Die FU war die zwölfte – vielleicht sogar die 17. – Uni der BRD, in der es seit Anfang vergangener Woche zu Besetzungsaktionen gekommen ist. In Münster und Marburg räumte die Polizei die Hörsäle. In Potsdam halten Studierende weiter einen Hörsaal besetzt. Um 17 Uhr fand auch eine Vollversammlung an der Berliner Humboldt-Universität statt, bei der es ebenfalls mit einer Besetzung des Audimax endete. Für den Donnerstag sind Vollversammlungen an der Technischen Universität und der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin angekündigt. Der Höhepunkt des Bildungsstreiks ist mit Demonstrationen im ganzen Land am 17. November geplant.

Bericht und Bilder von Wladek Flakin, von der unabhängigen Jugendorganisation REVOLUTION ( http://www.revolution.de.com)

Bildergalerie von der Vollversammlung:  http://www.flickr.com/photos/onesolutionrevolution/sets/72157622657806565/

Eine kürzere Version des Artikels erschien in der jungen Welt von 12.11. ( http://www.jungewelt.de/2009/11-12/038.php)
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Ergänzungen

!!!

tagmata 11.11.2009 - 21:32
"Am heutigen Donnerstag findet in Wien eine gemeinsame Demonstration von Studierenden und MetallarbeiterInnen statt."

u.v.a.m.

 http://austria.indymedia.org/node/16151

Feature zum Protest wird ständig ergänzt:

Expropriateur 11.11.2009 - 22:26

nebenan sendet...

mit news SMS von HU (gekürzt) 11.11.2009 - 22:28
...und zwar dort:  http://wp.me/psdI6-wu

Veranstaltungen an der FU

R3VOLUTION 11.11.2009 - 22:48
REVOPEDIA: Die marxistische Enzyklopädie von REVOLUTION - Vorträge und Diskussionen an der FU

12.11.: Die ArbeiterInnenklasse
Sie halten die Räder am Laufen – gibt es sie noch?

19.11.: Der Staat
Der Staat überwacht uns – doch für wen eigentlich?

* Donnerstags um 18 Uhr im Seminarzentrum in der Silberlaube (gegenüber der Mensa II), U3 Dahlem-Dorf
* aufgrund der Besetzung könnte es zu einer Raumänderung kommen - kommt einfach um 18 Uhr zum Revo-Infostand

Peter Gottrian zur Kriminalisierung

Radio Corax 11.11.2009 - 22:50
Nicht nur in Österreich, auch in der Bundesrepublik protestieren Studierende an vielen Studienorten. Sie wählen oft als ein Mittel des Protestes Besetzungen. Rektorate gehen mit Polizeigewalt gegen Studierende vor. Oft werden die besetzten Gebäude geräumt. Studierenden drohen Strafanzeigen. Eine Einstieg in dieses Thema liefert Peter Grottrian, emeritierte Professor für Politologie von der FU Berlin. Er begleitet seit mindestens 30 Jahren aktiv Studierendenproteste.

Interview auf:  http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=30639



Kritische Bildung im Neoliberalismus

AKP 11.11.2009 - 23:32
"Wer braucht hier welche Bildung?"

Veranstaltung am Montag, 16.11.2009, 19:30 Uhr im „Max und Moritz“, Oranienstraße 162, Berlin-Kreuzberg, U-Bhf. Moritzplatz: "Politische und kritisch-psychologische Perspektiven zum neoliberalen Bildungsdiskurs"

Der kritischen Bildung und Wissenschaft bläst in Zeiten der neoliberalen Umgestaltung ganzer Gesellschaftsbereiche ein harter Wind entgegen. Bildungsinstitutionen werden in funktionalistische Qualifizierungsagenturen überführt und Lernprogramme nach arbeitsmarktbezogenen Verwertungskriterien konzeptualisiert. Der neoliberale Bildungsdiskurs macht sich dabei ehemals kritische Begriffe wie ‚Autonomie‘ und ‚Selbstbestimmung‘ zu eigen, entledigt sie aber ihrer gesellschaftsverändernden Implikationen. Vor diesem Hintergrund ist nach politischen Perspektiven kritischer Bildung und nach kritischen-psychologischen Ansätzen von emanzipatorischen Lernverhältnissen zu fragen, die nicht das Handeln unter bestehenden Bedingungen trainieren, sondern auf Selbstverständigungsprozesse zur Überwindung von Fremdbestimmung und Handlungsbehinderungen zielen.

Mobilisierungsvideo zum Bildungsstreik

- 12.11.2009 - 12:35

Bericht

Sandman 12.11.2009 - 16:07
Aktueller bericht zur lage in europa und unistreiks auf www.glocalist.com

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 3 Kommentare

Wäh

kjkjlkljl 11.11.2009 - 21:59
Igittigitt, die REVO
...und...
igittigitt, Wladek Flakin

an kjkl...

erklär mal 11.11.2009 - 22:19
klär uns auf. warum igitt igitt?

Neues Till Timmermann Video online!

Bildungsstreik 2009 12.11.2009 - 16:59
Viel Spaß beim Schauen:
 http://www.youtube.com/watch?v=W2G60JnxZ5w

be part of it!