Chiemsee Reggea: Hetze gegen Schwule

Antifa SBG/OBB/Tirol 12.08.2009 09:57
Oberflächlich mag der Chiemsee Reggae Summer damit wie eine freie und friedliche Versammlung von weltoffenen Menschen wirken. Die Erfahrung zeigt hingegen, dass Heteronormativität und Sexismus die Szene stark prägen. Denn regelmäßig spielen dort Bands, die gegen Schwule hetzen. Darüber hinaus kommt es häufig zu Vergewaltigungen. Von den Veranstalter_innen fordern linksradikale und antifaschistische Gruppen in einem offenen Brief deshalb die Ausladung der Band T.O.K. und ein Präventions- und Notfallkonzept gegen sexualisierte Gewalt.
In den vergangenen Jahren waren mit Beeny Man, Capleton, Buju Banton und Sizzla Acts zu Gast, die Szenekundige als einschlägig homophob, sprich schwulen- und lesbenfeindlich, einordnen. Jeder Schwule solle tot auf dem Boden liegen, dafür würden sie schon sorgen, singen T.O.K. in ihrem Song "Chi Chi Man" sinngemäß. Läuft alles im Sinne der veranstaltenden Agentur CRP werden solche Liedtexte kommendes Wochenende am Chiemseeufer zu hören sein.

Verärgerung ruft aber auch die Tatenlosigkeit angesichts vielfältiger sexueller Diskriminierung hervor, die bei dem Festival auf der Tagesordnung stehen und bis hin zu Vergewaltigungen reichen. Anstelle einfach nur polizeiliche Ermittlungen abzuwarten, wird in dem offenen Brief die Entwicklung eines Beratungskonzepts für Betroffene sexueller Übergriffe gefordert. Zumindest die angeregte Einrichtung eines Frauenraums erscheint demgegenüber als Sofortmaßnahme schnell zu verwirklichen.

Der offene Brief, der der Agentur bereits gestern mit der Möglichkeit einer Stellungnahme zugeleitet wurde an dieser Stelle erstveröffentlicht. Die CRP schweigt bislang, wie sie das unseres Wissens noch immer getan hat.


OFFENER BRIEF





CRP Konzertagentur GmbH
Gabelsbergerstr. 6
83308 Trostberg
(info@chiemsee-reggae.de)





Sexismus und Homophobie auf dem Chiemsee Reggae Summer



Sehr geehrte Damen und Herren,

seit 2000 treten auf dem Chiemsee Reggae Summer fast jährlich homophobe Musiker auf.
2008 und 2000 Beeny Man („I'm dreaming of a new Jamaica, come to execute all the gays“),
2007 Capleton ("Fire bun batty bwoy!" "Das Feuer möge den Schwulen verbrennen!"),
2000 und 2004 Buju Banton, der im Juli 2004 auf Jamaika an einem schwulenfeindlichen Übergriff persönlich beteiligt war.
2008 sollte Sizzla, der ebenfalls in seinen Liedern zur Ermordung von Homosexuellen aufruft, auftreten. Der Auftritt wurde aber wegen eines Einreiseverbotes in die EU abgesagt. Dazu schrieben die Veranstalter_innen auf der offiziellen Homepage des Chiemsee Reggae Summer: "Auf Druck des Lesben- und Schwulenverbands Deutschlands (LSVD) und des Bundestagsabgeordneten der Grünen, Volker Beck, wurde Sizzla (Miguel Collins) vom Bundesinnenministerium in das sogenannte Schengen-Informations-Sytem (SIS) eingetragen. Dies macht ihm derzeit die Einreise in den Schengenraum, zu dem auch Deutschland gehört, trotz gültigem Visums, unmöglich".
Sizzla werde aber gegen diese Eintragung juristisch vorgehen. Allerdings glaubten die Chiemsee-Veranstalter nicht, dass das bis zum Festivalbeginn "geregelt" sei. Warum der LSVD interveniert hatte, interessierte die Veranstalter_innen offenbar nicht. Auf der offiziellen Myspaceseite des CRS ist Sizzla nach wie vor verlinkt.
Dieses Jahr (2009) haben die Veranstalter_innen wieder den Auftritt von homophoben Künstlern angekündigt. Am Samstag den 15.08.09 sollen T.O.K. auftreten, welche in Vergangenheit durch die Produktion und Performance von extrem schwulen- / lesbenfeindlichen Songs – allen voran die 2001 für den Wahlkampf der jamaikanischen Partei JLP eingesungene Wahlkampfhymne und Dancehall-Dauerhit „Chi Chi Man“ – aufgefallen sind.

Auszüge und sinngemäße Übersetzung des Songtextes „Chi Chi Man“ von T.O.K. (2001)


„[...]Rat tat tat every chi chi man dem haffi get flat
Get flat, mi and my niggas ago mek a pack
Chi chi man fi dead and dat's a fact[...]“

„[...]Rat tat tat (Maschinengewehrgeräusch) jeder Schwule sollte flach (tot) auf dem Boden liegen,
meine Nigger und ich werden dafür schon sorgen
Schwule müssen sterben – das ist Fakt[...]“
Chorus:
From dem a par inna chi chi man car
Blaze di fire mek we bun dem!!!! (Bun dem!!!!)
From dem a drink inna chi chi man bar
Blaze di fire mek we dun dem!!!! (Dun dem!!!!)

Sollten sie zusammen in einem Schwulen-Auto sitzen,
Entfesselt das Feuer, lasst sie uns verbrennen! (verbrennt sie!)
Sollten sie zusammen in einer Schwulen Bar trinken
Entfesselt das Feuer – lasst sie uns fertig machen! (fertig machen!)

Organisiertes Wegsehen bei sexuellen Übergriffen


Desweiteren kommt es auf dem Chiemsee Reggae Summer fast jährlich zu Vergewaltigungen und sexuellen Übergriffen. Zuletzt im Jahr 2008¹.
Vergewaltigungen sind aber nur die Spitze des Eisbergs ungezählter Fälle sexueller Belästigung, entwertender "Witze", demütigender und obszöner Darstellungen, abschätziger Blicke, unerwünschter Berührungen und Annäherungsversuchen. Dass dies auf dem Chiemsee Reggae Summer alltägliches Rahmenprogramm ist, dürfte den Veranstalter_innen ja kaum entgangen sein. Sie tragen dabei zwar nicht die Verantwortung für genannte Vergewaltigungsfälle - ihr demonstratives Desinteresse und ihre Praxis, die sich lediglich auf das Abwarten polizeilicher Ermittlungen beschränkt,verurteilen wir aber aufs Schärfste. Denn das befördert eine Kultur des Wegschauens und Wegdelegierens. Sexismus ist aber ein gesellschaftliches Problem. Es bezieht sich nicht nur auf strafrechtlich relevanter offene Gewaltausbrüche, sondern beginnt weit in deren Vorfeld! Als Veranstalter_innen müssten sie dieser Situation nicht tatenlos gegenüberstehen als ob es sich um ein Naturereignis handle! Ein erster Schritt wäre das öffentlich formulierte Eingeständnis, dass es sich hier um ein Problemfeld handelt. Ein zweiter, dass mensch sich von sexistischen Handlungen distanziert und diese ablehnt. Eine weitere Maßnahme könnte das Einrichten eines Rückzugsraumes, der nur Frauen offen steht, sein. Das aber reicht noch nicht aus: Es liegt in der Verantwortung der Veranstalter_innen ein Konzept zur umfassenden Information im Vorfeld und für eine qualifizierte Beratung für Betroffene sexueller Übergriffe zu entwickeln und anzuwenden. Vergleichbares wurde mit dem Projekt "Sichere Wiesn für Mädchen und Frauen" beim Münchner Oktoberfest erreicht. Wir fordern die Veranstalter_innen auf, zu diesem Zweck umgehend Kontakt zu geeigneten Fachstellen, bspw. dem AMYNA e.V., aufzunehmen!

Wir fordern die Veranstalter_innen deshalb auf:


  • Den Auftritt von T.O.K. Abzusagen.
  • Zukünftig kein Auftritte von homophoben Künstler_innen mehr zu ermöglichen.
  • Eine intensive Auseinandersetzung mit Homophobie im Reggae anzuregen.
  • Ein Konzept zur umfassenden Information im Vorfeld und für eine qualifizierte Unterstützung Betroffener sexualisierter Gewalt zu entwickeln.
  • Sichere Freiräume für Frauen zu schaffen.

Unterzeichner_innen:

assoziation autonomer umtriebe dachau
Antifa Innsbruck
Antifa Miesbach Oberland
Antifa nt (Antifa München)
r|am (Antifajugend München)
ASAB_M (Antisexistisches Aktionsbündnis München)
Infogruppe Rosenheim
Infoladen Salzburg
Anark TS (Antifaschistischer Arbeitskreis Traunstein)
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Ergänzungen

In diesen Links geht es um alles mögliche...

gaynjaman 12.08.2009 - 19:58
...und vieles überflüssige, nur nicht um die Prävention von Vergewaltigungen und sexuellen Übergriffen:

Pressemeldung: Polizei beim Chiemsee-Reggae-Summer wieder mit dabei

 http://www.polizei.bayern.de/news/presse/aktuell/index.html/98712

Sonderseiten des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd zum Chiemsee Reggae Summer 2009

 http://www.polizei.bayern.de/oberbayern/news/veranstaltungen/index.html/95476

Hasssänger wollen am Chiemsee auftreten

queer.de 13.08.2009 - 09:28
Wie queer.de berichtet, wurde ein Konzert mit T.O.K. in Hannover "aufgrund etlicher Drohungen und dem damit verbundenen finanziellen Risiko" abgesagt. Der LSVD und Volker Beck versuchen indes rechtliche Schritte gegen die Einreise bzw. den Auftritt von T.O.K. einzuleiten.
siehe:  http://www.queer.de/detail.php?article_id=10753
Vielleicht sollte stattdessen am Chiemsse einfach mal was passieren, das homophobe "Künstler" zum Kalkulationsrisiko macht.

queer durchs internet

surfing 13.08.2009 - 19:19
Hier der Versuch, einige Infos im Netz dazu zusammenzubringen.

Diskutiert wird die Angelegenheit derzeit unter anderem bei:
jetzt.de
"Randale und Liebe"
queer.de

medium.blogsport.de
Big Shot
(empfehlenswert, weil prinzipiell dem Reggae nahestehend) Eine Pressemitteilung gibt es bei der infogruppe rosenheim

Der offene Brief ist mittlerweile veröffentlicht unter anderem bei:
ASAB_M
Antifa Innsbruck
Antifaschistischer Arbeitskreis Traunstein
Red & Anarchist Skinheads
Die Veranstalter_innen haben bislang übrigens noch nicht reagiert. Sie brauchen vielleicht noch ein paar eMail Anfragen: info@chiemsee-reggae.de
Oder es muss doch ein bisschen mehr passieren...

auch dieses Jahr wieder sexueller Nötigung

Es wurde keinE AutorIn angegeben! 17.08.2009 - 19:12
"Zwei Fälle sexueller Nötigung wurden angezeigt. Am Wohnmobilparkplatz belästigte in der Nacht zum Samstag ein 21-jähriger Betrunkener im Duschbereich zwei Mädchen. Freunde kamen dieser tatkräftig zu Hilfe und der Betrunkene floh. Er konnte kurze Zeit später von Einsatzkräften festgenommen werden. Ein anderer „Grapscher“ gelang eine Stunde später bei einem ähnlichen Vorfall unerkannt die Flucht."

quwelle: http://www.polizei.bayern.de/oberbayern/news/presse/aktuell/index.html/99501

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Dein Name 26.08.2009 - 10:04
Ab 06.12.09 Ausstellung: "Neonazis und soziale Frage"

Vetternwirtschaft, Oberaustr.2 , 83026 Rosenheim

Öffnungszeiten: Dienstag, Donnerstag,Freitag, Samstag, Sonntag ab 19:00
Uhr Montag und Mittwoch geschlossen.


ausstellung

Dein Name 26.08.2009 - 14:54
ausstellung nazis und soziale frage, ab 06.12 in rosenheim

gnwp

gnwp 23.09.2009 - 18:46
gnwp Konzert am 07.11.09 in Rosenheim love hardcore - hate homophobie