Antimilitaristische Fahrradtour in Göttingen

Radel 19.09.2009 21:02 Themen: Militarismus
In Göttingen gibt es zwar seit 1994 keine Kaserne mehr. Die Militarisierung in der Gesellschaft weitet sich aber beständig aus. Im Rahmen einer Fahrrardtour wurden deshalb zivile Orte im Stadtgebiet inspiziert, an denen zivil-militärische Zusammenarbeit besonders auffällig ist.
Bei strahlender Herbstsonne fuhren ca. 20 AntimilitaristInnen vom Weltkriegsdenkmal am Auditorium zunächst zum Hygieneinstitut der Universität Göttingen. In der virologischen Abteilung des Uniklinikums betreibt Professor Hufert für das Verteidigungsministerium wehrmedizinische Forschung. Virenschnelltests sollen deutsche Truppen auch in tropischen Gebieten bei der Rohstoffsicherung unterstützen. Die nächste Station war eine Filiale der Commerzbank im Ostviertel, wo auf das intensive Bemühen dieser Bank im Celler Trialog hingewiesen wurde. Hier sucht die Commerzbank bei einer jährlichen Konferenz Absprachen und Koordination zwischen Militär, Politik und Privatwirtschaft.
Die Commerzbank wurde besucht

An der Berufsbildenden Schule I (BBS I) wurde die seit 2008 laufende Kampagne "Bundeswehr raus aus den Schulen" vorgestellt. Werbeeinsätze der Bundeswehr mit Infomobilen finden seitdem an Göttinger Schulen nicht mehr statt. Dennoch plant die Bundeswehr wieder einen großen Auftritt auf den Göttinger Berufsinformationstagen (GöBit) 2010. Auch Jugendoffiziere sind an einigen Schulen immer noch willkommen, es gibt also noch viel zu tun.

Das Denkmal für die mordenden deutschen Kolonialtruppen in Deutsch-Südwestafrika dokumentiert sowohl die kriegsverherrlichende Politik der Stadt Göttingen als auch den jahrzehntelangen Kampf gegen Militarismus. Der Bronzeadler ist schon lange nicht mehr an seinem Platz, und die Reste der zertrümmerten Inschrift werden mittlerweile von einer Plexiglasscheibe geschützt.Bevor es wieder in die Innenstadt ging, machten die RadfahrerInnen Halt bei der Kreisverwaltung. Mit der Einrichtung von zivil-militärischen Verbindungskommandos versucht die Bundeswehr, ihren territorialen Einfluss auch in Göttingen auszuweiten. Bei Krisen jeglicher Art, von Hochwasser bis Aufstandsbekämpfung, wird die Bundeswehr in Zukunft die Einsätze mit Reservisten und Militärtechnik entscheidend mitbestimmen wollen.
Die Fahrradtour unterwegs

Vor der Filiale der Lokalzeitung "Göttinger Tageblatt" wurde die lange Tradition aufgezeigt, Militär in die Mitte der Gesellschaft zu holen. Neben dem Verschweigen von antimilitaristischen Aktionen findet dies am sichtbarsten Ausdruck in einem jährlichen Benefizkonzert. Hier lädt das GT das Heeresmusikkorps 2 seit über 30 Jahren in die Stadthalle Göttingen ein, das nächste Mal am 17. November. Aber die Bundeswehr findet in Göttingen noch andere Werbepartner. Der Verlag Mauritz&Grewe am Leinekanal bietet dem Militär immer wieder prominente Werbeflächen in Print- und Internetmedien (siehe Fotos). Auch ein Werbeoffizier durfte im kostenlosen Magazin "diggla" über vier Seiten die Karrierechancen bei der Bundeswehr anpreisen.
Ganzseitige Anzeige auf Seite 2 des Stadtmagazin37, 2009 Beginn des Interviews im Diggla, Sommer 2008

Fast schon ein Klassiker war der Besuch bei der Hauptpost am Bahnhof. Trotz der DHL-Kampagne hält der Logistikkonzern weiterhin an seiner Bewerbung für Lagerhaltung und Transport für die Bundeswehr fest. Das DLR (Deutsches Zentrum für Luft und Raumfahrt) ist sowohl für seine Wehrtechnikforschung als auch seine Dual-Use-Strategie bekannt. An seinem Göttinger Standort in der Bunsenstraße laufen zum Beispiel Projekte über die Aerodynamik des Eurofighters sowie zum zukünftigen Militärtransporter A400M.

Zum Abschluss der Fahrradtour trafen sich die TeilnehmerInnen noch zu antimilitaristischem Kaffee und Kuchen im nahe gelegenen JuzI-Café.

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