Ausländerbehörde Wittenberg erpresst Pässe

Flüchtlingsinitiative Möhlau + no lager halle 18.08.2009 20:22 Themen: Antirassismus Repression Soziale Kämpfe
Ausländerbehörde Wittenberg versucht Pässe & Identitätsnachweise bis zum 11. September 2009 zu erpressen

Anfang August schickte die Ausländerbehörde an fast alle Flüchtlinge im Lager Möhlau eine „Aufforderung zur Mitwirkung an der Identitätsfeststellung und der Beschaffung von Rückreisedokumenten über Botschaft bzw. Heimatbehörden“.
Flüchtlinge berichteten, dass sie bereits vor einem Jahr einen Brief mit selben Wortlaut bekommen haben.

In diesem Brief wird die Einreise der Flüchtlinge als „illegal“ bezeichnet und behauptet, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht zur Beschaffung eines Identitätspapieres zum Vollzug ihrer Abschiebung nicht nachgekommen seien. Zudem hofft die Ausländerbehörde, die Flüchtlinge hätten noch Papiere, die sie noch nicht erhalten haben könnte. Außerdem verlangt die Ausländerbehörde „Familienangehörige, Bekannte oder Verwandte“ im Herkunftsland bei der Passbeschaffung eingeschaltet werden sollen.
Einige Flüchtlinge berichteten, sie haben schon vor Jahren ihren Pass bei der Ausländerbehörde abgegeben und vermuteten, dies sei so lange her, dass der Pass inzwischen abgelaufen seien könnte.

Falls sie innerhalb eines Monats nicht sämtliche Papiere, die notwendig sind, um eine Abschiebung durchführen zu können, bringen, droht die Ausländerbehörde ein ganzes Bündel an Repressionen an:

- Verbot der Ausführung einer Beschäftigung (kaum ein Flüchtling hat eine Arbeitserlaubnis)
- Leistungskürzung (die Flüchtlinge erhalten jetzt schon gekürzte Sozialleistungen)
- die Ausländerbehörde will Flüchtlinge anzeigen, wenn sie nicht alle Papiere (die zur Abschiebung nötig sind) vorlegen, dies soll eine Strafe von bis zu 1 Jahr (oder eine Geldstrafe) nach sich ziehen können
- wenn falsche Papiere abgegeben werden, wird dies ebenfalls zur Anzeige gebracht und soll Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren (oder eine Geldstrafe) nach sich ziehen können

- es soll weiterhin eine Ausweisungsverfügung drohen selbst bei:
Ehe mit deutschen Staatsbürgern
der Geburt eines Kindes



Stellungnahme der Flüchtlingsinitiative Möhlau:


Die Stimme der staatenlosen Flüchtlinge


Die grundlegende Basis, auf der das Administrationssystem der Welt erschaffen wurde, war Menschen zusammen zu verwalten, um sogenannte Staaten oder Länder zu formen. Auf Grundlage dieser Theorie versuchen die Gesetzgeber zu definieren, wer national ist und wer nicht, indem sie etwas einführten, was wir Nationalitätsgesetze nennen. Das heißt, dass Individuen oder Personen, die als national von einem Staat unter Anwendung seiner Gesetze angesehen werden, eine Nationalität haben.

Dem entgegengesetzt sollte man sich zu Bewusstsein rufen, dass Millionen von Individuen des Innehabens und Profitierens von einer Nationalität beraubt worden sind, denn Nationalität ist eine Manifestation der Souveränität und Identität eines Landes. Es gibt viele Mechanismen, die dazu beitragen können, von Staatenlosigkeit betroffen zu sein, wie beispielsweise die Verletzung der Menschenrechte, Unterschiede vor dem Gesetz, Gesetze zur Registrierung von Geburt und Heirat, Nationalität durch Abstammung, politische und administrative Änderungen, Diskriminierung aufgrund von Rasse, ethnischer Abstammung oder Geschlecht, das Ausweisen von Kindern, deren migrierte Eltern so früh starben, dass sie nicht in der Lage waren, ihre Nationalität an ihre Kinder weiterzugeben, wenn das Land kein standardisiertes internationales Datensystem besitzt, zwischen-ethnische Konflikte, Staatennachfolge und erzwungenes Wegziehen verursacht durch Krieg oder unterbrochene Angliederung aufgrund von Einheiraten und Vertreibung etc. All diese Gründe führen dazu, dass Menschen, die dies betrifft, von keinem Staat als national anerkannt werden unter den jeweils angewandten Gesetzen.

Solche Menschen werden manchmal als de jure staatenlos kategorisiert, Personen, die legitimierten Anspruch auf eine Staatsbürgerschaft haben, jedoch ihre Staatsbürgerschaft nicht nachweisen können oder deren Regierungen sich weigern, der Nationalität der Personen Anerkennung zu zollen.

Komplikationen können auftreten, wenn es Unterschiede zwischen den Gesetzen, die die Nationalität betreffen, verschiedener Staaten gibt. Einige Länder bestimmen Nationalität durch den Ort der Geburt, während andere die Nationalität durch die Abstammung von den Eltern wahrnehmen.

Kinder von migrierten Arbeitern waren genauso Opfer: Die Autoritäten in dem Land des elterlichen Aufenthalts können sich weigern die Geburt zu registrieren, oder wenn eine Registrierung stattfindet, dann gilt das Kind als staatenlos. Das Herkunftsland kann auch eine Politik verfolgen, in der die Staatsbürgerschaft aufgrund des Geburtsorts erteilt wird. In diesem Fall wird den Kindern von migrierten Arbeitern auch in dem Herkunftsland eine Staatsbürgerschaft verweigert. Staatenlosigkeit kann auch zustande kommen, wenn Kinder aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen abgegeben werden müssen oder die Voraussicht auf den bevorstehenden Tod die emigrierte Mutter zwingt, ihr Kind wegzugeben oder, wenn Ausländer und eine weiblichen Bürgerin außerehelich Kinder bekommen. Dies führt zu illegalen Adoptionen.

Einige der Flüchtlinge erlebten Verfolgung, Krieg, politische Krisen, Naturkatastrophen und mussten deshalb ihre Geburts- und Aufenthaltsländer verlassen und forderten Asyl hier in Deutschland. Ihre Asylanträge wurden zurückgewiesen und ihre Zukunft ist hoffnungslos ohne Lösungsweg, ohne staatlichen Schutz.

Deswegen rufen wir die verantwortliche regionale Regierung (Kreistag Wittenberg), der diese Flüchtlinge zugeordnet wurden, um Solidarität zu erfahren und die das Recht auf Existenz der Flüchtlinge anerkennen muss, auf, aufzuhören die Flüchtlinge unter Druck zu setzen. Es ist dieser Regierung bekannt, dass staatenlose Flüchtlinge keine Möglichkeit haben, an legale Papiere zu kommen. Darüber hinaus ist es nicht die Schuld der Flüchtlinge und sie können keine Dokumente eines souveränen Staates fälschen.

Flüchtlingsinitiative Möhlau (Kreis Wittenberg)
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Ergänzungen

Aktionen gegen Abschiebung

no border no nation no prison 19.08.2009 - 13:37
Aktionen gegen Abschiebung, Lager und Knäste in der "Aktionswoche gegen Abschiebung" vom 22. - 30. August 2009

Alle Infos unter  http://www.gegenAbschiebung.de

u.a.:

* Mainz:

Samstag, 22. August, ab 10:00 Uhr
Stoppt das Sterben an den EU Außengrenzen!
Auftaktveranstaltung zur Aktionswoche gegen Abschiebungen
Kundgebung ab 11 Uhr mit Redebeiträgen unter anderem von Günter Burkhardt (Pro Asyl), Infoständen & Straßentheater
Neubrunnenplatz, Mainz

Freitag, 28. August, 14:30 Uhr – 17:00 Uhr
Kundgebung vor dem Innenministerium
Abschiebehaft, Abschiebungen & die Situation im Ingelheimer Abschiebeknast
Schillerplatz, Mainz

* Göttingen:

Donnerstag, 27. August 09, 16:00 Uhr
Demonstration: Abschiebungen in den Kosovo stoppen!
Ort: Neues Rathaus
Aufruf und mehr Infos: www.papiere-fuer-alle.org

* Magedeburg:

Donnerstag, 27. August 09, 14:00-18:00 Uhr
Demonstration gegen Abschiebung. Start vor dem Karstadt, dann Demonstrationszug bis zur Ausländerbehörde, da Kranzniederlegung und Fortsetzung des Demozuges bis zum Innenministerium. Dort werden dann Holzkreuze in die Wiese gesetzt und es findet eine abschließende Kundgebung statt. Themen der diesjährigen Aktion: Deutsch-Syrisches / Deutsch-Kosovarisches Rückführungsabkommen, Situation EU-Außengrenzen Dublin II, Rolle von Frontex.
Mehr Infos folgen.

* Büren:

Samstag, 29. August, 13:00 Uhr
Demonstration gegen Abschiebehaft. „15 Jahre sind 15 Jahre zuviel! Abschiebeknäste zu Waldstücken!“
mit Compania Bataclan – Balkan-Klezmer-ReggaeSka-Chanson-AgitProp
Ort: JVA Büren-Stöckerbusch
Mehr Infos:  http://www.aha-bueren.de

* Düsseldorf:

Samstag, 29. August, 10:00 Uhr
StandUp!-Cup 2009 – Antirassistisches Fußballturnier Düsseldorf
Selbstverständlich gibt es bei dem Turnier keinen Platz für Rassismus, Sexismus, Antisemitismus oder Homophobie. Macker können zu Hause bleiben! Auf dem Turnier wird es Infostände u. a. zu den Themen Sexismus & Migration geben.
Ort: Sportplatz Unigelände Düsseldorf
Organisierende Gruppen: Cable Street Beat Düsseldorf, Venceremos (Antifa Kok) und alerta! network (antifascist football movement)

* Mannheim und Ludwigshafen:

Samstag, 29. August 09, Uhr
Aktionstag gegen Residenzpflicht. „Grenzenlos glücklicher – Residenzpflicht abschaffen!“. Mit zwei Demonstrationszügen, die sich von Mannheim und Ludwigsburg aus auf der Konrad-Adenauer-Brücke treffen. Aufruf und mehr Infos:  http://grenzenlos.blogsport.de/

und vieles mehr! Make deportation history!!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Kein Pass - keine Abschiebung — (muss ausgefüllt werden)