11.07.09 "Rock für Deutschland" / Gera

infothek-dessau.de 15.07.2009 03:15 Themen: Antifa Blogwire

11. Juli 2009 / „Rock für Deutschland“: „Gera bleibt deutsch!“

Seit 2003 finden im thüringischen Gera Neonazikonzerte in aller Öffentlichkeit statt – zuerst unter dem Motto „Rock gegen Krieg“, ab 2005 in „Rock für Deutschland“ umbenannt. Folgten in den Jahren 2003 und 2004 noch 200 bzw. 150 Teilnehmer den Aufrufen zur Veranstaltung, so waren 2005 bis 2008 jedes Jahr bereits 600 bis 750 Neonazis in Gera angereist. Die siebente Veranstaltung im Jahr 2009 übertraf jedoch alle Erwartungen. Mit der Kultfigur der Neonaziszene, Michael Regener, alias „Lunikoff“, gelang es einen unrühmlichen Publikumsrekord in der Stadt zu erreichen. Unter dem Motto: „Hier bleiben – anpacken!“ lauschten mindestens 4000 Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet bei Bratwurst und alkoholfreiem Bier Reden von NPD-Chef Udo Voigt, NPD-Bayern-Vertreter Patrick Schröder oder den thüringischen Lokalagitatoren Peter Nürnberger und Frank Schwerdt. Neonazibands wie „Brainwash“, „Blitzkrieg“, „Sleipnir“ und „Die Lunikoff-Verschwörung“ sorgten für das angemessene Rahmenprogramm, um auch zahlreiche Szenevertreter anzulocken, die sich eher selten für politische Veranstaltungen begeistern lassen. Nur wenige Neonazi-Open-Air-Veranstaltungen erreichten in Vergangenheit eine Höhere Teilnehmerzahl. Die Handelsreisenden der Szene machten an ihren Verkaufsständen ganz sicher den Umsatz des Jahres mit ihrem Angebot an Musik, Kleidung und diverser andere Devotionalien, wie sie das Neonaziherz erfreut.

Zweifellos sind die meisten Gäste wegen der Märtyrerfigur „Lunikoff“ in Gera angereist. Michael Regener, alias „Lunikoff“, der ehemals als Sänger der wohl bekanntesten deutschen Rechtsrockband „Landser“ vorstand, saß bis Februar 2008 eine mehrjährige Haftstrafe ab, nachdem er mit seinen damaligen Bandkollegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung für schuldig befunden wurde. Die Mitangeklagten machten infolge der Ermittlungen umfangreiche Aussagen, Regener dagegen zeigte sich vom Gericht unbeeindruckt und verweigerte jede Aussage. Die Band „Landser“ zerbrach und Regener spielte noch vor Haftantritt eine neue CD mit seinem Nachfolgeprojekt „Die Lunikoff-Verschwörung“ ein. Im April 2005 spielte die neue Band ein „Abschiedskonzert“ für „Lunikoff“ im Schützenhaus des bundesweit bekannten Neonazi-Rechtsanwaltes Jürgen Rieger im thüringischen Pößneck, im Rahmen des dortigen Landesparteitages der NPD-Thüringen. Für das Konzert erging eine Verbotsverfügung, die allerdings aufgrund der unerwartet hohen Teilnehmerzahl von ca. 1500 Neonazis nicht von der Polizei durchgesetzt werden konnte.

Mit einer so großen Resonanz hatten auch die Organisatoren aus der Geraer Neonaziszene nicht gerechnet, Getränke u.a. sollen bereits sehr früh am Tag aufgebraucht gewesen sein und Verantwortlichen seien heillos überfordert gewesen mit dem Ansturm, klagen Teilnehmer im Anschluss in rechtsextremen Internetforen. Zudem weiten sich Diskussionen aus, wie man auf einer „nationalen Veranstaltung“ Cola eines namhaften amerikanischen Getränkeherstellers anbieten könne, dessen Schriftzug symbolisch für den westlichen Lebensstil stehe, während die Mehrheit der Anwesenden den Weltkonzern in einem Atemzug mit Israel und den USA als „Weltfeind Nummer 1“ ausfindig zu machen glaubt. Ferner stieß das Alkoholverbot bei einigen auf wenig Verständnis, sodass zahlreiche Angereiste sich vor und während der Veranstaltung immer wieder in umliegenden Lokalitäten mit Alkoholika versorgten.

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Ergänzungen

sachliche Dokumentation

... 15.07.2009 - 13:17
also was heißt hier "kritikfrei"?

generell dreht es sich hierbei doch eher um einen Dokumentationsartikel, der einen direkten tieferen Einblick in den tatasächlichen Ablauf, Denk- und Handlungskuster der extrem rechten Szene transportiert und gut veranschaulicht. Nur weil in Dokumentationen nicht immer idologiegeschwängerte Phrasen gedroschen werden, ist der Sinn und Nutzen solcher Artikel doch nicht weniger politisch. Objektivität hat auch was mit Seriösität zu tun. Wir sollten einfach auch mal nüchterne Dokumentation und Recherche // auch wenn es schwer fällt, bei dem Thema nüchtern zu bleiben // als Grundlage politischer Arbeit betrachten.

Und die Risiken, die zum Teil für solche Recherchearbeit eingegangen werden, sprechen doch durchaus für sich, zumindest für jene, die das Gefahrenpotenzial einschätzen können.

Wow

... 15.07.2009 - 14:49
und wer denkt da noch an anständige Kontrollen der Polizei am Einlass....?!

"Blood and Honour" - Schriftzug oä in der Öffentlichkeit stellt doch wohl generell ne Straftat dar

mehr Bilder von Gera

norbert 15.07.2009 - 17:53

Weitere Infos

deletegermany 15.07.2009 - 20:07
Größte Neonaziveranstaltung nach 1945 in Thüringen  http://de.indymedia.org/2009/07/255968.shtml
Pressespiegel zum Wochenende gibt es auf  http://aag.antifa.net

Außerdem: Aufruf an Betroffene und ZeugInnen von Festnahmen und Polizeigewalt am 11. Juli

Bei den antifaschistischen Protesten gegen das Neonazifest gab es mehrfach Angriffe der Polizei. Auf der Heinrichsbrücke wurde in den Antifa-Block geprügelt und mehrere Personen leicht verletzt. In der Heinrichstraße (Höhe Comma), Breitscheidstraße (Höhe Stadtmuseum) und auf dem Puschkinplatz (Höhe Straßenbahnhaltestelle) wurden mindestens elf GenossInnen von den Aufstandsbekämpfungseinheiten BFE und USK aus der Demonstration gezogen.

Betroffene und ZeugInnen von Festnahmen und Polizeiangewalt sollen sich schnellstmöglich bei der Roten Hilfe in Jena melden. Auf Anklageschreiben und Vorladungen der Polizei und Staatsanwaltschaft nicht reagieren. Macht keine Aussagen, egal ob als AngeklateR oder ZeugIn.

 http://rotehilfejena.blogsport.de

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Gut gut

Oiii! 15.07.2009 - 04:10
Sehr guter Artikel, gelungene Fotos. Die einzige Frage die bleibt: Hätte sich Regener nicht seinen Bart stutzen oder zumindest bürsten können?

Völlig Kritikfrei der Artikel

........................ 15.07.2009 - 04:43
Also wenn das wirklich eine Antifagruppe geschrieben hat verstehe ich die Welt nicht mehr.
Da hört sich eher wie eine Huldigung oder Respekt zollen an.
Auch Lunikoff wird den Artikel lieben,so wie der Dargestellt wird.
Also ich geh jetzt erst mal Kotzen.

Der morgendliche...

Bart 15.07.2009 - 05:47
....Naziartikel. Ja, Regner ist schon ein hässlicher Kerl, wie scheinbar ein großteil der haarlosen Leut da uff dem Auftrieb. Geil ist das Foto mit der weinerlichen Frau, die singt bestimmt grade ne jammer Balade über den Untergang des doitschen Volkes... schnief :-))

wieso

soll 15.07.2009 - 07:36
das ein naziartikel sein? und wieso "positiv"? nur weil er nicht aus dem dämlichen indymedia-wortbaukasten zusammengeschnippelt ist ("hier und anderswo", das "teiben der nazis", "dumpf", gutgelaunte antifaschistInnen, die "bei strahlendem sonnenschein" "fröhlich spazieren gehen" usw.)?

Bild 5

gefüllt 15.07.2009 - 10:12
Zu Bild 5 fällt mir eigentlich nur eins ein.
IMMER DIE DUMMEN HINTERN KARREN GESPANNT!!!!!!!

Dass mit der weinerlichen Frau ist schön :)

aber 15.07.2009 - 11:34
ist das nicht der Nazivogel Patrick Schröder aus Franken?

Duisburg Nazi

Bastian 15.07.2009 - 19:35
Auf diesen Bild sieht man den ehemaligen JNler Thorsten W aus Duisburg. W ist langjähriger Aktivist und seit Anfang der 90er aktiv.

W war federführend bei der ehemals aktivsten JN Gruppe in NRW. Nach internen Zerwürfnissen verliess W den JN Stützpunkt, blieb aber eigenen Aussagen zufolge weiterhin Mitglied der NPD und JN.

Seit Auflösung des JN Stützpunkt Duisburg hörte man von Wnicht mehr viel. Zudem, so schien es, hatte W seinen Strassenaktivismus und arbeit im "Nationalen Widerstand".

Das W doch noch aktiv sieht man auf diesem Bild. In anbetracht W's Karriere in der Naziszene ist davon auszugehen, dass er sich nach wie vor auch an faschistischen Demonstrationen beteiligt (nur fällt es in Zeiten der Kapuzen-Nazis wohl weniger auf) und im "Nationalen Widerstand" aktiv ist.

Thorsten W
Bahnhofstr. XX
47137 Duisburg - Meidereich

Wir haben ein Auge auf Dich, Thorsten!

 http://www.recherche-ost.com/images/09-07-11_gera/003.jpg

 http://img132.imageshack.us/img132/9392/003t.jpg

guter

Uwe B 15.07.2009 - 20:33
Artikel, so mag ich Indymedia.

smash we can

Yosemite Sam 16.07.2009 - 19:01
Endlich mal wieder ein richtig guter, nüchterner Artikel auf indymedia ohne Links-Sprech (incl. Antifa-Imperativ), Phrasendrescherei und Selbstbeweihräucherung. Nur Fakten! Danke, Recherche-Ost. Eure Kritiker würden nicht mal auf die Idee kommen, die Risiken einzugehen, dort Recherche-Arbeit zu leisten, sondern feiern stattdessen lieber ihren coolen Antifa-Rave 2km weiter auf Nachbars Wiese und schwingen alle zehn Minuten mal "bedrohlich" die Faust.

Erstaunen lässt mich die hohe Zahl an angereisten Faschos, haben doch nichteinmal die Veranstalter damit gerechnet.
Wenn jemand mag, darf auch gern ein Bericht zu Gegenveranstaltungen gepostet werden, so es welche gab.

artikel fetzt

M.Biolek 16.07.2009 - 19:34
Danke nochmal an die fleißigen Fotografen, die sich jedes Wochenende frewillig in Gefahr begeben, um die scheiß nazis abzufilmen und zu fotografieren!


See You Later Dudes!

Keep On Crying!

Keine inhaltliche Ergänzung

Krasse Scheiße 17.07.2009 - 01:06
Auf dem dritten Bild auf Infothek-Dessau ist ganz links im Bild doch tatsächlich ein Fascho mit Dreadlocks.Wie das zusammengeht ist mir ein Rätsel.Die werden wohl immer unauffälliger.Demnächst werde ich noch von Hippienazis verhauen.