Rom - 300.000 für Pressefreiheit
Einige italienische Kommunist_innen waren ebenfalls anwesend, was allerdings bei einer großen Anzahl der eher älteren und bürgerlicheren Anwesenden nicht gern gesehen war. Schließlich stecken hinter dem Protest mit den linksliberalen Zeitungen La Repubblica und l'Unità, der größten (weichgespülten) italienischen Gewerkschaft CGIL und der nicht einmal mehr sozialdemokratischen PD keine sozialen Kräfte von denen eine soziale Alternative zu erwarten wäre. Eine soziale Alternative ist nicht erwünscht. Die Unterstützung einer außerparlamentarischen Opposition soll es ebenfalls nicht geben. Viel mehr scheint sich zunehmend eine bürgerliche Revolte des „Anstands“ gegen den als beschämend empfundenen rechtsaußen Ministerpräsidenten zu formieren.
Die Attacken Berlusconis gegen die noch nicht von ihm gleichgeschalteten Medien nehmen seit dem Sommer an Heftigkeit zu. So beschimpfte er die ihm nicht devot zu Füßen liegenden kritischen Journalisten_innen bei rai tre, La Repubblica, l’Unita und neuerdings auch den Direktor der Tageszeitung der Bischofskonferenz Avvenire Dino Buffo als „Schurken“. Er behauptete, obwohl seinem Medienimperium beinah alle Fernsehkanäle und massig Zeitungen gehören, daß es viel zu viele Farabutti (Schurken) in der Politik, der Presse und dem TV geben würde. Deshlab müsse das Parlament abgeschafft und die Presse sowie das Fernsehen staatstragend gleichgeschaltet werden.
Zu der heutigen Großdemonstration rief die Federazione Nazionale Stampa Italiana (FNSI), der italienische Journalistenverband auf. Die Gewerkschaft CGIL organisierte mindestens 300 Züge nach Rom. Mit La Repubblica beteiligte sich eine der meistgelesensten Zeitungen Italiens. Außerdem wehrt sie sich so öffentlichkeitswirksam gegen die massiven politischen und ökonomischen Angriffe auf ihre Redaktion. Außerdem beteiligten sich der kommunistische Kulturverein ARC, die christlichen Aktivist_innen von Articolo 21 und andere Initiativen.
Auf der Großdemonstration sprachen heute einige Prominente politische Dissidenten und oppositionelle Politiker_innen. Der Fokus lag eindeutig auf erfolglosen (sozial-) demokratischen Politiker_innen, etablierten Gewerkschafter_innen und kritischen Kulturschaffenden. Die Sozialisten, wie viele andere, wiesen darauf hin, daß Italien an einem Scheideweg zwischen der Demokratie und der Tyranei stehen würde. Wenn Berlusconi durch kommt, bedeutet dies die Knebelung der freien Presse. Deshalb war es nur folgerichtig Saviano ein Podium zu geben, der sich seit Jahren vor der Mafia verstecken muß. Er wies allerdings in seiner Rede ausdrücklich darauf hin, daß die Macht und die Wahrheit sich auschließen würden.
Die Demonstration in Rom führt den Bildungsprotest der l’Onda mit dem bürgerlichen Widerstand gegen die Beschneidung der Pressefreiheit zusammen. Ein Demonstrationszug von (prekären) Lehrer_innen, der auch am heutigen Samstag für seien Rechte demonstrierte, schloß sich der Großkundgebung gegen Berlusconi an und wurde euphorisch begrüßt.
Die radikale Linke blieb dem Protest weitestgehend fern. Sie wies zurecht darauf hin, daß der Protest gegen die Gleichschaltung der Medien durch Berlusconi zu sehr von der liberalen Presse und der konformistischen Gewerkschaft CGIL dominiert wird. Das zeigt sich vor allem daran, daß der erste Termin zu einem landesweiten Aktionstag für die Freiheit der Presse am 19. September aufgrund des Gedenkens um die in Afghanistan bei einem Bombenanschlag getöteten Soldaten auf Druck von La Repubblica und CGIL verschoben wurde. So bleibt ein bitterer Beigeschmack bei der erfolgreichen Kundgebung in Rom. Der tiefe Riß und das Misstrauen in der linken, sozialen Bewegung in Italien bleibt bestehen.
Weitere Informationen
http://fnsi-libera-informazione.blogspot.com
http://www.cgil.it
http://www.infoaut.org
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)
Ergänzungen
Bilder
Demokratie Nach Art Des Mafiapaten
Interview: http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=30079
Partito democratico
lso nichts mit Partito Democratico!
Das, was oben ergänzt wurde ist deshalb schwer irritierend, weil der Autor/die Autorin der selben das sicher weiß, dass es gröbster Unfug ist, den PD mit Die Linke. gleichzusetzen! Hoffentlich war es Naivität...