Presseerklärung zum Schanzenviertelfest 09

Vorbereitungskreis 13.09.2009 13:55 Themen: Freiräume Repression
Presseerklärung zum "Schanzenviertelfest reloaded"
Pressemittteilung des Vorbereitungskreises "Schanzenviertelfest reloaded"

Gestern am 12. September hat das zweite Schanzenviertelfest stattgefunden. Eine Sprecherin des Vorbereitungskreises: „Es freut uns sehr, dass das zweite Schanzenfest in diesem Jahr so zahlreich besucht worden ist. Dies ist ein eindeutiges Signal an Ahlhaus und seinen Polizeiapparat, dass ihr repressives Vorgehen auf breiten Widerstand stößt.“ Entgegen der Aufforderung des Innensenators im Vorfeld, das Fest nicht zu besuchen, haben bis zu 8.000 Besucher_innen den Weg auf das Fest gefunden. Phantasievolle Aktionen, zahlreiche politische Informationsstände und Redebeiträge rundeten das Bühnen- und Musikprogramm ab. Gleichzeitig wurde in der Rosenhofstraße zum wiederholten Male ein Haus besetzt, um gegen den anstehenden Abriss und den Neubau von Eigentumswohnungen zu protestieren.
Bis in die späten Abendstunden wurde gefeiert.
Dazu eine Sprecherin: „Das Schanzenfest findet statt, um staatlicher Kontrolle und Überwachung eine Absage zu erteilen. Wir bringen gegenüber Innensenator Ahlhaus und anderen Scharfmachern damit zum Ausdruck, dass polizeiliche Repression uns nicht unsichtbar macht.“
In diesem Zusammenhang steht auch eine am frühen Sonntagmorgen stattfindende Aktion gegen die Lerchenwache. Diese wurde von der Polizei zum Anlass genommen, um gegen die immer noch auf den Straßen feiernden Menschen ohne weitere Vorwarnung massiv vorzugehen. Drei zerbrochene Fensterscheiben der Revierwache 16 waren die Begründung, die bundesweit angeforderten Polizeihundertschaften endlich in Bewegung setzen zu dürfen. Dabei kam es erneut zu brutalen Übergriffen und Festnahmen von Festbesucher_innen. Wir distanzieren uns nicht von dem Kampf gegen staatliche Repression, und haben es uns nicht nehmen lassen, dies ein zweites Mal zum Ausdruck zu bringen.
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Ergänzungen

Blogbericht & Fotos: Nacht & Pressekonferenz

classless 13.09.2009 - 14:19
No cops, no crime?

Der Polizeipräsident bezüglich des Warnschusses vom Freitag: “Zum Glück hat der Beamte besonnen gehandelt und lediglich einen Warnschuss abgegeben, er hätte in dieser Situation auch einen gezielten Schuss abgeben können.”

 http://www.classless.org/2009/09/13/mehr-bilder-aus-hamburg-schanzenfest/

Schon interessant

auch anwohner 14.09.2009 - 10:44
wer sich hier so alles als "Anwohner" oder gar "Rotflorist" äußert und über die Krawalle lamentiert, wie meine Urgroßeltern über Bill Haily Konzerte und Halbstarke. Echte hedonistische Feierlaune hat mit solch unpolitischem Spießerkram jedenfalls nix zu tun. Holt euch doch ne Anmeldung und macht euer eigenes Ding!

Wesentlich sachlicher ist die Erklärung und Sichtweise des Vorbereitungskreises. Einen anderen Ton schlagen interessanterweise im allgemeinen auch die Erklärungen der Flora an. Es ging im übrigen nie darum OB es Krawalle gibt sondern WIE bzw. in welcher Intensität. Weniger Bullen - weniger Krawall war die Ansage und genau so ist es gelaufen. Denkt im ernst irgendjemand, das nach 10 Jahren polizeilicher Angriffe auf das Fest gleich völliger Friede Freude Eierkuchen herrscht nur weil die Bullen 400 Meter weiter parken? So einfach geht es nun auch nicht! Dies ist auch allen Beteiligten von der Innenbehörde bis zum Vorortpunk klar. Erst Ahlhaus 6 Wochen lang das Fest zerreden lassen wollen, dann 2000 Bullen aufs Heiliggeistfeld schicken und dann glauben das Abends nichts passiert, so naiv kann nicht wirklich jemand sein! Dann anschließend an einem völlig anderen Ort einmal mit Wasserwerfen durch die feiernde Menge pflügen und unterschiedslos alles von der Straße prügeln. Wenn dies das Hohelied der Deeskalation ist dann gute Nacht.

Das Fest war ein voller Erfolg. Danke an die Menschen die es möglich gemacht haben. Das andere nun Bürgerwehren aufstellen wollen und auf einmal von "IHREM" Fest sprechen zeigt lediglich das "law and Order" nicht nur von oben kommt, sondern auch nach innen funktioniert. Pfui!!

Solidarität mit allen Betroffenen staatlicher Repression!
Meldet euch beim EA-Hamburg und schreibt Gedächtnisprotokolle!

Wenn man Steine wirft, vergrößert man die Mau

DrWalter 18.09.2009 - 20:41
Das September-Schanzenfest polarisiert – und hier zeigt sich mehr als nur der übliche Schanzenkonflikt. Ich glaube, hier zeigte sich erstmals richtig, dass es bei den Menschen, zum Beispiel im Schanzenviertel, wie auch den politischen Ausrichtungen einen gravierenden Wandel gibt.

Dieser Wandel betrifft nicht nur die Alt- und Neu-Parteien in Berlin. Er zeigt sich auch in der Sichtweise lokaler Stadtteil-Bewohner und Aktiver, in den Unterschieden der Herangehensweise oder Kommunikation von Missständen oder alternativen Gesellschafts- und Zukunftsmodellen.

Beispiel Schanze und Schanzenfest-Nachspielkrawall. Das Dilemma: Sehr viele Stimmen, auch meine in der Schanze lebenden oder arbeitenden Freunde, Bekannten und Kollegen, sind sämtlich grundsätzlich positiv gegenüber einer Stadtteilkultur-Mischung aus Clubs, Flora und einzelnen Initiativen eingestellt. Niemand hatte jedoch Verständnis für den Angriff einer Polizeiwache nebst Flucht zurück zum friedlichen Fest – natürlich mit der Polizei auf den Fersen, die somit erst in die Schanze geholt wurde…

Es scheint vielen so, als ob grade die Aktiven aus dem Flora-Umfeld ihren Draht zum Viertel und den Leuten, die hier wohnen und/oder leben, verloren haben. Ich wohne seit 14 Jahren hier, sehe den Wandel, finde auch nicht durchweg alles toll, was da an Tourismus-Kultur (von Reisebus- bis Hau-drauf-Agro-Touristen) entstanden ist – andererseits habe ich den Eindruck, dass grade die gemeinsam erarbeiteten Wege die Schanze gestaltet haben und weiterhin gestalten werden. Die Schanze ist und wird nicht Eppendorf oder dergleichen werden – solange man gemeinsam _miteinander_ gestaltet und nicht ein Teil der Schanzenviertel-Aktiven sich an den Rand stellt und sagt „ihr seid alle doof“.

Leider scheint sich ein Großteil der Rote-Flora-Aktiven darauf zurückzuziehen, dass alle Menschen annähernd genauso radikale politische Ansichten haben sollen – dabei zeigt sich, dass die direkte kommunikative politische Auseinandersetzung oft wesentlich effektiver als reines Krieg-Spielen und Nicht-miteinander-reden-wollen.

Und leider verliert dadurch diese politisch und gesellschaftlich aktive und engagierte Gruppe ihren politischen wie auch gesellschaftlichen Rückhalt.

Man sieht es daran, dass beispielsweise Teile des ehemals von der Flora veranstalteten kulturellen Programms vom Haus73 übernommen wurden – und wie es scheint, machen die im Haus73 das sogar besser und das obwohl die Pferdestall-GmbH als Betreiber mit einem recht großen Mitarbeitertrupp manchmal sympathisch chaotisch ihre Lokationen betreibt.

Man sieht es daran, dass den Rote-Flora-Sympathisanten anscheinend der Aggressions-Abbau wichtiger ist als der Schutz des eigenen Viertels, wenn zum Beispiel für die im Viertel lebenden Kinder gesammeltes Spielzeug aus dem verbrannt oder zerstört wird, wofür sogar ein verschlossener Container aufgebrochen wurde.

Ich frage mich, wo denn da die politischen Ideale der Rote-Flora-Sympathisanten geblieben sind?

Von sozial bis politisch links bis kommunistisch – alle diese politischen Ideale beinhalten den Aufbau und Erhalt eines gemeinsamen Zusammenlebens, das die positiven Werte jeder/s Einzelnen schützt und toleriert. Das ist sogar in den Begriffen Sozial und Kommune=Gemeinschaft enthalten. Und das geht nur, wenn man miteinander redet und sich auf einen gemeinsamen Lebensbereich einigt, in dem jeder seine Freiräume hat aber auch jeder die Grenzen des anderen akzeptiert.

Klar ist glaube ich allen: Die wirtschaftlichen Zeiten werden härter. Grade dann ist es wichtig, dass wir Menschen, zum Beispiel Bewohner und Nutzer eines Viertels wie der Schanze, zusammenhalten und Gegenbeispiele setzen – und der von außen empfundenen globalen sozialen oder wirtschaftlichen Härte und Aggression intelligente und positive Gegenmodelle bieten, die neues aufbauen statt einfach nur Altes kaputtzumachen und danach ein Trümmerfeld zu hinterlassen.

Wenn man Steine wirft, vergrößert man die Mauern.

Wenn man eine Welt schaffen will, in der alle miteinander auskommen, braucht man nicht Steine sondern Wege zueinander und gemeinsame Gespräche.

Gehen wir mit guten Beispielen nach vorn. Schaffen wir unsere solidarische Gemeinschaft _gemeinsam_ und nicht gegeneinander. Nur gemeinsam können wir wirklich effizient an den Missständen in unserer Welt arbeiten – und sie durch positive Modelle ersetzen. Sowie man aktiv neues Positives aufbaut, wird sich das Alte automatisch ändern müssen, weil das neue besser funktioniert.

Wir Menschen sind als Gemeinschaft gefordert, wenn wir eine Welt haben wollen, die wir alle auch gemeinsam nutzen können.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Erfolg! — sasasa

Erfolg? — zuhausegeblieben

@zuhausegeblieben — auch zuhausegeblieben

nix gegen Gitte! — ich hab

Anleitung zum Unglücklich sein — Paul Watzlawick

comment — ich

Nie wieder autonome Szene — Aussteiger

@ Aussteiger — Mensch

versachlichung — altautognomer

Wie bitte? — Anwohner

Unfassbar — HHer und Schanzenfreund

natürlich — altautognomer

Resümee — Holger Halfmann