Kopenhagen: Shut it Down! Vattenfall fällt

Vattenfall 27.09.2009 01:19 Themen: Weltweit Ökologie
Am gestrigen Samstag haben in Kopenhagen 1500 Menschen versucht ein von Vattenfall betriebenes Kohlekraftwerk zu stürmen und den Betrieb einzustellen.

Hintergrund

Hintergrund der Aktion war um auf die Heuchelei der dänischen Regierung in der Klimapolitik hinzuweisen und um generell ein Zeichen gegen die Gewinnung von Energie durch Kohle (als schädlichster fossiler Brennstoff gemessen an dem CO2-Ausstoß) zu setzen. An dieser Stelle ein Auszug aus den Hintergrund-Erklärung von der Website des Organisationsbündnis (sinngemäß übersetzt):

Im Jahr 1997 rief die damalige Regierung einen so genannte „kulstop“ aus, ein Moratorium für den Neubau von Kohle-Kraftwerke in Dänemark. Dieses Moratorium wurde von der jetzigen Regierung mit der Behauptung, dass es negative Auswirkungen auf den Wettbewerb im dänischen Energiemarkt hätte, aufgehoben. Dies bedeutet, dass das staatliche Unternehmen „DONG“ nun noch mehr Kohle zur Energieversorgung verbrennen kann als davor.

Gleichzeitig unternimmt die dänische Regierung alle Anstrengungen um – insbesondere in Anbetracht auf die UN-Klimakonferenz in Kopenhagen im Dezember 2009 – klimafreundlich zu erscheinen. Dabei ist seit der jetzigen Regierung der Kohleverbrauch angestiegen und die Entwicklung von Windkraft zum Stillstand gekommen.

Diese starke Anhängigkeit von Kohle ist der Hauptgrund dafür, dass Dänemark das Kyoto-Ziel für die CO2-Minderung im Zeitraum von 2008 – 2012 nicht erreichen wird. Stattdessen soll dieses Ziel durch den Ankauf von „Emissionsgutschriften“ und durch Investitionen in CO2-reduzierende Projekte in so genannte Entwicklungsländer „erreicht“ werden.


Die Aktion


Treffpunkt war um 14:00 Uhr in Christianshavn Torv (ganz in der Nähe der Freistadt Christiania). Dort wurde die Demonstration nach den Aktionsplan formiert.

So wird gestürmt
So wird gestürmt

Dieser Plan beinhaltete drei Blöcke, einen Grünen, einen Violetten und einen „Demonstrations-Block“. In den nach Farben benannten Blöcken waren jene Personen die am Ende der Demonstration das Kraftwerk von zwei Seiten stürmen sollten. In den beiden Blöcken waren je circa 150 Personen, meist vermummt, viele mit weißen Overalls, (Gas-)Masken, und Schutzkleidung gegen Knüppel.

Fronttransparent des violetten Blocks
Fronttransparent des violetten Blocks

Zu dieser Zeit wurden bereits acht AktivistInnen von der Küstenwache gestoppt, welche versuchten das Kraftwerk vom Refshalevej aus durch schwimmen zu erreichen.


Gegen 15 Uhr setzten sich die circa 1500 Menschen in Bewegung in Richtung Kraftwerk. Die Polizei hielt sich ziemlich verdeckt (abgesehen von einem ziemlich nervigen Hubschrauber), die Stimmung auf der Demo war teilweise sehr kämpferisch, es wurden immer wieder bengalische Feuer und sonstiges Feuerwerk gezündet, gleichzeitig wurden Parolen wie „one solution, no pollution“ skandiert. Dennoch blieb es im Allgemeinen ruhig.

bengalisches Feuer
Stimmungsanheizer "bengalisches Feuer"

Etwa 500 Meter von dem Kraftwerk entfernt stoppte die Demonstration. Die TeilnehmerInnen des violetten und grünen Blockes begannen sich nun schlussendlich zu vermummen und sich zu teilen. Kurz nach 16 Uhr startet der violette Block in Richtung Haupteingang, der grüne Block Richtung „Hinterhof“ des Kraftwerkes.

Einer der zwei Hauptzugänge voll mit Bullen
Einer der zwei Hauptzugänge

Vor dem Haupteingang hat die Polizei mit Absperrband versucht klarzumachen, wie weit mensch gehen soll. Na ja, diese Hürde hielt circa 2 Minuten stand. Dahinter allerdings war ein Großaufgebot an Bullen, allerdings waren auch private Sicherheitsleute dort.

Privater Sicherheitsdienst Hand in Hand mit Bullen
Privater Sicherheitsdienst (Person) Hand in Hand mit Bullen

Nach mehreren Rangeleien zog mensch sich im Bewusstsein dass die Gruppe zu klein ist zurück und folgte dem Weg des grünen Blockes. Dieser hat sich bereits bis zu den Asche-Bergen hinter dem Kraftwerk durchgekämpft.

Rangeleien am Haupteingang
Rangeleien am Haupteingang

Dort kam es zu mehreren Durchbruchversuchen. Eine kleine Gruppe hat es auch tatsächlich bis zum Kraftwerk geschafft, wurde dann aber schnell zurückgedrängt. Im Folgenden kam es zu unzähligen weiteren kleineren und größeren Durchbruchsversuchen, teilweise sehr chaotisch. Es flog Tränengas und die Polizei konnte ein Spalier bilden, gleichzeitig wurden die Leute bei den Asche-Bergen auf dem, ich nenn es mal „Hinterhof“, zurückgedrängt. Die Demo sammelte sich nun dort, wo ursprünglich der Sicherheitszaun war.

Hinterhof
Auf dem „Hinterhof“

Von dort aus wurde nun begonnen einen Sicherheitszaun auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu stürmen um von dort aus einfach an der Bullenkette seitlich über ein offenes Feld vorbeizurennen.

Leiter Zaun niederreißen
Leiter war getarnt unter Fronttranspi / Zaun niederreißen

Die Polizei wirkte etwas irritiert, bekam die Situation nicht gleich in den Griff. Nach kurzer Denkpause seitens der Polizei begannen sie offensiv gegen so ziemlich alles vorzugehen. Zuerst wurde der Demo-Lautsprecherwagen konfisziert und die SprecherInnen sowie der Fahrer festgenommen. Gleichzeitig versuchte die Polizei die Polizeikette von der Straße auf nun das ganze Feld auszudehnen. Derweil waren allerdings bereits geschätzte 200 Personen durchgebrochen

Durchbruch
Durchbruch, die zwei Bullen können nicht viel anrichten

Die Polizei umstellte nun das ganze Feld und begann die Straße zu räumen (wir wurden zum Rest der Demonstration zurückgedrängt). Dabei gingen sie mit Wannen ziemlich rabiat vor, was dazu führte dass mehrere Straßensperren errichtet wurden. Das umstellte Feld wurde mit Hunden abgesucht, dort wurden dann auch insgesamt circa 150 DemonstrantInnen festgenommen.



Nun ging es zurück. Durch den anderen Lauti-Wagen der Demo wurde durchgesagt dass Vattenfall gezwungen war aus Sicherheitsgründen das Kraftwerk vom Netz zu nehmen – Shut it Down! Dies wird von Vattenfall allerdings aktuell dementiert.

Hier sammelte mensch sich und ging zurück nach Christiania. Die Demoroute war nicht abgesperrt, so kam es zu starken Eingriffen im Verkehr (Hauptverkehrswege wurden genutzt). Bei diesem Eingriff kam es auch zu einem Angriff seitens eines bemerkenswert dummen Verkehrsteilnehmers gegenüber mehreren DemonstrantInnen: Besagtes Arschloch fuhr mit seinem Luxus-Van über den Bürgersteig vorbei am Fronttransparent. Dahinter waren Menschen die den Fahrer dann anhalten wollten. Der Fahrer wollte allerdings nicht stoppen und schob drei Personen in ansteigender Geschwindigkeit (geschätzte 15 km/h) anfänglich vor dem Auto, später auf der Motorhaube vor sich her. Doof nur wenn circa 200 Menschen dann auf das Auto zustürmen und es angreifen. Die Leute auf der Motorhaube sprangen ab und der Fahrer fuhr mit Vollgas durch die Demo. Na ja, bei der Streife am Ende der Demo wollte der Fahrer auch nicht halten... So gabs noch eine spannende Verfolgungsjagd zu beobachten... Verletzt wurde meines Wissens nach nur ein Demonstrant, und dies eher leicht.

Im Dezember gehts weiter: Klimagipfel in Kopenhagen rocken!!!

Weitere Bilder:

auf modkraft.dk: http://modkraft.dk/spip.php?article11552
auf politiken.dk (von den Festnahmen): http://politiken.dk/indland/article797137.ece
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Ergänzungen

DONG baut außerdem

abc 27.09.2009 - 11:32
oder plant zumindest ein Steinkohlekraftwerk in Lubmin (bei Greifswald, wo früher das Atomkraftwerk stand). In Dänemark selbst ist man dann schön umweltfreundlich - den Dreck macht man dann lieber bei den doofen Ossis oder in Polen. Die freuen sich vermutlich sogar noch über die Arbeitsplätze. Bei der aktuellen dänischen Regierung wundert mich aber auch gar nichts mehr. Nach unsozial und rassistisch fehlte ja nur noch das Prädikat umweltfeindlich.

Genauso macht es ja Vattenfall mit der Braunkohle in Brandenburg. Man beachte dabei noch, dass es sich um Staatskonzerne handelt, die offenbar durchaus profitabel arbeiten. Im allgemeinen Privatisierungswahn haben sie halt ein paar deutsche Staatsbetriebe wie BEWAG und LAUBAG hinterhergeworfen bekommen haben. Die alten Tagebaue saniert selbstredend weiterhin das Land. Unsere Stromrechnung (also schnell wechseln!) finanziert also im Prinzip die skandinavischen Wohlfahrtssysteme mit (also deren Ganztagsschulen, Altenheime, Krankenversicherung, kostenlose Unis, Stipendien für alle). Gönne ich den Skandinaviern ja alles, aber ist doch noch ein tolles Beispiel, wie widersinnig die Privatisierung von öffentlicher Infrastruktur ist.



Auch in Deutschland gegen Kohlekraft

Klimapirat 27.09.2009 - 13:49
Auch in Deutschland regt sich Protest gegen Kohlekraft und auch gerade gegen das Kraftwerk in Lubmin, was Dong da bauen will.
Die Klimapiraten sind eine neue Bewegung, die gemeinsam mit der Bürgerinitiative das Kraftwerk verhindern will und im Dezember mit 2 Segelschiffen nach Kopenhagen fährt um dort ihrem Unmut gegen die Klimapolitik Ausdruck zu verleihen.

hier geht das auch

so 27.09.2009 - 17:08

Weitere Bilder von der Demo & INFO

linksradikale aus Kopenhagen 27.09.2009 - 17:11
Fotos von der gestrigen Demo gegen das Kohlenkraftwerk "Amagerværket",in Kopenhagens südlichen Stadtteil Amager:  http://www.autonominfoservice.net/

Ergänzendes INFO:

190 DemonstrantInnen wurden gegen Ende der Demo von Polizeikräften eingekesselt und in einer leerstehenden Halle auf den Gelände des Kohlenkraftwerkes für ungefähr 4 Stunden festgehalten. Rund 10 DemonstrantInnen werden wegen "Verstosses gegen das Vermummungsgesetz" strafrechtlich belangt werden.


Klimagipfel Kopenhagen

Antifa 27.09.2009 - 19:09
Im Dezember findet in Kopenhagen der Weltklimagipfel statt. Es wird massiver Protest erwartet. Informationen (auch auf deutsch) finden sich unter  http://nevertrustacop.org/ .
Aus Berlin und diversten anderen Städten der BRD werden Busse nach Kopenhagen fahren.

Kopenhagen- Aktionskonferenz 2.-4.10. Berlin

mensch 28.09.2009 - 10:08
Climate Justice Now!
Aktionskonferenz zum Klimagipfel in Kopenhagen
2.–4. Oktober, Berlin

- Auftaktpodium, Freitag (2.10.) 19:30 Uhr: “Crisis? What Crisis? – Welche
sozialen und politischen Auswirkungen hat der Klimawandel im globalen
Norden?”

- Workshops am Samstag (3.10.) zu Emissionshandel, Green New Deal, lokalen
Klima-Praxen, E.ON–F.OFF !, Crashkurs Kyoto u.v.m.

- SA-SO: Treffen des Klima!Bewegungsnetzwerks zur Vorbereitung der
Aktivitäten in Kopenhagen

Wo? Rosa-Luxemburg-Stiftung (SA+SO); Größenwahn, K9 (FR-Abend)

Konferenzprogramm: www.gegenstromberlin.net

Anmeldung:  info@gegenstromberlin.net

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Seit einem Jahr diskutieren KlimaaktivistInnen und linke Basisbewegungen,
die sich im Klima!Bewegungsnetzwerk organisiert haben, auf bundesweiten
Vorbereitungstreffen, wie wir von Deutschland aus im Dezember 2009 in
Kopenhagen intervenieren können. Wir laden Euch ein, an einer
Aktionskonferenz am ersten Oktoberwochenende in Berlin teilzunehmen. Dort
wollen wir Aktionen und Konzepte für tatkräftige Interventionen bei der
UN-Klimakonferenz in Kopenhagen (& darüber hinaus) besprechen und
weiterentwickeln. In mehreren parallel stattfindenden Workshops und
Podiumsdiskussionen wird es neben der Kopenhagen-Planung auch die
Möglichkeit geben, Basiswissen über die Klimakonferenzen und ihre
(Aus)wirkungen zu erwerben oder zu vertiefen, herrschende Klimadiskurse und
-politiken kritisch zu hinterfragen und unsere Alternativen zu diskutieren.

Alles weitere zur Konferenz findes Du hier:
www.gegenstromberlin.net/2009/09/18/climate-justice-now

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Vattenfallkriminelle in Berlin — Heinz und Erna

Bengalos — Hotte