Polizeibericht Berlin 2009 erschienen

Roland Ionas Bialke 12.07.2009 15:23 Themen: Medien Repression
Vor einigen Tagen erschien die 106-seitige Broschüre "Polizeibericht Berlin 2009", in der die Ausrüstung, Struktur und Einsatztaktik der Berliner Polizei berichtet wird. Zudem werden Hintergründe und Analysen zum Polizeiverhalten dargestellt und kritisiert. Die Broschüre wurde unter dem Label "Autonome Gruppen" veröffentlicht.
"Repression - Wenn Dein Weg über kurz oder lang nicht an ihr vorbei führt, ergeht es dir wie vielen anderen, die sich für linksradikale und autonome Politik stark machen.", leiten die AutorInnen den "Polizeibericht Berlin 2009" ein und begründen ihre Veröffentlichung mit dem Einschränken von Aktionsformen, besonders bei Demonstrationen, durch die Repressionsorgane. Neben gesellschaftliche Auswirkungen der Polizeiarbeit thematisieren die "Autonome(n) Gruppen" den Aufbau und die Organisation der Berliner Polizeibehörden, spezielle Formationen im Detail, taktische Zeichen und Arbeitsgeräte der Polizei. Gründlich wird auch beleuchtet, wie die Polizei die MedienvertreterInnen mit falschen Informationen füttert, um vom krassen fehlverhalten der Polizei abzulenken oder dieses zu rechtfertigen.

Der Polizeibericht Berlin 2009 ist eine gute Zusammenfassung von öffentlich bekannten Informationen über die Berliner Polizei. Durch diese Broschüre können nun neue AktivistInnen das wissen, was sich viele Autonome durch jahrelange Erfahrung haben aneignen müssen. Ob die Broschüre einen Nutzen hat, wird sich zeigen. Die AutorInnen scheinen darauf bedacht gewesen zu sein, nur der Öffentlichkeit bekannte Quellen zu nutzen. So erheben die AutorInnen sicher keinen Anspruch auf Vollständigkeit, ich hätte mir zum Beispiel mehr Platz für die Erläuterung von taktischen Zeichen (beispielsweise "1Z" für Hundestaffel der 1. Berliner Bereitschaftspolizeiabteilung) gewünscht. Trotzdem ist diese Broschüre sehr lesenswert und informativ.

Die Bröschüre "Polizeibericht Berlin 2009" hat zwischenzeitlich direkte Auswirkungen auf die Berliner Polizei. Die (eingeschränkte)Flexibilität der Berliner Polizei, beispielsweise das Tauschen der benummerten Helme unter verschiedenen Einheiten um die Identität der PolizistInnen zu verschleiern, wurde in der Broschüre gut dokumentiert. Seit dem 11. Juli 2009 gibt es auf Grund der Broschüre nun auch "neue Einheiten". So konnte ich eine Polizeieinheit mit der Rückennummer "L1" beobachten. Als mich ein Polizist aus der Einheit sahm sagte er: "Merk Dir die Nummer!" Auch weitere Geschehnisse zeigen, dass sich Antirepressionsarbeit direkt auf das Verhalten der Polizei auswirken. So werden Indymediaberichte durch PolizistInnen auf entsprechenden Foren diskutiert und in Einsatzbesprechungen thematisiert. Es gilt dieses positiv für Uns zu nutzen und die Diskussion in den Themenkreis der Medien auszuweiten.

Dass die Broschüre unter den Label "Autonome Gruppen" veröffentlicht wurde, zeigt wie sehr der Repressionsapparat zensierend wirkt. So werden kritische JournalistInnen, auch wenn sie nur öffentlich zugängliche Informationen verbreiten, mit Durchsuchungen und Gewalt überzogen. So wurde zum Beispiel ein Journalist während den "WBA-Actionweeks" durchsucht, nur weil er über die Aktionswochen der Freiraumkampagne "Wir Bleiben Alle" berichtete. Und auch Menschen die über die Homepage  http://www.sondereinheit.fateback.com, eine Internetseite die "Sondereinheiten" der Polizei dokumentiert, berichteten, wurden mit Repression überzogen.

Es ist sinnvoll zu fordern, dass BeamtInnen und bei Repressionsorganen angestellte Personen sich während ihrer Arbeit individuell und für alle sichtbar kennzeichen müssen. Ebenso sollten PolizistInnen keine Waffen mehr tragen dürfen. Der unverhältnismässige Einsatz von chemischen Kampfstoffen bei Demonstrationen, amoklaufenden PolizistInnen und die Hinrichtung von Dennis B. zeigen, dass sich PolizistInnen in logischen Extremsituationen befinden und auf gar keinen Fall Waffen handhaben dürfen.

Ein Kritikpunkt an der Broschüre "Polizeibericht Berlin 2009" bleibt. Bislang wurde die Broschüre nur in Papierform veröffentlicht und wird so nur in exklusiven Kreisen Verbreitung finden. Es liegt nun bei anderen Personen die Broschüre einzuscannen und einer breiteren Öffentlichkeit via Internet zugänglich zu machen. Die AutorInnen schreiben dazu: "Der Nachdruck und Veröffentlichung von Inhalten in anderen Publikationen ist erwünscht." Momentan ist der "Polizeibericht Berlin 2009" in jedem gutsortierten Berliner Infoladen zu erhalten.
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Ergänzungen

Dennis, Oury und die vielen anderen

Roland Ionas Bialke 12.07.2009 - 15:45
Der durch einen "Zivilpolizisten" ermordete heisst Dennis J. und nicht Dennis B., da habe ich einen Fehler gemacht. Sowas zeigt auch: Wer zum Thema Antirepression etwas veröffentlicht sollte das mit grösster sorgfalt tun. Den Autonome(n) Gruppen ist hier wirklich ein Lob auszusprechen, denn sie haben offensichtlich nur Informationen in den Bericht reingenommen, für die sie auch seriöse Quellen hatten. Einfach eine gute Arbeit!!

Die gestrige Demonstration in Berlin wegen des Todes von Dennis - siehe:  http://de.indymedia.org/2009/07/255947.shtml - zeigte auf, was für eine terroristische Vereinigung die Polizei ist: Sie ermorden Menschen und decken sich gegenseitig.

Nummerngetausche

H.Kohl 12.07.2009 - 18:20
Die Bullen, die sich hier ausheulen, sollen mal nicht so tun, als wenn sie auf Transparenz Wert legen würden. Wer daran zweifelt kann ja gerne mal nach einer Dienstnummer fragen. Bei 4 von 5 Bullen geht man leer aus. Oder mal hier nachfragen, wofür die: Helmnummer "3311" steht. Ich möcht ja fast glauben, dass das nur sein persönlicher Helm ist, den er nicht so schnell umlabeln konnte, wie er zur 11. EHU versetzt wurde. Ansonsten tut er sicher in der 3. BPA Dienst. Moment mal: 3. BPA? Schon merkwürdig, die gibts noch gar nicht.

ACAB

Polizeiforen ? /L1

copwatch 12.07.2009 - 23:50


auf welchen per Verlinkung einsehbaren Foren disktieren die Bullen denn über ihre taktischen Zeichen und was die Linken -also wir- dazu denken ? Würde mich schon interessieren.

Die L1 bis L3 sind wirklich nicht neu, auf Demos aber eher selten und wirken mehr verpeilt als hart; siehe Magaspree-Parade gestern, wo sie mit 10 Cops unbedingt einen Fahrbahnwechsel durchsetzten wollten und fröhlich umlaufen wurden.

Sie fahren häufig ältere Wannen (DB 508 oder 610; jetzt Gebrauchtfahrzeuge aus Wessiland aus den frühen 90ern, die nur grün statt grün-weiß sind) und sind im Alltag im Gebiet Kudamm, oft auch nahe Direktion 2/Ruhleben anzutreffen.

Funk ggf. Lanze, bin aber nicht sicher. Vielleicht gar nix mit L; bei den Direktions-HU stimmen die Anfangsbuchstaben der Funknamen zumeist.

L kann jedoch keine Direktionshundertschaft sein, das wäre in Ruhleben/Spandau B 1-4 . Möglich wäre L= Landespolizeischule, die befindet sich dort. Aber es sind keineswegs Jungspunde in den L-Wannen. Landespolizeireserve, gibt es die noch ?



@ copwatch

copkilla 13.07.2009 - 01:19
Sehr treffende Beobachtungen. Bei den L-Kennungen handelt es sich auch meines Erachtens um die "Landespolizeischule" oder aber "Lehrabteilung". Auf jeden Fall werden die älteren Fahrzeuge (z.B. Mercedes 609 und 711) zu Ausbildungszwecken (z.B. Fahrschule, Einsatztraining) genutzt. Hin und wieder werden damit auch Logistische Aufgaben erfüllt z.B. Transport von Gästen der Pol (z.B. die Delegation der Afghanischen Polizei während der Tempelhofbesetzung). Daß die Kennungen auch auf Uniformen und damit auch deren Träger_innen im Einsatz zu beobachten sind, ist mir neu. Gibt es dazu Bilder, auf denen evtl. weitere Hinweise (Ausrüstungsgegenstände etc.) zu deren Funktion/Verwendung zu finden sind? Bullen in Ausbildung bzw. Auffrischung/Fortbildung zum geschlossenen Einsatz wäre meine erste Vermutung.

korrektur die 2.

Snickers 13.07.2009 - 01:44
Jetzt hat sich auch hier der Fehlerteufel eingeschlichen:

1= 1.Bereitschaftspolizeiabtilung
3= 3.Hundertschaft
2= 2.Zug

Muss es richtig heißen.

Foto der L-Einheit

Roland Ionas Bialke 13.07.2009 - 13:54
Im Forum von Bernd Kudanek habe ich ein Foto dieser besagten L-Einheit gefunden:  http://file1.carookee.com/forum/freies-politikforum/file/3791344/21.jpg

Berlin: Polizeibericht neu aufgelegt

AG 18.12.2010 - 05:22
Polizeibericht Berlin 2010 - Ausrüstung, Strukturen, Einsatztaktik, Hintergründe, Analysen, Kritik

Seit Mitte letzten Jahres war der 108-seitige "Polizeibericht Berlin 2009" in gutsortierten Berliner Infoläden erhältlich. Bereits im Vorwort wurde darauf hingewiesen, dass die gesammelten Informationen lediglich eine Momentaufnahme polizeilicher Strukturen darstellen. Dies und der Umstand, dass die beinahe vergriffene Auflage des "Polizeibericht Berlin 2009" sich nach wie vor großer Nachfrage erfreut, hat zur Redaktion einer aktualisierten und erweiterten Ausgabe geführt.

Den "Polizeibericht Berlin 2010" gibt es als PDF (10,1 MB) oder ab sofort in Berliner Infoläden.

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