Tectum-Chef lässt gegen ver.di demonstrieren

Markus Lawrenz 10.07.2009 18:40 Themen: Repression Soziale Kämpfe
"Wenn die Mitarbeiter sichgewerkschaftlich organisieren, mache ich den Standort dicht."Unter diesem Motto bezahlte Hubertus Küpper, Chef derTectum-Call Center, heute dutzende seiner MitarbeiterInnen undzahlreiche Aussenstehende, um für seinen Standpunkt zudemonstrieren. Dabei suchte er sich die Zentrale von ver.di amStandort Bochum aus.
Die per Lautsprecher verkündetenParolen haben sektenartigen Charakter:

Hallo!
Ich, ein glücklicher CallCenter Agent, werde Ende August 2009 mein 4-Jähriges bei Tectumfeiern.
3,5 Jahre habe ich eine 2-stündige Hin- und 2-stündigeRückfahrt mit ÖPNV mit 4-mal Umsteigen in Kauf genommen ummit Leib und Seele meinen Einsatz zu leisten.

Jeden Tag auf dem Hinweg bin ich indankbaren Gedanken, was für einen guten Job ich habe, wo ichsogar das anziehen kann, was ich möchte und keinoberflächliches, sondern ein aussergewöhnlich gutesBetriebsklima habe.

Ich besichtige Pluspunkte, wie zumBeispiel:

- Ich habe einen Bereichsleiter vomAllerfeinsten. Eine bescheidene, hochgebildete, sehr intelligentePersönlichkeit, die sich für jeden einzelnen Mitarbeiterbei Bedarf Zeit nimmt und deren Anliegen mit grosser Ernsthaftigkeitauffasst und handelt.
- Ich habe einen Standortleiter, dererst handelt und dann die erarbeiteten Vorteile für seineMitarbeier bekannt gibt, ohne leere Versprechungen, der MA-orientiertist und somit eine Revolution in dem Unternehmen gebracht hat undsomit meine Loyalität in unermessliche Höhe pusht, dasNiveau auch beibehält.
- Ich habe einen Geschäftsführer,den ich nur einmal gesehen habe, aber ein Sympathieträger ist,dem gegenüber ich eine grosse Dankbarkeit spüre, weil er indieser wirtschaftlichen Krisenlage einen sicheren Arbeitsplatz fürmich verwirklicht.
- Ich habe tolle Trainer, die für hochmotivierte und freundliche neue Arbeitskollegen sorgen.

Also:
Ich bin kein graues, erst recht keinschwarzes Schaf, sondern ein durchaus glücklicher Mitarbeiterder Tectum Group, der auch gerne Krankenrückkehrergesprächebei Bedarf durchführt, damit die menschlichen Verhältnissezu der königlich geehrten Teamleiterin gesichert sind.Letztendlich möchte ich auch in einem gesunden Zustand arbeiten.
Die Schmarotzer, die mehr krankfeiern als arbeiten und dafür keine Vertragsverlängerungbekommen, die möchte ich sowieso nicht als Arbeitskollegenhaben.
Bei Tectum tut einem Mitarbeiterkeiner was, solange der auch ordnungsgemäß arbeitet!"

Der Leiter der Firma Tectum ist auchbekannt dafür geworden, ihm unangenehme Meinungen im Internetanwaltlich zensieren zu lassen. So wurden neben einem ehemaligenMitarbeiter auch die Linkspartei in Oberhausen und daschefduzen-Forum anwaltlich abgemahnt.

In Gelsenkirchen, Essen, Dortmund undnun auch in Oberhausen, wo Tectum Call Center betreibt, präsentieresich Küpper in der Öffentlichkeit als „Wohltäter”,ja „Retter des Ruhrgebiets”. In Wahrheit aber, soVatterot von ver.di süffisant, sei er vor allem eines: „einMann mit mangelndem Demokratieverständnis”.


Verdi hatte sich für Tectum-Mitarbeiter starkgemacht, die sich über Mobbing, Willkürund undurchsichtige Vergütung beschwert hatten. Lt.Tectum-Betriebsratsvorsitzenden Horst Polap "seien dieBeschwerden nicht repräsentativ. Die Fälle, bei denenMitarbeiter zur Strafe stehend weiterarbeiten mussten, oder mitNadeln gepiekst worden, seien allesamt „Missverständnisse”."Frank Perlik vom Betriebsrat wünschte sich außerdem, „dassVerdi nicht direkt an die Öffentlichkeit gehe, wenn esBeschwerden gibt”. Man könne so etwas ja internregeln.

Hubertus Küpper, der geschäftsführende Gesellschafter von Tectum, wiederum kocht vor Wut. An den Vorwürfen von Verdi, schimpft er, sei „aberauch gar nichts dran." Vielmehr fänden die Mitarbeiterin seinen Häusern „exzellente Arbeitsbedingungen"vor, „99 Prozent sind zufrieden". Wäre esanders würden nicht die Großen der Branche, etwa T-Mobile,Aufträge an sein Haus vergeben.Und zum Mitschreiben: „Wir sind eine durch und durch seriöseFirma."


Tarifvertraglich binden, wie Verdi essich wünscht, will sich Küpper nicht: „Ich binUnternehmer und muss mich frei entfalten können. Ich muss michauf die Märkte und meine Kunden einstellen.” DerVerdi-Aufschrei, der mit Demonstrationen vor den Tectum-Häusernbegann, sei „mutwilliges Zerstören von Arbeitsplätzen",meint Küpper, dem es nur schwer gelingt, sich im Zaum zu halten.„Scheiß Gewerkschaft" ist da noch ein mildesWort, das ihm über die Lippen geht.

Die Verdi-Sekretäre hingegen sindsich einig. „Bei Tectum”, fast Anwalt Neuhaus vonver.di zusammen, „gibt es so schlechte Arbeitsbedingungenwie in fast keinem anderen Call Center.”

Quellen:
  1. http://www.derwesten.de/nachrichten/staedte/gelsenkirchen/2009/7/2/news-124198000/detail.html

  2. http://www.derwesten.de/nachrichten/staedte/gelsenkirchen/2009/7/10/news-125259511/detail.html

  3. http://www.derwesten.de/nachrichten/staedte/oberhausen/2009/7/2/news-124413451/detail.html

  4. http://www.chefduzen.de/index.php?topic=14926.msg125398#msg125398

  5. http://www.chefduzen.de/index.php?topic=10150.960

  6. http://www.1oglinks.de/index.php?section=news&cmd=details&newsid=44

  7. http://www.youtube.com/watch?v=FHX4yA0Gt3U

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Ergänzungen

Sollte eigentlich die korrekte Fassung sein

ML 10.07.2009 - 19:06

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