Offenbach: 250 auf Demo gegen Abschiebung

beobachter 20.09.2009 18:02 Themen: Antifa Antirassismus
Offenbach/Main: Am vergangenen Samstag, den 19.09.09, fand in Offenbach eine antirassistische Demonstration statt. Thematisiert wurde neben staatlichem Rassismus allgemein auch die lokale Ermittlungsgruppe „AG Wohlfahrt“, welche im Kreis Offenbach agiert und bereits mehrere hundert Menschen abgeschoben hat.
Die „AG Wohlfahrt“ ist eine Ermittlungsgruppe, in der die Kreisverwaltung Offenbach zusammen mit der Polizei unter dem Deckmantel des „Sozialleistungsbetrugs“ gegen im Kreis Offenbach lebende MigrantInnen und AsylbewerberInnen vorgehen. So werden palästinensische Flüchtlinge kollektiv der Idenditätsverweigerung beschuldigt und ihnen wird vorgeworfen, eigentlich aus Jordanien zu stammen. Deshalb sei ihr Aufenthalt in Deutschland „illegal“, die von ihnen beanspruchten Sozialleistungen deshalbt „ausgenutzt“.

Gegen das Treiben dieser Ermittlunsgruppe mit dem zynischen Namen regt sich seit längerem Widerstand. Es fanden in der Vergangenheit immer wieder kleinere Demonstrationen, Mahnwachen und andere Protestaktionen statt. Doch diesen Samstag zum ersten Mal mit linken und linksradikalen Inhalten.

Zu der Demonstration, die ein so genanntes „Aktionsbündnis gegen Abschiebung und Wohlfahrt-Hetze“ angemeldet hatte, rief auch die antifa [ko] auf. Sie mobilisierte ihm Rahmen ihrer antirassistischen Initiative „Der AG Wohlfahrt das Handwerk legen!“ zusammen mit über 20 weiteren linksradikalen Gruppen unter dem Motto „Der AG Wohlfahrt in die Fresse boxen! Für eine Welt ohne Nation & Grenzen!“ zu einem antikapitalistischem Block in der Demo.
Dieser sollte deutlich machen, dass die Ursachen für Abschiebungen nicht in „falscher“ oder „unmenschlicher“ Politik zu suchen sind, sondern im kapitalistischen System selbst.

An der Demo selbst, die vom Marktplatz, vorbei am Abschiebegefängnis zum 2. Polizeirevier führte, beteiligten sich rund 250 Menschen. Der größte Teil von ihnen, deutlich über 150 TeilnehmerInnen, beteiligten sich am antikapitalistischen Block.

Auf der Auftaktkundgebung wurde zunächst ein Redebeitrag des Aktionsbündnisses verlesen. Dieser warf der „AG Wohlfahrt“ vor, in einer rechtlichen Grauzone zu agieren.
Als nächstes folgte der Redebeitrag der antifa [ko], der sich mit dem Kontext zwischen staatlichem Rassismus und kapitalistischer Verwertungslogik befasste, aber auch bürgerliche AbschiebungsgegnerInnen und deren Argumentationsgrundlage kritisierte.

Gegen 13:30 Uhr startete dann die Demonstration. Der antikapitalistische Block reihte sich samt Lautsprecherwagen zunächst hinten ein, setzte sich allerdings nach rund 10 Minuten an die Spitze des Demonstrationszuges. Auf Transparenen wurde nicht nur Abschiebungen, sondern auch Repression, Nationalismus und natürlich Kapitalismus kritisiert.
Ein Transparent spielte auf den Farbanschlag auf das Haus des Offenbacher Landrats Peter Walter an, welcher die „AG Wohlfahrt“ initiiert hatte. Siehe hier.

Besonders direkt am Anfang in der Fußgängerzone war die Stimmung sehr gut. Die PassantInnen wirkten größtenteils sehr interessiert; es wurden mehrere hundert Flugblätter an den Seiten der Demo verteilt.
Die Polizei hielt sich während der gesamten Demonstration sehr zurück. Es gab kein Spalier, auch Foto- oder Videoaufnahmen wurden nicht angefertigt.

Die Demo lief weiter zum Abschiebegefängnis, wo eine Zwischenkundgebung stattfand und ein Redebeitrag von „Pro Asyl“ verlesen wurde. Anschließend ging die Demo weiter Richtung Hauptbahnhof. An diesem angekommen, wurde während des Laufens ein Redebeitrag der autonomen antifa [f] verlesen. Außerdem wurde mehrmals ein Jingle gespielt, der auf die antikapitalistische Demonstration am Samstag, den 26.09.09 in Mannheim aufmerksam machte.

Im weiteren Verlauf zog sich die Demo leider ein wenig. Die Strecke führte vorbei an einem Bahndamm, die Öffentlichkeit war gleich null. Für kurze Aufheiterung der angeschlagenen Stimmung konnte lediglich das spontane Entfernen zweier Plakate der REPUBLIKANER führen, welche den DemonstraionInnen in den Weg gekommen waren.

An der Berliner Straße angekommen, stieg die Stimmung wieder. Trotz der polizeilichen Auflage, nur die rechte Straßenseite zu benutzen, zog sich die Demonstration über die gesamte Fahrbahn, sodass sich die Polizei letzlich dazu gewungen sah, diese „Verkehrsbehinderung“ gegen ihren Willen zu akzeptieren.

Vor dem 2. Polizeirevier, wo die polizeiliche Abteilung der „AG Wohlfahrt“ ihren Sitz hat, gab es einen weiteren Konflikt. Die Polizei wollte, dass sich die DemonstratInnen auf den Standstreifen quetschen. Erst nach langem Verhandeln und Blockade beider Fahrstreifen, fand man einen Kompromiss: Die DemonstrantInnen stellten sich nur auf einen Fahrstreifen.Auf der Auftaktkundgebung wurde noch ein Redebeitrag von „Attac“ und ein Redebeitrag von einem Unterstützerkreis einer von Abschiebung bedrohten Familie, verlesen.

Alles in Allem war die Demo für Offenbacher Verhältnisse durchaus gelungen. Die Stimmung hätte zwar während der gesamten Demo deutlich besser sein können, aber das lässt sich teilweise auf die ungünstig gewählte Route zurückführen. Nicht vergessen werden sollte, dass dies die einzige linksradikale Demo (bzw. Block) in Offenbach seit Jahren war. Von daher ist die TeilnehmerInnen-Zahl von über 150 Menschen im antikapitalistischen Block durchaus als Erfolg zu werten.

Pressemitteilung der antifa [ko]

Mobipage für den antikapitalistischen Block

Hier nun noch einige Fotos vom antikapitalistischen Block

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Ergänzungen

sozialleistungsbetrug

ist garnicht mein name 22.09.2009 - 23:51

alleine die tatsache, dass das ding zynisch "AG Wohlfahrt" heisst, zeigt,welch geistes
kind einige leitende mitarbeiter der offenbacher kripo sind.

aber es ist trotzdem vorsicht geboten, hier nur gegen die bösen abschieber und
aufklärer zu hetzen, denn die polizei ist hier mehr oder weniger befehlsempfänger.

und noch etwas mus man wissen: es gab in offenbahc tatsächlich schon mehrere
grössere fälle von dem, was man formal korrekt als leistungserschleichung bezeichnen
müsste.
es sind immer wieder üblemenschenhändler und schleuser, die flüchtlingen falsche
versprechungen machen, und sie dann dazu bringen unter falschem namen in offenbach
ALG II zu beziehen.
bei einem fall mitte 2007 waren unter den haupttätern 2 türken und ein deutscher, was
deutlich macht, dass es sich hier wohl kaum um eine flüchtlingshilfsorganisation für
palestinenser handelt. diese hatten an dem leistungsbezug ihrer "schützlinge" kräftig
mitverdient.

zu einem gewissen teil muss man die "AG wohlfahrt" als teil der hetzte gegen hartz IV
empfänger im landkreis offenbach einordnen, und nicht nur als "reinen" rassismus.
denn landrat walter ist auch für die umsetzung von hartz IV im kreis (ohne stadt offenbach)
verantwortlich, und geht mit seinen deutschan kunden kaum besser um - auch deutsche
hartz IV empfänger werden unter generalverdacht gestellt, beobachtet, und angeschwärtzt.

wer einer "AG wohlfahrt" also "nur" rassimus unterstellt, der verkennt, dass es sich tatsächlich
um eine besonders brutale form der umsetzung von hartz IV handelt, die zu allem überdruss
dann auch noch mit teilweise tatsächlich existierendem leistungsmissbrauch (allerdings
durch schlepper, und nicht etwas durch die flüchtlicche, die meist nur opfer sind) handelt,
was es auch dem demokratischsten kripobeamten schwer macht, wegzusehen.


landrat walter und seine GOAB GmbH, die die not von arbeitslosen (gleich welcher
herkunft) ausnutzt, um sie zu billiger zwangsarbeit heranzuziehen, sind der feind,
und nicht der böse bullenmob, der von geburt an schon rassist war.

die antifa-szene liesse sich hier komplett irreführen, wenn sie in der "AG Wohlfahrt"
eine reine frage von rassismus sehen würden.
es steckt viel mehr dahinter, und richtet sich gegen uns alle, und die kripo ist nicht der
hauptfeind, die wird auch nur instrumentalisiert.


.








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Antifa Offenbach — Zappa

stimmt — sdfghjk

@ zappa — klaus