Bundestagswahl 09 - ein historisches Ergebnis

Wal Buchenberg 28.09.2009 08:57
Die Wahlen sind gelaufen und die Pressemeute hat eine schwarz-gelbe Tigerente zum Sieger erklärt.
Die Medien berufen sich auf das „amtliche Wahlergebnis“ des Bundeswahlleiters.
Dieses amtliche Wahlergebnis vergleicht aber nur, wie viele der abgegebenen Stimmen auf die jeweilige Partei entfallen sind.
Der Wahlleiter berechnet nicht, wie viele der Wahlberechtigten eine Partei gewählt haben. Für die Rechnung des Bundeswahlleiters ist es egal, ob Millionen oder nur 100 Wähler ihr Kreuzchen gemacht haben. In seiner Rechnung kommt immer ein Sieger heraus.

Hauptzweck von Wahlen in der Demokratie ist es, das Regierungspersonal neu zu sortieren. Sachentscheidungen darf das Volk nicht treffen. Alle Sachentscheidungen sind in der repräsentativen Demokratie der Regierungsmehrheit vorbehalten. Auf diesen Zweck, eine Regierungsmehrheit zu schaffen, ist die Zählmethode des Bundeswahlleiters abgestimmt.

Wer sich jedoch fragt, wie viel Zustimmung das Parteiensystem insgesamt und die einzelnen Parteien beim Volk noch haben, der muss die Wahlbeteiligung in das Wahlergebnis einrechnen. Das lässt sich einfach rechnen. Dazu muss man bloß das amtliche Wahlergebnis jeder Partei mit der Wahlbeteiligung multiplizieren.
Die Wahlbeteiligung sank bei dieser Wahl von 77,7 Prozent (2005) auf 70,8 Prozent. Knapp 30 Prozent der Wahlberechtigten haben ihre Stimme nicht abgegeben. Also sind vom „amtlichen Wahlergebnis“ jeder Partei diese 30 Prozent abzuziehen. Dann erhält man den Prozentsatz, mit dem jede Partei von den Wahlberechtigten insgesamt unterstützt worden ist.

Von allen Wahlberechtigten haben die CDU/CSU knapp 24 Prozent gewählt. (33,8 x 0,708 = 23,9).
Angela Merkel hat also die Zustimmung von weniger als einem Viertel der WählerInnen und darf sich doch „Kanzlerin aller Deutschen“ nennen.

Die SPD wählten 16,3 Prozent aller Wahlberechtigten (23,0 x 0,708). Damit ist das großkotzige Etikett „Volkspartei“ perdü.

Die drei kleineren „Klientelparteien“ FDP, Linke und Grüne haben zusammen mehr Stimmen erhalten als jede der beiden traditionellen Volksparteien. Sie wurden von 26,3 Prozent aller Wahlberechtigten gewählt (14,6 + 11,9 + 10,7) x 0,708 = 26,3.
Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis auch die CDU/CSU ihren Anspruch auf "Volkspartei" begraben kann.

Zur größten „Partei“ ist jedoch erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland mit knapp 30 Prozent die „Partei der Nichtwähler“ geworden.
Das zeigt:
Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland hat die politische Unterstützung des Volkes weitgehend verloren.
Das ist ein historischer Einschnitt und der Beginn einer neuen politischen Epoche in Deutschland.

Gruß Wal Buchenberg
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Trotzdem die Mehrheit der Deutschen rechts

SDAFGHKL 28.09.2009 - 09:09
Auch mit den Nichtwählern bleibt die Mehrheit der Deutschen rechts: CDU/SPD/FDP kommen zusammen auf 50% und etwa 2 bis 3 % haben Nazis gewählt. Die einzigen Parteien, die sich explizit gegen den Überwachungsstaat, Bundeswehreinsätze, Zensur usw. ausgesprochen haben (Linke und Piratenpartei) kommen dagegen zusammen nicht mal auf 10%. Das ist leider die Realtät. Die Leute wollen die Scheisse.

70% Wahlbeteiligung = OK

Analyst 28.09.2009 - 09:40
eine Wahlbeteiligung um die 70% ist zwar nicht toll aber auch in anderen Ländern nicht unüblich. Vergleicht doch mal die Wahlbeteiligungenen der letzten Jahre in bspw. GB, Frankreich, USA mit der in Deutschland. Da schneiden wir nicht so schlecht ab.

Viel besser war es natürlich im real existierenden Sozialismus: da lag die Wahlbeteiligung um die 100% und die einzige zugelassene Partei konnte im Schnitt 98% aller Wähler von sich überzeugen. Tja, das war halt wirklich vorbildlich!

stattweb-Artikel zur Bundestagswahl

ein name 28.09.2009 - 10:02
SPD verliert 6,2 Millionen Wähler - 4,5 Millionen mehr Nichtwähler:  http://www.stattweb.de/baseportal/NewsDetail&db=News&Id=6123

Nichtwähler gewinnen Bundestagswahl!:  http://www.stattweb.de/baseportal/NewsDetail&db=News&Id=6122

Harakiri in Berlin: Müntefering und Steinmeier führen die Selbstmordgemeinde an:  http://www.stattweb.de/baseportal/NewsDetail&wirduebergeben=-26&Id=6125

---

und bereits vor der Wahl veröffentlicht:

Nach der Wahl ist vor dem Fall. Es hilft nur noch: Selbständig handeln!  http://www.stattweb.de/baseportal/ArchivDetail&db=Archiv&Id=1196

Wählen in Zeiten der Abschaffung von Demokratie
 http://www.stattweb.de/baseportal/ArchivDetail&db=Archiv&Id=1199

Wählen zwecklos. Interview mit der Kampagne "Haben wir eine Wahl?"  http://www.stattweb.de/baseportal/ArchivDetail&db=Archiv&Id=1193

Nazis raus

Mensch 28.09.2009 - 10:27
Nazis raus
Landtag: NPD und DVU scheitern an 5 % Hürde

Die neonazistische DVU wird nach 10 Jahren nicht wieder in den Brandenburger Landtag einziehen. Die Partei verlor ihre 6 Abgeordneten, die 2004 mit einem Ergebnis von 6.1 % in den Landtag einzogen. Mit 1,2 % der Stimmen bei den diesjährigen Wahlen, ist die Partei nun in keinem Landtag mehr vertreten.

Trotz hoher Aktivitäten und massiver Materialschlacht vor der Wahl kam die neonazistische NPD nicht über die vorgeschriebene 5 % Hürde. 2,5 % der Stimmen soll die Partei gerade einmal erreicht haben.

Auch die Rechtspopulisten von „Zusammen für Brandenburg: FREIE WÄHLER" sowie das "Generationsbündnis 50 Plus" konnten nicht überzeugen und haben den Beitritt in den brandenburgischen Landtag verpasst.

"wahl" "berechtigte"

mensch 28.09.2009 - 14:48
sicherlich ist es bemerkenswert, dass sich knapp über 30 % der durch diskriminierende selektion entstanden "wahlberechtigten" dafür entschieden haben den wahlzirkus nicht mit zu machen.
erwähnt werden sollten aber auch die etwa 20 millionen nicht-wahlberechtigten. es ergibt sich so ein noch krasseres bild. etwa die hälfte der in deutschland lebenden menschen wollten oder konnten nicht an dieser "wahl" teilnehmen.

Reality check

s 28.09.2009 - 17:48
Also es reicht wirklich was sich die Leute auf indy über die Wahlenthaltung zusammenreimen.

"sicherlich ist es bemerkenswert, dass sich knapp über 30 % der durch diskriminierende selektion entstanden "wahlberechtigten" dafür entschieden haben den wahlzirkus nicht mit zu machen."

ENTSCHIEDEN haben? Hallo? Sind also 30 % Anarchisten oder was?

Wer Wahlpassivität der von kapitalistischen Angriffen Betroffenen, der Armen und Marginalisierten als bewußten Ausdruck einer politischen Haltung interpretiert, ist ein ultralinkes Mittelschichtsarschloch und braucht n´paar Monate Uhaft oder Leiharbeit, oder ein´s auf die Fresse.

Ich war Wahlhelfer. Die Bourgeoisie hat ihre Leute gut zur Wahlurne bekommen, und die haben sehr bewußt taktisch gewählt: hohe Wahlbeteiligung im Reichenviertel, taktisch klug Erststimme CDU Zweitstimme FDP. Im Armenviertel war die Wahlbeteiligung viel geringer und die Wahl der Linkewähler gößtenteils untaktisch: Erststimme Linke, Zweitstimme SPD oder FDP, oder CDU. Viele kapieren nicht den Unterschied zwischen 1. und 2. Stimme. Und dann haben sehr viele Arbeitslose im Prollviertel FDP und CDU gewählt.

Ich habe vier Wochen als Parteiloser im Armenviertel für die Linke agitiert, da wo von morgens bis abends gesoffen wird: Diejenigen, die nicht gewählt haben, sind solche die nicht aus dem Bett gekommen sind weil sie echt "zu" waren von der Nacht vorher oder weil sie schlicht zu blöd sind und den Rest des Hirns versoffen haben.


Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 2 Kommentare

eine kleine Anfrage (bis zur nächsten Wahl))

Es wurde keinE AutorIn angegeben! 28.09.2009 - 20:36

Was ist eigendlich Politik¿

Is FICKEN denn nun wirklich (schon wieder) Politik oder gehört das Gerangel am Hofstaat einer Monarchie etwa zur Politik. Kann mensch mit Politik viel Geld verdienen oder wenigstens darüber entscheiden wer es verdient? Geht es bei Politik nur darum wer bei den Wahlen die Mehrheit erreicht?

Ist Politik was für arme Leute?

Sind die dreißig Prozent Nichtwähler vielleicht die, die sowieso immer verloren haben, egal welche Partei »an die Macht« kommt.

Wielange wird das BIP der BRD so eine Politik noch aushalten können?


Ergänzung

Leila 29.09.2009 - 01:05
Ich möchte lieber nicht wissen, wen die dreißig Prozent wählen würden, wenn man sie zum wählen zwingt. Sie warten ab, bis endlich ein charismatischer Führer kommt, der ihnen die Endlösung verspricht.