Wohlfahrtsverbände am Hartz IV-Tropf

Brigitte Vallenthin 14.10.2009 00:09 Themen: Soziale Kämpfe
Im Vorfeld der Verhandlung gegen den Hartz IV-Regelsatz beim Bundesverfassungsgericht werden immer mehr regierungskonforme Positionen deutlich. So äußern sich jetzt auch Caritas und Diakonie im Sinne des Regierungsziels, das lediglich ein paar Stellschräubchen am Kinderregelsatz drehen möchte - ohne den gesamten Regelsatz in Frage zu stellen. Nur so erklärt sich nach Auffassung der Hartz4-Plattform, dass ihre Stellungnahmen gegenüber dem Bundesverfassungsgericht eine einseitige Abhängigkeit spiegeln.
„Ich empfinde es Besorgnis erregend, wie einseitig und regierungskonform sich Sozial- und Wohlfahrtsverbände in Stellungnahmen gegenüber dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Hartz IV-Verhandlung geäußert haben,“ stellt Brigitte Vallenthin, Hartz4-Plattform Sprecherin wenige Tage vor dem Termin am 20. Oktober in Karlsruhe fest. Der Hartz4-Plattform liegen Stellungnahmen von Caritas und Diakonie vor, die vom Bundesverfassungsgericht nach § 27 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) „als sachverständige Dritte“ angefragt wurden. „Wir sehen in den Antworten – die so tun, als ginge es alleine um die Kinderregelsätze und nicht auch grundsätzlich um den Eckregelsatz – eine Verletzung der gebotenen Neutralität. Da wird weniger der Sachaufklärung und Wahrheitsfindung gedient als vielmehr regierungsabhängiger eigener Interessenlage.“
Ähnlich äußert sich auch der erste Vorsitzende von „Sozialverein und Erwerbslosen-Initiative ARCA Soziales Netzwerk e.V.“, Thomas Kallay. in Bezug auf den zusätzlichen Aspekt des Profitierens der kirchlichen Verbände durch 1€-Jobber aus Hartz IV, in einem Gespräch mit der Hartz4-Plattform, das im Wortlaut auf www.hartz4-plattform.de nachzulesen ist.

Caritas und Diakonie beziehen Mittel aus Hartz IV-Töpfen, mit denen sie im Auftrage der Behörden unterschiedliche Maßnahmen durchführen und in deren Namen sogar Sanktionen ankündigen. Der Hartz4-Plattform liegt dazu ein Schreiben der Diakonie in Hessen-Nassau vor, das bereits vom 19. September 2006 datiert. Darin heißt es unter anderem: „Sie haben Ihren Unmut darüber geäußert, dass sich das Diakonische Werk indirekt an Sanktionsmaßnahmen im Rahmen des SGB II beteiligt. (...) Es ist jedoch sehr wohl möglich, dass künftig ein Grossteil der Sozialleistungen aus diesem Topf finanziert wird. (...) Wie Sie sicher wissen, gehen parallel zur oben beschriebenen Entwicklung die Kirchensteuereinnahmen zurück ... (...) Fakt ist aber, dass eine Verweigerung der großen Träger gegenüber SGB II ein dramatisches Ausdünnen der Hilfsangebote zur Folge hätte, das sicher nicht zu begrüßen
wäre ...“.
„Ich sehe dadurch durchaus einen Interessenkonflikt. Gerade darum hätte ich von Anfang an eine Zurückweisung der Hartz IV-Mittel durch Caritas und Diakonie aus ethischen Gründen erwartet und für das notwendig richtige Signal der Kirchen an die Politik gehalten,“ fasst Brigitte Vallenthin zusammen.
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