Prozess wegen Mordversuch am 1. Mai 2009

Roland Ionas Bialke 01.09.2009 19:02 Themen: Repression
Berlin - Gegen zwei 17 und 19 Jahre alte Schüler wurde heute, am 1. September 2009, im Landgericht Berlin der Prozess eröffnet. Den beiden wird vorgeworfen am Abend des 1. Mai 2009 einen Brandsatz (Molotowcocktail) auf PolizistInnen geworfen und dabei eine Frau mit dem Brandsatz verletzt zu haben. Die Verteidigung machte klar, auf Freispruch plädieren zu wollen.
Kurz vor 9 Uhr stehen vor dem Haupteingang des "Kriminalgericht Moabit" etwa 60 Personen die auf Einlass warten. Die JustizbeamtInnen kommen kaum nach, diese zu kontrollieren. In dem ZuschauerInnenaufgang zum Raum 817 sammeln sich schliesslich bis zu 70 Personen um den Prozess gegen Yunus und Rigo zu beobachten. Vor dem Saal dann nochmal 20 PressevertreterInnen. Auch 4 Polizisten in ziviler Kleidung interessieren sich für den Prozess.

Doch der Prozess mit dem Schwurgericht (3 RichterInnen und 2 SchöffInnen) kann noch nicht beginnen. Ein Schöffe ist nicht da. Also soll nun der Prozess 3 Stunden später beginnen. Um 12 Uhr stellt sich dann heraus, dass der fehlende Schöffe an Parkinson erkrankt ist und das Schwurgericht nun mit einen Ersatzschöffen beginnen wird. Doch die Verteidigung ist mit den Jugendgerichtsschöffen Wolfgang Zerbst nicht einverstanden und beantragt die Hauptverhandlung für eine Woche auszusetzen um die Besetzung des Gerichts zu prüfen. Ebenso wird beantragt den Prozess in einen grösseren Saal zu verlegen, damit alle anwesenden ProzessbeobachterInnen den Prozess beobachten können. Beide Anträge werden durch das Gericht und der vorsitzenden Richterin Müller durch Gerichtsbeschlüsse abgelehnt.

Oberstaatsanwalt lässt entlastende Beweise verschwinden

Noch bevor die Angeklagten Angaben über ihre persönlichen Verhältnisse machen, erhob die Verteidigung schwere Vorwürfe gegen Oberstaatsanwalt Ralph Knispel (Leiter der Abteilung für Kapitaldelikte der Berliner Staatsanwaltschaft). Knispel habe zwei entlastende Aussagen, die die zwei Zeugen unabhängig voneinander noch am 1. Mai 2009 gegenüber der Polizei abgegeben hatten, nicht beachtet. Die Zeugen hatten auf einem Foto, was Knispel auf einer Speicherkarte erhielt, die Täter identifiziert. Doch Yunus und Rigo waren auf dem Foto nicht zu erkennen. Anscheinend gab es eine Täterbeschreibung die "Weisses T-Shirt und Schwarzes Basecap" lautete. Aufgrund dieser Täterbeschreibung wurden Yunus und Rigo festgenommen. Doch noch einen entlastenden Beweis verhinderte Oberstaatsanwalt Knispel. Laut Anklageschrift baute ein Angeklagter den Brandsatz zusammen, der andere Angeklagte warf. Hier müssten sich Brennstoff-Spuren auf der Kleidung der TäterInnen abgesetzt haben. Doch trotz zweier Anträge liess Knispel die Kleidung der Angeklagten nicht kriminaltechnisch auf Spuren untersuchen. Zeugen beschrieben zudem, dass der brennende Brandsatz stark tropfte. Sichtbare Brandspuren wurden aber ebenfalls nicht auf der Kleidung der Angeklagten gefunden.

Beide Angeklagten sagten aus. Sie erläuterten, dass sie in die Revolutionäre 1. Mai-Demonstration geraten seien, diese kurz beobachtet hätten und dann zum Geldabheben zu einer Sparkasse gegangen sind. In der Nähe der Sparkasse wurden sie schliesslich mit den Worten "Jetzt kriegst Du erstmal 4 Jahre Knast!" von Hundertschaftspolizisten festgenommen. Von der vorsitzenden Richterin wurden die Angeklagten gefragt, warum sie bei der Polizei die Aussage verweigerten und warum sie einen "EA-Zettel" bei sich trugen bzw. von wem sie diesen wann bekommen hatten.

Weitere Prozesstage:

2. Prozesstag - 8. September 2009 - Saal 817 - 9 Uhr - Landgericht Berlin
3. Prozesstag - 11. September 2009 - Saal 817 - 9 Uhr - Landgericht Berlin
4. Prozesstag - 15. September 2009 - Saal 817 - 9 Uhr - Landgericht Berlin
5. Prozesstag - 18. September 2009 - Saal 817 - 9 Uhr - Landgericht Berlin
6. Prozesstag - 6. Oktober 2009 - Saal 817 - 9 Uhr - Landgericht Berlin
7. Prozesstag - 14. Oktober 2009 - Saal 817 - 9 Uhr - Landgericht Berlin
8. Prozesstag - 27. Oktober 2009 - Saal 817 - 9 Uhr - Landgericht Berlin
9. Prozesstag - 30. Oktober 2009 - Saal 817 - 9 Uhr - Landgericht Berlin

Das Landgericht Berlin erreicht Ihr mit dem Bus 187, mit der U9 (U-Bahnhof Turmstrasse) oder mit der S7 (S-Bahnhof Bellevue). Am Besten Ihr nehmt den Eingang Turmstrasse (Haupteingang). Kommt zahlreich!

Berichte der kommerziellen Medien:

 http://www.tagesspiegel.de/berlin/Polizei-Justiz-1-Mai-Kreuzberg-Krawalle;art126,2889050

 http://www.bz-berlin.de/aktuell/berlin/angeklagte-schueler-beteuern-unschuld-article569672.html

 http://www.morgenpost.de/berlin/article1161303/Schueler_bestreiten_Mordversuch_an_Berliner_Polizisten.html

 http://www.berlinonline.de/aktuelles/berlin/detail_ddp_2516211940.php
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Ergänzungen

Wohlwollen?

action connection 01.09.2009 - 21:43
Unerwartetes Wohlwollen in den Massenmedien, wer hätte das gedacht. Meiner Meinung nach sind die Vorwürfe letztendlich sowieso nicht haltbar, die zweifelhaften Aussagen 2er Polizisten gegen viele, viele Gründe die gegen die Schuld der beiden sprechen.
Und glücklicherweise sind wir hier nicht in Frankreich, wo den Aussagen von Polizisten vor Gericht prinzipiell zu 100% Glauben geschenkt wird, "Staatsdiener", "Repräsanten" und so.

Ich wünsche den beiden jedenfalls viel Glück und Mut die ganze Scheisze auch weiterhin durchzustehen.

frage

unwissend 02.09.2009 - 12:01
wieso ist der prozeß öffentlich ?
ich war immer davon ausgegangen das prozesse mit jugendlichen ohne publikum stattfinden.
und danke für den bericht.

Warum der Prozess öffentlich ist...

Roland Ionas Bialke 02.09.2009 - 12:26
Der Prozess ist trotz des jugendlichen Angeklagten öffentlich, weil auch ein Heranwachsender angeklagt ist.

Siehe: § 48 Absatz 3 JGG -  http://dejure.org/gesetze/JGG/48.html

"Sind in dem Verfahren auch Heranwachsende oder Erwachsene angeklagt, so ist die Verhandlung öffentlich. Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Erziehung jugendlicher Angeklagter geboten ist."

Yunus ist wegen Flaschenwurfs vorbestraft

Ulrich 02.09.2009 - 18:20
Yunus soll schon zuvor eine Flasche auf Polizisten geworfen haben. Er dafür bekam eine 10-monatige Bewährungsstrafe, die noch nicht abgelaufen war.
Das Mädchen wurde durch das Feuer schwer am Rücken verletzt.

 http://www.morgenpost.de/printarchiv/berlin/article1161678/1_Mai_Angeklagte_bestreiten_Vorwuerfe.html

Taz-Artikel

taz 02.09.2009 - 21:10

weitere infos zum prozess

renatew 04.09.2009 - 12:11
ihr könnt auch unter  http://www.yunus-rigo-prozess.de schauen, da sind wichtige links zu diesem theam zusammengefasst.

EINE GROßE BITTE!

me 09.09.2009 - 19:18
bitte kommt NICHT zu den verhndlungsterminen zum gericht!!!
ich bin eine freundin von rigo und warbei dem verhandlungtermin gestern und es wollten(wie auch schon beim prozess am 1.9.) ca 70 menschen in den saal, darunter freunde, familie, geschwister etc der beiden und an beiden terminen durften 20-30 menschen, darunter ua auch der beste freund von yunus, nicht in den saal, da in diesem max.(!!) 40 leute platz haben.
also BITTE BITTE verfolgt den prozess über die medien und lasst engen bekannten und freunden von yunus und rigo den luxus sie nach über 4 monaten einmal wieder zu sehen...!
alle informationen zu den verhandlungen gibt es auch bei:  http://yunus-rigo-prozess.de/
DANKE!

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@handwerker — jaylo

bääh — ?!

@ pseudo genderInn nervt!! — Roland Ionas Bialke