Nichts Neues in Colditz

luna 19.08.2009 22:17 Themen: Antifa Freiräume
Colditz in Sachsen kann mit Fug und Recht als "Angstzone" bezeichnet werden. Nicht nur Neonazis dominieren die Szenerie, auch die Stadt tut alles um zivilgesellschaftliches und antifaschistisches Engagement zu verhindern. Dies beweisen die notgedrungene Absage eines für den 22.8. geplanten antirassistischen Fussballturniers und der Umgang mit einer alternativ dazu angemeldeten Kundgebung
Für den 22.8.2009 hatte der Verein Freiräume Muldental e.V.zusammen mit der Gruppe 468 und dem Club Courage e. V. ein antirassistisches Fußballturnier in Colditz geplant. Da die sachsenweite Kampagne „Meine Stimme gegen Nazis“ derzeit durch den Landkreis Leipzig tourt, bot es sich für die Kampagnen an bei diesem Turnier Station und daraus eine gemeinsame Veranstaltung zu machen – mit Fussball, live-Musik, Infoständen und Redebeiträgen und dem klaren Tenor:, dass ein Wiedereinzug der NPD in den Sächsischen Landtag genauso wie Diskriminierung, Rassismus und rechte Gewalt im Alltag keine Chance haben dürfen.
Nachdem dem Sportverein, auf dessen Platz die Veranstaltung stattfinden sollte, die politische Dimension der geplanten Veranstaltung bewusst geworden war, nahm der Vorsitzende die zuvor erteilte Zustimmung zur Nutzung des Sportplatzes zurück. Er machte das Einverständnis des Vereins von der Zustimmung der Stadtverwaltung bzw. des Bürgermeisters abhängig, da er mutmaßlich Beschädigungen durch die örtliche Neonaziszene befürchtete.

Am 12. August fand ein Kooperationsgespräch zwischen den lokalen InitiatorInnen, dem Bürgermeister Manfred Heinz, dem Colditzer Ordnungsamt, der Polizei und dem Sportverein unter Vermittlung des Mobilen Beratungsteams des Kulturbüro Sachsen e.V. statt. Am Ende konnten die GesprächsteilnehmerInnen keine einvernehmliche Lösung finden. Das geplante antirassistische Fußballturnier wurde nach unannehmbaren Forderungen seitens der Stadt Colditz de facto untersagt. Wichtig ist zu wissen, dass der Vorsitzende des Colditzer Sportvereins zur Durchführung der Veranstaltung bereit gewesen wäre, wenn die Stadt Colditz die Veranstaltung unterstützt hätte. Dazu waren die politisch Verantwortlichen nicht bereit. Vielmehr wurde gefordert, dass die Veranstalter für jegliche Sachbeschädigung auf dem Sportplatz zwei Wochen vor und zwei Wochen nach dem 22. August 2009 haften sollten.
Ebenso wurde als Grund für die Nichtdurchführung des Turniers angeführt, dass die Stadt bzw. der Bürgermeister nicht frühzeitig in die Planung einbezogen wurden.

Die ordnungspolitischen Befürchtungen, dass es zu Sachbeschädigungen seitens der Neonazis kommen könnte, sind nicht ganz von der Hand zu weisen. In der Vergangenheit kam es immer wieder zu bedrohlichen Naziübergriffen. So versammelten sich bspw. am 23.02.2008 etwa 100 Neonazis aus der Region Colditz, Leisnig, Döbeln, Mittweida in Colditz und überfielen und demolierten ein Elektrowarengeschäft und eine Turnhalle (in der links-alternative Konzerte veranstaltet wurden) sowie den Dönerimbiss einer türkischen Familie. Unter den Angreifern waren auch Angehörige des etwa ein Jahr zuvor verbotenen »Sturm 34. (siehe zb. Colditz, eine »national befreite Zone« in Sachsen, in: Gamma. Antifa-Newsflyer für Leipzig & Umland, Nr. 183 – Sommer, 2008, S. 1-2,  http://gamma.antifa.net/)
Wie in den benannten Fällen ähneln sich vor allem die Reaktionen der politischen VerantwortungsträgerInnen (siehe auch: Beitrag „Colditz im Landkreis Leipzig in „Meine Stimme gegen Nazis“ Die Broschüre zur Kampagne,  http://www.meine-stimme-gegen-nazis.de/index.php5?go=broschuere-6-raeume). Nicht die Neonazis, sondern die, die sich gegen rechts engagieren, werden zum Problem gemacht: Wurde dem Eigentümer der Turnhalle 2008 mitgeteilt, dass er keine Konzertveranstaltungen durchführen darf, wiederholt sich diese Szenerie im Jahr 2009 aufs Neue, durch die faktische Untersagung der Nutzung des Sportplatzes. .

Vor dem Hintergrund der Verunmöglichungshaltung der Stadt entschlossen sich die Kampagne „Meine Stimme gegen Nazis“ sowie der Freiräume Muldental e.V. das Grundrecht auf Demonstration zu nutzen und meldeten für den 22.8. alternativ eine Kundgebung auf dem Markt von Colditz an. Dort sollten zumindest Kulturprogramm, Redebeiträge und Infostände ihren Platz finden. Im Kooperationsgespräch am heutigen Mittwoch allerdings wurde offensichtlich, dass die Behörden alles versuchen um die Initiative(n) zu be. Bzw. verhindern. So werden von den Veranstaltern absurde und mit dem Versammlungsrecht nicht konform gehende Forderungen gestellt (zb sollen diese sich eigenständig um die Sperrung von Straßen kümmern – wozu etliche Behördengänge vonnöten wäre, sie sollen verpflichtet werden die BewohnerInnen über Lautstärkebeeinträchtigung zu informieren, des weiteren wurde klar gesagt, dass nicht genug Polizei vor Ort sein wird).
Sowohl die involvierten ColditzerInnen als auch die Kampagne „Meine Stimme gegen Nazis“ und FreundInnen werden sich dies nicht bieten lassen.
In diesem Sinne: kommt am 22.8. nach Colditz und zeigt euch solidarisch.

 http://www.myspace.com/freiraeumemuldental
 http://tolerantes-sachsen.de/text.php?ID=348
 http://meine-stimme-gegen-nazis.de
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Ergänzungen

Antirassistisches Fußballturnier in Colditz

FUSSBALLFANS GEGEN GEWALT UND RASSISMUS 20.08.2009 - 10:32
Antirassistisches Fußballturnier in Colditz wird verhindert

Der Colditzer Bürgermeister, in Zusammenarbeit mit der Polizei, sorgt mit einer Regelung für die Verhinderung das antirassistische Fussballturnier am 22.August auf dem Colditzer Sportplatz eine Woche vor der Durchführung! Aufgrund von befürchteten Randalen und Sachbeschädigungen kündigt die Stadt Colditz ihren Mietvertrag des Colditzer Sportplatzes mit den Organisatoren des alternativen Fussballturniers, bei dem u.a. Organisationen, wie „Meine Stimme gegen Nazis“ und Gruppen/Vereine, wie der „Freiräume Muldental“ als Initiator und die „Gruppe 468“, sowie der „Courage e.V., das Ndk Wurzen u.v.m. mitwirkten. Radio Corax sprach mit Peter Lewkowitz vom Freiraum Muldental e.V. über die Situation und die Möglichkeiten gegen Neonazisstrukturen im ländlichen Raum arbeiten zu können.

 http://www.freie-radios.net/mp3/20090817-antirassisti-29449.mp3
_________________
FUSSBALLFANS GEGEN GEWALT UND RASSISMUS IM STADION
 http://www.myspace.com/fussballfansgegennazis

LVZ von heute...

egal 20.08.2009 - 14:18
LVZ MTL 20.8.2009

FDP-Fraktion steht hinter Manfred Heinz

Colditz (r) Die FDP-Fraktion des Kreistages ergreift Partei für den Colditzer Bürgermeister Manfred Heinz. Der wurde vor wenigen Tagen von der Bundestagsabgeordneten Monika Lazar (Grüne), von der Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz (Linke) und von Peter Lewkowitz, Vorsitzender des Colditzer Vereins "Freiräume Muldental" öffentlich kritisiert. Vorwurf: Heinz habe das für den 22. August in Colditz geplante "antirassistische Fußballturnier" zu Fall gebracht.
"Die öffentlichen Unterstellungen von Lazar, Köditz und Lewkowitz über den Bürgermeister Manfred Heinz, der mit seinen Forderungen für Sicherheit in seiner Stadt, deren Idee eines "antirassistischen Fußballturniers" zu Fall gebracht haben soll, sind vollkommen daneben.
Wenn die linken und grünen Kräfte glauben, auf dem Rücken anderer ihren Wahlkampf führen zu müssen und dann auch noch die FDP, deren Mitglied Heinz ist, anzugreifen, ist dies nicht nur unanständig, sondern zeigt auch deren chaotische Konzeptlosigkeit", sagt Dieter Hager, Fraktionsvorsitzender im Kreistag.

Er betont: Die Polizei habe mitgeteilt, dass aus personellen Gründen zu diesem Termin eine Absicherung nicht möglich ist. Es sei eine Frechheit von Köditz und Mitstreitern, diese Entscheidung zu ignorieren und die Verantwortung auf den Bürgermeister beziehungsweise auf den Sportverein abzuwälzen. "Wer im Landkreis halbwegs informiert ist weiß, wie sehr sich Manfred Heinz in der Vergangenheit aktiv gegen Rechts als Bürgermeister in Colditz eingesetzt hat", unterstreicht der Fraktionschef.

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PE des Freiräume Muldental e.V. vom 20.8.2009

Zum geplanten Fußballturnier am 22.08.2009 in Colditz erklärt der Freiräume Muldental e.V.:
Wie es scheint, ist Dieter Hager, Fraktionschef der FDP im Kreistag, nicht informiert. Wie könnte er auch – er war bei keinem Kooperations- oder Organisationsgespräch dabei. Die Aussagen des FDP-Fraktionschefs sind nicht mehr und nicht weniger eine Frechheit. Wenn heute in diesem Land schon Kritik am Verhalten von Personen des öffentlichen Lebens als Wahlkampf diffamiert wird, und das von Leuten, die das Verhalten in der konkreten Situation überhaupt nicht einschätzen können, dann sagt das viel aus über die politische Kultur hierzulande.
Der parteiunabhängige Verein Freiräume Muldental wollte lediglich ein Fußballturnier veranstalten. Dass dieses nicht zustande gekommen ist, liegt auch maßgeblich an der Verweigerungshaltung der Stadtverwaltung Colditz. Dass der Verein Unterstützung von Linken und Grünen insbesondere von Kerstin Köditz und Monika Lazar erfährt, hat nichts mit Wahlkampf zu tun. Engagement gegen Rechtsextremismus ist für uns wie auch für unsere Unterstützer eine alltägliche Angelegenheit.
Darüber hinaus lässt Herr Hager eine erschreckende Unkenntnis unserer Verfassung erkennen. Das Versammlungsrecht als eines der fundamentalsten Freiheitsrechte kann nicht mit der pauschalen Behauptung der Polizei, sie könne die Versammlung aus personellen Gründen nur ungenügend begleiten, ausgehebelt werden. Von einem Fraktionsvorsitzenden einer Partei, die sich die Wahrung der Bürgerrechte auf die Fahnen geschrieben hat, hätten wir anderes erwartet.
Wie das aktive Engagement des Colditzer Bürgermeisters gegen Rechts aus Sicht von Hager aussieht, wird wohl sein Geheimnis bleiben. Uns als Verein ist dieses jedenfalls noch nicht offen zu Tage getreten.

Kundgebung als Alternative

highend 21.08.2009 - 08:26
Am Samstag, 22..8. macht die Kampagnen-Tour von "Meine Stimme gegen Nazis" in Colditz Station.

Im Rahmen der vom Verein „Freiräume Muldental e.V.“ veranstalteten Kundgebung wird es am Samstag ab 15 Uhr auf dem Colditzer Marktplatz Redebeiträge und live-Musik mit den Band Hematom (Punk-Rock aus Colditz) und Mantquittar (Indie-Rock aus Leipzig) geben.

Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit sich an verschiedenen Infoständen über die Kampagne „Meine Stimme gegen Nazis“ und zivilgesellschaftliche Vereine und Initiativen zu informieren.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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alternativen — muenger