Bericht: Feldbefreier-Prozess in Gießen, Tag7

feldbefreierInnen 01.10.2009 14:48 Themen: Biopolitik Repression Ökologie

Kurzfassung: Der Prozess beginnt um 14:15 und dauert bis 21.45 Uhr. Anders als erwartet und Gericht erwünscht, kam es nicht zum Urteilspruch. Ursachen dafür waren umfangreiche Gegenvorstellungen zur Ablehnung der Anträge sowie ein Verfahrensfehler des Gerichts. Dieses hatte am 16.9. versehentlich nur den Verteidigern eine Frist zur Abgabe der Anträge gestellt. Der Angeklagte B nutzte diese Panne zum Stellen weiterer Anträge. Das Gericht musste dann eine neue Frist auch für die Angeklagten stellen. Erst danach konnte es die Plädoyers geben. Während des letzten und längsten wurde der Prozess dann unterbrochen. Nächster Termin für das letzte Plädoyer und das Urteil ist Freitag, der 9.10.2009, um 14 Uhr.

Mitschriften und Bericht zum „Gengerste“-Prozess in Gießen, Berufung, 7. Tag, 30.09.09

Nink: „Man bekommt sonst nur in Wirtschaftsstrafverfahren so viel Material.“
B: „Es ist ein Wirtschaftsstrafverfahren, nur dass die Angeklagten die Falschen sind.“

14.15 Uhr: Richter Nink eröffnet damit, die bis zur umstrittenen Frist eingereichten Beweisanträgen zu benennen (insgesamt sind es über 100 weitere). Der Angeklagte B meldet sich und erklärt, dass Pressevertreter von Gießener Zeitungen nicht die für sie reservierte Plätze nutzten (womit de facto Publikumsplätze blockiert werden, weil die erste Reihe pauschal den Medienvertretern vorbehalten ist). Richter Nink fordert die beiden Pressevertreter vehement auf, nach vorne zu gehen; zudem bietet er älteren Personen mit Hörproblemen an, auf die vorderen Plätze zu wechseln. Die beiden Schreiberinnen der Gießener Tageszeitungen trollen sich nach vorne - der Ärger über diesen Affront ist ihnen anzusehen. Nach mehreren Wochen übelster Berichterstattung gerieten sie so mal in den Mittelpunkt.

 

Staatsanwältin phantasiert „Ausschreitungen“

Um 14:20 verliest die Staatsanwältin in beißendem Ton eine Erklärung zu den beiden, in der zurückliegenden Sitzung gestellten Befangenheitsanträgen: Sie seien unbegründet. Zum 1. Befangenheitsantrag führt sie aus, vom Seiten des Gerichts habe den Angeklagten „weiter Raum“ zur Verfügung gestanden, „ihre Auffassungen zur Gentechnologie (…) darzulegen.“ Die Ablehnung der Beweisanträge allein vermöge eine Befangenheit nicht zu rechtfertigen.

Zum 2. Befangenheitsantrag, der unter anderem das martialische Polizeiaufgebot am 16.09.09 problematisierte, erklärt die Staatsanwältin: „Erfahrungen aus der Vergangenheit“ hätten gezeigt, dass „mit Unruhen und Ausschreitungen innerhalb seiner Anhängerschaft zu rechnen“ sei, wenn ein Urteil gesprochen würde.

Danach positioniert sich die Staatsanwältin zu den eingereichten Anträgen: „Unzulässig“, „ungeeignet“, „ohne Bedeutung“ …

Rechtsanwalt Döhmer, der B vertritt, kritisiert den von der Staatsanwaltschaft verwendeten Begriff „Aussschreitungen“; wie andere Verhandlungen mit B verlaufe auch diese sehr ruhig. Der Polizeieinsatz in diesem Umfang sei „sachlich nicht begründet“, „unglaublich, was hier an Geld verschwendet wird.“ Richter Nink sagt: „Ich habe auch nichts bestellt“, und grinst.

Auch B meldet sich und greift den Begriff Anhängerschaft; er gehe davon aus, dass die Leute im Publikum selber denken können und mehr sind als die Anhängerschaft anderer..

Um 14:33 verliest das Gericht die Beschlüsse zu den beiden Befangenheitsanträgen – sie werden zurückgewiesen, weil sie „unbegründet“ seien.

Danach folgen die gerichtlichen Beschlüsse zu den Anträgen der Verteidiger und des Angeklagten B – nicht besonders überraschend angesichts des bisherigen Verlaufs werden alle Anträge abgelehnt. Unterdessen erkundigt sich Richter Nink, warum B, der Beweisanträge zu den widersprüchlichen Gentechnik-Positionierungen von Gießener Parteien gestellt hatte – die FDP ausgelassen habe. B dazu: „Die hat sich nicht überraschend positioniert“, woraufhin Nink erwidert: „Sie gehören in konfrontative Fernsehsendungen.“ (seltsame Aussage für jemand, der den Angesprochen tatsächlich wohl in den Knast schicken will und wird)

Um 14:52 verliest B eine Gegenvorstellung zu seinen ersten 26 Anträgen, die am zurückliegenden Verhandlungstag abgelehnt wurden. B argumentiert, dass es nicht sein könne, dass eine Beweiserhebung zu Rechtfertigungsgründen vom Gericht abgelehnt werde und gleichzeitig behauptet werde, es hätte keine gegeben. B zitiert aus einem offiziellen Ratgeber für Schöffen: „„Beruft sich der Angeklagte auf Ausnahmeregeln von einer Strafbarkeit (wie etwa Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründe oder auf einen Rücktritt vom Versuch), muss das Gericht ihm nachweisen, dass diese Umstände nicht vorliegen. Ist das Gericht zu diesem Beweis nicht in der Lage, muss zu Gunsten des Angeklagten entschieden werden.“
Außerdem sei es unmöglich, zu behaupten, dass das Gesetz für den außergesetzlichen Notstand gelten solle. Das sei, wie in folgender Umschreibung eines Gags zu anderer Sache:

§ 1: Das Gesetz gilt immer.
§ 2: Wenn das Gesetz mal nicht gilt, tritt automatisch § 1 in Kraft.

Um 15:24 interveniert Nink und will wissen, wie lange geht die Gegenvorstellung noch dauert. B macht Angaben dazu, und der Vorsitzende „gestattet“ die Verlesung für eine weitere Viertelstunde. Die Verlesung der Gegenvorstellung endet um 15:38.

Anschließend erklärt RA Döhmer, dass die Entscheidung des Gerichts, keinen kurzen Prozess zu machen, anerkannt und gelobt wird. Gleichzeitig stelle sich der Gerichtsbeschluss zu den neuen Anträgen als „Pauschalentscheidung“ dar, da einige Beweisanträge nicht individuell beschieden wurden. „Die Verteidigung rügt, dass die Anträge nicht ordnungsgemäß beschieden wurden. Eine Einzelfallbeurteilung ist unterbleiben – als Beispiel nennt Döhmer die von ihm eingereichten Anträge 165, 166. Eine konkrete Bescheidung „lässt sich beim besten Willen nicht erkennen.“ – Richter Nink lenkt, was die erwähnten Anträge betrifft, ein und erklärt, dass ein Gesichtspunkt untergegangen sei und das Gericht nochmals über die beiden Anträge beraten werde.

Richter Nink bezieht sich auf die seitens der Angeklagten geäußerten Befürchtungen einer sofortigen Inhaftierung – unter anderem wegen des Polizeiaufgebots am 16.09.09 – und erklärt, dass ein Haftbefehl vom ihm nicht zu erwarten sei. „Man sieht ja, wozu es führt, wenn man an so einen Fall falsch rangeht.“

Im folgenden werden die Vorbelastungen – Vorstrafen – der Angeklagten erörtert. Als eine Passage aus dem Urteil gegen N und B vorgelesen wird, die ihnen zur Last gelegte Wahlplakatveränderungen detailliert beschreibt, müssen selbst die ansonsten zurückhaltend auftretenden Schöffen grinsen. Die Angeklagten waren 2002 von zwei Polizeibeamten festgenommen worden, die in ihnen gesuchte Autoknackern vermuteten. B und N wurden in Handschellen gelegt. Als die Beamten ihren Irrtum erkannten und die beiden freilassen wollten, bemerkten sie, dass ihre Schlüssel nicht passten; eine weitere Streife wurde gerufen. „Das ist nicht ihr Ernst“, wirft Micha Grolm, Imker und Gentechnikkritiker, aus dem Publikum ein.

Von 16:07 bis 16:43 wird die Verhandlung unterbrochen. Danach verliest der vorsitzende Richter einen ergänzenden Beschluss zu den Anträgen 165 und 166 von RA Döhmer. Tenor: „Ungeeignet“ – das Gericht könne aus eigener Sachkunde entscheiden – „ohne Bedeutung“ …

Danach hält B eine mündliche Gegenvorstellung zu den in der Hauptverhandlung verkündeten Ablehnungsbeschlüssen: „Eine Vielzahl der Anträge betreffen oder könnten die offensichtliche Nichtigkeit des Genehmigungsantrags betreffen“, „Es gibt bislang keinen Beschluss des Gerichts zum rechtfertigenden Notstand“. Seiner Auffassung nach gilt der § 43 – „und dann muss man sich mit den Kriterien auseinandersetzen.“

 

Staatsanwältin nimmt Berufung zurück

Um 16:49 gibt die Staatsanwältin eine überraschende Erklärung ab: Die Berufung gegen N und B werde zurückgenommen … es haben sich Umstände aufgetan, die sie zu dieser Entscheidung veranlasst habe. Die Umstände werden nicht weiter ausgeführt. Richter Nink erklärt: „Das Leben eines Richters ist überraschend spannend“, und die Verteidigung beantragt eine kurze Pause, um darüber zu beraten, ob der zurückgenommenen Berufung zugestimmt werde (was prozessoral notwendig ist).

Nach der Pause erklären die Verteidiger, dass der Rücknahme der Berufung nicht zugestimmt werde. Zudem stellt B um 17:00 den Antrag, die Regelung, dass Beweisanträge schriftlich einzureichen sind, wieder zurückzunehmen, weil es für die Verteidigung zu Nachteilen führe und der Verdacht besteht, dass Anträge nicht mehr oder nur unzureichend gelesen würden. – Der Antrag wird durch Kammerbeschluss zurückgewiesen.

Im Anschluss stellt B 5 Beweisanträge. Während die Anträge kopiert werden, wird die Staatsanwältin seitens des Gerichts gefragt, ob sie Stellung beziehen wolle. Wohlgemerkt: ohne dass ihr die Anträge vorliegen! Sie bejaht; aus dem Publikum ertönen Zwischenrufe: „Die sind bestimmt ohne Bedeutung“, und Richter Nink schlägt, um die Situation zu retten, vor: „Warten wir lieber.“

Als ein Wachtmeister die Kopien an die Prozessbeteiligten aushändigt, erklärt Nink: „Man bekommt sonst nur in Wirtschaftsstrafverfahren so viel Material.“ Daraufhin B: „Es ist ein Wirtschaftsstrafverfahren, nur dass die Angeklagten die Falschen sind.“

Die Staatsanwältin beantragt, die Anträge wegen „Prozessverschleppung“ zurückzuweisen. Sie sagt: „Der Verteidiger von B lacht schon; wir alle wissen ja, dass er an einem Aufsatz darüber schreibt“. Unter anderem bezieht die Staatsanwältin sich auf die Fristsetzung seitens des Gerichts. RA Döhmer merkt dazu an: „Den Verteidigern ist eine Frist gesetzt worden, nicht den Angeklagten“ – ein Blick ins Gerichtsprotokoll bestätigt: genau so ist es.

Das Gericht setzt daher eine Frist bis 18 Uhr – diesmal korrekt für alle am Verfahren Beteiligten …

Von 17:27 bis 18:08 wird der Verhandlung unterbrochen; wie zu erwarten werden die Anträge von B zurückgewiesen …

B gibt an, einen Film mitgebracht zu haben, der seine persönlichen Verhältnisse erhelle und den er gerne zeigen würde. Als Richter Nink der Staatsanwältin einen fragenden Blick zuwirft, sagt diese: „Ich bin ja zu allem bereit“, aber auch: „Ich sehe die Notwendigkeit nicht“.

B erklärt zudem, dass er noch einen Antrag habe. – Zwischen Gericht und dem Angeklagten wird die Vereinbarung – ein „Deal“ (formale Prozess-Nebenabsprache) – getroffen, dass B noch einen Antrag stellen und danach den Film zeigen könne.

Um 18:21 trägt B den Antrag vor, der eine Aussetzung des Verfahrens mit Verweis auf ein laufendes zivilrechtliches Verfahren, das sich unter anderem gegen die Broschüre „Organisierte Unverantwortlichkeit“ richtet und bei dem möglicherweise diesem Verfahren widersprechende Feststellungen gemacht werden könnten. – Der Antrag wird … logisch: abgelehnt …

Es folgt die Filmvorführung von „Berufsrevolutionäre“ – einem Film über Ideen, Personen und Aktionsstrategien in und um die Projektwerkstatt. Einer der Angeklagten hatte vorgeschlagen, den Film anzuschauen, weil er viele Interviews über Motive und Ziele aus der Zeit unmittelbar vor der Aktion enthielt. Nach 17 Minuten, um 18:49, endet der Film.

 

Plädoyer I: Staatsanwältin Sehlbach-Schellenberg

Nach einer Pause, um 19:09 beginnt die Staatsanwältin mit ihrem Plädoyer: „Warum ich die Berufung zurückgenommen habe, (…) ich versuche meinem Job nachzugehen (…), meine Berufung ist nicht durchsetzbar, zu Gunsten der Angeklagten. Es gibt keine Staatsanwältin, die hier vorne steht, die unbedingt eine Verurteilung will, (…) ich komme mit meiner Berufung nicht weiter, (…) es hat auch keine Kostengründe.“

„Zur Sache selbst: Die Tat ist zu einem recht frühen Zeitraum von beiden Angeklagten eingeräumt worden. Es ist ein großer Sachschaden entstanden, (…) 20 %. Die Tatbeiträge müssen sich alle anrechnen lassen. (…)

Alles dreht sich hier um den § 34 StGB. Haben wir denn überhaupt eine Gefahrenlage? Dafür haben wir eindeutige Kommentarlage. Haben wir hier schon eine konkrete Gefahr? (…) Es geht um die Geeignetheit des Mittels, (…) das mildeste Mittel. Was wir hier haben ist das rigoroseste Mittel, die Feldbefreiung. (…)

Alleine bei Nichtigkeit des Genehmigungsbescheids hätte die Tat von der Rechtsordnung gebilligt werden müssen. (…)

Der § 44 bestimmt eindeutig die Nichtigkeit des Verwaltungsaktes; hier ist nach allen erdenklichen Seiten ermittelt worden. Wir haben es hier nicht mit einer offenkundigen Nichtigkeit zu tun.

Und damit war diese Selbstjustiz nicht rechtens. Was würde das bedeuten, wenn wir sagen: Diese Aktion war rechtens? Nur vom Ergebnis her betrachtet: Die Polizei hätte nicht einschreiten dürfen. Sie hätte es dulden müssen – in dem Moment wo man sagt: ‚Ihr Handeln ist gerechtfertigt.’

Ich komme nun zur Strafzumessung. Herr N hat sich zu seinen Verhältnissen eingelassen. N sagte, das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt nicht. (…) Es kann sein, dass ich ihm fürchterlich auf dem Leim gehe. Ich glaube ihm. (…)

Ich sehe keine rechtliche Grundlage, ihm die Bewährung zu versagen. Angesichts des hohen Schadens halte ich 6 Monate Freiheitsstrafe für angemessen, (…)3 Jahre Bewährung und 200 Stunden gemeinnütziger Arbeit; ich halte es nicht für notwendig, dass er einem Bewährungshelfer unterstellt wird.

B sagte: Er sieht es heute nicht anders als damals. Ich bin der Auffassung, nach wie vor, dass es zu einer Freiheitsstrafe kommen muss. Ich bin aber auch der Auffassung, dass (…) der Angeklagte sich geständig gezeigt hat (…) 6 monatige Freiheitsstrafe. Weil es an der günstigen Sozialprognose fehlt.“

 

Plädoyer II: Verteidiger Markus Künzel

Um 19:26 beginnt RA Künzel sein Plädoyer: „Ich gehe noch mal zurück zum Anfang des Verfahrens, (…) aktenmäßig ist belegt, dass der damalige zuständige Staatsanwalt N die Einstellung anbieten wollte, (…) wie gesagt: Man hat ihn gar nicht gefragt. Wenn man gegen einen Angeklagten nicht verhandeln will, sollte man es auch nicht tun. (…)

Ich möchte die Einlassung von N in Erinnerung rufen, dass er nicht davon ausging, die angekündigte Tat auch durchzuführen, (…) er wurde schon ein paar mal in Gewahrsam genommen. (…)

Was passiert danach? Sicherlich muss ich davon ausgehen, dass das Gericht (…) die Angeklagten mit einem Urteil versehen will (…).“

RA Künzel geht auf einige Aspekte der erstinstanzlichen Verurteilung ein: „Kriminelle Energie, (…) fand ich abenteuerlich, (…) N benennt ein öffentlichen gesellschaftlichen Widerspruch. (…) Zum Nachtatverhalten: N hat umfangreich zu sich Auskunft gegeben; er sit jemand, der sich und seine Umwelt genau reflektiert. (…) Verfahrensdauer: Es ist drei Jahre her, (…) obwohl die Tat am Tag der Begehung aufgeklärt war. Man fragt sich: Wozu wird eigentlich verhandelt? Ein Strafabschlag ist gegeben, und das ist in der Rechtsprechung auch anerkannt. N hat ausgesagt, eine Ausbildung nicht angefangen zu haben, weil das Verfahren über ihm schwebe. Das Verfahren hängt über einem, es ist nicht abstrakt, es ist ganz konkret. (…)

Ein hoher Schaden wurde in der Beweisaufnahme nicht festgestellt. Der Zaun ist die einzige, nennenswerte Schadensposition.“

Künzel bezieht sich auf den §34 des StGB: „Ich gehe davon aus, dass mein Kollege und B sich darauf beziehen; N hat sich nicht darauf bezogen … dennoch müsse der Paragraf auch für ihn gelten. (…) Die Stirntheorie ist in diesem Fall nicht haltbar, (…) sie stammt aus dem Verwaltungsrecht und fragt: Darf sich jemand gegen Obrigkeitsverhalten wehren? (…)

Der § 34 verzichtet ausdrücklich auf die Bezugnahme auf das Verwaltungsrecht. Die Tatsache, dass es ein Gesetzt gibt, schließt doch nicht aus, dass es eine Gefahr gibt. (…)

Würde man als zusätzliches Tatbestandsmerkmal hier verwaltungsrechtliche Themen einbringen, würde das Kontra legen, die Strafbarkeit des Handelnden erweitern. Die Ausweitung von Strafbarkeit ohne Gesetz geht nicht (…).“

RA Künzel sagt, dass man im Falle, dass der § 34 zieht, einen Freispruch beantragen müsse. Zum Gericht gewandt sagt er: „Ich weiß auch, dass können sie nicht, dass wäre eine Signalwirkung. Ich werde deshalb hier ohne Antrag das Plädoyer beenden.“ Eine Haftstrafe ohne Bewährung würde allerdings weder der Tat noch dem Täter noch dem Geschehen gerecht wird.

 

Plädoyer III: Verteidiger Döhmer

Um 19:45 beginnt RA Döhmer sein Plädoyer: „Von welchem Sachverhalt gehen wir aus? Das ist entscheidend. Es ist gar nicht am Ende so schwierig. (…) Wodurch werden die Angaben des Angeklagten widerlegt? Darum geht es.

Ich befürchte, bei strenger Betrachtung, dass eine Widerlegung der Angaben des Angeklagten nicht möglich ist. Es gab hier in Gießen ein Genfeld. Es gab eine formell bestandskräftige Genehmigung. Nach Recherchen von B entsprach der durchgeführte Versuch nicht dem, was genehmigt war, (…) die Ausführung war nicht rechtmäßig.

Wenn eine ganz andere Versuchsanordnung durchgeführt wird, kann auch strafrechtlich relevant sein. Es gibt Auflagen im Bescheid, die nicht eingehalten wurden. (…)

Es muss von Rechtsverstößen ausgegangen werden; die Situation, die wir vorgefunden haben, die war rechtswidrig. (…)

Der Sachverhalt ist nicht so komplex, er ist ziemlich klar. Rechtswidrige Genehmigung, nicht genehmigter Zaun, und wenn der Versuch genehmigt war, wurden Auflagen nicht eingehalten. Das ist alles nicht widerlegt.

Zu Recht, aber auch peinlicherweise, hat B aus dem Leitfaden für Schöffen zitiert. Im Verfahren ist so verfahren worden: Den Notstand muss schon der Angeklagte nachweisen. Es ist umgekehrt: Man muss dem Angeklagten nachweisen, dass kein Notstand gegeben war.“

RA Döhmer gibt an, dass es beim § 34 nicht auf „offensichtliche Nichtigkeit“ ankommt. Es handele sich um juristisches Neuland: „Es ist Glatteis, sehr gefährliches, dünnes Glatteis, brüchig zudem. Wir können davon ausgehen, dass der Paragraf anwendbar ist. Dann haben wir kein Problem, uns zum nächsten Tatbestandsmerkmal vorzutasten. Da habe ich sicherlich ein Problem damit dass festzustellen: Gefahr für Leib und Leben? Es gibt weitere Schutzgüter: Umwelt, ökologisches Gleichgewicht. Darüber brauchen wir heute nicht mehr zu diskutieren.

Dann ist die Frage: War die Tat erforderlich, wenn eine Notstandslage gegeben war. Wenn man die Entscheidungen liest, liest man nur oberflächliche Beurteilungen. Man kann erwarten, dass Handlungsalternativen aufgezeigt werden. Handlungsalternativen hat mir hier niemand präsentiert – das es in der konkreten Situation irgendwer eine andere Möglichkeit gab.

Der Angeklagte selbst hat uns mit seinen Beweisanträgen gezeigt, dass sinnlos war, sich an die Polizei zu wenden oder an Parteien (…).

Welches mildere Mittel hätte eingesetzt werden können, ist mir nicht erkennbar.“

Zuletzt sei erforderlich, dass der Gefahrabwendungswillen erkennbar sein müsse. Dass die beiden Angeklagten in diesem Willen gehandelt haben, dürfte nicht abgewendet werden können. Zudem weist Döhmer darauf hin, dass möglich sei, dass der Angeklagte sich geirrt haben könne, was das Vorliegen von Rechtfertigungsgründen betrifft.

„Entweder haben wir Rechtfertigungs-, oder zumindest Entschuldigungsgründe. Alle diese Punkte sind von Bedeutung im Rahmen des § 34 (…). Ich weiß nicht, wie das dem Gericht dem abhelfen will.

Verhängung einer Freiheitsstrafe ist für beide Angeklagten indiskutabel; das sind strafrechtsferne Erwägungen, das ist in der ersten Instanz deutlich geworden. Ich bin davon immer noch betroffen. Auch das Verhalten der Staatsanwaltschaft in der ersten Instanz macht mich betroffen. Die Staatsanwaltschaft ist ja auch Organ der Rechtspflege und hätte erkennen müssen, dass so etwas nicht geht. (…)

Ich bleibe bei meiner Vermutung, dass hier schlicht eine Sperrberufung eingelegt wurde, (…) diese Vermutung ist nicht ausgeräumt. Dieses Geschmäckle habe ich hier überall … eigentlich hätte das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft gar nicht eingelegt werden dürfen.“

 

Plädoyer IV: Angeklagter Patrick Neuhaus

Steht auf mit Bemerkung dazu, dass es offenbar „common sense“ sei, Plädoyers im Stehen zu halten. Dann beschreibt er seine Lage und Stimmung zur Sache Anfang 2006: Es gäbe klare Gefahren, aber die Gesetze schützen nur die Gentechnik und die Gentechnikkonzerne. Noch einmal geht auf die Frage ein, ob ein Unterbindungsgewahrsam zu erwarten war an jenem Tag. Er stellt klar: „Ich habe mir das nicht gewünscht, aber ich habe es erwartet“. Als Gründe für seine Erwartung benennt N Beispiele aus den Jahren davor, wo die Giessener Polizei immer wieder wirreste Festnahmen durchführte, so unter anderem der Unterbindungsgewahrsam am 9.12.2003, weil N und andere Gedichte vorgelesen hätten – ohnehin einer der skurrilsten Fälle von Polizeiwillkür in Gießen (dokumentiert auch im Buch "Tatort Gutfleischstraße" und Internet zu "Fiese Tricks von Polizei und Justiz")

N korrigiert die Staatsanwältin wegen seines Ausspruchs zum „Preis-Leistungs-Verhältnis“. Er bestätigt, das er das heute so sieht: „Es macht mir Angst, dass ich dafür ins Gefängnis gehe, wenn ich Widerstand leiste“. Daraus könne niemand schlussfolgern, dass er solche Aktionen für falsch halten würde. Außerdem fügt N hinzu: „Es heißt ebenfalls nicht, dass mich hier irgendwas überzeugt - schon gar nicht der Herr Kogel“. N zitiert Kogel, dass es dem nur darum geht, dass deutsche Firmen auch genug vom Kuchen des Profits abbekommen. Zudem kritisiert er die Gentechnikpropaganda: „Es geht um ganz schnöde wirtschaftliche Interessen“.

N äußert sich auch zum § 34 StGB. Den hätte er im Verfahren nicht so sehr zu seinem Thema gemacht: „Ich habe mich nicht persönlich damit intensiver beschäftigt“. Nun aber sagt er einiges dazu: Dass es ständig Protest gibt – der aber nix nützt. Sofortvollzug würde verhängt, Einwendungen seien ein „fast ein aussichtsloses Unterfangen“. Auch N stellt keinen konkreten Antrag auf Freispruch oder eine Strafe.

 

Plädoyer V, Teil 1: Angeklagter Jörg Bergstedt

Um 20:32 beginnt B sein Plädoyer. Er steigt mit einigen aktuelle Auskreuzungsnachrichten ein: Leinsamen, die verunreinigten Maisfelder und absurde Behördenreaktionen, schließlich den zweiten Fall eines offenbar illegalen Versuchsfeldes – diesmal mit MON810 in Üplingen. Der erste des Jahres 2009 war das doppelte Gengerstefeld in Sagerheide. Die Behörden würden überall versagen.

Dann: „Die Frage ist hier und heute: Warum habe ich das gemacht? Hatte ich Rechtfertigungsgründe dafür, mich der Gentechnik entgegenzustellen? Doch so spannend die Frage ist ... eigentlich wäre eine andere Frage doch viel interessanter, nämlich: Warum haben Sie das nicht gemacht? Was sind Ihre Rechtfertigungsgründe, sich der Gentechnik nicht entgegenzustellen? Welche Kaltschnäuzigkeit gehört dazu, ausgerechnet den wenigen, die sich wehren, noch den Prozess zu machen? Machen Sie Fotos von dieser Verhandlung, um ihren oder anderen Kindern und Enkeln erzählen zu können: Guck mal – als der Mist damals verzapft wurde, war ich bei den TäterInnen dabei! Oder sagen Sie wieder den typisch deutschen Spruch auf: Ich hab nichts gewusst?“

B hat das sehr laut und nachdrücklich ausgerufen. Leichte Nervosität auf der RichterInnenbank. B verliest Zitate:

Nichts ist schwerer und erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und zu sagen: Nein!
Kurt Tucholsky

Protest ist, wenn ich sage Das und Das passt mir nicht. Widerstand ist wenn ich dafür sorge, dass Das und Das nicht mehr passiert.
Ulrike Meinhof

Wenn normalerweise rational handelnde Leute systematisch gegen die Spielregeln verstoßen und dabei ein hohes Risiko eingehen, ist das eher ein Zeichen für Systemversagen als ein Anzeichen des allgemeinen moralischen Verfalls.
Wirtschaftsjurist Marco Becht am 28.7.2008 bei Spiegel Online

Dann beleuchtet B die Geschichte der Gentechnik vor allem in Mittelhessen und den Widerstand dagegen. Mitte der 90er Jahre: hätte es erste Felder, dann aber Besetzungen und Feldbefreiungen gegeben. Ergebnis schon damals: Hessen wurde aufgegeben als Standort. B erwähnt den 4. Mai 2000, als das Propagandamobil von Regierung und Wirtschaft, das Live-Science-Mobil, in Gießen (auf dem Hof der Liebigschule) stand: "Ich habe mich saumäßig gefreut, als ich erfuhr, dass es den nächsten Morgen in Form eines zusammengeschmolzenen Kunststoffhaufens erlebte". Seit vier Jahren würde die Uni es nun wieder probieren, aber dank Feldbefreiungen und -besetzungen gelang es 2008 zum zweiten Mal, Hessen gentechnikfrei zu machen, "was natürlich angesichts der dramatischen Auskreuzungen nichts nützt".

B referiert frei und bewegt sich dabei zwischen Anklagebank und Publikum. Immer wieder geht er die RichterInnen direkt an: Wo sie denn gewesen seien bei den Protesten Mitte der 90er? Warum sie ausgerechnet aktiv würden, wenn es gegen die wenigen ginge, die sich wehren gegen das, was die RichterInnen bestimmt auch nicht wollten?

Noch einmal zitiert er Auszüge aus dem "Bauernlied" der "Neuen Barden", um dann in einer langen Bilanz die Gentechnik als Geschichte der Lügen anzugreifen. B benennt vieles - von der Lüge der "sicheren Pflanzen", die 1997 mit dem Raps begann. AgrEvo und Monsanto hätten die Pflanze gelobt, weil sie nicht auskreuzen könne. Auch die Uni Gießen mischte bei der Verdummung mit und verteilte ausgerechnet um ihr Versuchsfeld in Rauischholzhausen ein Flugblatt mit der Lüge: " Insbesondere kann eine Ausbreitung der neuen Eigenschaften wegen nicht gegebener Kreuzbarkeit von Raps mit Kruziferen der hiesigen Flora ausgeschlossen werden."

Die weiteren Lügen, die B benennt, sind die Behauptung der Beherrschbarkeit von Auskreuzung und der Unmöglichkeit eines horizontalen Gentransfers - alles längst widerlegt. B belegt, dass die ForscherInnen es immer besser wussten. Sie belogen die Menschen absichtlich. Er zitiert aus einem Heft des Evangelischen Entwicklungsdienstes EED (nicht ohne kritische Worte zu Kirche und Religion) zur Lüge der Ursachen von Hunger. Dann belegt er anhand eines Textes von Uwe Schrader (heute Chef von InnoPlanta), dass nicht Umweltschutz, sondern die Hoffnung auf mehr Spritzmittelabsatz der Einführung der Gentechnik in der Landwirtschaft zugrundelag. Schließlich schwenkt er noch einmal auf ein Hauptthema des Prozesses ein, der Lüge von der Unabhängigkeit der Behörden und Überwachung.

Noch eine Lüge benennt er: Die der Forschungsfreiheit. "Das ist Unsinn. Hier wird nirgends frei geforscht - sondern immer nur, wofür es Geld gibt". WissenschaftlerInnen seien längst OpportunistInnen des Geldes - im Landwirtschaftsbereich gäbe es für sowas das böse Wort der "Agrarhuren". Nur 7 Mio. Euro gäbe es an Forschungsförderung für den ökologischen Landbau, aber 165 Mio. Euro für die grüne Gentechnik. Dann wieder Zitate:

Inge Broer, Uni Rostock/AgroBiotechnikum (2006, WDR: "Immer Ärger mit Linda")
Im Moment ist es hauptsächlich Forschung in der Gentechnik, weil es dafür Geld gibt.

Auszug aus einem Interview mit Inge Broer, in: Volksstimme am 4.8.2009
Der Verein FINAB will sich mit der Sicherheit aller neuartigen Lösungen in der Landwirtschaft befassen. Bis jetzt erhalten wir aber leider nur Mittel für Versuche an gentechnisch veränderten Pfanzen.

Bundestagsdebatte am 26.3.2009 zum Antrag der Grünen auf Verbot von MON810
Ulrich Kelber (SPD): Technologieoffene Forschung kann nicht heißen, dass im Haushalt von Frau Schavan 90 Prozent der Mittel für die Lösung bestimmter Probleme in der Züchtung in die Grüne Gentechnik und keine 10 Prozent in alternative Technologien gehen.

Der Abschluss: "Es ist alles Lüge. Es geht um Macht, Geld und Karrieren. Für die Gentechnik gilt wie für alle Methoden, soziale Probleme mit Gewalt zu lösen: Krieg schafft keinen Frieden. Bomben stärken nicht die Menschenrechte. Polizei hilft nicht gegen Kriminalität. Gentechnik beendet keinen Hunger."

Dann kommt ein Themenwechsel: Welche Handlungsmöglichkeiten bestehen? B geht darauf ein, wie unsinnig Einwendungen sind, wenn die Behörde, die sie bewertet, das hochverfilgte BVL ist."Welche Hoffnung soll mensch auf Gutachten haben, wenn die ZKBS hochverfilzt ist und der Text ohnehin im BVL geschrieben wird? Was nützt Rechtsstaatlichkeit, wenn der Rechtsstaat den Sofortvollzug verhängt und damit jeder Gang vor Gericht zwar noch möglich bleibt, aber nicht mehr rechtzeitig wäre? Und wnn im Fall einer Klage die Antwort immer nur ist: Nicht klageberechtigt? B verliest eine entsprechende Passage aus dem Urteil des VG Braunschweig, das seine Klage gegen die Gengerste so abwies.

Doch damit seien noch nicht alle Probleme beschrieben: "Wer sich wehrt, trifft trotz 80 Prozent Ablehnung der Gentechnik vor allem auf Probleme, denn die Mechanismen der Macht und sozialen Kontrolle sichern den Reichen und Edlen ihre Hegemonie". B nennt als Beispiele die Berichterstattung in Gießener Tageszeitungen, die nichts als peinliche "Hofberichterstattung für die Uni". In Kommentaren für der "Hetzer Guido Tamme" die Gentechnikgegner verunglimpfen.

Auch die Staatsanwaltschaft Gießen nimmt B aufs Korn: Sie hätten den Versuchsleiter Prof. Friedt geschützt, nachdem dieser im RTL-Interview 2008 davon plauderte, illegale Felder zu kennen. Zum Stand im Wirtschaftsstrafverfahren gegen Kogel wegen dessen Schummeleien bei der Beantragung der Zuschüsse verweigerte die Staatsanwaltschaft die Auskunft im Verfahren. Dann wird B wieder nachdrücklicher: "Am schlimmsten aber ist wohl das willige Vollstreckertum ... überall." Und erwähnt zahlreiche Beispiele: "Wo Wissenschaftler nur noch tun, wofür es Geld gibt. Wo die Bauern nur noch Lohnarbeiter auf dem Traktor sind. "Da wird Gentechnik durchsetzbar." B zeigt auf, warum auf den Lohnarbeiter-Höfen in Ostdeutschland Gentechnik viel leichter durchsetzbar ist. Und erwähnt dann den Klassiker des willigen Vollstreckertums, die Wiesbadener Demo von PolizistInnen gegen Arbeitszeitverlängerung und Lohnkürzung, die von KollegInnen in Uniform niedergeknüppelt wurde. "Willige Vollstrecker handelt gegen alles, wenn man es ihnen nur befiehlt. Auch gegen ihre eigenen Interessen." Kurze Pause, dann: "Ich habe Angst vor dieser Welt, in der es nur noch die Eliten und die willigen VollstreckerInnen gibt".

Dann ist es 21:30 Uhr. RA Künzel bittetum eine Unterbrechung des Verfahrens angesichts der fortgeschrittenen Tageszeit. Es wird diskutiert – eine längere Unterbrechung würde die Wiederholung des Plädoyers von B zur Folge haben. Die Staatsanwältin stöhnt schon wieder. Imker Micha Grolm setzt daraufhin den rhetorischen Schlusspunkt unter den Tag: „Manche müssen sich das halt zweimal anhören, bis sie es kapieren“. Schließlich wird ein neuer Termin festgesetzt: Freitag, 9. Oktober 2009, 14 Uhr – gleicher Ort. Und Aktionen rundherum darf es auch gerne wieder geben. Ein Urteil ist diesmal wohl sicher zu erwarten. Vorab gibt es noch den zweiten Teil von Bs Plädoyer und einige Schluss- bzw. letzte Worte.

 

Die nächste Termin

  • Freitag, 9. Oktober, 14 Uhr in Gießen, Landgericht (Ostanlage 15, Ecke Gutfleischstraße) im Raum 15: Achter (und nun wohl tatsächlich letzter) Verhandlungstag der Berufung im Prozess gegen die Feldbefreier von 2006 in Gießen

 

Mehr Informationen

 

Weitere Termine

  • Mittwoch 14.10. um 19 Uhr in der Pumpe (Galerie), Haßstr. 22, Kiel: Vortrag "Deutsche Gentechnik - Verflechtung von Staat und Konzernen" (zum Inhalt siehe 15.10)
  • Donnerstag, 15.10., 19 Uhr in der Werkstatt 3 (Altona, Nernstweg 32-34/Gaußstr.): Vortrag "Monsanto auf Deutsch - Seilschaften der deutschen Gentechnik"
    Kennen Sie Filme oder Bücher über Monsanto? Immer wieder wird einen intensiver Filz zwischen Konzern und Aufsichtsbehörden aufgedeckt. Doch St. Louis, der Firmensitz des Round-up- und Agent-Orange-Herstellers, ist weit weg. Wie aber sieht es in Deutschland aus? Warum werden hier Jahr für Jahr immer neue Felder angelegt, obwohl 80 Prozent der Menschen keine Gentechnik im Essen wollen? Warum fließen Steuergelder auch dieser 80 Prozent fast nur noch in die Gentechnik, wenn es um landwirtschaftliche Forschung geht? Der Blick hinter die Kulissen der Gentechnik mit ihren mafiosen Strukturen und skandalösen Zustände bei Genehmigungen und Geldvergabe bietet eine erschütternde Erklärung, warum die überwältigende Ablehnung und der gesetzlich eigentlich vorhandene Schutz gentechnikfreier Landwirtschaft (einschließlich Imkerei) gegenüber der grünen Gentechnik so wenig Wirkung hat. Denn: In den vergangenen Jahrzehnten sind alle relevanten Posten in Genehmigungsbehörden, Bundesfachanstalten und geldvergebenden Ministerien mit GentechnikbefürworterInnen besetzt worden. Die meisten von ihnen sind direkt in die Gentechnikkonzerne eingebunden. Mafiose Geflechte von Kleinstunternehmen und seltsamen Biotechnologieparks names Biotechfarm oder Agrobiotechnikum sind entstanden, zwischen denen Aufträge und Gelder erst veruntreut und dann hin- und hergeschoben werden, bis sich ihre Spur auf den Konten der Beteiligten verliert. Es wird Zeit für einen Widerstand an den Orten der Seilschaften.
    In der Veranstaltung werden minutiös die Seilschaften zwischen Behörden, staatlicher und privater Forschung, Konzernen und Lobbyorganisationen durchleuchtet. Genauere Blicke lohnen auf die Genehmigungsbehörde BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsichergheit und deren Beratungsstellen JKI und ZKBS. Dann sollen beispielhaft zwei Zentren der grünen Gentechnik vorgestellt werden: Das AgroBioTechnikum in Groß Lüsewitz mit seinen Firmengeflechten um biovativ und BioOK und die BioTechFarm in Üplingen mit dem sachsen-anhaltinischen Gentechfilz um InnoPlanta.
    Den Abschluss bildet ein Ausblick auf Möglichkeiten des Widerstandes: "Wer nach mehr Forschung ruft oder sich auf staatliche Stellen verlässt, ist verlassen. Gentechnikfreiheit gibt es nur dann, wenn die 80 Prozent Ablehnung sich auch zeigen - nicht zwar nicht nur per Stimmzettel, Protestmail oder am Supermarktregal, sondern dort, wo die Gentechnikmafia arbeitet und die Felder angelegt werden!"
  • Mo, 19. Oktober 2009 13.30h Zi102 Amtsgericht Kitzingen: Strafverfahren gegen GenfeldbefreierInnen
  • 19.10. in Lüneburg (geplant): Vortrag "Deutsche Gentechnik - Verflechtung von Staat und Konzernen" (zum Inhalt siehe 15.10)
  • 26.10.2009, 19 Uhr in Leipzig, "Die Vorratskammer" FoodCoop LE-Ost (Eisenbahnstr. 109), Vortrag "Deutsche Gentechnik - Verflechtung von Staat und Konzernen" (zum Inhalt siehe 15.10)
  • Mittwoch, 28.10. um 19 Uhr in Halberstadt (Bollmann`s Gaststätte, Bakenstr. 63): Vortrag "Deutsche Gentechnik - Verflechtung von Staat und Konzernen" (zum Inhalt siehe 15.10)
  • 29.10. dasselbe eventuell in Quedlinburg

 

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  • 16.-18.10. in der JUP! Bad Oldesloe (Turmstr. 14a): Gerichtsprozesstraining. Kontakt. Beginn: 17.45 Uhr, Einführungsvortrag ab 19 Uhr: "Fiese Tricks von Justiz"
    Samstag ganztags: Rollenspiel Gericht. Sonntag Zeit für Einzelfragen, auf Wunsch auch Training zu Umgang mit Polizei.
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Ergänzungen

Weitere Pressetexte

feldbefreierInnen 01.10.2009 - 22:45
Na, der bleibt ja gut versteckt, dieser Text ... trotzdem ein paar neue Links:
RTL-Filmchen:  http://www.rtl-hessen.de/videos.php?video=7504
Noch ein Text in Gießener Zeitung:  http://www.giessener-zeitung.de/giessen/beitrag/20261/demonstration-zum-landgericht-prozess-der-qfeldbefreierq-weiter-vertagt/

Und noch einer ...

feldbefreierInnen 02.10.2009 - 09:33

Film zu Demonstration und Prozess

Simone Ott 03.10.2009 - 11:18
Hier noch ein Link zu einem schönen Filmbeitrag von Demonstration und Prozess am 30.09.:
 http://de.sevenload.com/sendungen/Unterm-Ginkgo-Wurzeln-des-Widerstands/folgen/vQ6Br7Z-Unterm-Ginkgo-7

Einer von mehreren Filmen aus der schönen Reihe "Unterm Gingko - Wurzeln des Widerstands"

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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FREIHEIT — Harry