Leiharbeit abschaffen!

AutorIn des Beitrags 22.09.2009 16:35 Themen: Soziale Kämpfe
Etwa 800.000 Menschen haben im vergangenen Jahr für Leiharbeitsfirmen gearbeitet. Viele von ihnen wurden von den Arbeitsagenturen gezwungen, sich von den Menschenhändlern für Niedriglöhne vermieten zu lassen.
Trotz Wirtschaftskrise ist der Markt für Leiharbeit in Deutschland auch im Jahr 2008 gewachsen. Die 25 größten Leihfirmen erzielten ein Umsatzplus von 3,7 Prozent, insgesamt betrug das Marktvolumen im Jahr 2008 14,7 Milliarden Euro. Die größten Konzerne, die vom Menschenhandel leben, sind Randstad, Adecco, Manpower und USG People.
Die Bedingungen in der Leiharbeit:

* LeiharbeiterInnen verdienen im Schnitt 30 bis 50 Prozent weniger als ihre KollegInnen bei der Entleihfirma!

* LeiharbeiterInnen werden oft nur für den Zeitraum eingestellt, für den sie an eine fremde Firma verliehen werden können und anschließend entlassen, wenn nicht sofort ein neuer Entleiher gefunden wird.

* Viele Beschäftigte werden um Lohn und Urlaub betrogen, indem ihnen die Zeit, in der sie nicht vermietet werden können, abgezogen wird.

* LeiharbeiterInnen haben im Entleihbetrieb noch weniger zu melden, als ihre fest angestellten KollegInnen. Sie sind Beschäftigte 2. Klasse.

Zwei Profiteure sind mindestens Einer zuviel!

Innerhalb der letzten sechs Jahre ist die Zahl der Menschen, die von Leihfirmen auf dem Markt vermietet werden, von 300.000 auf 800.000 (2008) gestiegen. Jetzt, in der Krise, sind die LeiharbeiterInnen die Ersten, die gefeuert werden. Für 2009 erwarten die Leihfirmen einen Auftragsrückgang von durchschnittlich 22,7 Prozent. Einzelne Firmen gehen sogar von bis zu 40 Prozent aus. Besonders die Unternehmen der produzierenden Wirtschaft und der Automobilindustrie haben im großen Stil die Aufträge zurückgezogen.
Es waren die LeiharbeiterInnen, die gleich zu Beginn der Krise nach Hause geschickt wurden. Wesentlich schlechter bezahlt als die Stammbelegschaften, konnten sie von den Entleihfirmen von einem Tag auf den anderen »abbestellt« werden. Die Folge: Entlassung und der Gang zur Arbeitsagentur! Von dort werden sie zum nächsten Menschenhändler geschickt, der sie vielleicht, zu noch schlechterem Lohn, wieder vermietet.
Das besonders Abstoßende an dieser Art des Menschenhandels ist, dass gleich zwei Unternehmen an den LeiharbeiterInnen profitieren – die Leihbude und die Entleihfirma – während die LeiharbeiterInnen selber mit Niedriglohn in die Röhre schauen.

Leiharbeit ist Menschenhandel!

Einen wegweisenden Schritt hat der Oberste Gerichtshof von Namibia im März 2009 vollzogen. Leiharbeit ist dort seitdem verboten. Das neue Gesetz stellt die Anstellung von Personen mit der Absicht, sie an Dritte zu verleihen unter Strafe. Die Richter stuften Leiharbeit als »moderne Sklaverei« ein und erklärten: »Leiharbeit ist ungesetzlich und reduziert Menschen zu persönlichem Besitz«.
Equal pay & equal treatment (gleicher Lohn & gleiche Arbeitsbedingungen)

Auf Grund von europäischem Recht musste die SPD/Grüne Regierung zum 1. Januar 2004 die Gleichbehandlung von LeiharbeiterInnen mit den Stammbelegschaften umsetzen.

Im Rahmen der »Agenda 2010«, zu denen die berüchtigten Hartz Gesetze gehören, wurde das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geändert. Zwei Punkte sind dabei besonders erwähnenswert:

* die Menschenhändler können ihre menschliche Ware seitdem unbegrenzt lange verleihen.
* LeiharbeiterInnen sind mit den Beschäftigten der Entleihbetriebe gleich zu stellen.

Im AÜG wurde festgelegt, dass LeiharbeiterIn-nen »für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher die im Betrieb dieses Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts gewährt werden« muss – das bedeutet »equal pay« und »equal treatment«.

Allerdings steht in dem Gesetz noch ein weiterer einschränkender Absatz: Ein Tarifvertrag kann abweichende Regelungen zulassen. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und ArbeitnehmerInnen die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.
Lohndumping durch Gewerkschaften?

Das heißt im Klartext, dass LeiharbeiterInnen um ihr Recht betrogen werden können, wenn willige Gewerkschaften mit den Menschenhändlern Dumpinglohn-Tarifverträge abschließen, um gleichen Lohn zu verhindern! Die Arbeitgeberverbände haben sich genau solche Gewerkschaften gesucht und bei der Christliche »Gewerkschaft« Zeitarbeit und PSA entsprechende Tarifpartner gefunden. Die DGB Gewerkschaften sahen ihre Felle wegschwimmen und statt »equal pay« durchzusetzen, haben sie am grünen Tisch ebenfalls Niedriglohntarife abgeschlossen. Der äußerst geringe Organisierungsgrad von Leiharbeiterinnen und die daraus resultierende Konsequenz, keine Berechtigung für den Abschluss solcher Tarife zu haben, störte dabei anscheinend wenig.

So ist es im Bereich Leiharbeit zu den umfassendsten Flächentarifverträgen in Deutschland gekommen, die praktisch alle Branchen betreffen. Für die meisten LeiharbeiterInnen gelten die drei zentralen Niedriglohn-Tarifverträge zwischen DGB und Bundesverband Zeitarbeit (BZA), DGB und Interessenverband Zeitarbeit (iGZ) sowie CGZP und Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP).

Das Absurde dabei ist, dass so auch Mitglieder von Gewerkschaften die keinen Tarifvertrag abschließen wollen, wie die FAU, die Dumpinglohn-Tarifverträge einfach in den Arbeitsvertrag geschrieben bekommen, obwohl »Leistungen« aus Tarifverträgen eigentlich nur Mitgliedern der abschließenden Gewerkschaften zustehen!

Der Bundesverband Zeitarbeit stellte im Übrigen auf seiner Webseite fest, dass die Tarifverträge mit den DGB Gewerkschaften unbedingt nötig gewesen seien, »weil Kundenbetriebe infolge des equal pay und equal treatment Grundsatzes auf den Einsatz von Zeitarbeitnehmern verzichtet hätten. Die Dienstleistung Zeitarbeit wäre zu teuer geworden und (...) wäre in der Praxis nicht akzeptiert worden.«
Die neue EU-Leiharbeitsrichtlinie

Im Oktober 2008 wurde mit der »Zeitarbeitsrichtlinie« der erste Teil der neuen EU Arbeitsregelungen vom Europaparlament beschlossen. LeiharbeiterInnen sollen vom ersten Tag an grundsätzlich die gleichen Rechte in den Betrieben bekommen wie die fest angestellten KollegInnen. Analog zu Deutschland kann jetzt auch in Europa diese Gleichstellung verhindert werden, wenn willige »Gewerkschaften« mit den Bossen Verschlechterungen durch einen Tarifvertrag vereinbaren.

Aktueller Stand

Derzeit sind die Entgelttarifverträge zwischen der DGB Tarifgemeinschaft und BZA/iGZ gekündigt, der BZA wollte minimale Erhöhungen der Löhne nicht verhandeln. Jetzt ist ein juristisches Gezerre im Gang, ob diese Tarife nachwirken, oder seit dem 01.01.2009 ausgelaufen sind. Der Christen »Gewerkschaft« wurde in der ersten Instanz (Amtsgericht Berlin) die »Tariffähigkeit« abgesprochen, womit ihre Tarifverträge möglicherweise rückwirkend ungültig sind und den LeiharbeiterInnen Lohnnachzahlung zustehen würden.

Wie auch immer diese Auseinandersetzungen ausgehen, für uns steht fest, dass dieser Menschenhandel beendet werden muss, denn branchenübergreifendes Lohndumping für einige führt mittelfristig zu schlechterem Lohn für alle!

Den Stammbelegschaften und allen (Noch-) Festangestellten muß klar sein, dass es auch sie treffen könnte und dann für viele nur noch Arbeit unter prekären Bedingungen, wie z.B. in der Leiharbeit bleibt.

Darum jetzt....

* Abschaffung der Leiharbeit!

* Übernahme aller LeiharbeiterInnen, die es wünschen in die Entleihbetriebe.

* Vollständige Nachzahlung der Lohnanteile seit 1. Januar 2004, entsprechend dem Grundsatz gleicher Lohn für gleiche Arbeit, an alle LeiharbeiterInnen, die nicht Mitglieder der tarifgebundenen Christlichen »Gewerkschaft« und der DGB Tarifgemeinschaft sind.
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Ergänzungen

Fehlerhafte Analyese

Horst 22.09.2009 - 17:07
Das schon die Einleitung völlig falsch in der Analyse ist beweist Du oder ihr mit folgendem Satz: "Trotz Wirtschaftskrise ist der Markt für Leiharbeit in Deutschland auch im Jahr 2008 gewachsen."!

Nicht trotz, sondern wegen der sich anbahnenden Krise konnten die Umsätze in dieser Branche im Jahr 2008 gesteigert werden. Das liegt in der Natur der Sache.

Weiterhin ist das Gerede von Menschenhandel völlig fehl am Platze und die Verallgemeinerung von schlechten Bedingungen für die Mitarbeiter ebenso unsinnig.

Für Menschen die nicht jeden Tag und über Jahre hinweg ein und dieselbe Tätigkeit zu immer den selben Zeiten ausüben wollen ist Zeitarbeit nicht unbedingt ein schlechter Deal. Vieles kommt auch einfach auf den entsprechenden Personaldisponent an mit dem man zu tun hat.

Ein wenig differenzierter und sachlicher kann man schon über das Thema schreiben.

Grüße
Horst

kurzarbeit auch

egal 22.09.2009 - 17:14
im moment zahlt der staat nicht nutr einen teil des verkaufspreises für autos nein auch noch über das kurzarbeitergeld auch noch den arbeitslohn der hersteller.
über 50 millarden € haben vw,opel,mercedes usw den staat abgezockt.geld was an anderer stelle fehlt

an Horst 22.09.2009 - 17:07

(muss ausgefüllt werden) 22.09.2009 - 17:34
jaja, die erde ist eine scheibe und leiharbeit zerstört weder reguläre arbeitsplätze noch drückt sie den lohn.

Zitat 1:
»Jeder achte Leiharbeiter in Deutschland ist auf zusätzliche Hartz-IV-Zahlungen angewiesen. Dies ergab eine Studie des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Uni Duisburg-Essen. In der Zeitarbeit liegen demnach die Einstiegslöhne bei rund 50 Prozent des mittleren Lohns und damit auf einem Niveau, das nach internationalen Standards als "Armutslohn" bezeichnet werde. Die durchschnittlichen Monatsentgelte von Leiharbeotern in NRW seien von 1999 bis 2006 um sieben Prozent gesunken.« (Quelle: WAZ, 09.11.2009)

Zitat 2:
"Der sogenannte Klebeeffekt, also der Übergang von Leiharbeit in einen geregelten Job, liegt verschiedenen Studien zufolge bei lediglich sieben bis 15 Prozent. Eine Untersuchung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung belegt ferner, daß Leiharbeit die Stammbelegschaften verdrängt. Danach wurden seit 2005 in etwa einem Viertel der Betriebe regulär Beschäftigte durch Leiharbeiter ersetzt." (Quelle: Junge Welt, 30.07.2009 / Inland / Seite 5)

Zitat 3:
Franz Münteferein (SPD): "Es sei nicht einzusehen, warum Leiharbeiter sittenwidrig niedrige Löhne bekämen." (Quelle: personalunewissen.de)

Zitat 4:
"Eingesetzt wie Tagelöhner. Gewerkschaftsbund beklagt Zustände bei der Leiharbeit - die Bedingungen sind hierzulande am schlechtesten in ganz Europa." (Quelle: labournet.de)

nur mal so auf die schnelle - Leiharbeit ist Sklaverei (Namibia) und darum gehört sie abgeschafft!!

@ Horst

Kristof 22.09.2009 - 17:52
"Jetzt, in der Krise, sind die LeiharbeiterInnen die Ersten, die gefeuert werden. Für 2009 erwarten die Leihfirmen einen Auftragsrückgang von durchschnittlich 22,7 Prozent. Einzelne Firmen gehen sogar von bis zu 40 Prozent aus."

Horst, der Hintergrund ist doch, dass eine Vielzahl von LeiharbeiterInnen eben *wegen* der Krise aus den verschiedenen Betrieben verschwunden sind. Die Produktion läuft zwar z.T. noch durch die Stammbelegschaften, die allerdings oft in Kurzarbeit sind.

Die Steigerungen des Umsatzes der Leihindustrie sind nicht(!) im letzten Quartal 2008 gemacht worden, davon würde ich ausgehen und dass durch die "sich anbahnenden Krise ... die Umsätze in dieser Branche im Jahr 2008 gesteigert werden", wie Du schreibst, deckt sich nicht mit den Veröffentlichungen z.B. der Leiharbeitsverbände IGZ oder BZA.
Das "schöne" an der Leiharbeit ist ja, dass die Entleihbetriebe ihre Anforderung von Menschenmaterial stornieren können, wenn es zu Auftragsrückgängen o.ä. kommt. Und das haben sie massiv gemacht.

Derzeit profitieren die Menschenhändler - und nichts anderes sind die Leihfirmen auch für mich - noch nicht von der Krise, das kommt vermutlich erst später, wenn die teilweise entlassenen Stammbelegschaften wieder aufgestockt werden müssen, aber nur als LeiharbeiterInnen wieder eingestellt werden.






Die größten 10 der Leiharbeit

Kristof 23.09.2009 - 00:52
Unternehmen Umsatz in Mio. Euro Interne MA LeiharbeiterInnen
Randstad Deutschland 1.880 3.000 66.000
Adecco Deutschland 1.538 3.070 52.687
Manpower 623 1.200 26.500
Persona Service 541 1.700 16.500
Autovision 346 350 7.490
USG People Germany 339 896 13.200
Orizon 297 459 9.340
ZAG Personaldienste 265 540 11.800
Timepartner 253 390 6.000
I.K. Hofmann 251 415 10.470
Quelle: Lünendonk - Gesellschaft für Information und Kommunikation, Mai 2009 und Internetrecherche

(hoffentlich stimmt die Formetierung de Tabelle ;-)

Sowas von richtig

Ichnatuerlich 24.09.2009 - 12:41
Ich habe selber (zum glück nur) ein halbes jahr für eine Zeitarbeitsfirma schuften müssen,

ich war an eine Großwäscherei verliehen, hätte ich damals nicht noch bei meinen Eltern gelebt, hätte ich von den knapp 450 Euro nach Abgaben nicht leben könne.

Ich war dabei noch einer im Betrieb der nur Hilfsarbeiten ausführte, aber andere Leiarbeiter vollführten zu ähnlichen Löhnen Fadcharbeitertätigkeiten und hatte sogar eine Technikerausbildung.

selbst eine gewisses zusammenhaltghefüghl der Zeitarbeiter im Ausleihbetrieb war nicht vorhanden, da Leiharbeiter von 6 verschiedenen Firmen beschäftigt wurden, wenn man sich beschwerte, selbst über Zustände im Ausleihbetrieb hies es Wenden sie sich an ihre Firma die widerum reagierte auf solche Fragen gar nicht.

Nur einwas Positives weiß ich aus dieser Zeit zu berichten, ich befand mich in der bewerbungsphase für eine Auzsbildung und bekam zu zu jedem damit verbundenem Termin frei.

Jetzt bin ich im letzten Jahr meiner Ausbildung und hoffe, mein erworbenes Können nicht zu dumpingpreisen anbieten zu müssen, um zu überleben.


Zeitarbeit gehöhrt abgeschafft oder so reglementiert das es wirklich anderer Arbeit gleichwertig ist.

MFG
Ich natürlich

Ps: entschuldigung für Rechtschreibfehler

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