Mainz: besetzt

aulita 11.11.2009 02:36 Themen: Bildung
Auch in Mainz wurde heute Nacht der erste Hörsaal besetzt.
Am Abend des 10.11. haben wir, überwiegend Studierende der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz, das Atrium Maximum / Rechte Aula am Forum Universitatis besetzt. Ziel ist es, damit den Forderungen dieses Sommers Nachdruck zu verleihen und einen freien und öffentlichen Raum zu schaffen zur inhaltlichen Diskussion über die aktuellen Veränderungen im Bildungssystem und zur Ausarbeitung von Gegenentwürfen für eine freie und freiheitliche, kritische, allgemeine und soziale Bildung und Gesellschaft.

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Aufruf zur Erhaltung einer freien Universität in Mainz

Sehr geehrte Lehrende, Studierende und MitarbeiterInnen der Universität,

Die Freiheit des akademischen Lebens an der Universität Mainz und anderswo ist in Gefahr. Im Zuge der Schaffung eines europäischen Hochschulraums im Rahmen der „Bologna-Reformen“ wurden die hehren Ziele vielerorts verfehlt oder hatten sogar gegenteilige Auswirkungen. Deshalb ist es zu dieser Zeit notwendiger und weitreichender Reformen dringlich, dass die Betroffenen: Lehrende, Studierende und Angestellte der Universität, die vielfältigen Mängel der neuen Strukturen öffentlich machen und ihren Teil zu einer sinnvollen Umsetzung beitragen.

Damit dies möglich ist, muss in erster Linie die Etablierung undemokratischer hochschulpolitischer Strukturen aufgehalten, bzw. rückgängig gemacht werden. Sowohl das bestehende Ungleichgewicht zugunsten des Hochschulrats, wie die geplante Novelle des Landeshochschulgesetzes stellen eine Entmündigung der breiten Mehrheit zugunsten nicht gewählter Gremienvertreter und des Präsidialamts dar. Was als „Autonomie der Hochschule“ angepriesen wurde, verkehrt sich in ihr Gegenteil. Die Hochschulen verlieren die Unabhängigkeit, welche für die Erfüllung der Aufgaben, die eine freiheitlich-demokratische Gesellschaft ihnen übertragen hat, unentbehrlich ist.

Das Kernstück der Bologna-Reform, die Einführung des konsekutiven Bachelor-Master-Studiums, verfehlt in der derzeitigen Umsetzung das Ziel einer universitären Bildung. Inhaltliche Überfrachtung der Studiengänge, eingeschränkte Mobilität beim Wechsel der Hochschule, sowie hoher Prüfungs- und Verwaltungsaufwand lenken von den eigentlichen Zielen höherer Bildung ab. Es bleibt zu wenig Zeit für die Ausprägung eigener Studiums- und Forschungsschwerpunkte. Studierende und Dozierende, letztlich die akademische Freiheit, leiden unter der zunehmenden Verschulung.

Die chronische Unterfinanzierung der Universitäten wird durch den gesteigerten Verwaltungsaufwand noch verschärft. Die zwingende Folge sind die Reduzierung der Aufnahmekapazitäten und damit einhergehende selektive Auswahlverfahren. Der freie Zugang zur Bildung, eine grundlegende Bedingung der demokratischen Ordnung, wird weiter eingeschränkt. Zusätzlich dient die generell unzureichende finanzielle Ausstattung der Hochschulen der Inszenierung von „Exzellenz-Wettbewerben“. So werden die Träger der Forschung gegeneinander ausgespielt und die Abhängigkeit von externen Förderern nimmt zu. In der Folge wird sowohl das Prinzip der Forschungsfreiheit verraten, als auch die Chancengleichheit der Absolventen auf dem Arbeitsmarkt geopfert.

Als unmittelbar Betroffene liegt es in unserer Verantwortung, diesen Tendenzen so entschieden und geschlossen als möglich entgegenzutreten. Setzen Sie sich in Gremien, Direktorien, im Hörsaal und über andere Formen öffentlicher Meinungsäußerung für konkrete Verbesserungen ein:

* Für eine Entschlackung überladener Prüfungsordnungen zugunsten studentischer Eigeninitiative und Entlastung von Lehrkörper und Verwaltung
* Für eine Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen, sowohl zum Bachelor, als auch insbesondere zum konsekutiven Masterstudium
* Für die Erhaltung der Fächervielfalt und ihre freie Kombinierbarkeit
* Für die Gestaltung des LHG im Sinne der Demokratie und Hochschulfreiheit, damit allgemeine Partizipation gefördert und „Top-Down-Strukturen“ und Ökonomisierung verhindert werden
* Für den Boykott von Hochschulrankings wie CHE und gegen den inszenierten Wettbewerb im Rahmen der „Exzellenz“-Offensive
* Für eine angemessene Finanzierung des gesamten Bildungssektors aus öffentlicher Hand
* Für bessere Beschäftigungsverhältnisse an der Universität, die den Erfordernissen der eigenen Lebenshaltung angemessen sind

Eine detailliertere Darstellung der Probleme und Ansätze zu ihrer Bewältigung finden Sie im Internet unter  http://mainz.akprotest.de, bzw. als Anhang. Damit Verbesserungen erreicht werden können, ist die Partizipation aller Statusgruppen der Universität und anderer Interessierter notwendig. Deshalb möchten wir Sie auffordern, sich an einem offenen Dialog zu beteiligen. Durch die Vernetzung der einzelnen Fachbereiche können gemeinsame Argumentationslinien präzise gefasst und konkrete Änderungsvorschläge mit angemessenem Gewicht vertreten werden. Der AK Protest versteht sich als offenes Forum für alle, die diesen Prozess konstruktiv mitgestalten oder kritisch begleiten wollen.

In diesem Sinne laden wir Sie ein, zu den angesprochenen Problemen Stellung zu beziehen, eigene Initiativen ins Leben zu rufen und die zur Zeit gesteigerte Aufmerksamkeit für Bildungsfragen zum Besten der Universität und der Allgemeinheit zu nutzen.
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Ergänzungen

audimax der uni landau besetzt

muss ausgefüllt werden 11.11.2009 - 14:31
seit heute zirka 12 uhr ist das audimax der uni landau besetzt!

studiengebühren verweigern,
master ins klo,
unis besetzen sowieso!!!!!!!!!

FU Besetzt

FU student 11.11.2009 - 16:45
Solidarische Grüße von der FU, bei uns ist seit 13:00h ein Hörsaal besetzt.

weiter unis besetzt, auch schweiz

squatter 11.11.2009 - 16:48
Auch in Berlin und in Hamburg besetzt.

Und zudem ist die protestwelle auf die schweiz und england übergeschwappt.

Uni Basel und london auch besetzt




WÜRZBURG AUDIMAX BESETZT!

blubb 11.11.2009 - 19:00
Audimax der Uni Sanderring besetzt!

Nach der Soli-Kundgebung heute um 15.30 Uhr wird das AUDIMAX der Universität Sanderring von Würzburger Studierenden besetzt!!!!!

Feature dazu:

Expropriateur 11.11.2009 - 21:18

präsi

... 12.11.2009 - 09:06
Laut sms wird in ein paar Minuten der präsi auftauchen. Obwohl die besetzer bis sonntag geduldet wurden

Mobilisierungsvideo zum Bildungsstreik

- 12.11.2009 - 12:38

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 4 Kommentare

Grüße aus Dresden

Dresdner 11.11.2009 - 12:09
Die Kommilitonen senden solidarische Grüße nach Mainz. Haltet stand!

Ich versteh das nicht.

Unwissender 11.11.2009 - 13:18
Ich lese immer wieder, bei besetzten Uni' s, dass eine der Forderungen sich um Geld dreht. Sprich "unterfinanzierung" usw.
Ich verstehe nur nicht, wenn ihr alle erfolgreich studiert habt und danach viel Geld verdient (außer "Ich hab dich lieb / Kuschel-berufe"), wieso ihr nix von eurem Gehalt an die UNi`s spendet.
Während eurer Studienzeit demonstriert ihr gegen Staat und Kapital, aber wenn beides dann mal bei euch ist, habt ihr euer damaligen Einstellungen aufgegeben.
Ich versteh euch Studenten nicht. Studieren ist so einfach! Ihr müßt nur auf das hören was die Profs euch sagen und immer 15 Minuten länger lernen als euer Studentenfreund.
Also nicht meckern, sondern klotzen!
Ohne Fleis, kein Preis! Ohne Arme, keine Kekse.
Ansonsten studiert in der Schweiz, dort ist es kostenlos.

@unwissender

Ironie? 11.11.2009 - 14:29
Also entweder verstehe ich deine Ironie nicht oder dein Intellekt unterliegt beschränkungen hinsichtlich der Quantität und Qualität... herauszufinden ist das aber auch ganz einfach wenn du diesen Kommentar verstehst, war es wohl ironisch gemeint wenn nicht... auch gut.

Nur mal so zur Info: es gibt tatsächlich studierende die nach ihrer Studienzeit als eine Art "Fördermitglied" an der Universität bleiben... diese mittel reichen aber bei weitem nicht aus um eine Universität zu finanzieren... hinzu kommt das bei der Vergabe von staatlichen mitteln immer die Gefahr besteht das der Staat versucht Interessen durch dieses Druckmittel durchzusetzen.... Eine effektive Universität aber muss von den Studierenden ausgehen, muss kritische Inhalte umsetzen ohne unter Druck zu geraten und muss den studierende die Möglichkeit zu einer freien beschäftigung mit Themen ihres Interesses bieten.

All das bieten Deutsche Universitäten schon lange nicht mehr! Deutschland, das ach so gerühmte Land der Dichter und Denker verkommt zu einem Land ohne Bildung! Wie aber soll ein Land ohne Ressourcen bestehen wenn nicht einmal die weniger geistigen Ressourcen die vorhanden sind ausgebildet werden.

Deutschland gute Nacht

achso und bevor sich hier die antinationalen beschweren, seht dies bitte als eine theoretische betrachtung der akuten Situation, nicht unbedingt als direkte Meinung des Autors.

Berlin: Mittelpunkt der Welt

ich 11.11.2009 - 16:59
Durch google habe ich dann auch erfahren, dass die "FU" in Berlin liegt. Aber da es ja eh nichts anderes als Berlin gibt, muss man das ja auch nicht erwähnen.